GmbH/Privat-Vermögen: Wo (kleine) Fehler besonders wehtun + Geschäftsführer-Risiken: Können Sie auch beweisen, dass Sie keine Fehler machen? + Digitales: Disruption – ist jetzt auch der Chef überflüssig? + GmbH-Nachfolge: So lassen Sie andere für sich arbeiten + GmbH-Recht: Beschlussfähigkeit der GmbH-Gesellschafter + Formsache: Gerichtszuständigkeit um Geschäftsführer-Klagen + GmbH/Steuer: Finanzamt streicht Teilwertabschreibung für Gesellschafter-Forderungen
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 41/2018 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 12. Oktober 2018
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
als alleinverantwortlicher Geschäftsführer und Gesellschafter Ihrer eigenen GmbH – das betrifft in Deutschaland immerhin rund 400.000 Einpersonen-GmbHs – können die Grenzen zwischen privaten Vermögensinteressen und dem GmbH-Vermögen schon einmal verschwimmen. Viele Kollegen arbeiten mit Gesellschafter-Darlehen – um Finanzierungsengpässe zu überbrücken und die Zinsen steuergünstig zu vereinnahmen. Oder: Den Traumwagen auf GmbH-Rechnung eine Nummer größer fahren als wirtschaftlich vertretbar. Oder die privat bewohnte Immobilie mit Einlieger-Büro auf Kosten der GmbH. Vieles ist möglich – aber!
Dass der Steuerprüfer solche Konstrukte mit besonderem Argwohn beurteilt, hat sich herumgesprochen. Längst genügt es nicht mehr, Verträge dazu „formal korrekt” abzuschließen und schriftlich zu dokumentieren. Das Prüfkriterium heißt: Erfolgt die Gestaltung im privatem oder im GmbH-Interesse? Ihre Entscheidungen werden nach streng objektiven und wirtschaftlichen Kriterien geprüft. Das gilt auch in der wirtschaftlichen Krise: Gibt es Hinweise auf eine Vermischung der Vermögensinteressen, ist der Insolvenzverwalter von Amts wegen angehalten, alle Gestaltungen auf Schwachstellen zu prüfen. Wer sucht, der findet.
Geschäftsführer-Risiken: Können Sie auch beweisen, dass Sie keine Fehler machen?
Immer öfter werden Geschäftsführer mittelständischer GmbHs für (vermeintliche) Management-Fehler verantwortlich gemacht und für den entstandenen Schaden zur Kasse gebeten. Das ist z. B. der Fall in Familien-GmbHs mit zerstrittenen Familienzweigen, aber auch in GmbHs mit wenigen, sogar ehemals gut befreundeten Gesellschaftern und selbst in GmbHs mit mehreren mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführern. Der BGH verlangt in Schadensersatzprozessen seit einigen Jahren oft eine sog. abgestufte Beweislast. Danach müssen Sie Ihre Unschuld beweisen können (z. B. BGH, Urteil vom 19.7.2001, IX ZR 36/99). Das ist im Einzelfall fast nicht zu leisten, wenn Sie keine entsprechende Vorsorge treffen.
Auch in der neueren Rechtsprechung überwiegt die Auffassung, dass der Geschäftsführer in der Pflicht ist. Das Oberlandesgericht (OLG)Brandenburg verlangt z. B. vom Geschäftsführer, „dass der Geschäftsführer darzulegen und erforderlicherweise zu beweisen hat, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist und ihn kein Verschulden trifft” (Urteil v. 7.2.2018, / U 132/16). Auf die daraus folgende Dokumentationsverpflichtung des Geschäftsführers haben wir bereits verwiesen und entsprechende Hinweise gegeben (vgl. Nr. 21, 22, 24 /2018). Das OLG sieht aber auch eine Beweispflicht der GmbH für den entstandenen Schaden. Beide Seiten müssen also vor Gericht liefern. Das Gericht verlangt außerdem, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Was tun?
Am besten vermeiden Sie Fehler und damit mögliche Angriffsflächen. Hier eine Übersicht der Fehlerquellen, die GmbH-Geschäftsführer in der Praxis Probleme machen und die Schadensansprüche der GmbH, der GmbH-Gesellschafter oder Dritter auslösen. Das sind:
- Überschreiten der Kompetenzen (Geschäfte außerhalb des „Gegenstandes der GmbH”, Geschäftsabschlüsse ohne die ausdrücklich vorgesehene Zustimmung durch die Gesellschafter, sonstige Verstöße gegen Verpflichtungen aus dem GmbH-Vertrag, dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag oder gegen die im Gesellschaftsvertrag verankerten Unternehmensgrundsätze oder Geschäftsordnungen),
- Risikogeschäfte - und zwar solche Geschäfte, die ohne kaufmännisch übliche Absicherungen (Sicherheiten, Bonitätsprüfung) abgeschlossen werden oder für die der Geschäftsführer nicht die notwendigen Zusatzinformationen (Qualitätssicherung, Zertifizierungen) eingeholt hat,
- Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen – z. B. nach dem GmbH-Gesetz (Kapitalerhaltung, Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, Verstöße gegen Informations- und Auskunftspflichten), nach der Abgabenordnung (Verletzung der steuerlichen Pflichten) oder nach dem Sozialgesetzbuch,
- Verstöße gegen die Compliance-Verpflichtungen – z. B. Verstöße gegen Arbeitsgesetze (Arbeitszeiten, Sicherheitsbestimmungen für Arbeitsplätze), gegen Kartellgesetze, Wettbewerbsverstöße, Verstöße gegen Umweltschutzauflagen usw.,
- Verstöße gegen die Organisationspflichten – das betrifft z. B. Einstellung geeigneter Mitarbeiter, Einrichtung eines Controlling, Einrichten eines Informationskataloges und eines Berichtswesens).
- Maßnahmen: Um Ihre Arbeits- und Vorgehensweise im gerichtlichen Verfahren fundiert belegen zu können, müssen Sie die einzelnen Vorgänge vollständig, übersichtlich und in der zeitlichen Abfolge lückenlos dokumentieren. Wie Sie dazu am besten vorgehen, haben wir in Ausgabe Nr. 22/2018 im Einzelnen dargestellt. Es ist ein Fehler, aus Vereinfachungsgründen, aus dem Vertrauen in den Gegenüber heraus oder aus anderen Gründen, auf eine ausführliche Dokumentation zu verzichten. So viel Bürokratie in eigener Sache muss sein.
Digitales: Disruption – ist jetzt auch der Chef überflüssig?
Disruption – wörtlich: Unterbrechung/Störung/Spaltung – ist einer der Kernbegriffe, mit denen die Wirkungsweise und die Folgen der Digitalisierung martialisch aber durchaus treffend beschrieben werden. Christoph Keese – Springer-Manager und Buchautor – beschreibt diesen Prozess in seinem Digital-Bestseller Silicon Valley so: „Disruption ist das Motto für die richtige Methode, Märkte zu attackieren und Marktführer zu verdrängen”. Amazon statt Karstadt. Uber statt Sixt. Airb&b und Booking.com statt Neckermann & TUI. Mit weit reichenden Auswirkungen für die dort beschäftigten Mitarbeiter – auch für die betroffenen, verantwortlichen Letztentscheider.
Fakt ist, dass viele Kollegen – z. B. die aus dem Ressort Marketing/Vertrieb – sich mit den Neuen Sozialen Medien schwer tun, das Ineinandergreifen der verschiedenen Funktionen (Teilen, Liken, Follower, Infuencer usw. ) nicht verinnerlicht haben und die Anwendung dieser Instrumente nicht so intuitiv beherrschen wie das vormals erlernte Marketing-Instrumentarium. Dass das nicht ohne Folgen auf das Selbstverständnis, die eigene Stärke und auf den eigenen Führungsanspruch bleibt, liegt auf der Hand – ist aber nicht leicht einzugestehen. Christoph Keese hat sich jetzt genau dieses Thema vorgenommen. Unter dem Titel „Disrupt yourself” gibt er Führungskräften, Entscheidern und Verantwortlichen Tipps, Ideen und Anleitungen, wie sie die neuen Anforderungen positiv annehmen können und wie es ihnen gelingen kann, zu den Digitalisierungsgewinnern zu gehören. Überaus Lesenswert.
GmbH-Nachfolge: So lassen Sie andere für sich arbeiten
Wer einen Nachfolger sucht, muss frühzeitig tätig werden. In der Praxis dauert es vom Beschluss über eine Nachfolge-Regelung bis zur Umsetzung zwei Jahre und mehr. Gerade für kleinere GmbHs ist es nicht ganz einfach, den geeigneten und investitionsbereiten Nachfolger zu finden. Sei es, einen jüngeren Branchen-Kollegen, der endlich sein eigener Herr sein möchte oder ein Unternehmen, dass gezielt expandieren möchte. Dagegen steht: Wer seine GmbH verkaufen will, möchte das nicht in aller Öffentlichkeit bekannt machen – um die GmbH zu schützen und den Kaufpreis einigermaßen in Eigenregie kontrollieren zu können. Was tun?
Ein Kollege aus der IT-Branche hat gute Erfahrungen mit diesem Vorgehen gemacht: Zunächst schaltete er einen verschwiegenheitsverpflichteten Headhunter aus der Branche ein. Man verhandelte über die Vertrags-Konditionen (Honorar, Leistungsumfang, Exklusivität, Haftung usw.). Nach einer Überlegenszeit kam die Auftragsvergabe aber doch nicht zustande – und zwar im gegenseitigen Einvernehmen. Zwei Monate später kam der Headhunter von sich aus auf den Nachfolge suchenden Kollegen mit der Kaufofferte eines expandierenden IT-Unternehmensverbundes zu. Auf diese Art gelang es dem Kollegen ohne eigene Kosten in das Branchen-Netzwerk des Headhunters aufgenommen zu werden. Der Deal kam tatsächlich zustande – schlussendlich mit dem Ergebnis, dass das übernehmende Unternehmen die Provision für den Verkaufs-Deal selbst zahlen musste – mithin der Verkäufer zum gewünschten Verkaufsergebnis kam. ohne eigenen Aufwand.
GmbH-Recht: Beschlussfähigkeit der GmbH-Gesellschafter
Nehmen alle Gesellschafter an einer Gesellschafterversammlung teil, handelt es sich nur dann um eine beschlussfähige Vollversammlung im Sinne des GmbH-Gesetzes (§ 51 Abs. 3), wenn der Beschlussgegenstand fristgemäß in der Tagesordnung zur Gesellschafterversammlung angekündigt wurde. Widerspricht auch nur einer der anwesenden Gesellschafter der Beschlussfassung zu einem nicht angekündigten TOP, liegt eine ordnungsgemäße Beschlussfassung vor (OLG Koblenz, Urteil v. 1.2.2018, 6 U 442/17).
Formsache: Gerichtszuständigkeit um Geschäftsführer-Klagen
Will ein Gläubiger, ein Gesellschafter oder die GmbH selbst Ansprüche gegen den (ehemaligen) Geschäftsführer gerichtlich durchsetzen, ist grundsätzlich das Landgericht Abt. Wirtschaftssachen am Sitz der GmbH zuständig. Das Gericht ist nicht oder nur ausnahmsweise – wenn schwerwiegende Gründe vorliegen (z. B. eine Erkrankung, die eine Anreise des beklagten Geschäftsführers unzumutbar macht) – dazu berechtigt, die Sache an einen anderen Gerichtsstand zu verweisen (OLG München, Urteil v. 16.7.2018, 34 AR 11/18).
GmbH/Steuer: Finanzamt streicht Teilwertabschreibung für Gesellschafter-Forderungen
Liefert einer der GmbH-Gesellschafter an diese eigene GmbH Waren aus einer anderen, ebenfalls ihm gehörenden Produktions-GmbH und unterlässt er es über Jahre hinweg die dafür ausstehenden Forderungen gegenüber der GmbH durchzusetzen, kann es sich um eine sog. stehengelassene Gesellschafter-Forderung handeln. Folge: In der wirtschaftlichen Krise der GmbH wird die Forderung wie ein Gesellschafter-Darlehen behandelt – als nachrangige Forderung (BFH, Beschluss v. 15.5.2018, I B 114/17).
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