Schlagwort: EuGH
Volkelt-Brief 09/2020
Aussichten: Corona vermasselt das Wirtschaftsjahr + Im Überblick: Wichtige GmbH-Urteile aus 2019 + Geschäftsführer-Perspektive: Das Ende der ministeriellen Ausnahme-Erlaubnis + Trend/Compliance: Was SIE noch wissen sollten … + Digitales: Die neuen Wearables + Chefsache PR: Was tun gegen Fake-News? + Arbeitsrecht/Haftung: Auskünfte des Arbeitgebers müssen eindeutig und vollständig + Geschäftsführer-Vertrag: Ist kein „individueller Arbeitsvertrag” + Menschen: Eine Frauenquote auch für den Vorstand + Firmen-Diesel: Auch das OLG Saarbrücken bestätigt Herstellerhaftung +Kommunale GmbHs: Geschäftsführer-Gehälter immer transparenter
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Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) ist der Anstellungsvertrag mit dem GmbH-Geschäftsführer nicht als sog. „individueller Arbeitsvertrag” einzustufen, wenn der die Bedingungen des Vertrages selbst bestimmen kann oder tatsächlich bestimmt und wenn er die Kontrolle bzw. Autonomie in Bezug auf das Tagesgeschäft der GmbH und die Durchführung der eigenen Aufgaben hat. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschafter der GmbH den Vertrag (jederzeit) beenden können (EuGH, Urteil v. 11.4.2019, C‑603/17).
Der Brexit ist da. Aber viel ändern wird sich vorerst nicht. Wie bereits in den letzten Monaten und Jahren müssen die Modalitäten des Ausstiegs noch im Detail verhandelt werden. Es ist also immer noch nicht absehbar, ob es Handelsbeschränkungen oder neue externe Vorgaben für Unternehmen geben wird, die nach Großbritannien exportieren. Experten gehen davon aus, dass die Zeitvorgabe bis 31.12.2020 nicht ausreichen wird. Zumal Premierminister Boris Johnson einen „harten” Verhandlungskurs vorgegeben hat – was das auch heißen mag. Hier sind die Rollen noch nicht verteilt und nicht absehbar.
Zu beachten ist allerdings bereits jetzt schon eine Vorgabe aus London, die sich in der Praxis unmittelbar auswirken kann und wird. So hat Premierminister Johnson klargestellt, dass sich Großbritannien nicht (mehr) an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) halten wird. Absehbar ist, dass das die Wettbewerbssituation der Rest-europäischen Staaten schwächen wird. Im Wesentlichen sind das Nachteile, die sich durch zusätzliche bürokratische Vorschriften ergeben. Und zwar dann, wenn der EuGH eine Umsetzung neuer Rechtsvorschriften für ganz Europa durchsetzen wird. Davon besonders betroffen sein werden deutsche Unternehmen. Erfahrungsgemäß setzt die deutsche Politik EU-Vorgaben ausgesprochen gründlich um. Hier einige Beispiele, wo und wie die EuGH-Rechtsprechung in konkrete Politik umgesetzt werden muss:
Betrifft … | Folgen der EuGH-Rechtsprechung | Umsetzung in deutsches Recht | Quelle |
Arbeitszeiten | Der EuGH hat entschieden, dass die Arbeitszeiten aller Mitarbeiter vollständig und lückenlos dokumentiert werden müssen. Nur dann ist sichergestellt, dass die Vorgaben zur Arbeitszeit eingehalten und kontrolliert werden können. | Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS; SPD-Minister Hubert Heil) lässt derzeit die rechtlichen Voraussetzungen prüfen. Dazu müssen einige Vorschriften in den Arbeitsgesetzen geändert werden (vgl. dazu Nr. 21/2019). | EuGH, Urteil v. 14.5.2019, c‑55/18 |
Defizitärer Geschäftsbetrieb einer GmbH | Ausgleich von Dauerverlusten als unzulässige staatliche Subventionierung | Bestätigt der EuGH diese Rechtslage, wird das für kommunale GmbHs zu enormen Steuernachzahlungen führen (vgl. Nr. 45/2019). | BFH, Beschluss v. 13.3.2019, I R 18/19 |
