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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 10/2014

The­men heu­te: Unter­neh­mens-PR – Feh­ler kos­ten nicht gleich 900 Mio. EUR – Was Geschäfts­füh­rer von der Deut­schen Bank ler­nen (müs­sen) + Vor­teil für Sie: Die pri­va­te Schieds­ge­richts­ver­ein­ba­rung in den AGB + Urlaubs­sper­re: Was tun, wenn zur Fuß­ball-WM nicht Alles fer­tig wird + Geschäfts­füh­rer-Gehalt: So pro­fi­tiert der Geschäfts­füh­rer aus einer Betriebs­prü­fung + Gewinn-Besteue­rung: Mit dem Gewinn­ab­zugs­be­trag den Gewinn „steu­ern” + GmbH-Recht: Geschäfts­füh­rer-Pflich­ten bei der Tei­lung eines GmbH-Anteils + Pri­vat­fi­an­zen: GmbH-Anteil in der Pri­vat-Insol­venz + Arbeits­recht: Smi­ley hat nichts im Arbeits­zeug­nis ver­lo­ren + BISS …

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Nr. 10/2014,

Frei­burg, 7.3.2014

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

wegen einer strit­ti­gen Aus­sa­ge ihres Vor­stan­des muss die Deut­sche Bank jetzt 900 Mio. EUR Ent­schä­di­gung an die Kirch-Grup­pe zah­len. Nicht ganz so schlimm kom­men den Geschäfts­füh­rer einer mit­tel­stän­di­schen GmbH unbe­dach­te Äuße­run­gen in der Öffent­lich­keit – etwa im Inter­view in der Regio­nal­zei­tung, im Rah­men eines Unter­neh­mens­por­träts in einem regio­na­len Wirt­schafts­ma­ga­zin. Aber jede unbe­dach­te und unpro­fes­sio­nel­le Äuße­rung des Geschäfts­füh­rers in der Öffent­lich­keit ist eine ver­ta­ne Chan­ce in Sachen Unter­neh­mens-PR und Mar­ke­ting. Wor­auf müs­sen Sie achten?

Jour­na­lis­ten legen es dar­auf an, eine „Sto­ry“ zu haben und nicht Öffent­lich­keits­ar­beit für Sie und Ihr Unter­neh­men zu machen. Sie suchen also ganz gezielt nach „schwa­chen“ Aus­sa­gen. Der Deut­sche Bank-Chef Breu­er stol­per­te über die auf den ers­ten Blick harm­lo­se Aus­sa­ge: „Was alles man dar­über hören und lesen kann, ist ja, dass der Finanz­sek­tor nicht bereit ist, auf unver­än­der­ter Basis noch wei­te­re Fremd- oder gar Eigen­mit­tel zur Ver­fü­gung zu stel­len“. Es ist nicht unpro­ble­ma­tisch, sich auf Infor­ma­tio­nen vom Hören-Sagen, aus der Pres­se oder aus öffent­lich zugäng­li­chen Medi­en zu beru­fen. Vgl. dazu auch mei­ne Aus­füh­run­gen > „Was Geschäfts­füh­rer aus dem Fall Breu­er lernen”.

Gehen Sie davon aus, dass öffent­li­che Äuße­run­gen über Geschäfts­be­zie­hun­gen in der Regel scha­dens­er­satz­pflich­tig sind – ins­be­son­de­re dann, wenn das z. B. Aus­wir­kun­gen auf die Boni­tät eines Kun­den hat. Das gilt auch für Sie: Las­sen Sie sich auf kei­nen Fall (Inter­view-Situa­ti­on, Pres­se­mit­tei­lung, Pres­se­ge­spräch, ver­trau­li­ches Gespräch mit Pres­se­ver­tre­tern) dazu hin­rei­ßen, Aus­sa­gen über Geschäfts­be­zie­hun­gen zu machen. Das sind Geschäfts­ge­heim­nis­se. die nicht in die Öffent­lich­keit gehö­ren. Stim­men Sie einem Inter­view nur zu, wenn Sie eine Vor­ab-Fas­sung erhal­ten, die Sie zur Ver­öf­fent­li­chung frei­ge­ben – oder eben nicht, wenn Sie nicht kor­rekt zitiert oder im fal­schen Zusam­men­hang inter­pretiert wer­den (auto­ri­sier­te Fassung)

Vorteil für Sie: Die private Schiedsgerichtsvereinbarung in den AGB

Teil des neu­en Han­dels­ab­kom­mens zwi­schen der EU und der USA ist eine Ver­ein­ba­rung über Schieds­ge­richts­zu­stän­dig­kei­ten. Hin­ter­grund: Die offi­zi­el­len Gerich­te bear­bei­ten Strei­tig­kei­ten in Wirt­schafts­fra­gen zu lang­sam und z. T. auch zu rea­li­täts­fremd. Für grö­ße­re Unter­neh­men in Deutsch­land ist das in bestimm­ten Rechts­an­ge­le­gen­hei­ten bereits Stan­dard. Aber auch immer mehr klei­ne­re Unter­neh­men prü­fen der­zeit, an wel­chen Stel­len sie sich der offi­zi­el­len Gerichts­bar­keit ent­zie­hen kön­nen. Das betrifft zum Beispiel:

  • Strei­tig­kei­ten zwi­schen den GmbH-Gesell­schaf­tern und der GmbH (Schieds­ge­richts­ver­ein­ba­rung),
  • Strei­tig­kei­ten in Dau­er-Geschäfts­be­zie­hun­gen, z. B. zwi­schen Zulie­fer­fir­men und Auf­trag­ge­bern (AGB),
  • aber auch inter­na­tio­na­le Geschäfts­be­zie­hun­gen, wenn die Ver­ein­ba­rung eines bestimm­ten Gerichts­stan­des zu Nach­tei­len oder Unwäg­bar­kei­ten führt.

Zwi­schen Unter­neh­men sind sol­che Ver­ein­ba­run­gen ohne grö­ße­re recht­li­che Risi­ken mög­lich. Vor­aus­set­zung ist immer, dass bei­de betei­lig­te Par­tei­en der Ver­ein­ba­rung zustim­men und dass es sich nicht um Klein­ge­druck­tes han­delt (§§ 1025 ff. ZPO). Zusätz­li­cher Vor­teil: Das Ver­fah­ren ist in der Regel nicht-öffentlich.

Das The­ma hat Bri­sanz. Zum einen sehen es die offi­zi­el­len Gerich­te nicht ger­ne, wenn „an ihnen vor­bei“ ent­schei­den wird und so suk­zes­si­ve eine par­al­le­le Gerichts­bar­keit ent­steht. Auf der ande­ren Sei­te bringt das für jedes Unter­neh­men mehr Rechts­si­cher­heit, wenn offe­ne Rechts­fra­gen schnell und nach vor­her fest­ge­leg­ten und beein­fluss­ba­ren Maß­stä­ben ent­schie­den wer­den. Wich­tig: Ohne Anwalt geht es nicht. Dazu ist die Mate­rie zu kom­pli­ziert. Eine Mus­ter­schieds­ver­ein­ba­rung gibt es bei der Inter­na­tio­na­len Han­dels­kam­mer ICC > https://www.icc-deutschland.de > Schieds­ge­richts­bar­keit > Schiedsgerichtsordnung

Urlaubssperre: Was tun, wenn zur Fußball-WM nicht Alles fertig wird

Eigent­lich woll­ten Sie wäh­rend der Fuß­ball-WM Urlaub machen. Aber bereits jetzt ist abseh­bar, dass die eigent­li­chen Pla­nun­gen aus dem Ruder lau­fen, z. B.

  • weil die geplan­te IT-Umstel­lung mehr Zeit braucht als geplant,
  • weil es beim Neu­bau zu Ver­zö­ge­run­gen kommt
  • oder weil Sie unbe­dingt noch einen zusätz­li­chen Mit­ar­bei­ter brau­chen und den noch ein­ar­bei­ten wollen.

