GmbH-Vermögen: Vorsichtsmaßnahmen 10 Jahre nach der Lehmann-Pleite + Geschäftsführer-Anstellungsvertrag: Neue Chancen im Vertragspoker (beim Ausscheiden) + Digitales: Die neuen Geschäftsmodelle im Gesundheitsmarkt (Health & Wellness) + Geschäftsführer privat Vorsorge-Zuschuss als (steuerbegünstigter) Sachlohn + GmbH-Recht: Registergericht muss Beurkundung im Ausland für GmbH-Einträge anerkennen + GmbH/Steuern(I): Fragen zur (Teil-) Abschaffung der Abgeltungssteuer + GmbH/Steuer (II): vGA mit Spätfolgen + Geld/Finanzen: Widerspruch gegen den IHK-Beitragsbescheid lohnt
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 40/2018 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 5. Oktober 2018
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
noch immer sitzt einigen Kollegen der Schrecken in den Knochen, als der „Bankberater” Ihnen vor genau 10 Jahren die Lehmann-Pleite offenbarte – mit all den Folgen für das privat Angesparte und für das GmbH-Vermögen, das sie in spekulative Anlagen investiert hatten. Unterdessen hat sich zumindest eine Erkenntnis durchgesetzt: Wie jeder andere Vertriebler steht auch jeder Bankangestellte unter Erfolgsdruck. Unterm Strich zählt, was die Bank verdient. Doch trotz Bankenregulierung – Stichworte: Einlagensicherung, Prospekthaftung und Beratungsprotokoll (vgl. Nr. 33/2018) – sind sich die meisten Experten einig darin, dass es gegen eine vergleichbare neuerliche Lehmann-Pleite keinen wirksamen Schutz gibt.
Sie sind also gut beraten, private und geschäftliche Anlageentscheidungen weiterhin nur unter sicheren Bedingungen zu treffen. Dazu gehört: 1. das Einholen von Zweit-Meinungen und Expertisen (Verbraucherzentralen, BaFin) 2. das „Produkt” verstehen und 3. die Gesellschafter einbeziehen, informieren und an der Entscheidung mitwirken lassen. Alles andere ist und bleibt fahrlässig – und ist damit im Schadensfall (Totalverlust) ein Haftungs-Risiko für jeden Geschäftsführer – geschäftlich und für die private Vorsorge.
Geschäftsführer-Anstellungsvertrag: Neue Chancen im Vertragspoker (Ausscheiden)
Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Gerichtszuständigkeit bei Auseinandersetzungen zwischen dem Arbeitgeber „GmbH” und seinem Geschäftsführer ergeben sich für Geschäftsführer im „Auseinandersetzungsfall” gute Möglichkeiten, das Ausscheidensszenario zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Hintergrund: Deutsche Arbeitsgerichte schützen tendenziell Arbeitnehmer und entscheiden oft zu deren Gunsten. „Im Zweifel für den Arbeitnehmer” heisst hier in vielen Fällen die Devise deutscher Gerichte in Sachen Arbeitsrecht – meist auf Kosten der Arbeitgeber. Was für den Arbeitnehmer recht ist, kann für den „Arbeitnehmer” Geschäftsführer durchaus billig sein.
Die Rechtslage: Als GmbH-Geschäftsführer hatten Sie bisher nur ausnahmsweise die Möglichkeit, Ihre vertraglichen Differenzen vor einem Arbeitsgericht klären zu lassen und zwar dann,
- wenn Sie als Fremd-Geschäftsführer bzw. als sozialversicherungspflichtiger Geschäftsführer von der Justiz ausnahmsweise in eine arbeitnehmerähnliche Position eingestuft wurden, oder
- wenn Sie das Arbeitgericht im Anstellungsvertrag ausdrücklich als zuständige Rechtsinstanz vereinbart hatten (Was aber im Regelfall gegen den Arbeitgeber „GmbH” nicht durchzusetzen ist).
