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Volkelt-Brief 42/2014

Over­head: Auf­wand für Büro­kra­tie unver­än­dert hoch GmbH-Finan­zen: Wenn die Bank kün­digt, müs­sen Sie „han­deln“+ Geschäfts­füh­rer-Gehalt 2015: Pro­gno­se liegt bei 3 % plus Auf­schlag + Per­so­nal-Akqui­se: Mit XING, Face­book und Twit­ter geht mehr + Geschäfts­füh­rer-Fir­men­wa­gen: Finanz­amt will jetzt auch Umsatz­steu­er + GmbH-Kri­se: Geschäfts­füh­rer muss Auf­trags­ver­ga­be stop­pen + Haf­tung: Bei Schief­la­ge im Kon­zern haf­tet der Vor­stand + BISS

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Nr. 42/2014

Frei­burg 17.10.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

zuletzt ver­sprach die schwarz-gel­be Koali­ti­on den Unter­neh­men eine spür­ba­re Ent­las­tung von Büro­kra­tie­kos­ten. Das ehr­gei­zi­ge Ziel lau­te­te 25 % weni­ger. Für die meis­ten Unter­neh­men sah die Rech­nung anders aus. Der Blick in die Kos­ten­ar­ten­rech­nung beleg­te: Die Kos­ten für Bera­tung, Gebüh­ren und Abga­ben stei­gen kontinuierlich.

Fakt ist: Allei­ne im Zeit­raum von Juli 2013 bis Juni 2014 sind die Büro­kra­tie­kos­ten für Bür­ger und Unter­neh­men in Deutsch­land um ins­ge­samt 9,2 Mrd. EUR gestie­gen (Bericht des Nor­men­kon­troll­ra­tes). Der seit 2012 offi­zi­ell errech­ne­te sog. Büro­kra­tie­kos­ten­in­dex stieg von 2012 mit 100,00 bis zum Juni 2014 auf einen Höchst­wert von 100,40. Laut DeSta­tis zahl­ten deut­sche Unter­neh­men zuletzt rund 39 Mrd. EUR im Jahr an Over­head-Kos­ten. Nach einer Stu­die des Insti­tuts für Mittel­stands­­forschung (IfM) tra­gen klei­ne­re Unter­neh­men mit 85 % den Rie­sen­an­teil an den Bürokratiekosten.

Vie­le klei­ne­re Unter­neh­men wer­den jetzt zusätz­lich belas­tet durch die Auf­zeich­nungs­pflich­ten beim Min­dest­lohn (Nr. 36/2014). Die Vor­be­rei­tun­gen ver­ur­sach­ten bereits in vie­len Unter­neh­men zusätz­li­che Bera­tungs­kos­ten, die in kei­ner Sta­tis­tik auf­tau­chen. Ab 2015 wer­den Unter­neh­men die Mel­de­pflich­ten zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung sys­te­ma­ti­scher prü­fen müs­sen als bis­her (Nr. 40/2014). Auch die Dis­kus­si­on um kom­mu­na­le Gebüh­ren und Steu­ern zei­gen, dass mit einer Ent­las­tung bei den Büro­kra­tie­kos­ten nicht wirk­lich zu rech­nen ist. Es bleibt bei Schönwetterreden.

 

GmbH-Finanzen: Wenn die Bank kündigt, müssen Sie „handeln“

Vie­le klei­ne­re Unter­neh­men sichern Bank­kre­di­te mit einer Glo­bal­zes­si­on. Damit tre­ten sie zukünf­ti­ge Zah­lungs­ein­gän­ge und For­de­run­gen an die Bank ab. Das engt zwar den Finan­zie­rungs­rah­men deut­lich ein. Ist aber in der wirt­schaft­li­chen Kri­se der GmbH oft die ein­zi­ge Mög­lich­keit, Bank­kre­di­te zu ver­län­gern. In der Pra­xis gelingt es so in vie­len Fäl­len, eine kur­ze Kri­se oder den Aus­fall eines Groß­kun­den zu über­brü­cken. Nach­teil: Die Bank hat Zugriff auf alle ein­ge­hen­de Zah­lun­gen und aus­ste­hen­de For­de­run­gen. Das kann dazu füh­ren, dass Liqui­di­tät fehlt und Sie die fäl­li­gen Steu­er-Vor­aus­­zah­lun­gen (hier: Umsatz­steu­er) nicht leis­ten können.

Ach­tung: Hier gibt es ein für Geschäfts­füh­rer inter­es­san­tes Urteil des Finanz­ge­richts Saar­brü­cken. Danach gilt: „Allein in der Ver­ein­ba­rung einer Glo­bal­zes­si­on zwi­schen der Gesell­schaft und einem Kre­dit­in­sti­tut außer­halb einer Kri­se liegt kein schuld­haf­tes Ver­hal­ten, das zu einer Haf­tung des Geschäfts­füh­rers für Umsatz­steu­er­schul­den der Gesell­schaft führt“ (Finanz­ge­richt Saar­brü­cken, Urteil vom 21.5.2014, 2 V 1032/14).

Die Bank hat­te das Kon­to­kor­rent gekün­digt und ein­ge­hen­de Zah­lun­gen mit aus­ste­hen­den For­de­run­gen ver­rech­net. Fol­ge: Die Ein­zugs­er­mäch­ti­gung des Finanz­amts für die Umsatz­steu­er lief ins Lee­re und wur­de nicht begli­chen. Das Finanz­amt woll­te dafür den Geschäfts­füh­rer per­sön­lich in die Haf­tung neh­men. Das geht aber nur bei vor­sätz­li­cher oder grob fahr­lässiger Pflicht­ver­let­zung des Geschäfts­füh­rers. In der Ein­räu­mung der Glo­bal­zes­si­on liegt aber kein schuld­haf­tes Ver­hal­ten, das zu einer Pflicht­ver­let­zung führt. Im ver­gleich­ba­ren Fall ist das Finanz­amt nicht berech­tigt, aus­ste­hen­de Umsatz­steu­er beim Geschäfts­füh­rer per­sön­lich ein­zu­trei­ben. Ach­tung: Kri­tisch wird es, wenn Sie nach der Kün­di­gung des Kon­to­kor­rent durch die Bank nichts unter­neh­men und untä­tig blei­ben. Ist abseh­bar, dass Sie Steu­ern (hier: Umsatz­steu­er) nicht zah­len kön­nen, soll­ten Sie Insol­venz­an­trag stel­len. Nur dann ist sicher gestellt, dass eine per­sön­li­che Haf­tung  vom Finanz­amt nicht durch­ge­setzt wer­den kann.

Geschäftsführer-Gehalt 2015: Prognose liegt bei 3 % plus Aufschlag

Als Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sind Sie gut bera­ten, wenn Sie Ihr Gehalt jähr­lich bis zur steu­er­lich mach­ba­ren Gren­ze anhe­ben. In der Regel kommt Sie die Gewinn­aus­schüt­tung teu­rer als die Aus­zah­lung von Ertrag als Geschäfts­füh­rer-Gehalt. So gese­hen ist ein hohes Geschäfts­füh­rer-Gehalt die ein­fachs­te Steu­er­ver­mei­dungs-Stra­te­gie in der GmbH. Wich­tig ist es, dass die for­ma­len Vor­aus­set­zun­gen für die Gehalts­er­hö­hung (Gesell­schaf­ter­be­schluss) stim­men und dass Ihre Gesamt­ver­gü­tung die steu­er­li­che Ange­mes­sen­heits-Gren­ze nicht übersteigt.

Grund­sätz­lich haben die Finanz­be­hör­den nicht ein­zu­wen­den, wenn Sie sich bei der Erhö­hung an der durch­schnitt­li­chen Lohn­ent­wick­lung ori­en­tie­ren. Für 2015 pro­gnos­ti­ziert die Kien­baum Manage­ment-Bera­tung für Deutsch­land einen kräf­ti­gen Lohn­schub von bis zu 3 % (Kien­baum Gehalts­ent­wick­lungs­pro­gno­se 2015). Bei guter Ertrags­la­ge der GmbH soll­te damit für den Geschäfts­füh­rer eine Stei­ge­rung des Geschäfts­füh­rer-Fest­ge­halts um 3 % plus einem Auf­schlag steu­er­lich durch­setz­bar sein. Wir emp­feh­len einen Auf­schlag knapp unter der 0,5 % Mar­ge, also um maxi­mal ins­ge­samt 3,49 % – zu zah­len ab Janu­ar 2015.