Fra­ge: „Kön­nen Sie sich als Geschäfts­füh­rer den (ver­pass­ten) Urlaub aus­zah­len las­sen?“. JA. Aber Sie müs­sen Eini­ges beach­ten: Als „Arbeit­neh­mer“ der GmbH sind Sie grund­­sätzlich zur Rege­ne­ra­ti­on Ihrer Arbeits­kraft ver­pflich­tet. Ein Ver­zicht auf Urlaub darf  also nur die Aus­nah­me sein. D. h. aber: Wenn ein betrieb­li­cher Anlass für die Nicht-Gewäh­rung von Urlaub besteht, kön­nen Sie sich den Urlaub in Geld aus­zah­len las­sen. Besteht ein sol­cher zivil­recht­li­cher Anspruch auf Urlaubs­ab­gel­tung, muss das Finanz­amt die­se Zah­lung steu­er­lich als Gehalts­be­stand­teil und damit als Betriebs­aus­ga­be auch steu­er­lich aner­ken­nen. So urtei­len die Gerich­te: Laut OLG Düs­sel­dorf ist eine Urlaubs­ab­gel­tung für den GmbH-Geschäfts­füh­rer grund­sätz­lich möglich,

  • wenn die Gewäh­rung von Frei­zeit wegen Been­di­gung des Anstel­lungs­ver­tra­ges nicht mehr mög­lich ist
  • oder der Umfang der Tätig­keit oder die Ver­ant­wor­tung des Geschäfts­füh­rers die Gewäh­rung von Frei­zeit im Urlaubs­jahr aus­ge­schlos­sen haben (so zuletzt OLG Düs­sel­dorf mit Urteil vom 23.12.1999, 6 U 119/99).

Im Aus­nah­me-Fall (GmbH-Kri­se, beson­de­re Auf­trä­ge) kann sich der Geschäfts­füh­rer den Urlaub abgel­ten. Er hat Anspruch auf Aus­zah­lung. Auch das Finanz­amt muss die­se Zah­lung aner­ken­nen. Sind die Grün­de nicht wirk­li­che „Son­der­grün­de“, soll­te zumin­dest ein Beschluss der Gesell­schaf­ter zur Urlaubs­ab­gel­tung gefasst wer­den. Zah­len Sie die Urlaubs­ab­gel­tung immer erst nach Ablauf des Geschäfts­jah­res aus. Spä­tes­tens alle 2 Jah­re soll­ten Sie Ihren Urlaub antre­ten. Die­se Rechts­la­ge gilt auch dann, wenn es in Ihrem Anstel­lungs­ver­trag kei­nen ver­ein­bar­ten Anspruch auf Urlaubs­ab­gel­tung gibt.

So profitiert der Geschäftsführer aus einer Betriebsprüfung

Erhöht das Finanz­amt nach einer Betriebs­prü­fung den GmbH-Gewinn, wirkt sich das auch auf den Gewinn­an­spruch des Geschäfts­füh­rers aus.

Ach­tung: Die Finanz­be­hör­den sehen das nicht unbe­dingt so. So ver­langt   z. B. das FG Nie­der­sach­sen, dass die höhe­re Tan­tie­me nur aus­ge­zahlt wer­den darf, wenn dies im Anstel­lungs­ver­trag so ver­ein­bart ist (FG Nie­der­sach­sen, 6 K 547/95). Anders das FG Köln (13 K 6741/98) und das FG Ham­burg (V 54/02). In des­sen Ein­zugs­be­reich darf die Tan­tie­me auch ohne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung nach­träg­lich nach oben ange­passt werden.

Wenn Sie als Geschäfts­füh­rer ganz sicher gehen wol­len, dass Sie Ihre Tan­tie­me nach einer Betriebs­prü­fung erhöht wer­den kann, soll­ten Sie das im Anstel­lungs­ver­trag ergän­zen: “ Ändert sich der Gewinn der GmbH nach den Ergeb­nis­sen einer Betriebs­prü­fung und wirkt sich das auf die Bemes­sungs­grund­la­ge der Tan­tie­me aus, ist dies bei der Ermitt­lung der Tan­tie­me zu berück­sich­ti­gen“.