Autobahn- Maut | Der EuGH hat die deutschen Vorgaben für die Erhebung einer Autobahn-Maut ausgebremst – u. U. mit großen finanziellen Auswirkungen für die Infrastruktur. | Ein streckenbezogenes Maut-Modell wird von den zuständigen Ministerien geprüft und angestrebt. | EuGH, Urteil v. 18.08.2019, C‑591/17 |
Kündigungsschutz für den Fremd– Geschäftsführer | Laut EU-Richtlinie 2003/88/EG (Danosa-Entscheidung des EuGH) ist der Fremd-Geschäftsführer Arbeitnehmer. | Hier bleibt abzuwarten, ob es zu einem weiteren Verfahren vor dem EuGH kommt. Folge: Der GF genießt u. U. auch Kündigungsschutz | EuGH, Urteil v. 11.11.2010, C 232/09 |
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Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Erfassung und Aufzeichnung der Arbeitszeiten der Arbeitnehmer hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erste Schritte zur Umsetzung in deutsches Arbeitsrecht eingeleitet. Ein Sachverständigengutachten des Passauer Rechtswissenschaftlers Frank Bayreuther stellt dazu fest: „Das deutsche Recht kennt derzeit keine generelle Verpflichtung aller Arbeitgeber, die gesamte Arbeitszeit ihrer Beschäftigten aufzuzeichnen”. Bislang müssen in Deutschland nur Überstunden und Sonn- und Feiertagsarbeit dokumentiert werden. Nach dem EuGH-Urteil sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, die gesamte Arbeitszeit der Beschäftigten systematisch zu erfassen (vgl. Nr. 21/2019 zum EuGH, Urteil v. 14.5.2019, C‑55/18).
Volkelt-Brief 40/2019
Öffentliche Aufträge: Nicht nur Berater können gutes Geld verdienen + Geschäftsführer/Ausscheiden: Auf das Kleingedruckte kommt es an … + Geschäftsführer-Perspektive: Auf den Strompreis kommt es an + Wirtschafts-Trends: Was Geschäftsführer veranlassen müssen … + Digitales: Weniger Fleischkonsum – der Markt wächst + Kompakt: Konjunktur- und Finanz-Plandaten Oktober 2019 + Neue Rechtslage: Befristung des Urlaubsanspruch + Folgen der EuGH-Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung + Geschäftsführer-Firmenwagen: Steuerschädliche Verzögerung beim Fahrtenbuch + Geschäftsführer: Beendigung eines unwirksamen Anstellungsvertrages +
Unterdessen haben sich zahlreiche Arbeitsrechts-Experten, Politiker und Gewerkschaftler zur EuGH-Rechtsprechung zur vollständigen Arbeitszeiterfassung zu Wort gemeldet. Fazit: Die neue Rechtslage wird auch zu einer Anpassung der deutschen Vorschriften für die Arbeitszeiten (ArbZG) führen (vgl. dazu unsere Berichterstattung aus Nr. 21/2019 zum EuGH, Urteil v. 14.5.2019, c‑55/18).
Volkelt-Brief 29/2019
Nervige Mitarbeiter: Wie umgehen mit der Smartphone-Sucht? + Neuausrichtung des Geschäftsmodells: So geht externe Beratung + Digitales: So schreiben sich die neuen Erfolgsgeschichten (XII) + Nachfolge: Vorsicht bei der Übertragung von GmbH-Anteilen mit Grundvermögen + GmbH/Marketing: Nächste Runde um Influencer-Werbung + Nebenjob: Geschäftsführer im Aufsichtsrat darf keine Mehrwertsteuer berechnen + Bürokratie: KSV-Beitrag bleibt 2020 unverändert + GF/Ausscheiden: Vage Zusage auf Abfindung für den Geschäftsführer ist „bindend” + Zahlen: GmbH und UG weiter auf dem Vormarsch
BISS … die Wirtschaft-Satire
Wer als Aufsichtsrat (Beirat) für ein Unternehmen kontrollierend tätig wird und dafür eine regelmäßige Vergütung erhält, kann seine Leistungen nicht inkl. Mehrwertsteuer verrechnen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt für den Fall eines niederländischen Aufsichtsrats entschieden. Das gilt auch für Deutschland und für alle Geschäftsführer, die nebenberuflich in den Aufsichtsrat/Beirat eines Unternehmens berufen sind (EuGH, Urteil v. 13.6.2019, C 420/18).