Die Finanz­be­hör­den arbei­ten zum Teil mit Ver­gleichs­wer­ten für die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter anhand der Karls­ru­her Tabel­len (OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84). Zur Beur­tei­lung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter in den Fol­ge­jah­ren berech­nen die Finanz­be­hör­den einen jähr­li­chen Auf­schlag von 3 %. Das wird auch von den Finanz­ge­rich­ten so gerech­net kann als akzep­ta­bler Maß­stab betrach­tet wer­den. Inso­fern soll­te der Auf­schlag von 3,49 % für Geschäfts­füh­rer steu­er­lich mach­bar sein. Neh­men Sie aber Ihren Steu­er­be­ra­ter mit ins Boot – hat der kei­ne Beden­ken, kön­nen Sie die Erhö­hung umge­hend für 2015 beschlie­ßen und ab 1.1.2015 so umset­zen. Bei sehr schlech­ter bis schlech­ter Ertrags­la­ge (0‑Gewinn bis Ver­lust) soll­ten Sie kei­ne Gehalts­er­hö­hung vornehmen.

Personal-Akquise: Mit XING, Facebook und Twitter geht mehr

Laut Social Media Report wird bereits jede 10. Stel­le über Sozia­le Medi­en besetzt. Die Sozia­len Medi­en ste­hen unter­des­sen auf Platz 3 (2010: Platz 7) aller Ein­stel­lungs­quel­len. Jedes zwei­te Unter­neh­men hat das Bud­get für Social Media im letz­ten Jahr erhöht (zu Las­ten von Print, Head­hun­tern und Per­so­nal­be­ra­tern) und genau so vie­le Unter­neh­men haben mehr Geld in ihre Kar­rie­re-Web­sei­ten inves­tiert. Wich­tigste Online-Quel­len für die Per­so­nal­be­schaf­fung sind:

  • Stel­len­an­ge­bo­te auf den eige­nen Inter­net-Sei­ten (19 % der gesam­ten Einstellungen)
  • Sozia­le Netz­wer­ke (XING, Face­book, Lin­ke­dIn) (11 %)
  • CV-Daten­ban­ken (Job­scout, Mons­ter, Stepstone usw.) (3 %)

Fakt ist, dass immer mehr Stel­len über Inter­net-Kon­tak­te, Online-Bör­sen oder Sozia­le Netz­wer­ke ange­bahnt und besetzt wer­den. Fakt ist auch, dass Unter­neh­men mit die­sen neu­en Instru­men­ten bei der Per­so­nal-Akqui­se    enorm spa­ren kön­nen – bei Stel­len­an­zei­gen, Per­so­nal­be­ra­tern, in der gesam­ten Ein­stel­lungs­bü­ro­kra­tie. Fakt ist auch, dass vie­le Initia­tiv­be­wer­bun­gen ganz gezielt nach Bran­che, Nei­gung und Aus­bil­dung ein­ge­reicht wer­den – Sie also ohne grö­ße­ren Auf­wand gute Bewer­ber bekom­men kön­nen – prü­fen Sie ein­mal die Web­sites Ihres Unter­neh­mens mit den Augen eines poten­zi­el­len Bewer­bers. Einen guten Ein­druck über das Stan­ding Ihrer Fir­ma in den Job­bör­sen kön­nen Sie sich über ein Arbeit­ge­ber-Bewer­­tungs­­­por­tal (z. B. kun­unu, Arbeit­ge­ber-Bewer­tung usw.) selbst machen.

Genau­so wich­tig ist es aber auch, dass Sie und Ihr Unter­neh­men gefun­den wer­den. Nutzt Ihr Per­so­nal­bü­ro die Web­sites gezielt für Stel­len­aus­schrei­bun­gen? Wie aktu­ell sind die Stel­len­aus­schrei­bun­gen? Sind die Tex­te und Bil­der anspre­chend? Gibt es einen direk­ten Ansprech­partner, der zusätz­li­che Fra­gen zur Stellenaus­schreibung sofort und schnell beant­wor­ten kann? Sam­meln Sie die Kon­takt­da­ten von geeig­ne­ten Initia­tiv-Bewer­bern. Je mehr Mög­lich­kei­ten Sie haben, umso schnel­ler und geziel­ter kön­nen Sie bei Per­so­nal­be­darf reagieren.

 

Pra­xis-TIPP: Sie kön­nen Ihre Web­site für poten­zi­el­le Bewer­ber ganz enorm, ein­fach und sehr preis­güns­tig auf­bes­sern. Im BILD/TEXT-CLIP kann der Bewer­ber ein­fach und über­sicht­lich sehen, wen Sie suchen. Inter­es­sant gera­de für klei­ne­re Fir­men, die nicht einen grö­ße­ren Wer­be-Etat für die Mit­ar­bei­ter-Akqui­se zur Ver­fü­gung haben > Hier ankli­cken

Geschäftsführer-Firmenwagen: Finanzamt will Umsatzsteuer

Nutzt der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer den Fir­men­wa­gen für Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Arbeits­stät­te, ist dafür nicht nur Lohn­steu­er (0,03 % des Brut­to­lis­ten­prei­ses) fäl­lig. Zusätz­lich will das Finanz­amt auf die 1 % – Metho­de noch 19 % Umsatz­steu­er berech­nen. Und zwar dann, wenn der Fir­men­wa­gen dem GmbH-Ver­mö­gen zuzu­rech­nen ist und die Nut­zung des Fir­men­wa­gens „gesell­schafts­recht­lich“ ver­an­lasst ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Kon­kret wird geprüft: Ist der Geschäfts­füh­rer als Arbeit­neh­mer oder ist er als Gesell­schaf­ter der GmbH unter­wegs? Noch ist der Fall nicht ent­schie­den. Der Bun­des­fi­nanz­hof hat den Fall zu erneu­ten Prü­fung an das Finanz­ge­richt zurück ver­wie­sen (BFH, Urteil vom 5.6.2014, XI R 2/12). Man darf gespannt sein, wel­che Kri­te­ri­en das Gericht erfin­det, um zwi­schen der Nut­zung des Fir­men­wa­gens als Arbeit­neh­mer und der Nut­zung als Gesell­schaf­ter der GmbH zu unterscheiden.

Im bes­ten Fall kommt das Finanz­ge­richt zu dem Ergeb­nis, dass eine sol­che Unter­schei­dung in der Pra­xis nicht mög­lich ist und der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer steu­er­lich nicht anders behan­delt wer­den darf als ande­re Arbeit­neh­mer auch. Im schlech­tes­ten Fall müs­sen in Zukunft alle Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer zusätz­lich Umsatz­steu­er für den Weg zwi­schen Woh­nung und Arbeits­stät­te zah­len. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

GmbH-Krise: Geschäftsführer muss Auftragsvergabe stoppen

Stellt der Geschäfts­füh­rer einer GmbH Insol­venz­an­trag, ist er ver­pflich­tet, die im lau­fen­den Geschäfts­be­trieb prak­ti­zier­te auto­ma­ti­sche Auf­trags­ver­ga­be an Sub­lie­fe­ran­ten sofort zu stop­pen. Dazu muss er dafür sor­gen, dass die mit der Auf­trags­ver­ga­be betrau­ten Mit­ar­bei­ter unver­züg­lich ent­spre­chend infor­miert und ange­wie­sen wer­den (OLG Köln, Urteil vom 9.7.2013, 19 U 34/13).

Unter­lässt er das, macht sich der Geschäfts­füh­rer scha­dens­er­satz­pflich­tig – und zwar gegen­über der GmbH bzw. den Gesell­schaf­tern. Er haf­tet für den dar­aus ent­stan­de­nen Ver­mö­gens­scha­den. Auch der Insol­venz­ver­wal­ter ist berech­tigt, den Scha­den gericht­lich durchzusetzen.

Haftung: Bei Schieflage im Konzern haftet der Vorstand

Weil die Unter­neh­mens­grup­pe Tel­Da­Fax über eine Toch­ter-GmbH noch Ver­trä­ge gegen Vor­kas­se abge­schlos­sen hat, obwohl der Gesamt­vor­stand wuss­te, dass das Unter­neh­men die Leis­tun­gen nicht erfül­len kann, haf­tet der Vor­stand. Er kann die Haf­tung nicht auf den Geschäfts­füh­rer der ver­trags­schlie­ßen­den Toch­ter-GmbH abwäl­zen (Amts­ge­richt Mar­burg, Urteil vom 27.1.2014, 9 C 643/13).

Die­ses Vor­ge­hen ist Betrug (vgl. dazu Nr. 19/2013). Dann kann sich der Vor­stand nicht „davon­steh­len“, indem er sich hin­ter einem Fir­men­kon­strukt ver­steckt. Das gilt auch für die Beur­tei­lung, wer gegen die Insol­venz­an­trags­pflicht ver­sto­ßen hat. Der Geschäfts­füh­rer der Toch­ter-GmbH kann hier nur bedingt zur Haf­tung her­an­ge­zo­gen werden.

Volkelt Lothar Volkelt

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