Mit dem Investitionsabzugsbetrag den Gewinn „steuern”

Es ist kein Gestal­tungs­miss­brauch, wenn der Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag in Anspruch genom­men wird, wenn damit ganz offen­sicht­lich ein Mehr-Gewinn aus einer Betriebs­prü­fung kom­pen­siert wer­den soll. Vor­aus­set­zung: Die Inan­spruch­nah­me des Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­tra­ges ent­spricht den sons­ti­gen Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen. Und zwar selbst denn, wenn das Wirt­schafts­gut im Lau­fe des Wirt­schafts­jah­res bereits ange­schafft wur­de (FG Nie­der­sach­sen, Urteil vom 18.12.2013, 4 K 159/13).

Ihr Steu­er­be­ra­ter ist gefragt. Damit hat der in Zukunft die Mög­lich­keit, für die Anschaf­fung von Wirt­schafts­gü­tern, für die eigent­lich kein Inves­ti­ti­ons­an­zugs­be­trag gebil­det wur­de, nach­träg­lich eine Gewinn­kor­rek­tur durch­zu­füh­ren. Ach­tung: Die Finanz­be­hör­den haben gegen die­ses Urteil Revi­si­on ein­ge­legt. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Privat-Finanzen: GmbH-Anteil in der Privat-Insolvenz

Ver­schweigt ein Anteils­in­ha­ber dem Treu­hän­der im eige­nen Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­ren den Besitz eines GmbH-Anteils, so kann der Treu­hän­der die Ver­äu­ße­rung der­sel­ben geneh­mi­gen und so den Kauf­preis bean­spru­chen, auch wenn die Antei­le zwi­schen­zeit­lich wert­los sind (OLG Cel­le, Urteil vom 30.10.2013, 9 u 79/13).

Der insol­ven­te Besit­zer des GmbH-Anteils hat­te die­sen mit wirk­sa­men Kauf­ver­trag­ver­kauft. Der Ver­käu­fer ver­ein­bar­te aber kurz vor Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens mit dem Käu­fer des GmbH-Anteils einen Auf­he­bungs­ver­trag. Der Insol­venz­ver­wal­ter akzep­tier­te die­se Rück­tritt vom Kauf­ver­trag aber nicht, son­dern setz­te die Zah­lung des ver­ein­bar­ten Kauf­prei­ses (hier: 5.001,00 EUR) gericht­lich durch. Zu Recht. Sogar dann, wenn der GmbH-Anteil unter­des­sen wert­los gewor­den ist.

Smiley hat nichts im Arbeitszeugnis zu suchen

Weil ein Arbeit­ge­ber das von ihm ver­lang­te Arbeits­zeug­nis mit einer per­sön­li­chen Note ver­se­hen hat­te (hier: Smi­ley mit her­un­ter­ge­zo­ge­nen Mund­win­keln in der Unter­schrift ver­steckt), klag­te der Arbeit­neh­mer auf Nach­bes­se­rung. Mit Recht: Laut Arbeits­ge­richt Kiel hat der Arbeit­neh­mer Anspruch auf ein Zeug­nis ohne Geheim­zei­chen (ArbG Kiel, Urteil vom 18.4.2013, 5 Ca 80 b/13).

Beson­der­heit in die­sem Fall: Der Arbeit­ge­ber hat­te sich ange­wöhnt, sei­ne Unter­schrift immer mit einem lächeln­den Smi­ley zu set­zen. Dann hat der Arbeit­neh­mer Anspruch dar­auf, dass der Arbeit­ge­ber „wie immer“ unter­schreibt – also auch mit lächeln­dem Smi­ley. Ob sich das aller­dings immer gericht­lich durch­set­zen lässt, darf bezwei­felt werden.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

 

 

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