Krisen-Management: Wie viele Gesellschafter hat Ihre GmbH? + GmbH kompakt: Wichtige Rechtsprechung zur GmbH/Geschäftsführung 2018 (II) + Digitales: Die neuen Aufgaben der Geschäftsführung (I) + GmbH/Energierisiken: Wann lohnt die Stromausfallversicherung? + Verträge mit Angehörigen: Hier macht das Finanzamt Probleme + DSGVO: Schützt nicht gegen Einsichts-Anspruch des Betriebsrates + GmbH/Steuer: Gewinn aus KSt-Guthaben ist steuerpflichtig + NEU: Grundsteuer belastet Gewerbe- und Industrie-Immobilien + Winter: Haftung bei unterlassener Streukontrolle
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 04/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 25. Januar 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wie viele Gesellschafter hat Ihre GmbH? Hintergrund meiner Frage: Je mehr Gesellschafter eine GmbH hat, umso häufiger kommt es zu (rechtlichen) Probleme zwischen den Gesellschaftern – sei es um Mitspracherechte, um die Geschäftspolitik oder um eine Nachfolgeregelung. Faustregel: In der GmbH mit mehreren Gesellschaftern kommt es durchschnittlich alle zwei Jahre zu ernsthaften Meinungsverschiedenheiten, die bei schlechtem Krisen-Management bis hin zu einer gerichtlichen Entscheidung geführt werden.
Das betrifft aber nur einen Teil der mittelständischen GmbHs. Rund 40 % der insgesamt ca. 1.252.000 Unternehmen in der Rechtsform GmbH haben ohnehin nur einen Gesellschafter. Der führt in der Regel auch die Geschäfte seiner GmbH selbst. Jede vierte GmbH hat gerade einmal zwei Gesellschafter (davon ca. 150.000 sog. paritätische Zweipersonen-GmbHs). Knapp 5% der GmbHs haben genau drei Gesellschafter. Insgesamt 70 % der GmbHs haben danach nur einen oder wenige Gesellschafter. Und gerade einmal 1 % alle GmbHs haben 6 und mehr Gesellschafter. Die meisten Gesellschafter hat nach wie vor die Freie-Reifeneinkaufs-Initiative GmbH – eine Einkaufsgemeinschaft aus Köln/Frechen mit ca. 500 Gesellschaftern. Nicht bekannt ist, ob es in dieser GmbH besonders viele Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gesellschaftern gibt (Quelle: Institut für Rechtstatsachenforschung, Universität Jena, in GmbHR 2018, S. 669 ff.).
GmbH kompakt: Wichtige Rechtsprechung zur GmbH/Geschäftsführung 2018 (II)
Als Geschäftsführer sind Sie verantwortlich für die Umsetzung von Recht und Gesetz im Unternehmen – aber auch dafür, dass im juristischen Ernstfall alle Möglichkeiten zugunsten der GmbH genutzt werden. Vieles ist in Bewegung – auch und gerade bei der steuerlichen Behandlung der GmbH, ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer. Wir haben die wichtigsten Neuerungen aus 2018 in der folgenden Übersicht zusammengestellt:
GmbH/Steuern
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Finanzamt kassiert bei Kartellstrafen mit: Ein vom Bundeskartellamt aufgrund verbotswidriger Absprachen verhängtes Bußgeld darf nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gilt auch für den Fall, dass sich die Höhe der Geldbuße am Gewinnpotential der Kartellabsprache orientiert. | FG Köln, Urteil v. 24.11.2016, 10 K 659/16
Fundstelle: Nr. 34/2018 |
Finanzgericht kippt Finanzamts-Zins-Berechnung: Laut BFH müssen die Finanzämter eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) für alle Steuerbescheide mit Säumniszuschlägen (6% Zinsen) für Veranlagungen ab 2015 gewähren. | BFH, Beschluss v. 25.4.2018, IX B 21/18
Fundstelle: Nr. 21/2018 |
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Wertaufholung bei Verkauf der GmbH-Beteiligung im Betriebs-vermögen: Wird ein GmbH-Anteil im Betriebsvermögen verkauft, ist zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns eine Wertaufholung vorzunehmen – und zwar dann, wenn damit eine zuvor erfolgte Teilwertabschreibung korrigiert wird oder wenn nach einer Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung eine Neubewertung des GmbH-Anteils notwendig ist. | OLG München, Urteil v. 18.4.2018, 7 U 3130/17
Fundstelle: Nr. 8/2018 |
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Steuerfalle im Gewinnabführungsvertrag: Die Finanzbehörden orientieren sich bei der Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrages am Datum der Eintragung in das Handelsregister. Das ist zulässig und vom Gesetzgeber so gewollt. Und zwar selbst dann, wenn die Eintragung aufgrund von Fehlern des Handelsregisters erst verspätet erfolgt. | BFH, Urteil v. 23.8.2017, I R 80/15
