Mittelstandspolitik Fehlanzeige: Wir haben ein paar Ideen und zeigen, wo es lang gehen kann + Steuern 4.0: Warten auf die neue Erbschaftsteuer + Abberufung des Geschäftsführers: Vorwürfe alleine genügen nicht + Netzwerken: Nehmen Sie Ihre Geschäftspartner in die Pflicht + Gehaltsverzicht: Finanzämter kassieren bei der Geschäftsführer-Altersversorgung + GmbH-Recht: Insolvenzantragspflicht gilt für den Geschäftsführer einer Limited + Teldafax-Geschäftsführer kommen mit einem blauen Auge davon + Gestaltung: Geschäftsführer kann sich nicht selbst verleihen + BISS …
Der Volkelt-Brief 04/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 22. Januar 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
„der Mittelstand ist wichtig. Wir brauchen den Mittelstand. Der Mittelstand schafft die meisten Arbeitsplätze“. Alle Parteien loben den Mittelstand aus. In der Praxis sieht das allerdings etwas anders aus. Ob Handwerker-GmbH, kleinere Dienstleistungsunternehmen, kleine Industriebetriebe oder unabhängiger Handelsbetrieb: Alle stöhnen über Bürokratie, hohe Verwaltungskosten und sonstige Auflagen. Den meisten Konzernen und Ketten mit zentralisierter und standardisierter Organisation ist es trotz aller Auflagen möglich, höchste Gewinne und beste Renditen zu erwirtschaften. Und sie drängen in alle Segmente, in denen es Geld zu verdienen gibt.
Genau an dieser Stelle ist Mittelstand-Politik gefordert. Kleinere GmbHs werden – zumindest auf dem Papier – genau so mit Steuern belastet wie Großunternehmen. Sie zahlen sogar mehr, denn viele steuerliche Vermeidungsstrategien (Organschaft, Verlustausgleich, Gewinnverlagerung) sind und bleiben den Großen vorbehalten. Grundsatz einer ausgleichenden Steuerpolitik ist die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, so wie es für die Erhebung der Einkommensteuer praktiziert wird. Aber egal ob ein Unternehmen groß ist und viel verdient oder kleiner und wenig verdient: Ausgeschüttete Gewinne unterliegen einheitlich der 25 % Abgeltungssteuer. Vielleicht sollte die Politik einmal über eine progressive Abgeltungssteuer als Mittel der Mittelstandsförderung nachdenken – von 10 % für kleinere Unternehmen mit kleineren Gewinnen und Erträgen bis zu 25 % und mehr für Großverdiener.
Steuern 4.0: Warten auf die neue Erbschaftsteuer
Bis zum 30.6.2016 muss das neue Erbschaftsteuergesetz verabschiedet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sein. Geschieht das nicht, können die Finanzbehörden keine Erbschafteuer mehr erheben – so die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Stand der Dinge ist: Im September hatte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf im Bundestag vorgelegt. Anschließend hat der Bundesrat eine Stellungsnahme dazu vorgelegt. Umstritten sind: Die neue Definition des Verwaltungsvermögens, die neuen Regelungen zu den Verschonungsregelungen, Ausnahmeregelungen für Familienunternehmen und die Erweiterung der sog. Lohnsummenregelung, die Voraussetzung für die Anwendung der Verschonungsregelungen sind. Dabei liegen die Vorstellungen der Beteiligten nach wie vor weit auseinander. Völlig unklar ist, ob es schlussendlich zu einer zusätzlichen steuerlichen Belastung der kleineren und mittelgroßen Betriebe kommen wird.
Der Sachverständigenrat macht sich daneben für ein Niedrigsteuer-Modell stark, wonach die Steuersätze für die Erbschaft- und Schenkungssteuer radikal abgesenkt werden und die Steuern langfristig gestundet werden können. Die Regierungsfraktionen der großen Koalition lassen derzeit dieses Modell durchrechnen. Finanzminister Wolfgang Schäuble beharrt dagegen weiterhin auf dem eingebrachten Gesetzentwurf. Der Ausgang ist weiterhin offen.
Abberufung des Geschäftsführers: Vorwürfe genügen nicht
Ein Fall aus der Praxis: Einer der GmbH-Gesellschafter ist mit der Leistung des (Gsellschafter-) Geschäftsführers nicht zufrieden. Auf die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung lässt er den TOP „Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund“ setzen.
Folge: Nach § 47 GmbH-Gesetz und der dazu ergangenen Rechtsprechung hat der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer kein Stimmrecht. Er kann nicht Richter in eigener Sache sein. Allerdings: Ob es sich dabei um Unzufriedenheit, persönliche Vorwürfe oder um tatsächliche Fehlleistungen des abzuberufenden Geschäftsführers handelt, spielt zunächst keine Rolle. Wie verhält sich der betroffene Geschäftsführer in dieser Situation richtig? Wie kann der Geschäftsführer seine unberechtigte oder willkürliche Abberufung verhindern?
Netzwerken: Nehmen Sie Ihre Geschäftspartner in die Pflicht
„Ohne seinen Rat hätten wir falsch investiert!“. So Bernd K., Geschäftsführer eines Bauteile-Zulieferers über den regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit einem Geschäftsführer-Kollegen, dessen Unternehmen die Alu-Teile herstellt, die in der gleichen Lieferkette für den gemeinsamen Großkunden eingebaut werden. Das ist keine Seltenheit. Aus der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Firmen entstehen vertrauliche Arbeitsbeziehungen zwischen den beteiligten Personen, auch den Geschäftsführern. Bisweilen ergeben sich daraus Freundschaften, die lange Bestand haben und auch einen Wechsel des Arbeitgebers unbeschadet überstehen.
Übung ist es auch, die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen zu „institutionalisieren“ – man verständigt sich darauf, gemeinsame Projekte und Erfahrungen in Gremien festzumachen. Bewährt und üblich ist die gegenseitige Einbindung der Geschäftsführer in einen (beratenden) Beirat des jeweils anderen Unternehmens. Dazu müssen Sie beachten: Wird der Geschäftsführer einer GmbH in einem anderen Unternehmen als (beratender) Beirat oder sogar als kontrollierender Aufsichtsrat tätig, handelt es sich nicht mehr um eine rein private Nebentätigkeit. Vielmehr handelt es sich um eine Nebentätigkeit, die die Belange der GmbH betrifft. Für den (Gesellschafter-) Geschäftsführer bedeutet das: Besteht laut Anstellungsvertrag Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten, darf der Geschäftsführer dieses Amt nur wahrnehmen, wenn die Gesellschafter die Genehmigung dazu erteilen.
Gehaltsverzicht: Finanzämter kassieren bei der GmbH
Achtung: Wenn das Gehalt des GmbH-Geschäftsführers – aus welchen Gründen auch immer – gekürzt wird und für den Geschäftsführer eine Pensionsrückstellung gebildet wird, dann muss diese entsprechend gekürzt werden. Die steuerlich zulässige Höhe der Pensionszusage muss sich nach der Höhe des tatsächlich gezahlten Gehalts ausrichten (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2015, 6 K 4456/13 K). Ganz praktische Auswirkungen hat das, wenn das Finanzamt z. B. nach einer längeren wirtschaftlichen Krise der GmbH eine Gehaltskürzung durchsetzt, indem die Überbezahlung einfach als verdeckt Gewinnausschüttung nachträglich versteuert wird. Nach diesem Urteil müssen diese Geschäftsführer jetzt auch damit rechnen, dass zusätzlich auch die dann überhöhten Zuführungen zur Pensionsrückstellung auch noch nachträglich aufgelöst werden – ebenfalls mit zusätzlichen Steuern für die GmbH.
Insolvenzantragspflicht gilt für den Geschäftsführer einer Limited
Wird gegen eine Limited in Deutschland Insolvenzantrag bei einem deutschen Amtsgericht gestellt, gelten für den Geschäftsführer die gleichen Haftungs-Richtlinien wie für einen GmbH-Geschäftsführer (EuGH, Urteil vom 10.12.2015, Rs C‑594/14).
Teldafax-Geschäftsführer kommen mit einem blauen Auge davon
5 Jahre nach dem Insolvenzantrag gegen den Stromlieferanten Teldafax gehen die Wirtschaftsstrafverfahren gegen die Geschäftsleitung und Manager des Unternehmens dem Ende entgegen. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung werden sich wohl auf eine Einstellung der Verfahren einigen (vgl. Nr. 7/2015). Damit bleibt ein 500 Mio. EUR Schaden für die Kunden strafrechtlich ohne Folgen.
Geschäftsführer kann sich nicht selbst verleihen
Der Geschäftsführer einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma kann nicht selbst verliehen werden. Ein Kameramann wollte mit dieser Gestaltung die Vorgabe seines Auftraggebers umgehen, wonach freie Mitarbeiter maximal 60 Tage im Jahr beschäftigt werden dürfen. Also gründete er für sich eine Arbeitnehmerüberlassungsfirma. Das ging allerdings nicht durch (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 1.12.2015, 1 Sa 439b/14).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur