Themen heute: Beraterkosten steigen – die andere Seite der Bürokratiekosten + Der Fall „Gaffel”: Neue Rechtsgrundsätze für Auflösung und Abberufung + Tantieme-Vorschuss: Mit der GmbH in Wertbeständiges investieren + Steuern Sparen: Erst-Studium abkürzen und Zweitstudium draufsetzen + Recht: Geschmacksmuster wird Design-Muster + GmbH-Recht: Minderheitsgesellschafter mit Vetorecht ist (nicht) versicherungspflichtig + BISS …
Nr. 3/2014, Freiburg, 17.1.2014
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
der Ifo-Geschäftsklima-Index für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte lag im Dezember 2013 mit 35,3 Punkten so hoch wie nie. 53 % der Berater und Prüfer bezeichnen die Geschäftslage als gut oder sehr gut. Selbstanzeigen sind ein lohnendes Zusatzgeschäft für Steuerberater, Anwälte profitieren vom Wachstum – da gibt es Gründerberatungen, Käufer- und Verkäuferberatungen. Prüfer profitieren von elektronischen Bilanzen und Veröffentlichungsvorschriften. Anders sieht das aus Unternehmenssicht aus: Beraterkosten sind die andere Seite der Bürokratie – jedenfalls zu einem großen Teil. Ob für die Erstellung einer Zwischenbilanz, Meldungen an die Sozialversicherung, die Pflichtbefragung zur Rentenversicherungsfreiheit, der Dauerdialog mit den Finanzbehörden um unverständliche Steuerbescheide: Diese Kosten sind für die Unternehmen Bürokratiekosten. In den Gesetzentwürfen zu diesen Vorschriften heißt es lapidar: „Bürokratiekosten – keine“.
Man hat sich auf ständig steigende Beraterkosten eingerichtet. Auf Gerichtskosten und langwierige Gerichtsverfahren. Auf Vorschriften, von denen nicht wirklich geprüft wurde, ob sie irgendeinen Nutzen bringen. Auf Kartellverfahren, das keine gerichtliche Kontrolle kennt. Auf Staatsleistungen, die aus den Lohnnebenkosten finanziert werden. Für viele gerade auch kleinere Unternehmen ist die Belastungsgrenze schon lange erreicht.
Es geht nicht ums Jammern. Es geht um Standortkosten der Unternehmen. Die Beraterbranche mag sich angesichts dieser Entwicklung freuen und auf beste Aussichten verweisen. Für alle kleineren Unternehmen mit schmalen Ertragsmargen ist diese Entwicklung ein Alarmsignal. Und mit den Vorgaben der Großen Koalition besteht realistischerweise keine Aussicht auf Besserung (vgl. Nr. 2/2014).
Der Fall „Gaffel“: OLG Köln präzisiert Vorgaben für GmbH-Auflösung
Die Kölner Privatbrauerei Gaffel ist nicht nur für Kölsch bekannt. Auch der jahrelange Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern – den Brüdern Becker – sorgt für Schlagzeilen. Jetzt hat das OLG Köln dazu entschieden (OLG Köln, Urteil vom 19.12.2013, 18 U 218/11). Die Rechtslage: Im Urteil ging es zwar nicht um eine GmbH, sondern um die Gaffel Becker & Co. oHG – also um eine Personengesellschaft. Die vom Gericht aufgezeigten Grundsätze im Konflikt-Management zwischen zerstrittenen Gesellschaftern sind u. E. auch auf das Zusammenwirken der Gesellschafter einer GmbH übertragbar. Dazu im Einzelnen:
- Auflösung der Gesellschaft: Der Minderheits-Gesellschafter klagte auf Auflösung der Gesellschaft. Begründung: Ein sinnvolles Zusammenwirken der Gesellschafter sei nicht mehr zu erwarten, und um Schaden von der Firma abzuhalten, ist eine Auflösung notwendiges letztes Mittel. Dagegen die Richter des OLG Köln: „Es lässt sich nicht feststellen, dass der anhaltende Streit zwischen den beiden Brüdern sowie die ausführliche Berichterstattung darüber dem Geschäftsbetrieb der Gaffel gravierend geschadet hätte. Die Gesellschaft geht ihren Geschäften auf den Märkten für Kölsch und für Fassbrause seit Jahren in kaum veränderter Form nach“. Fazit: Ob der Konflikt zwischen den Gesellschaftern zu einem Schaden für das Unternehmen führt, bemisst sich am laufenden Unternehmenserfolg. Steht das Unternehmen dauerhaft gut da, ist die Chance, dass zerstrittene Gesellschafter eine gerichtliche Auflösung des Unternehmens erzwingen können so gut wie ausgeschlossen.