In allen anderen Fällen erklärten sich die Arbeitsgerichte für nicht zuständig. Ein Prozess musste dann vor dem zuständigen Landgericht vor der Kammer für Wirtschaftssachen geführt werden. Tendenz: Hier werden in der Regel auch sämtlich gesellschafts- und handelsrechtliche Grundsätze der Streitigkeit inkl. der wirtschaftlichen Auswirkungen für die Beteiligten Parteien gewürdigt. Oft mit dem Ergebnis, dass die Interessen des Arbeitgebers „GmbH” hinlänglich oder sogar bevorzugt gewürdigt werden.
Beispiel: Im Anstellungsvertrag ist vereinbart, dass die Abberufung aus dem Amt des Geschäftsführers zugleich ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages ist. Und zwar ganz unabhängig davon, ob tatsächliche und(oder gewichtige Gründe für eine Abberufung vorliegen. Grundsätzlich ist es den Gesellschaftern vorbehalten, ihren Geschäftsführer jederzeit abberufen zu können. Wird dieser Fall vor dem Landgericht verhandelt, müssen Sie davon ausgehen, dass Abberufung und Kündigung wirksam und rechtens sind. Das Gericht wird auch keine Abfindungszahlung ansetzen. Anders dürfte der Fall vor dem Arbeitsgericht ausgehen: Der ein oder andere Arbeitsrichter wird zu der Einschätzung kommen, dass eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich nur aus einem wichtigen Grund möglich ist. Das dürfte strittig sein – mithin die Streitparteien zu einer außergerichtlichen Verständigung bewegen. Der Geschäftsführer hat so zumindest die Möglichkeit, eine „ordentliche” Kündigung bzw. eine angemessene Abfindungszahlung durchzusetzen.
Die neue Möglichkeit: Das BAG macht bei der Gerichtszuständigkeit einen Unterschied je nach Organstellung des Geschäftsführers. Ist der bereits offiziell vom Amt abberufen und der Anstellungsvertrag nicht gekündigt, kann der Geschäftsführer Unstimmigkeiten/Meinungsveschiedenheiten bzw. Rechte und Pflichten aus seinem Dienst-/Anstellungsvertrag vor dem Arbeitsgericht klären lassen – mit den oben genannten Vorteilen (vgl. dazu BAG, Urteil v. 21.9.2017, 2 AZR 865/16, zur Geltung des Kündigungsschutzgesetzes für Geschäftsführer und Leitende Angestellte). Das gilt auch dann, wenn die Abberufung des Geschäftsführers beschlossen und dem Geschäftsführer mitgeteilt, aber noch nicht dem Handelsregister zur Eintragung gemeldet wurde. Nach einer Abberufung gilt es also schnell zu handeln und zu entscheiden, welchen Rechtsweg Sie in einer solchen Situation gehen wollen.
Digitales: Die neuen Geschäftsmodelle im Gesundheitsmarkt (Health & Wellness)
Nach dem spektalulären Absturz des US-StartUpsTheranos und deren unterdessen ausgemusterter und mit Berufsverbot belegter Gründerin Elizabeth Holmes hat die Gesundheitsbranche neben den Bluttest-Analyseverfahren (Testamed, Vimeda), ein neues Geschäftsfeld entdeckt. Schätzten die Branchen-Experten von PWC das Marktvolumen für Medizin-Tourismus in 2014 noch auf 48 Mrd. US-Dollar, wächst der Markt unterdessen jährlich mit 15 bis 25 % und dürfte damit derzeit bei rund 100 Mrd. US-Dollar liegen. Tendenz: Weiter beständig hohe Zuwachsraten. Auch in Deutschland wird mit Hochdruck an entsprechenden Plattformen gearbeitet.
Das Geschäftsmodell: Zahlungskräftige Patienten werden weltweit an Ärzte und Kliniken im In- und Ausland vermittelt. Die zahlen dafür eine Vermittlungsgebühr. Ein Algorithmus wertet die Fähigkeiten der behandelnden Ärzte aus. Zusätzlich werden Ausbildungsstandards, Abschlüsse, Zertifizierungen und Patientenbewertungen berücksichtigt. Nach anfänglichen Vorbehalten gegenüber ausländischen Behandlungen (Qualitätsstandards, Haftungsfragen, Kostenübernahme durch deutsche Krankenkassen) erhält das Berliner StartUp Qunomedical unterdessen monatlich bis zu 7.000 Patientenanfragen. Das Repertoire reicht von der Zahnbehandlung, der Herz-OP bis zur Haartransplantation und wird mit der nächsten Finanzierungsrunde für Kassenpatienten systematisch erweitert. Ein gutes Beispiel dafür, dass überall dort, wo Angebot und Nachfrage optimiert werden können, digitale Plattformen die besten Erfolgsaussichten haben – auch in regionalen Märkten.
Geschäftsführer privat – Vorsorge-Zuschuss als (steuerbegünstigter) Sachlohn
Zahlt die GmbH ihrem pflichtversicherten Geschäftsführer einen Zuschuss für eine private Zusatzversicherung, handelt es sich beim Arbeitgeberbeitrag um einen Sachbezug. Folge: Bis zur Freigrenze von 44 EUR bleibt der monatliche Sachbezug lohnsteuerfrei (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Voraussetzung: Der Zuschuss wird nur für diese spezielle Versicherungsleistung gewährt und damit als rein sachgebundener Zuschuss gewährt (BFH, Urteil v. 7.6.2018, VI R 13/16 bzw. vom 4.7.2018, VI R 16/17).
Registergericht muss Beurkundung im Ausland für GmbH-Einträge anerkennen
Immer wieder weigern sich deutsche Registergerichte GmbH-Anmeldungen (Gründung, Verschmelzung, Anteilsübertragung) einzutragen, wenn ein ausländischer Notar eingeschaltet wurde. Dabei ist es jahrlang geübte Rechtsprechung, dass gleichwertige ausländische Notariate in Deutschland anzuerkennen sind – das gilt anerkanntermaßen für Notariate in der Schweiz, Österreich, Niederlande usw.. In einem aktuellen Fall hat das Kammergericht Berlin-Brandenburg diese Rechtslage bestätigt (KG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.7.2018, 22 W 2/18).
GmbH/Steuern: Fragen zur (Teil-) Abschaffung der Abgeltungssteuer
Laut Koalitionsvertrag ist die Abschaffung der Abgeltungssteuer für Zinseinkünfte geplant (vgl. Nr. 33/2018). Bislang gibt es dazu allerdings noch keine gesetzliche Initiative, so dass eine Neuregelung zum 1.1.2019 kaum noch möglich ist. Die Abgrenzung der Einkünfte unter dem Steuerjahr dürfte zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen. Jetzt liegt eine Anfrage der FDP-Fraktion zur Umsetzung der Koalitionsvorgabe vor. Danach wird die Bundesregierung verpflichtet, einen konkreten Zeitplan zur Umsetzung vorzulegen (Quelle: Bundestags-Drucksache 19/4226).
GmbH/Steuer (II): vGA mit Spätfolgen
Lässt sich der Verbleib nicht gebuchter Betriebseinnahmen der GmbH nicht feststellen, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der zusätzliche Gewinn an die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquote ausgekehrt worden ist. Nach den Grundsätzen der Beweisrisikoverteilung geht die Unaufklärbarkeit des Verbleibs zu Lasten der Gesellschafter (BFH, Beschluss v. 12.6.2018, VIII R 38/14).
Geld/Finanzen: Widerspruch gegen den IHK-Beitragsbescheid lohnt
Nach einem aktuellen Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Niedersachsen gibt es für die Pflichtmitglieds-Kritiker der IHKs wieder Chancen, Beitragsbescheide erfolgreich anzugehen. Danach müssen die IHK Lüneburg/Wolfsburg und Braunschweig die Beiträge für einige zurückliegende Jahre neu berechnen, weil die zugrunde liegende Wirtschaftsplanung der IHKs nicht den handelsrechtlichen Vorgaben entsprach. Dabei ging es um unzulässig hohe Rücklagen, mit denen die IHKs „mögliche wirtschaftliche Schwankungen in der Zukunft” ausgleichen wollten. Wer nicht selbst klagen will, sollte vorsorglich gegen den IHK-Beitragsbescheid Widerspruch einlegen – unter Hinweis auf eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung (Quelle: OVG Niedersachsen, Urteile v. 17.9.2018, 8 LB 128/17, 8 LB 129/17, 8 LB 130/17, Revision zugelassen).
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