Der Brexit ist da. Aber viel ändern wird sich vorerst nicht. Wie bereits in den letzten Monaten und Jahren müssen die Modalitäten des Ausstiegs noch im Detail verhandelt werden. Es ist also immer noch nicht absehbar, ob es Handelsbeschränkungen oder neue externe Vorgaben für Unternehmen geben wird, die nach Großbritannien exportieren. Experten gehen davon aus, dass die Zeitvorgabe bis 31.12.2020 nicht ausreichen wird. Zumal Premierminister Boris Johnson einen „harten” Verhandlungskurs vorgegeben hat – was das auch heißen mag. Hier sind die Rollen noch nicht verteilt und nicht absehbar.
Zu beachten ist allerdings bereits jetzt schon eine Vorgabe aus London, die sich in der Praxis unmittelbar auswirken kann und wird. So hat Premierminister Johnson klargestellt, dass sich Großbritannien nicht (mehr) an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) halten wird. Absehbar ist, dass das die Wettbewerbssituation der Rest-europäischen Staaten schwächen wird. Im Wesentlichen sind das Nachteile, die sich durch zusätzliche bürokratische Vorschriften ergeben. Und zwar dann, wenn der EuGH eine Umsetzung neuer Rechtsvorschriften für ganz Europa durchsetzen wird. Davon besonders betroffen sein werden deutsche Unternehmen. Erfahrungsgemäß setzt die deutsche Politik EU-Vorgaben ausgesprochen gründlich um. Hier einige Beispiele, wo und wie die EuGH-Rechtsprechung in konkrete Politik umgesetzt werden muss:
Betrifft … |
Folgen der EuGH-Rechtsprechung |
Umsetzung in deutsches Recht |
Quelle |
Arbeitszeiten |
Der EuGH hat entschieden, dass die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter vollständig und lückenlos dokumentiert werden müssen. Nur dann ist sichergestellt, dass die Vorgaben zur Arbeitszeit eingehalten und kontrolliert werden können. |
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS; SPD-Minister Hubert Heil) lässt derzeit die rechtlichen Voraussetzungen prüfen. Dazu müssen einige Vorschriften in den Arbeitsgesetzen geändert werden (vgl. dazu Nr. 21/2019). |
EuGH, Urteil v. 14.5.2019, c‑55/18 |
Defizitärer Geschäftsbetrieb einer GmbH |
Ausgleich von Dauerverlusten als unzulässige staatliche Subventionierung |
Bestätigt der EuGH diese Rechtslage, wird das für kommunale GmbHs zu enormen Steuernachzahlungen führen (vgl. Nr. 45/2019). |
BFH, Beschluss v. 13.3.2019, I R 18/19 |
Autobahn- Maut |
Der EuGH hat die deutschen Vorgaben für die Erhebung einer Autobahn-Maut ausgebremst – u. U. mit großen finanziellen Auswirkungen für die Infrastruktur. |
Ein streckenbezogenes Maut-Modell wird von den zuständigen Ministerien geprüft und angestrebt. |
EuGH, Urteil v. 18.08.2019, C‑591/17 |
Kündigungsschutz für den Fremd– Geschäftsführer |
Laut EU-Richtlinie 2003/88/EG (Danosa-Entscheidung des EuGH) ist der Fremd-Geschäftsführer Arbeitnehmer. |
Hier bleibt abzuwarten, ob es zu einem weiteren Verfahren vor dem EuGH kommt. Folge: Der GF genießt u. U. auch Kündigungsschutz |
EuGH, Urteil v. 11.11.2010, C 232/09 |
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