- Abberufung der Geschäftsführer: Um den Dauerstreit der Gesellschafter-Geschäftsführer zu beenden, hält es das Gericht für gerechtfertigt und ein angemessenes Mittel, wenn die zerstrittenen Gesellschafter aus der Geschäftsführung ausscheiden. Bemerkenswert: Auch ohne Nachweis für konkrete Vergehen des einzelnen Geschäftsführers, hält das Gericht das „für den das Unternehmen am wenigsten beeinträchtigenden Weg zur Lösung des Dauerstreits“. Einzig der am Streit nur am Rande beteiligte Junior-Gesellschafter-Geschäftsführer Heinrich Phillip Becker darf nun in Zukunft die Geschicke der Brauerei weiter lenken.
Wenn Sie sich auf solchen Zufall nicht einlassen wollen, dann geht das. Dazu müssen Sie im Gesellschaftsvertrag konkretisieren, unter welchen Bedingungen Sie sich eine weitere Zusammenarbeit mit dem oder den Gesellschaftern nicht mehr zumuten wollen. Dazu müssen die „wichtigen Gründe“ für einen Ausschluss konkret benannt werden: Das Erreichen eines bestimmten Alters, Verstöße gegen Wettbewerbsvereinbarungen“. Wenn das schwarz auf weiß vereinbart ist, muss sich auch das zuständige Landgericht daran halten. Weiterführend: Muster GmbH-Gesellschaftsvertrag
Sind die (Familien-) Gesellschafter über Jahre zerstritten, wird es schwierig. Auch Mediation, Coaching und therapeutische Beratung helfen oft nicht weiter. Es menschelt. Lassen Sie sich als beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht vorschnell auf einen Auflösungs- oder Abberufungsprozess ein. Nach diesem Urteil kann der Schuss schnell nach hinten gehen. Und zwar, wenn das Landgericht (in erster Instanz) alle Geschäftsführer – also auch Sie – abberuft und einen Not-Geschäftsführer einsetzt – zum Wohle der GmbH. Wollen Sie den Mit-Geschäftsführer abberufen, dann müssen Sie tatsächlich wichtige Gründe haben. Zerstrittenheit alleine reicht als Begründung kaum mehr aus. Erfahrene Berater setzen in solchen Konfliktfällen auf einen langen Atem, Vermittlungsgespräche zwischen den Parteien und vertrauensbildende Maßnahmen.
Vermögensbildung: Mit der GmbH in Wertbeständiges investieren
Gesellschafter-Geschäftsführer, die in 2014 privat eine Immobilie oder andere wertbeständige Sachgüter anschaffen wollen, dafür aber nicht dauerhaft ihr Gehalt erhöhen wollen, können das aus einer Vorauszahlung auf die Gewinn-Tantieme finanzieren. Vorsicht: Bis vor einigen Jahren war das unproblematisch. Sie mussten selbst als Gesellschafter-Geschäftsführer keine Steuern auf Zinsen für den Tantieme-Vorschuss zahlen. Unterdessen sehen die Finanzbehörden das anders: Nicht berechnete Zinsen für Vorschusszahlungen auf die Tantieme werden als verdeckte Gewinnausschüttung besteuert (so z. B. zuletzt BFH, Urteil vom 22.10.2003, I R 36/03). Gestaltung: Vereinbaren Sie schriftlich im Anstellungsvertrag, dass Sie einen Anspruch auf Vorschusszahlungen haben. Und zwar für den Zeitraum nach Abschluss des Geschäftsjahres bis zur Feststellung des Jahresabschlusses. Ergänzen Sie Ihre Tantieme-Vereinbarung entsprechend.
Muster-Formulierung für den Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers: „Der Geschäftsführer kann einen Anspruch auf einen Vorschuss auf seine Gewinn-Tantieme mit Abschluss des Geschäftsjahres zum 31.12. geltend machen, sofern laut Betriebswirtschaftlicher Auswertung (BWA) ein Gewinn für das abgelaufene Geschäftsjahr zu erwarten ist. Der Vorschuss auf die Tantieme beträgt danach maximal 50% (80 %) der vorläufig ausgewiesenen Berechnungsgrundlage. Vorschusszinsen werden nicht erhoben.“
Kosten für Erst-Studium des Junior sind keine Betriebsausgaben
Aufwendungen für eine Erstausbildung oder ein Erststudium sind keine Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9 EStG). Das gilt auch, wenn die Ausbildung im Rahmen eines Dienstvertrages stattfindet. Diese Ausgaben sind aber zum Teil Sonderausgaben. Diese Rechtslage gilt für alle Ausbildungskosten ab 2004 (BFH, Urteil vom 5.11.2013, VIII R 22/12).
Mit dieser Rechtsprechung sind alle offen Veranlagungsfälle abgeschlossen. Das seit 2004 neu eingeführte Betriebsausgaben-Abzugsverbot für die Kosten einer Erstausbildung ist verfassungsgemäß und damit nicht zu beanstanden. Das gilt für die Erstausbildung bzw. für ein Erst-Studium. Unbeeindruckt davon, können die Kosten für ein Zweit-Studium des Juniors, das aus betrieblichen Gründen (Zusatzstudium BWL neben einer Ingenieursausbildung) und im Rahmen eines bestehenden oder angestrebten Anstellungsverhältnisses absolviert wird, als Betriebsausgaben angesetzt werden. Ausweg: Kurzes und schnelles Erststudium und anschließend erst die aufwendige Zweit-Ausbildung anschließen.
Geschmacksmuster wird zum Design
Geschmacksmuster werden seit 1.1.2014 als eingetragenes Design beim Deutschen Patentamt geführt. Damit verbunden ist eine Erleichterung im Eintragungsverfahren. Mehrere Designs können künftig in einer Sammelanmeldung zusammengefasst werden, auch wenn sie unterschiedlichen Warenklassen angehören. Einfacher wird auch der Zugang zu Bekanntmachungen zum Ausstellungsschutz. Diese werden nicht mehr im Bundesgesetzblatt sondern im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Zur Online-Design-Anmeldung > https://direkt.dpma.de/design (DPMA mit Mitteilung vom 7.1.2014).
Auch das sog. Nichtigkeitsverfahren wird vereinfacht. Dazu genügt in Zukunft ein formloser Antrag bei der Designabteilung > Deutsches Patent- und Markenamt, Stelle Jena, 07738 Jena, info@dpma.de. Im Zivilprozess kann die Nichtigkeit nur noch durch Erhebung einer Widerklage bei den Design-Gerichten der Länder durchgesetzt werden.
Minderheitsgesellschafter mit Vetorecht ist (nicht) pflichtversichert
Ist es dem Mehrheits-Gesellschafter der GmbH aufgrund der Stimmenverhältnisse möglich, ein Vetorecht zu entziehen (z. B. mit einer Beschluss-Mehrheit von 75 %), dann wird der Minderheitsgesellschafter sozialersicherungspflichtig. Er muss Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zahlen (Bayer. Sozialgericht, Urteil vom 19.2.2013, L 5 R 810/10).
Will sich der Minderheitsgesellschafter ein Vetorecht –in wichtigen geschäftlichen Angelegenheiten – sichern und will er nicht Pflichtmitglied in der gesetzlichen Sozialversicherung sein, muss er sicherstellen, dass das Vetorecht nicht einfach per Beschluss des Mehrheitsgesellschafters abgeschafft werden kann. Das geht so: Vereinbaren Sie zusätzlich im Gesellschaftsvertrag, dass das Vetorecht des Minderheitsgesellschafters nur mit einstimmigem Beschluss der Gesellschafterversammlung abgeschafft werden kann.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief