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Volkelt-Brief 40/2014

The­men heu­te: Wer­bung: Ab 450 € gibt es Ärger mit der Künst­ler­so­zi­al­kas­se Unter­neh­mens­ver­bund: Neu­es Urteil schützt Geschäfts­füh­rer der Toch­ter-GmbH + KMU-Anlei­he: Wir-Finan­zie­rer GmbH wirbt um klei­ne­re Unter­neh­men+ Mit­ar­bei­ter: Abwer­be­ver­bot darf maxi­mal 2 Jah­re dau­ern + GmbH-Recht: Min­der­heits-Gesell­schaf­ter kann Son­der­prü­fung ver­lan­gen + Steu­er­prü­fung: Finanz­amt darf inter­ne Berich­te nicht her­aus­for­dern + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Com­pu­ter­zeit­schrif­ten sind Pri­vat­sa­che + BISS

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Nr. 40/2014

Frei­burg 3.10.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

alle Unter­neh­men, die „nicht nur gele­gent­lich“ Auf­trä­ge an selb­stän­di­ge Künst­ler oder Publi­zis­ten ertei­len, müs­sen dafür Künst­ler­so­zi­al­ab­ga­be zah­len. Das gilt z. B. für Auf­trä­ge an Foto­gra­phen, Tex­ter, Gra­phi­ker oder Web­de­si­gner. Ab 2015 prüft die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung flä­chen­de­ckend, ob die­se Bei­trä­ge tat­säch­lich gemel­det und gezahlt wer­den. Was aber heißt „nicht nur gele­gent­lich“? Nach dem Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rungs­ge­setz (§ 24 Abs. 3 KSVG) wer­den Auf­trä­ge „nur gele­gent­lich“ erteilt, wenn die Sum­me der Ent­gel­te aus den in einem Kalen­der­jahr erteil­ten Auf­trä­gen 450 EUR nicht über­steigt. Unter­des­sen gibt es ers­te Pra­xis­be­rich­te und Urtei­le, die zei­gen wie die Sozi­al­kas­se die Rechts­la­ge umsetzt.

Bei­spiel: Ein (klei­nes) Indus­trie­un­ter­neh­men hat­te von 2002 bis 2005 eine Wer­be­agen­tur mit einem Inter­net-Auf­tritt und einer Wer­be­bro­schü­re beauf­tragt. Dazu wur­de ein Foto­graf geor­dert, der auf Anfor­de­rung Bild­ma­te­ri­al bereit­stell­te. Das genüg­te der Sozi­al­kas­se und dem Sozi­al­ge­richt, um eine „mehr als gele­gent­li­che“ Auf­trags­ver­ga­be anzu­set­zen. Das Sozi­al­ge­richt bestä­tig­te die Abga­be­pflicht der Leis­tun­gen zur Sozi­al­kas­se als recht­mä­ßig (Lan­des­so­zi­al­ge­richt NRW, Urteil vom 30.4.2014, L 8 R 741/12).

Mit der 450-EUR-Gren­ze ist für fast alle Unter­neh­men Ärger vor­pro­gram­miert, wenn die Prü­fer der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung wie vor­ge­ge­ben ab 1.1.2015 zusätz­lich die Abga­be­pflicht zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung mit­prü­fen (vgl. Nr. 29/2014). Völ­lig unklar ist, ob bei Über­schrei­ten der 450-EUR-Gren­ze über­haupt noch mit einer „gele­gent­li­chen“ Auf­trags­ver­ga­be argu­men­tiert wer­den kann, oder ob die Gren­ze Aus­schluss­kri­te­ri­um ist. In der Pra­xis wer­den das die Sozi­al­ge­rich­te ent­schei­den. Wie auch im Steu­er­ver­fah­ren müs­sen Unter­neh­men ihre Rechts­po­si­ti­on in Zukunft auf dem Rechts­weg durch­set­zen. Wir hal­ten Sie über anhän­gi­ge Ver­fah­ren und Ent­schei­dun­gen auf dem Laufenden.

Neues Urteil schützt Geschäftsführer der Tochter-GmbH

Wech­selt ein Ange­stell­ter im Kon­zern in die Geschäfts­füh­rung einer Toch­ter-GmbH und schließt er einen Geschäfts­­­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag ab, endet damit auto­ma­tisch das bis­he­ri­ge Arbeits­ver­hält­nis. Unter­des­sen hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt die­se Rechts­la­ge in meh­re­ren Ent­schei­dun­gen bestä­tigt (vgl. BAG, Urteil vom 19.7.2007, 6 AZR 774/06). Das Arbeits­ver­hält­nis besteht aber aus­nahms­wei­se wei­ter, wenn im Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­­­ver­trag aus­drück­lich ver­ein­bart wird, dass der Geschäfts­füh­rer nach Abbe­ru­fung und Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­ges Anspruch auf sein (ruhen­de) Arbeits­ver­hält­nis und eine ent­spre­chen­de Beschäf­ti­gung hat (vgl. aus­führ­lich in Nr. 31/2007).

Ach­tung: Hier­zu gibt es ein neu­es Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Dabei geht es um alle Geschäfts­füh­rer, die schon vor­her im Kon­zern beschäf­tigt waren (z. B. als Pro­jekt- oder Res­sort­lei­ter) und inner­halb des Kon­zerns zum Geschäfts­füh­rer in einer ande­ren, selb­stän­di­gen Kon­zern­ge­sell­schaft beru­fen wer­den (BAG, Urteil vom 24.10.2013, 2 AZR 1078/12). Nach dem erst jetzt ver­öf­fent­lich­ten Urteil gilt:

  • Das vor­he­ri­ge Arbeits­ver­hält­nis des Geschäfts­füh­rers endet nur dann auto­ma­tisch, wenn die Par­tei­en des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­ges zugleich die Par­tei­en des Arbeits­ver­tra­ges sind.
  • Ist das nicht der Fall, muss der vor­he­ri­ge Arbeits­ver­trag aus­drück­lich und damit schrift­lich gekün­digt wer­den. Er endet nicht auto­ma­tisch mit Abschluss des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages.

Ent­schei­dend ist dabei nicht, ob die gleiche(n) Person(en) den Arbeits- bzw. Anstel­lungs­ver­trag unter­schrie­ben haben. Also z. B. der Vor­tand in Ver­tre­tung der Kon­zern-Mut­ter­­ge­sell­schaft und zugleich für die Toch­ter­ge­sell­schaft. Ent­schei­dend ist, mit wel­chem Ver­trags­part­ner (Gesell­schaft) die Ver­trä­ge abge­schlos­sen wer­den (vgl. Nr. 6/2011).

Bei­spiel: Der Mit­ar­bei­ter hat einen Arbeits­vertrag als Res­sort­lei­ter bei der Kon­zern-Mut­ter-AG. Er wird zum Geschäfts­füh­rer beru­fen. Den Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag schließt er mit der Toch­ter-GmbH ab. Fol­ge: Der alte Arbeits­ver­trag ist mit Abschluss des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­ges nicht auto­ma­tisch been­det. Schließt er aber den Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag mit der Mut­ter-AG ab, für die er dann als Geschäfts­füh­rer in der Toch­ter-GmbH tätig wird, endet der bestehen­de Arbeits­ver­trag automatisch.

Gehen Sie davon aus, dass die Justitiare/Berater in den Kon­zer­nen die­se neu Rechts­la­ge ab sofort umset­zen wer­den. Man wird dar­auf ach­ten, dass die sog. Unter­neh­mens­iden­ti­tät gege­ben ist. Recht­lich unan­greif­bar ist es, wenn die Kon­zern-Mut­ter den Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag abschließt und den Geschäfts­füh­rer dann in die Toch­ter-GmbH dele­giert. Für Alt-Ver­trä­ge gilt: Wur­den Sie als Ange­stell­ter zum Geschäfts­füh­rer einer Toch­ter-GmbH bestellt und gekün­digt, lohnt es zu prü­fen, mit wel­chem Unter­neh­men der Arbeits- bzw. der Anstel­lungs­ver­trag abge­schlos­sen wur­de. In die­sem Fall sind Sie als Geschäfts­füh­rer u. U. vor dem sog. Hin­aus­kün­di­gen (zuletzt Nr. 43/2011) geschützt. Ihre Rech­te aus dem vor­ma­li­gen Arbeits­ver­trag bestehen wei­ter und sind in der Regel nur per Auf­he­bungs­ver­trag gegen eine ent­spre­chen­de Abfin­dungs­zah­lung aufzulösen.

KMU-Anleihe: Wir-Finanzierer GmbH wirbt um kleinere Unternehmen

Nach den durch­aus erfolg­rei­chen, aber unter­des­sen aus­ge­lau­fe­nen Mez­za­ni­ne-Finan­­zie­run­gen für den Mit­tel­stand gibt es jetzt mit der Wir-Finan­zie­rer-GmbH einen neu­en Anbie­ter, der eine spe­zi­el­le Anlei­he-Finan­zie­rung für klei­ne­re und mit­tel­gro­ße Unter­neh­men auf­legt (Volu­men: 120 Mio. EUR). Dabei setzt der Grün­der und Ex-Deut­sche-Bank-Mana­ger Mark van Are­nd auf kla­re und weit­ge­hend risi­ko­lo­se Finanz-Betei­li­gun­gen. Inter­es­sier­te Unter­neh­men müs­sen ein Rating ihrer Haus­bank vor­le­gen und eine Bank-Finan­zie­rung in Höhe der Anlei­he vor­wei­sen. Ins­ge­samt gibt es ein drei­stu­fi­ges Rating. Zusätz­lich wer­den Kurz­in­ter­views und eine Betriebs­be­sich­ti­gung vor Ort durch­ge­führt. Finan­ziert wer­den 500.000 bis 10 Mio. EUR zu – je nach Rating – 4,5 % bis 7,25 % plus 5 % Dis­agio. Lauf­zeit: 5 Jah­re. Unter­neh­men, die neue Kre­dit­neh­mer ver­mit­teln, erhal­ten eine Pro­vi­si­on. Eine Mit­tel­bin­dung ist nicht vorgesehen.

Nach eige­nen Anga­ben hat der Finan­zie­rer unter­des­sen 45 % des Anlei­he­vo­lu­mens unter­ge­bracht. Für die rest­li­chen 55 % läuft der­zeit brei­te Wer­bung. Für mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men gibt es damit noch rea­lis­ti­sche Chan­cen in die Finan­zie­rung hin­ein zu kom­men. Als Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie beach­ten: Bei vie­len Mez­za­ni­ne-Finan­­zie­run­gen, die eben­falls über 5 Jah­re ange­legt waren, wur­de die Anschluss-Finan­zie­rung zum Pro­blem (vgl. Nr. 48 + 49/2011). Ent­we­der, weil die zu spät ange­gan­gen wur­de, oder weil eine Anschluss-Finan­zie­rung beim Mez­za­ni­ne-Anbie­ter nicht mög­lich war, die Haus­bank auf stur stell­te und nur zu deut­lich schlech­te­ren Kon­di­tio­nen wei­ter finan­zier­te. Hier müs­sen Sie früh­zei­tig die Wei­chen stel­len. Die Anschluss-Finan­­zie­rung soll­te spä­tes­tens ½ Jahr vor Aus­lau­fen der Anlei­he ste­hen. Bezie­hen Sie dazu die Haus­bank von vor­ne­her­ein kon­struk­tiv in die Gesamt­pla­nung ein.

Mitarbeiter: Abwerbeverbot darf maximal 2 Jahre dauern

Ver­stän­di­gen sich Unter­neh­men dar­auf, Mit­ar­bei­ter nicht gegen­sei­tig abzu­wer­ben bzw. gegen­sei­tig kei­ne Mit­ar­bei­ter ein­zu­stel­len (hier: Mit­ar­bei­ter im Ver­trieb von Nutz­fahr­zeu­gen), darf die­ses sog. Abwer­be­ver­bot längs­tens für 2 Jah­re nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses mit dem jewei­li­gen Mit­ar­bei­ter dau­ern (BGH, Urteil vom 30.45.2014, I ZR 245/12).

Die Unter­neh­men hat­ten in einer Sperra­bre­de für die Mit­ar­bei­ter­ei­ne Karenz­zeit von 3 Jah­ren ver­ein­bart, für die sie sich die Unter­neh­men ver­pflich­te­ten, kei­ne Mit­ar­bei­ter des ande­ren Unter­neh­mens ein­zu­stel­len. Vor­sicht: Auch wenn eine zu lan­ge Karenz­zeit ver­ein­bart ist, soll­ten Sie bei Mit­ar­bei­tern, die vor Ablauf der 2‑Jah­res-Frist zu Ihnen „über­lau­fen“ wol­len, vor­sich­tig sein. Im ent­schie­de­nen Fall wech­sel­te der Mit­ar­bei­ter erst nach Ablauf der 2‑Jah­res-Frist. Wech­selt der Mit­ar­bei­ter aber inner­halb der 2‑Jah­res-Frist, wird das u. U. doch als Ver­stoß gegen die Sperra­bre­de gewer­tet, so dass eine dort ver­ein­bar­te Ver­trags­stra­fe fäl­lig wird.

Recht: Minderheits-Gesellschafter kann Sonderprüfung verlangen

Hat der Min­der­heits-Gesell­schaf­ter einer GmbH Hin­wei­se dar­auf, dass der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer pflicht­wid­rig han­delt, kann er eine sog. Son­der­prü­fung bean­tra­gen (§ 46 Nr. 6 GmbH-Gesetz). Nach einem Beschluss des Land­ge­richts Essen hat er dann bes­te Chan­cen, dass ein­zel­ne Vor­gän­ge neu­tral unter­sucht wer­den. Der betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer hat näm­lich bei der Beschluss­fas­sung zur Bestel­lung eines Son­der­prü­fers kein Stimm­recht (LG Essen, Beschluss vom 31.7.2014, 45 O 9/14).

Gegen­stand einer Son­der­prü­fung sind nicht nur Rechts­ver­stö­ße. Also z. B. der eigen­mäch­ti­ge Abschluss von Geschäf­ten, für die laut Gesell­schafts­ver­trag ein Gesell­schaf­ter­be­schluss vor­ge­schrie­ben ist (Kata­log zustim­mungs­pflich­ti­ger Geschäf­te) oder geset­zes­wid­ri­ge Hand­lun­gen (Ver­stö­ße gegen Steu­er­pflich­ten). Die Gesell­schaf­ter kön­nen auch eine Son­der­prü­fung ver­an­las­sen, um die „Zweck­mä­ßig­keit“ einer Geschäfts­füh­rungs-Maß­nah­me zu überprüfen.

Steuerprüfung: Finanzamt darf interne Berichte nicht herausverlangen

Ist bei der Bewer­tung des Zukaufs einer GmbH-Betei­li­gung strit­tig, wie der Anteil für die steu­er­li­che Erfas­sung wert ist, hat das Finanz­amt kein Anrecht dar­auf, eine für die­sen Zweck ein­ge­hol­te Due-Dili­gence-Bewer­tung ein­zu­se­hen oder her­aus­zu­for­dern (FG Müns­ter 18.8.2014, 6 V 1932/14 AO).

Da in einem Due-Dili­gence-Bericht Tat­sa­chen regel­mä­ßig nicht nur wie­der­ge­ge­ben, son­dern auch juris­tisch bewer­tet wer­den, ist es frag­lich, ob es sich dabei um eine Urkun­de han­delt, auf die der Betriebs­prü­fer Zugriff hät­te. Aber selbst wenn dies so sein soll­te, bestehen Zwei­fel, ob dann der gesam­te Bericht vor­zu­le­gen ist. Ein Due Dili­gence Bericht ist wegen sei­nes Inhalts eine „Urkun­de beson­de­rer Art“, denn er ent­hält regel­mä­ßig auch Infor­ma­tio­nen (z. B. Wür­di­gun­gen, Bewer­tun­gen), die grund­sätz­lich nicht her­aus­ge­ge­ben wer­den müssen.

Geschäftsführer privat: Computerzeitschriften sind Privatsache

Selbst wenn Sie als Geschäfts­füh­rer für den Bereich IT zustän­dig sind, sind die Kos­ten für aus der Pri­vat­ta­sche bezahl­te Com­pu­ter-Zeit­schrif­ten kei­ne Wer­bungs­kos­ten (FG Müns­ter, rechts­kräf­ti­ges Urteil vom 21.7.2014, 5 K 2767/13 E). Es dürf­te aller­dings kein Pro­blem sein, ent­spre­chen­de Zeit­schrif­ten über die GmbH als Betriebs­aus­ga­ben anzu­set­zen. Aller­dings soll­ten Sie die PC-Spie­le-Zei­t­­schrift für den Juni­or nicht unbe­dingt über die GmbH lau­fen lassen.

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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