Themen heute: Behörden und Bürokratie: Zoll prüft mindestlohn in der „Breite” + Wirtschaftliche Risiken: Der Fall „Flexstrom“ – Was Sie bei Werbe-Verträgen beachten müssen + Interne Organisation: Interims-Geschäftsführer: Bessere Chancen für die Vertragsverlängerung + Personal: Wettbewerb um Mitarbeiter wird „online“ entschieden + GmbH und Steuer: Finanzbehörden kennen kein Pardon bei Gewinnabführungsverträgen + Wirtschaftsrecht: Einverständnis für Telefon-Werbung muss konkret sein + Lohnsteuer: Neue Probleme mit ELSTAM-Anmeldungen + BISS …
Nr. 19/2013 vom 10.5.2013
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
die Diskussionen um Steuerverkürzung, Steuerumgehung und Steuergestaltung zeigen auch anderer Stelle Wirkung. Zuletzt hat die Süddeutsche Zeitung Zahlen zu den de facto gezahlten Mindestlöhnen veröffentlicht. Der Zollbericht 2012 des Bundesministeriums der Finanzen zur Schwarzarbeit meldet danach rund 2.500 Firmen, gegen die wegen Verstoßes gegen die Mindestlohn-Vorschriften Bußgeld-Verfahren eingeleitet wurden (Verstoß gegen Vorschriften des Arbeitnehmerentsendegesetzes). Alleine in der Baubranche werden 1.690 Fälle gemeldet. Bei insgesamt rund 25.000 von 70.000 Betrieben der Baubranche wurden danach in jedem dritten Betrieb Preise unter Mindestlohn gezahlt.
Zwar wiegelt das BMF derzeit noch alle Forderungen nach zusätzlichen Zollfahndern kategorisch ab. Hinter den Kulissen wird aber bereits gerechnet. So sind laut BMF derzeit 450 Stellen in der zuständigen Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) unbesetzt. Diese könnten in den nächsten Monaten gezielt aufgestockt werden, um so die Betriebsprüfungen zu intensivieren. Mit weiteren Branchen, die in den Mindestlohn einbezogen werden (zuletzt: Frisöre), wächst der Druck auf die Behörden, den Mindestlohn auch in der Praxis durchzusetzen. Die entsprechenden Mindestlohn-Branchen sind gut beraten, es nicht darauf ankommen zu lassen (Quelle: Schwarzarbeit in Zahlen).
Für die Praxis: Die Öffentlichkeit ist jetzt auch für das Thema „Mindestlohn“ sensibilisiert. Der Druck auf die Behörden einzugreifen, steigt. Eventuell dürfte der Bußgeld-Katalog neu regelt werden, so dass schon geringste Verstöße existenzielle Auswirkungen für Betriebe bringen. Verstöße, die mit einem Bußgeld über 2.500 EUR belangt werden (und das ist schon bei einem nachgewiesenen Arbeitnehmer der Fall), haben weit reichende Konsequenzen: Es droht der Ausschluss für öffentliche Ausschreibungen und zwar bis zu 3 Jahren.
Der Fall „Flexstrom“: Was Sie bei Werbe-Verträgen beachten müssen
zu Jahresbeginn (vgl. Nr. 2/2013) hatten wir Sie vor einem Wechsel zu Stromanbietern mit Vorauskasse gewarnt (Flexstrom). Unterdessen hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet. Wichtig ist hier der Verweis auf den Fall TelDaFax – einem Stromanbieter, der mit einem vergleichbaren Schneeball-System bis 2011 auf dem Markt tätig war. Unterdessen wird TelDaFax abgewickelt. Dabei prüft der Insolvenzverwalter auch, ob der Sponsor-Partner von TelDaFax – der Fußballclub Bayer Leverkusen – nachträglich in die Haftung genommen werden kann und die Werbehonorare in die Insolvenzmasse zurückzahlen muss. Worauf müssen Sie als Geschäftsführer achten, wenn Sie und Ihre GmbH als Werbepartner für ein anderes Unternehmen eintreten? Der TelDaFax-Insolvenzerwalter fordert insgesamt 16 Mio. EUR zurück (hier. Trikot-Werbung) Begründung: Der Verein hätte von der Insolvenzgefährdung seit dem Jahr wissen müssen (z. B. aus der Presse). Bei den Werbe-Honoraren handelt es sich um unzulässige Auszahlungen aus der Insolvenzmasse.
Für die Praxis: Diese Rechtslage gilt nicht nur im großen Vermarktungs-Format. Auch als kleinere GmbH können Sie schnell in diese Haftungsproblematik geraten, Z. B., wenn Sie auf der Homepage Ihrer GmbH bezahlte Werbung für ein Drittunternehmen machen und dieses Unternehmen Insolvenzgefährdet ist. Oder wenn Ihre GmbH in Werbemitteln auf Geschäftspartner verweist, mit denen Sie zusammen arbeiten oder die Sie empfehlen (gegen Bezahlung). Erfahren Sie von der Insolvenzgefährdung eines solchen Werbe-Partners, sollten Sie die Tätigkeit gegen Bezahlung sofort einstellen.
Interims-Geschäftsführer: Bessere Chancen für die Vertragsverlängerung
Es gibt gute Gründe, den Geschäftsführer auf Zeit zu bestellen. Z.B. in der Familien-GmbH, wenn kein Nachfolger aus den eigenen Reihen die Qualifikation mitbringt. Geschäftsführer, die in dieser Situation stecken, sind gut beraten, sich eine entsprechende Verhandlungs-Strategie zurechtzulegen. In vielen Unternehmen steht die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber bereits vorher fest. In kleinen oder mittleren Unternehmen haben leitende Angestellte durchaus Chancen, bei der Vergabe einer Geschäftsführungs-Position vorab berücksichtigt zu werden (insbesondere Techniker, aber auch in Vertrieb und Marketing). Das Ausschreibungsverfahren wird dennoch durchgeführt, damit
- nicht der Eindruck einer Beziehungs-Besetzung entsteht (und damit die Führungskompetenz bereits in diesem Stadium in Frage gestellt wird),
- das übliche betriebliche Vergabeverfahren nicht von den Organen der Unternehmensleitung unterlaufen wird (Vorbildfunktion),
- und die Loyalität des neuen Geschäftsführers gegenüber den Unternehmensgrundsätzen gelebt wird.
Wird Ihre innerbetriebliche Bewerbung um dies Position eines Geschäftsführers von der Personalberatung bereits im Vorfeld nicht berücksichtigt, müssen Sie u. U. davon ausgehen, dass die Auswahl bereits getroffen ist und man Sie nicht mit einer Ablehnung konfrontieren möchte. Dennoch: Nehmen Sie das Bewerbungsverfahren für sich an und verhalten Sie sich darin wie ein „Dritter“. Das betrifft die Bewerbungsunterlagen, das Vorstellungsgespräch und das gesamte Einstellungs-Prozedere.
Für die Praxis: Werten Sie es nicht von vorneherein als Affront gegen Sie, wenn – aus welchen Gründen auch immer – das formelle Auswahlverfahren durchgeführt wird. Wenn Sie das einmal in Gang gesetzte Bewerbungsverfahren ernsthaft annehmen und Sie sich an dem „objektiven“ Auswahlverfahren wie selbstverständlich (und ohne verletzte Eitelkeit oder Eingeschnappt-Sein) beteiligen, senden Sie damit auch ein Vertrauenssignal an Ihren bisherigen und zukünftigen Arbeitgeber.
Wettbewerb um Mitarbeiter wird „online“ entschieden
Noch immer gibt es viele (kleinere) GmbHs, deren Homepage zu Wünschen übrig lässt. Das liegt daran, dass es zu teuer ist, die Websites zu aktualisieren. Eigentlich müsste man den Internet-Auftritt komplett neu aufstellen. Aber es gibt immer Gründe, die Überarbeitung zu verschieben. Spätestens beim Thema Mitarbeiter-Suche sollten Sie aber aktiv werden und Ihre Homepage auf den neuesten Stand bringen. Das sind die Fakten dazu:
- Schon 50 % der 14 bis 49-Jährigen gehen bereits mit dem Smart-Phone oder dem Tablet-PC ins Internet, um sich zu informieren. Tendenz weiter und schnell steigend.
- Das betrifft auch die Suche nach offenen Stellenangeboten, Ausbildungs- und Praktikums-Stellen.
- Die meisten Stellenbörsen scannen die im Internet ausgeschriebenen Stellen und erhöhen damit die Rechweite Ihres Stellenangebots.
- Rund 23 Millionen Deutsche haben ein Profil in einem privaten oder geschäftlichen Social Netzwerk. Auch hier sollte eine entsprechende Schnittstelle auf der Homepage eingerichtet sein.
Für die Praxis: Bei unserem Online-Check auf den Homepages von Mittelständlern mussten wir feststellen, das 9 von 10 Unternehmer dieses Medium nicht für der Personal-Akquise nutzen. Es gibt auch Firmen, die auf der Homepage bereits ein Bewerber-Video-Clip eingestellt haben. Inhalt: Die Firma stellt sich mit seinen Stärken und Möglichkeiten potenziellen Bewerbern vor. Nichts ist authentischer als der eigene Mitarbeiter.
Finanzbehörden kennen kein Pardon bei Gewinnabführungsverträgen
Die notwendige 5‑Jahrsfrist bei der Dauer eines Gewinnabführungsvertrages ist genau zu nehmen. Nebenabsprachen zwischen den Beteiligten werden bei der rechtlichen Würdigung nicht berücksichtigt (BFH, Urteil vom 23.1.2013, I R 1/12).
Für die Praxis: Im Vertrag war eine „Rückwirkung“ vereinbart (hier: zum 1.1.1999). Die Unternehmen gingen davon aus, dass eine mündliche Vereinbarung vor dem 1.1.1999 wirksam zustande gekommen war. Der eigentliche Gewinnabführungsvertrag aber erst einige Monate später und dann mit Rückwirkung abgeschlossen wurde. Der BFH bestätigt: Die 5‑Jahres Frist bleibt Dauerbrenner für die steuerliche Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrages. Ausnahmen und Sonderfälle sind nicht durchsetzbar.
Einverständnis für Telefon-Werbung muss konkret sein
Laut BGH liegt ein Einverständnis zur Telefon-Werbung durch den Verbraucher nur vor, wenn es sich auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen bezieht. Eine allgemeine Zustimmung für Werbeanrufe im Rahmen eines Internet-Gewinnspiels berechtigt nicht zu Werbe-Anrufen beim Kunden (BGH, Urteil vom 25.10.2012, I ZR 169/10).
Für die Praxis: Vorsicht ist in Fällen geboten, wenn Ihr Call-Center Telefon-Adressen bearbeitet, die von einem Dritten erworben wurden, der seinerseits darauf verweist, dass für die Telefon-Adressen eine Einwilligungserklärung für Telefon-Werbung vorliegt. Hier sollten Sie nachhaken und sich den konkreten Vertragstext vorlegen lassen, dem die Verbrauchen zugestimmt haben. Bezieht der sich nicht „konkret“: Finger weg.
Lohnsteuer: Neue Probleme mit ELSTAM-Anmeldungen
Die elektronische Übermittlung der Arbeitnehmerdaten ist bei Ummeldungen z. B. von einer Nebentätigkeit in eine Haupttätigkeit beim gleichen Arbeitgeber nicht möglich, wenn der Arbeitgeber fehlerhafte Angaben zum Ausscheidens- bzw. Einstellungsdatum macht. Laut BMF liegt das an einem Programmfehler. Wird die Anmeldung verweigert wird, können Sie diese in Papierform nachreichen (BMF-Schreiben vom 25.4.2013, IV C 5 – S 2363/13/10003).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief