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Volkelt-Brief 38/2014

The­men heu­te: Made in Ger­ma­ny - gilt auch für For­schung, Per­so­nal und Wirt­schaft­lich­keit Ris­kant: Wenn der Matrix-Mana­ger Ihre Geschäf­te „führt” + Min­der­heits-Gesell­schaf­ter: Wie kom­me ich an mei­nen Gewinn?+ Manag­ment-buy-in: Stimmt Ihr Nach­fol­ge-Modell noch? – neue Rechts­la­ge + Per­so­nal: Betriebs­rat hat kein Anrecht auf eige­nes Inter­net + Wett­be­werbs­recht: Kar­tell­be­hör­den neh­men Preis­bin­dung ins Visier + BISS

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Nr. 38/2014

Frei­burg 19.9.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

made in Ger­ma­ny“ ist nicht nur ein Qua­li­täts-Stan­dard. Es bedeu­tet auch, dass das Pro­dukt unter her­vor­ra­gen­den wirt­schaft­li­chen Stan­dards her­ge­stellt wur­de. Pro­du­ziert ein Arbeit­neh­mer in Ita­li­en pro Jahr Güter im Wert von 160.000 EUR, in Groß­bri­tan­ni­en im Wert von 186.000 EUR, dann schaf­fen Arbeit­neh­mer in den neu­en Bun­des­län­dern 193.000 EUR und in den alten Bun­des­län­dern 238.000 EUR. So die aktu­el­len Zah­len für mit­tel­stän­di­sche Industriebetriebe.

Das kommt nicht von unge­fähr: Die deut­schen Mit­tel­ständ­ler inves­tie­ren 3,4 % (Vor­jahr: 3,3 %) des Jah­res­um­sat­zes in For­schung und Ent­wick­lung. Im euro­päi­schen Ver­gleich ist die­se Inves­ti­ti­ons­ra­te spit­ze. Das gilt auch für die Inves­ti­tio­nen ins Per­so­nal. Gut die Hälf­te der Unter­neh­men wird so viel wie im Vor­jahr in Human Capi­tal inves­tie­ren. Über 40 % der Mit­tel­ständ­ler wer­den noch mehr Mit­tel als im Vor­jahr frei­set­zen, um ihr Per­so­nal noch bes­ser zu machen: Made in Ger­ma­ny.

So weit die Erkennt­nis­se der Stu­die Trieb­werk des Erfolgs: Der deut­sche Mit­tel­stand im Fokus (GE Capital/Institut für Mit­tel­stands­for­schung), zu der über 1.000 mit­tel­stän­di­sche Betrie­be befragt wur­den. Für klei­ne­re Unter­neh­men Rich­tung wei­send: Auch für die mit­tel­gro­ßen und grö­ße­ren Mit­tel­ständ­ler steht die Arbeits­kräf­te-Pro­ble­ma­tik im Fokus der mit­tel- und lang­fris­ti­gen Aus­rich­tung der Geschäf­te. Wer hier mit „Inves­ti­tio­nen“ (Rekru­tie­rungs­kos­ten, Aktio­nen, aber auch: Lohn-„Politik“, Wei­ter­bil­dung usw.) geizt, tut sich und der Fir­ma für die nächs­ten Jah­re kei­nen Gefallen.

Riskant: Wenn der Matrix-Manager Ihre Geschäfte „führt”

Als Geschäfts­füh­rer einer Toch­ter­ge­sell­schaft im Kon­zern fah­ren Sie ein unkal­ku­lier­ba­res Haf­tungs­ri­si­ko, wenn die ein­zel­nen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten über ein Matrix-Manage­ment in das Gesamt­un­ter­neh­men ein­ge­bun­den sind. Der Matrix-Mana­ger ist dann befugt, unmit­tel­bar in den Geschäfts­be­reich des ein­zel­nen Geschäfts­füh­rers ein­zu­grei­fen. Z. B. kann er den Mit­ar­bei­tern Wei­sun­gen geben oder den Pro­duk­ti­ons­ab­lauf ändern.

Ach­tung: Der Geschäfts­füh­rer bleibt ver­ant­wort­lich für die Zah­len und für den wirt­schaft­li­chen Erfolg der GmbH. Recht­lich unpro­ble­ma­tisch ist die Über­tra­gung von Geschäfts­füh­rungs-Ver­ant­wor­tun­gen auf den Matrix-Mana­ger, wenn es

  • um Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten geht (zen­tra­les Personal-Management),
  • um Mar­ke­ting- und Ver­triebs­ak­ti­vi­tä­ten geht (zen­tra­les Mar­ke­ting) oder
  • um die Erle­di­gung von Rechts­an­ge­le­gen­hei­ten (Unter­neh­mens-Jus­ti­ar) geht.

Pro­ble­ma­tisch wird es für den Geschäfts­füh­rer der Toch­ter­ge­sell­schaft, wenn er nur unvoll­stän­di­ge Infor­ma­tio­nen über die Finanz­la­ge der Gesell­schaft hat. Wenn das Rech­nungs­we­sen zen­tral ver­wal­tet wird oder extern erle­digt wird und der Geschäfts­füh­rer ledig­lich aus­ge­wähl­te Kenn­zah­len (BWA) erhält, nicht aber einen Gesamt­über­blick, aus dem sich die Finanz- und Liqui­di­täts-Situa­ti­on der Gesell­schaft ergibt und er sich kein rea­lis­ti­sches Bild dar­über machen kann, ob Über­schul­dung vor­liegt bzw. Zahlungs(un)­fähigkeit gege­ben ist. Die Insol­venz­an­trags­pflicht des Geschäfts­füh­rers besteht wei­ter. Ver­stößt er dage­gen, führt das zur Haf­tung des Geschäfts­füh­rers bis hin zur straf­recht­li­chen Verantwortlichkeit.

Ist der Geschäfts­füh­rer der Toch­ter­ge­sell­schaft aus­schließ­lich für die Lei­tung und Abwick­lung des ope­ra­ti­ven Geschäf­tes zustän­dig, ist Vor­sicht ange­bracht. Wich­tig ist, dass der Geschäfts­füh­rer die ihm nach dem GmbH-Gesetz und der Abga­ben­ord­nung zwin­gend über­tra­ge­nen Auf­ga­ben nach­kommt (Steu­er­pflich­ten der GmbH, die Abfüh­rung der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge, die Ver­pflich­tung zur ord­nungs­ge­mä­ßen Buch­füh­rung und Bilan­zie­rung, die Auf­stel­lung und Vor­la­ge des Jah­res­ab­schlus­ses). Dazu muss sich der Geschäfts­füh­rer voll­stän­dig infor­mie­ren und die Erfül­lung der gesetz­li­chen Ver­pflich­tun­gen kon­trol­lie­ren. Gibt es Anzei­chen für eine wirt­schaft­li­che Kri­se der GmbH, soll­te er sich absi­chern und ggf. eine Zwi­schen­bi­lanz beim Gesamt-Vor­stand bean­tra­gen (schrift­lich).

Minderheits-Gesellschafter: Wie komme ich an meinen Gewinn?

Ich bin an einer GmbH betei­ligt! Vom Gewinn habe ich bis­her noch nichts gese­hen!“. So die Kla­ge eines Gesell­schaf­ters, der eine Min­der­heits­be­tei­li­gung an einer GmbH besitzt, deren Geschi­cke aber vom beherr­schen­den Gesell­schaf­ter gelenkt wer­den. Wel­che Rech­te hat der Gesell­schaf­ter und wie kann er die­se durchsetzen?

Die Rechts­la­ge: Grund­sätz­lich haben die Gesell­schaf­ter Anspruch auf den von der GmbH erwirt­schaf­te­ten Gewinn – so wie er sich nach den GoB und han­dels­recht­li­chen Vor­schrif­ten ergibt. Die Gesell­schaf­ter beschlie­ßen auf der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung den Jah­res­ab­schluss und über die Ver­wen­dung des Ergeb­nis­ses. Den Gesell­schaf­tern bleibt es dabei über­las­sen, ob der Gewinn unter den Gesell­schaf­tern ver­teilt wer­den soll oder ob aus dem Gewinn Rück­la­gen zum Ver­bleib in der GmbH gebil­det wer­den sol­len. Im Ein­zel­nen ist gesetz­lich fest­ge­legt (§ 29 GmbH-Gesetz):

    • Die Gesell­schaf­ter haben Anspruch auf den Jah­res­über­schuss zuzüg­lich eines Gewinn- und abzüg­lich eines Ver­lust­vor­tra­ges, soweit der sich erge­ben­de Betrag nicht (nach Gesetz oder Gesell­schafts­ver­trag, durch Beschluss nach § 29 Abs. 2 GmbHG oder als zusätz­li­cher Auf­wand auf Grund des Beschlus­ses über die Ver­wen­dung des Ergeb­nis­ses) von der Ver­tei­lung unter die Gesell­schaf­ter aus­ge­schlos­sen ist.
    • Im Beschluss über die Ver­wen­dung des Ergeb­nis­ses kön­nen die Gesell­schaf­ter, wenn der Gesell­schafts­ver­trag nichts ande­res bestimmt, Beträ­ge in Gewinn­rück­la­gen ein­stel­len oder als Gewinn vor­tra­gen. Die Ver­tei­lung erfolgt nach dem Ver­hält­nis der Geschäfts­an­tei­le. Im Gesell­schafts­ver­trag kann ein ande­rer Maß­stab der Ver­tei­lung fest­ge­setzt werden.
    • Die Gesell­schaf­ter kön­nen mit Zustim­mung des Auf­sichts­rats oder der Gesell­schaf­ter den Eigen­ka­pi­tal­an­teil von Wert­auf­ho­lun­gen bei Vermögens­gegenständen des Anla­ge- und Umlauf­ver­mö­gens und von bei der steu­er­recht­li­chen Gewinn­ermitt­lung gebil­de­ten Pas­siv­pos­ten, die nicht als Son­der­pos­ten mit Rück­la­ge­an­teil aus­ge­wie­sen wer­den dür­fen, in ande­re Gewinn­rück­la­gen einstellen.

Der zur Aus­schüt­tung bestimm­te Gewinn wird nach dem Ver­hält­nis der Geschäfts­an­tei­le, also des Nenn­be­tra­ges der Stamm­ein­la­gen, auf die Gesell­schaf­ter ver­teilt. Von der GmbH gehal­te­ne Antei­le wer­den bei der Ver­tei­lung des Gewin­nes nicht berück­sich­tigt. Im Gesell­schafts­ver­trag kann auch ein ande­rer Ver­tei­lungs­schlüs­sel ver­ein­bart wer­den. Der Gewinn­an­spruch des ein­zel­nen Gesell­schaf­ters ent­steht mit dem Gewinn­ver­tei­lungs­be­schluss. Jeder Gesell­schaf­ter hat einen gericht­lich durch­setzbaren Anspruch auf Beschluss­fas­sung. Nur wenn sich nach­träg­lich her­aus­stellt, dass kei­ne aus­schüt­tungs­fä­hi­ge Mas­se vor­han­den ist oder eine Aus­schüt­tung gegen die Kapitalerhaltungs­vorschrift ver­sto­ßen wür­de, darf die Gesell­schaft die Aus­zah­lung nicht leis­ten. Haben Sie Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Gewinn­ermitt­lung, soll­ten Sie einen unab­hän­gi­gen Bera­ter mit der Bilanz­prü­fung beauftragen.

Geht es von der Gewinn­ermitt­lung bis zum Gewinn­ver­wen­dungs­be­schluss Alles kor­rekt zu, hat der Min­der­heits-Gesell­schaf­ter kei­ne Mög­lich­keit, die Aus­schüt­tung des Gewinns durch­zu­set­zen. Ein­zi­ge rea­lis­ti­sche Mög­lich­keit: Sie ver­kau­fen Ihren GmbH-Anteil an den beherr­schen­den Gesell­schaf­ter. Die Gewinn­rück­la­gen flie­ßen in der Regel in die Wert­ermitt­lung des GmbH-Anteils ein. Für den aus­schei­den­den Gesell­schaf­ter ist das zumin­dest eine Mög­lich­keit, die stil­len Reser­ven zu akti­vie­ren und in bares Ver­mö­gen umzu­set­zen. Wich­tig ist, dass Sie einen Pro­fi für Unter­neh­mens­be­wer­tung ein­schal­ten. Dann ist sicher­ge­stellt, dass Sie einen rea­lis­ti­schen Ver­kaufs­er­lös erzie­len können.

Managment-buy-in: Stimmt Ihr Nachfolge-Modell noch?

(Fremd-) Geschäfts­füh­rer, die sich an der GmbH, für die sie tätig sind, betei­li­gen wol­len, müs­sen ein aktu­el­les Urteil des BFH zum Manage­ment-buy-in beach­ten. Es gilt: „Erwirbt der (bis­he­ri­ge und) zukünf­ti­ge Geschäfts­füh­rer einen GmbH-Anteil unter Wert, dann muss er für den Dif­fe­renz­be­trag Lohn­steu­er zah­len“ (BFH, Urteil vom 26.6.2014, VI R 94/13).

Bei­spiel: Erwirbt der Geschäfts­füh­rer einen 50 % – Anteil für 250.000 EUR und ermit­telt das Finanz­amt anhand der Bilanz (z. B. plus Gewinnthe­sau­ri­e­rung in Rück­la­gen) einen Wert von 450.000 EUR, dann wird der Geschäfts­füh­rer für die Dif­fe­renz von 200.000 EUR mit ca. 100.000 EUR Lohn­steu­er zu Kas­se gebeten.

Vie­le Nach­fol­ge­mo­del­le müs­sen jetzt auf den Prüf­stand. Z. B., wenn ein exter­ner Nach­fol­ger mit einem güns­ti­gen Kauf­preis an die GmbH gebun­den wer­den soll. Hell­hö­rig wer­den die Finanz­be­hör­den auch, wenn ein Gesell­schaf­ter mit Mini-Betei­li­gung (z. B. Kin­der) mit Ein­tritt in die Geschäfts­füh­rung einen grö­ße­ren Anteil unter Wert über­nimmt. Hier könn­ten die Finanz­be­hör­den eine vGA unterstellen.

Die Finanz­be­hör­den ermit­teln den Wert des GmbH-Anteils nach dem ver­ein­fach­ten Ertrags­wert­ver­fah­ren (§ 199 Bewer­tungs­ge­setz). Der Wert des Unter­neh­mens ermit­telt sich danach nach dem gemit­tel­ten durch­schnitt­li­chen Jah­res­er­trag. Zukünf­ti­ge Ent­wick­lun­gen und Gewinn­chan­cen wer­den nicht berück­sich­tigt. Berück­sich­tigt wird ein kal­ku­la­to­ri­scher Unter­neh­mer­lohn. Um den oben genann­ten Lohn­steu­er-Effekt zu ver­mei­den, soll­te der Kauf­preis nach dem im ver­ein­fach­ten Ertrags­wert­ver­fah­ren ermit­tel­ten Unter­neh­mens­wert fest­ge­legt werden.

Personal: Betriebsrat hat kein Anrecht auf eigenes Internet

Der Betriebs­rat ist berech­tigt, das betrieb­li­che Inter­net zu nut­zen. Mit Ein­schrän­kun­gen, die der Arbeit­neh­mer vor­gibt. Ein Anspruch auf unein­ge­schränk­te Nut­zung gibt es nicht. Der Betriebs­rat hat Anspruch dar­auf, dass der Arbeit­ge­ber sich ver­pflich­tet, auf die Über­wa­chung und Kon­trol­le des Tele­fon- und Inter­net­be­trie­bes des Betriebs­ra­tes zu ver­zich­ten (LAG Nie­der­sach­sen, Beschluss vom 30.7.2014, 16 Ta BV 92/13).

Der Betriebs­rat woll­te vor dem Arbeits­ge­richt einen eige­nen Tele­fon- und Inter­net-Anschluss durch­set­zen. Der muss sich aber mit den betriebs­üb­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln zufrie­den geben. Der Betriebs­rat kann ledig­lich vom Arbeit­ge­ber ver­lan­gen, dass die Tele­fon- und Inter­net-Nut­zung nicht kon­trol­liert werden.

Wettbewerbsrecht: Kartellbehörden nehmen Preisbindung ins Visier

Das Bun­des­kar­tell­amt hat jetzt den mit­tel­stän­di­schen Matrat­zen­her­stel­ler Rec­ti­cel im Kar­tell­ver­fah­ren mit einem Buß­geld von 8,2 Mio. EUR belegt. Begrün­dung: Die Händ­ler­ab­spra­che, nach der ein bestimm­tes Sor­ti­ment Matrat­zen zu dem vom Her­stel­ler vor­ge­ge­be­nen Ver­kaufs­preis abge­ge­ben wer­den muss (sog. ver­ti­ka­les Kartell).

Laut Bun­des­kar­tell­amt dür­fen Her­stel­ler nur eine unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung geben. Sie dür­fen aber kei­ne Preis­vor­ga­ben machen oder Druck auf den Händ­ler aus­üben – etwa Lie­fer­stopp andro­hen oder ein Wer­be­ver­bot mit dem Logo des Her­stel­lers aus­spre­chen. Im Fall hat­te der Her­stel­ler schrift­lich auf Ein­hal­tung der Prei­se gedrun­gen. Ach­tung: In Brie­fen und E‑Mails dür­fen Sie nur mit einem Hin­weis auf die unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung argumentieren.

 

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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