Fundstelle: Nr. 7/2018 |
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Geschäftsführer/ Steuern | Vorsorge-Zuschuss als Sachlohn: Zahlt die GmbH ihrem pflichtversicherten Geschäftsführer einen Zuschuss für eine private Zusatzversicherung, handelt es sich beim Arbeitgeberbeitrag um einen Sachbezug. Folge: Bis zur Freigrenze von 44 EUR bleibt der monatliche Sachbezug lohnsteuerfrei (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Voraussetzung: Der Zuschuss wird nur für diese spezielle Versicherungsleistung gewährt. | BFH, Urteil v. 7.6.2018, VI R 13/16 bzw. vom 4.7.2018, VI R 16/17
Fundstelle: Nr. 40/2018 |
Gesellschafter-Vorschuss wird Gesellschafter-Darlehen: Liefert einer der Gesellschafter Waren oder andere Leistungen an seine GmbH, dann kann laut BFH die ausstehende Forderung als Gesellschafter-Darlehen bewertet werden. Folge: In einem eventuellen Insolvenzverfahren wird diese Forderung als nachrangige Forderung behandelt. | BFH, Urteil v. 28.8.2018, I B 114/17
Fundstelle: Nr. 38/2018 |
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Besteuerung der Gewinnausschüttung bei Verkauf der GmbH: Erwirbt der eine Gesellschafter vom anderen dessen Geschäftsanteil mit dinglicher Wirkung zum Bilanzstichtag und vereinbaren die Gesellschafter, dass dem ausscheidenden Gesellschafter der laufende Gewinn der Gesellschaft noch bis zum Bilanzstichtag zusteht und nach Aufstellung der nächsten Bilanz an ihn ausgeschüttet werden soll, kann ein zivilrechtlich wirksamer und steuerlich anzuerkennender Gewinnver-teilungsbeschluss vorliegen mit der Folge, dass der im Folgejahr von der Gesellschaft an den ausgeschiedenen Gesellschafter ausgeschüttete Betrag diesem als (nachträgliche) Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen ist. | BFH, Urteil v. 13.3.2018, IX R 35/16
Fundstelle: Nr. 32/2018 |
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Finanzamt bestraft Gesundheits-Vorsorge: Gewährt Ihnen Ihre Krankenversicherung (KV) Bonuszahlungen, weil Sie die Voraussetzungen aus einem Bonusprogramm erfüllen, mindern diese Zahlungen Ihren Sonderausgabenabzug. Das gilt z. B. für Bonuszahlungen aus einem Fitness-Programm (direkter Zuschuss zum Fitness-Studio-Beitrag), bestimmte Vorsorge-Maßnahmen (Nicht-Raucher-Programm, Impfschutz, Zahnvorsorge) oder sog. Sportboni für sonstige gesundheitsfördernde Aktivitäten. | FG Münster, Urteil v. 13.6.2018, 7 K 1392/17
Fundstelle: Nr. 30/2018 |
Digitales: Die neuen Aufgaben der Geschäftsführung (I)
Viele Verwaltungstätigkeiten, die mit der Führung der Geschäfte einer GmbH verbunden sind, sind bereits „digital” – Stichwort: Management-Informationssysteme, Berichtswesen, Meldewesen, Lohnabrechnung usw. Was aber nicht heißt, dass die Geschäftsführer von diesen Aufgaben entlastet sind. In der Praxis insbesondere von kleineren Unternehmen sind es immer noch gerade diese Aufgaben, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Anders formuliert: Ein großer Teil der Geschäftsführungs-Aktivitäten besteht genau darin, diese Aufgaben zu organisieren, abzuwickeln oder zu kontrollieren. Die Digitalisierung wird aber gerade in diesen Bereichen in den nächsten Jahren Vieles verändern.
Nicht allen Kollegen/Innen fällt der Abschied von diesen (eher statischen) Aufgabenstellungen leicht. Etwa den Kollegen/Innen, die Unternehmensführung in erster Linie aus der kaufmännischen Perspektive erlernt und erlebt haben. Kollegen, die näher am Produkt sind (Ingenieure, Produktentwickler, Marketing-Experten), sehen dagegen die Entlastung von Verwaltungsaufgaben als kreative Chance – weg von der Bürokratie hin zu mehr Gestaltung des gesamten Geschäftsprozesses. Der Fokus der neuen Aufgabenstellungen liegt auf:
- der permanenten Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (Produkte, Organisation und Abläufe),
- der Begründung von Kooperationen mit strategischen Partnern,
- dem Initiieren von Marketing-Aktivitäten und Kampagnen,
- der Rekrutierung und Entwicklung von Mitarbeitern (HR),
- Compliance und Vertragswesen und
- PR, Repräsentation, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerken (Verbände, Organisationen, Ausland).
GmbH/Energierisiken: Wann lohnt die Stromausfallversicherung?
Als Geschäftsführer der GmbH sind Sie auch dafür zuständig, dass der Geschäftsbetrieb der GmbH den Risiken gemäß gesichert bzw. ggf. versicherungstechnisch gegen Risiken abgesichert ist. Überlastete Stromtrassen, zunehmende wetterbedingte Ausfälle (Sturmtiefe) oder Schaltfehler in der Computersteuerung: Deutschlandweit nehmen Stromausfälle zu. So wurden z. B. alleine auf dem Internet-Portal Stromausfall seit November 2016 14.477 Störungen gemeldet. Tendenz: zunehmend.
Wer betroffen ist, hat in der Regel längere Ausfallzeiten. Einige Versicherungen raten für die Zukunft zu einer zusätzlichen Stromausfall-Versicherung. Für wen lohnt das? Wenig Aussicht auf Schadensersatz haben Unternehmen, bei denen lediglich (Computer-/Telefon-) Ausfallzeiten zu verzögerter Bearbeitung führen. Diese Risiken lassen sich auch mit einer Stromausfall-Versicherung nicht absichern, weil die Ermittlung des konkreten Schadens nur selten und nur sehr schwer möglich ist (Ausnahme: ausbleibende Bestellungen im Internet-Handel, Schadensfälle aus Terminüberschreitungen). Alternative: Der Notfallplan für die Mitarbeiter (Besprechungstermine vorziehen, Ablage + Dokumentation, Pause). Für den reinen oder überwiegenden Bürobetrieb ist die Stromausfall-Versicherung keine wirkliche Alternative.
Verträge mit Angehörigen: Hier macht das Finanzamt Probleme
Beschäftigen Sie in der GmbH nahe Angehörige (Ehegatte, Kinder), sollten Sie die vertragliche Gestaltung und die Durchführung genau nehmen. Nicht geht: Sie vereinbaren einen Mini-Job und verrechnen dafür zum Teil die Nutzung des Firmenwagens und gleichen Überstunden mit Freizeit ab. Das ist – laut Finanzgericht Münster – „zu viel” Improvisation (FG Münster, Urteil v. 20.11.2018, 2 K 156/18 E).
DSGVO: Schützt nicht gegen Einsichts-Anspruch des Betriebsrates
Der Betriebsrat hat weiterhin das Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Listen der Bruttolöhne und ‑gehälter, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Die Dateneinsicht verletzt nicht das Recht der Arbeitnehmer auf informationelle Selbstbestimmung und ist mit den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. (LAG Niedersachen, Urteil v. 22.10.2018, 12 TaBV 23/18).
GmbH/Steuer: Gewinn aus KSt-Guthaben ist steuerpflichtig
Erwirbt ein Steuerpflichtiger einen Anspruch auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens zu einem unter dem Nominalwert der Forderung liegenden Preis, erzielt er im Auszahlungszeitpunkt einen Gewinn aus einer – steuerpflichtigen – Rückzahlung einer Kapitalforderung (FG Düsseldorf, Urteil v. 20.11.2018, 13 K 2486/17 E, Revision zugelassen).
NEU: Grundsteuer belastet Gewerbe- und Industrie-Immobilien
Das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz und der SPD getragene neue Modell zur Berechnung der Grundsteuer wird Gewerbe- und Industrieflächen erheblich mehr belasten. Nach aktuellen Berechnungen tragen diese Flächen momentan mit 5,3 Mrd. EUR zum derzeitigen Grundsteuer-Gesamtaufkommen von 13,8 Mrd. EUR bei. Nach dem von der SPD favorisierten Modell werden Gewerbe- und Industrieflächen danach in Zukunft mit insgesamt 6,0 Mrd. EUR belastet. Das entspricht einer Steigerung um 14%.
Winter: Haftung bei unterlassener Streukontrolle
Unterlässt ein mit Räum- und Streupflichten befasstes Unternehmen bei Temperaturen nur knapp über 0 Grad Celsius die Streu-Kontrolle trotz nachweislich vorhandener Glätte, so begründet dies die volle Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen. Im Verfahren ging es um einen Fahrradsturz auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Achtung: Das Gericht sprach dem Unfallopfer auch Schadensansprüche aus möglichen Folgeschäden der Verletzung zu. Im Zweifel müssen Sie vor Ort den Zustand der Gehwege/Parkplätze kontrollieren und danach über eine Streuung entscheiden (AG München, Urteil v. 8.8.2018, 154 C 20100/17).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief