Kommunale Geschäftsführer: Vollzug beim Transparenz-Gebot + Pflichtversicherung: Mini-Gesellschafter müssen GmbH-Vertrag überprüfen + Geschäftsmodell „GmbH“: Konflikte gehören zum Geschäft + Bürokratie: Angabe eines Mindestlohns in Stellenausschreibungen + E‑Mail-Werbung: BGH setzt neue Standards + Mitarbeiter: Handyverbot ist mitbestimmungspflichtig + Recht: Keine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Betrieb + BISS …
Der Volkelt-Brief 02/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 8. Januar 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
nicht nur nach dem Transparenz-Gesetz NRW müssen immer mehr Vorstände und Geschäftsführer kommunaler Unternehmen ihre Gehälter offen legen. Auch in anderen Bundesländern gibt es entsprechende Vorschriften. Ausnahme: Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Unterdessen haben die meisten Kommunen reagiert und neue Verträge mit den Geschäftsführern/Vorständen abgeschlossen oder nur mit einer entsprechenden Veröffentlichungsklausel verlängert (vgl. Nr. 41/2015).
Ausnahme: In der Sparkasse Fröndenberg (NRW) weigert sich die Vorstandsvorsitzende Petra Otte, die Gehälter des Vorstands einzeln offen zu legen. Bislang noch mit Erfolg. Aber schon im Februar wird der Stadtrat der Gemeinde endgültig darüber abstimmen, ob es eine Vertragsverlängerung mit der umstrittenen Sparkassen-Chefin geben wird – mit oder ohne Offenlegungs-Option. Das Finanzministerium NRW hätte sich dann flächendeckend durchgesetzt.
Pflichtversicherung: Mini-Gesellschafter müssen GmbH-Vertrag prüfen
Mit dem neuen Geschäftsjahr müssen sich Gesellschafter-Geschäftsführer und mitarbeitende Gesellschafter mit einer unter 50 % – Beteiligung an der GmbH darauf einstellen, dass die Deutsche Rentenversicherung (DR) bei einer Betriebsprüfung ihren sozialversicherungsrechtlichen Status prüft. Auch, wenn bereits ein offizielles und abgeschlossenes Statusfeststellungsverfahren vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer oder der mitarbeitende Gesellschafter nur dann kein Mitglied der Pflichtversicherung, wenn er aufgrund einer Klausel im Gesellschaftsvertrag über eine Sperrminorität (26 % und Beschlüsse müssen mit einer 75 % – Mehrheit gefasst werden) verfügt oder wenn Einstimmigkeit für Beschlüsse vorgeschrieben ist (vgl. BSG, Urteile vom 11.11.2015, B 12 R 2/14, B 12 KR 13/14, B 12 KR 10/14R). Bis dahin war es möglich, die Pflichtversicherung zu umgehen,
- indem sich die Gesellschafter neben dem Gesellschaftsvertrag zur Einstimmigkeit verpflichtet haben (im Rahmen einer sog. Gesellschaftervereinbarung) oder
- wenn z. B. bei der Anteilsübertragung auf den Nachfolger eine privatrechtliche Stimmrechtsvereinbarung getroffen wurde, wonach der Senior weiterhin das Stimmrecht des Nachfolger-Anteils ausüben konnte.
Eben diese Gestaltungen werden jetzt erneut überprüft und ggf. neu veranlagt. Folge: Unter Umständen kommen erhebliche Nachzahlungen an die Sozialversicherung zusammen – die Verjährungsfrist liegt hier bei 4 Jahren.
Was tun? Für die Vergangenheit lässt sich wohl nichts mehr gestalten. U. U. müssen Sie hier Widerspruch gegen den Beitragsbescheid einlegen und vom Sozialgericht prüfen lassen, ob der DR-Bescheid rechtens ist. Besteht ein wie oben beschriebene Vereinbarung über das Stimmrecht außerhalb des Gesellschaftsvertrages, ist zu prüfen, ob der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert werden soll oder kann. Dabei müssen Sie sich aber im Klaren darüber sein, dass die zukünftige Beschlussfassung insbesondere im Konfliktfall zwischen den beteiligten Gesellschaftern zu unerwünschten Ergebnissen führen kann, im schlechtesten Fall bis zur Beschlussunfähigkeit. Das müssen Sie sorgfältig abwägen.
Geschäftsmodell „GmbH“: Konflikte gehören zum Geschäft
Wie viele Gesellschafter hat Ihre GmbH? Hintergrund dieser Frage: Je mehr Gesellschafter eine GmbH hat, umso häufiger kommt es zu (rechtlichen) Probleme zwischen den Gesellschaftern – sei es um Mitspracherechte, um die Geschäftspolitik oder um die Nachfolgeregelung.
Faustregel: In der GmbH mit mehreren Gesellschaftern kommt es durchschnittlich alle 2 Jahre zu ernsthaften Meinungsverschiedenheiten, die bei schlechtem Krisen-Management bis hin zur gerichtlichen Auseinandersetzung geführt werden. Das betrifft aber nur einen Teil der mittelständischen GmbHs. Rund 50 % der insgesamt ca. 1.100.000 Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder einer Unternehmergesellschaft (UG) haben ohnehin nur einen Gesellschafter. Der führt in der Regel auch die Geschäfte selbst. Knapp über 25 % der GmbHs haben gerade einmal zwei Gesellschafter und 75.000 GmbHs haben drei Gesellschafter. 80 % der GmbHs haben danach nur einen oder wenige Gesellschafter. Und gerade einmal 1 % alle GmbHs haben 6 und mehr Gesellschafter (Quelle: Institut für Rechtstatsachenforschung, Universität Jena). Die meisten Gesellschafter hat die Freie-Reifeneinkaufs-Initiative GmbH aus Köln/Frechen mit 457 Gesellschaftern. Das ist in der Praxis allerdings nur handhabbar, wenn im Gesellschaftsvertrag eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit der anwesenden Gesellschafter vereinbart ist. Nicht bekannt ist, ob es in dieser GmbH besonders viele Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gesellschaftern gibt.
Bürokratie: Angabe eines Mindestlohns in Stellenausschreibungen
Zur Förderung der Frauen will Familienministerin Manuela Schwesig, dass Unternehmen in Stellenanzeigen einen Mindestlohn für jede ausgeschriebene Stelle angeben. Dieses Vorhaben soll gesetzlich fixiert werden. Bei einem Verstoß können danach Abmahnungen ausgesprochen bzw. Bußgelder verhängt werden (Referentenentwurf eines Gesetzes für Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern). Frauen sollen damit eine bessere Verhandlungsposition für das Gehaltsgespräch bekommen. Mehr noch: Ist der Arbeitgeber bereit, mehr als den ausgeschriebenen Mindestlohn zu zahlen, soll er das ebenfalls in der Anzeige bekunden (vgl. Nr. 1/2015, „Argumente für eine Gehaltserhöhung“).
E‑Mail-Werbung: BGH setzt neue Standards
Wenn Sie in Ihrem Internet-Shop oder in der standardisierten E‑Mail-Kommunikation mit Kunden (z. B. in E‑Mail-Bestellbestätigungen oder PDF-Rechnungsversand) werbliche Text oder Bilder verwenden (auch für eigene Produkte), sollten Sie die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sache beachten und zügig umsetzen.
Danach gilt: Widerspricht der Kunde einer Werbezusendung müssen Sie das beachten. Er hat einen gerichtlich durchsetzbaren Unterlassungsanspruch In vergleichbaren Fällen hält der BGH bei wiederholtem Verstoß ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR bzw. eine Haftstrafe für den Geschäftsführer von bis zu 6 Monaten für möglich. Dazu kommen die Verfahrenskosten, die das gegen das Werbeverbot verstoßende Unternehmen zahlen muss (BGH, PM vom 15.12.2015, VI ZR 134/15).
Mitarbeiter: Handyverbot ist mitbestimmungspflichtig
Will der Arbeitgeber ein generelles Verbot zur Handy-Nutzung während der Arbeitszeit im Betrieb erlassen, braucht er die Zustimmung des Betriebsrates. Das Handynutzungsverbot betrifft nicht das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten. Was sich darin zeigt, „dass Arbeitnehmer in aller Regel ihre Arbeit auch dann zügig und fehlerfrei verrichten, wenn sie ab und an einen Blick auf ihr Handy werfen, etwa um zu prüfen, ob es in der Zwischenzeit verpasste Anrufe anzeigt“ (ArbG München, Urteil vom 18.11.2015, 9 BVGa 52/15).
Recht: Keine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Betrieb
Ein Fahrzeughalter kann zur Führung eines Fahrtenbuches verpflichtet werden, wenn er gegen Verkehrsregeln verstößt. So die Gerichte, wenn sich der Fahrzeuginhaber (ein Handwerksbetrieb) weigert, den Fahrer zu benennen, der den Verstoß begangen hat. Nur im Ausnahmefall zulässig ist es, den gesamten Fuhrpark mit einer Fahrtenbuch-Auflage zu bestrafen (VG Mainz, Beschluss vom 2.12.2015, 3 L 1482/15).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur