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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 02/2014

The­men heu­te: Recht – vie­le Gesell­schaf­ter stei­gern Rechts-Risi­ken – was tun? + Koali­ti­ons-Ver­trag: Die neu­en Eck­da­ten für die Unter­neh­mens-Pla­nung + Sam­mel­kla­ge: Arbeit­neh­mer ent­de­cken ein gefähr­li­ches neu­es Instru­ment + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: UG muss Haf­tungs­be­schrän­kung nicht zwin­gend aus­wei­sen + Recht: Schieds­ord­nung muss nicht vor den Notar + Fir­men­wa­gen: BFH schmet­tert Geschäfts­füh­rer-Anlie­gen ab+ BISS

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Frei­burg, 10.1.2014

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

Wie vie­le Gesell­schaf­ter hat Ihre GmbH eigent­lich? Hin­ter­grund: Je mehr Gesell­schaf­ter eine GmbH hat, umso häu­fi­ger gibt es Pro­ble­me zwi­schen den Gesell­schaf­tern – z. B. um die Geschäftspolitik.

Faust­re­gel: In der GmbH mit meh­re­ren Gesell­schaf­tern kommt es alle 2 Jah­re zu ernst­haf­ten Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten, die bei schlech­tem Kri­sen-Manage­ment bis vors Gericht gehen.

Aber: Nur 50 % der rund 1 Mio. GmbHs haben nur einen Gesell­schaf­ter (496.900) und damit die­se Pro­ble­me nicht. Der führt auch die Geschäf­te sei­ner GmbH. Knapp 25 % der GmbHs haben zwei Gesell­schaf­ter und 75.000 GmbHs haben drei Gesell­schaf­ter. 80 % der GmbHs haben also nur einen oder weni­ge Gesell­schaf­ter. Gera­de ein­mal 1 % aller GmbHs haben 6 und mehr Gesell­schaf­ter (Insti­tut für Recht­s­tat­sa­chen­for­schung, Uni Jena). Die meis­ten Gesell­schaf­ter hat die Rei­fen­ein­kaufs-Initia­ti­ve GmbH aus Köln mit 457 Gesellschaftern.

Nach der Sta­tis­tik haben umge­kehrt auch 50 % aller GmbHs mehr als einen Gesell­schaf­ter. Damit ist hier bereits eine gewis­se Kri­sen­an­fäl­lig­keit pro­gram­miert. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie hier beson­ders gefor­dert: Sei es durch eine jeder­zeit akti­ve Infor­ma­ti­ons­po­li­tik gegen­über den Gesell­schaf­tern oder durch ein wir­kungs­vol­les Kri­sen-Manage­ment – vom Kon­flikt­ge­spräch bis zum pro­fes­sio­nel­len Mediationsverfahren.

Der Koalitionsvertrag: Die Eckdaten für Ihre Unternehmensplanung 

  1. Lohn- und Lohn­ne­ben­kos­ten: Bereits der kleins­te Wack­ler der Kon­junk­tur wird die Bei­trä­ge zur Ren­ten­ver­si­che­rung stei­gen las­sen, um die ange­kün­dig­ten Zusatz­leis­tun­gen zu stem­men (Müt­tern­ren­te). Pro Lohn­sum­me von 100.000 EUR im Jahr geht es um eine Zusatz­be­las­tung von 400 EUR. Der Bei­trags­satz für die Pfle­ge­ver­si­che­rung wird zum 1.1.2015 um 0,3 Pro­zent­punk­te erhöht und in einer 2. Stu­fe vor 2018 um wei­te­re 0,2 also um ins­ge­samt 0,5 Pro­zent­punk­te stei­gen. Die bewähr­ten Regeln zur Kurz­ar­beit blei­ben bei­be­hal­ten und wer­den in einer auf­kom­men­den Krisen­situation bei Bedarf schnell eingesetzt.
  2. Arbeits­recht: Zusätz­lich wird sich die Ver­län­ge­rung der Eltern­zeit (bis 36 Mona­te), das Gebot der Ent­gelt­gleich­heit („glei­cher Lohn für glei­che Arbeit“) und die Rege­lun­gen zum Min­dest­lohn (ab 2015) direkt in den Lohn­kos­ten bemerk­bar machen. Auch die Ein­schrän­kun­gen bei Werk­ver­trä­gen und bei der Leih­ar­beit (max. 18 Mona­te) wer­den Wir­kung zei­gen. Auch bei der Teil­zeit­ar­beit (Rück­kehr­recht) wird es bes­se­re Mög­lich­kei­ten für Arbeit­neh­mer geben. Arbeit­ge­ber müs­sen Mini­job­ber noch aus­führ­li­cher über ihre Rech­te informieren.
  3. Unternehmen­snach­folge: Ange­strebt wird eine Rege­lung, die bei Erhal­tung von Arbeit­splätzen Steuer­erle­ichterun­gen vor­sieht. Die Ver­mitt­lungs­platt­form für Nach­fol­ge „nexxt chan­ge“ wird ausgebaut.
  4. Unternehmensgrün­dun­gen (auch: Toch­ter­ge­sell­schaf­ten): Ange­strebt wird eine Aus­wei­tung der Grün­der­förderung. Es soll kla­re Rah­menbe­din­gun­gen für Crowd­fund­ing und bes­se­re Bedin­gun­gen für Betei­li­gungs­fi­nan­zie­run­gen geben – vor allem in High-Tech-Berei­chen (High-Tech-Grün­der­fonds).
  5. Steu­er­po­li­tik: Offi­zi­ell soll es kei­ne Steu­er­erhö­hun­gen geben. Nach­fi­nan­zie­run­gen wird es aber geben. Eine Reform der Unter­neh­mens­be­teue­rung wird die Gro­ße Koali­ti­on nicht ange­hen. Abseh­bar ist, dass die­se Bun­des­re­gie­rung Steu­er­ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten in der EU kon­se­quent ein­schrän­ken wird (Steu­er­har­mo­ni­sie­rung, Steu­er­dum­ping). Für Ein­zel­un­ter­neh­men soll es bes­se­re Mög­lich­kei­ten für eine Rück­la­gen­bil­dung geben Die Selbst­an­zei­ge mit Straf befrei­en­der Wir­kung soll nur noch mög­lich sein, wenn er rück­wir­kend für 10 Jah­re (bies­her: 5) sämt­li­che steu­er­li­chen Anga­ben nachholt.
  6. Aus- und Wei­ter­bil­dung: Aus­län­di­sche Abschlüs­se sol­len unkom­pli­zier­ter aner­kannt wer­den (Aner­ken­nungs­ge­setz). Das Auf­stiegs­fort­bil­dungs­ge­setz wird ver­ein­facht, um die För­der­mög­lich­kei­ten zu ver­bes­sern (Finan­zie­rung der Wei­ter­bil­dung). Die Mög­lich­kei­ten für den EU-Aus­tausch von AZUBIS sol­len wei­ter ver­bes­sert wer­den. Aber auch die Qua­li­fi­zie­rung von über 50-jäh­ri­gen Arbeit­neh­mern sol­len ver­bes­sert wer­den (INQA-Pro­gramm, Fach­kräf­te-Offen­si­ve, Blaue Kar­te EU).
  7. Kam­mern und Berufs­ver­bän­de: An der bis­her gel­ten­den Pra­xis wird sich nichts ändern. Die Pflicht­mit­glied­schaft wird nicht ange­tas­tet. Even­tu­ell wird es Beitragssenkun­gen und mehr Leis­tun­gen für klei­ne­re und mit­tlere Unter­neh­men geben. Es wird kei­ne Erle­ichterun­gen beim Zugang zu den Hand­wer­ker­be­ru­fen geben. Das Meis­ter­pri­vi­leg bleibt geschützt. Die Innun­gen sol­len ver­stärkt in die Rol­le des Tarif­part­ners ver­pflich­tet wer­den. Damit wäre eine bes­se­re Lohn­dif­fe­ren­zie­rung für die ein­zel­nen Hand­werks­be­ru­fe mög­lich. Fol­ge­kos­ten von Pro­dukt­män­geln, die von Her­stel­lern oder Lie­fe­ran­ten zu ver­ant­wor­ten sind, sol­len in Zukunft nicht mehr auf das Hand­werk über­wälzt wer­den können.
  8. Geld: Die Ban­ken wer­den ver­pflich­tet, Unter­neh­men beim Über­tritt in den Dis­po­kre­dit zu war­nen. Die Finanz­trans­ak­ti­ons­steu­er soll mit brei­ter Bemes­sungs­grund­la­ge und mit einem nied­ri­gen Steu­er­satz kommen.
  9. Mit­tel­stands­för­de­rung und ‑finanzierun­gen: Die Gro­ße Koali­ti­on gibt ein Beken­nt­nis zu bes­se­ren Mög­lich­kei­ten für die Mit­tel­stands-Finan­zie­rung durch die KfW und Her­mes-Bürg­schaf­ten. Das zen­tra­le Inno­va­ti­ons­för­der­pro­gramm für den Mit­tel­stand (ZIM) soll 2014 fort­ge­schrie­ben und suk­zes­si­ve aus­ge­baut wer­den. Die Ban­ken sol­len ver­pflich­tet wer­den, die güns­ti­gen Zins­kon­di­tio­nen an den Mit­tel­stand wei­ter­zu­ge­ben. Wie das aller­dings kon­kret aus­se­hen kann, ist offen und damit kaum plan­bar für Unternehmer.
  10. For­schung und Ent­wick­lung: Gute Chan­cen gibt es für klei­ne­re Unter­neh­men, die einen Schwer­punkt auf die Berei­che For­schung und Ent­wick­lung legen. Der Bund wird in den nächs­ten Jah­ren deut­lich drauf­le­gen und 3 % des Brut­to­in­land­pro­dukts in die­sen Bereich inves­tie­ren. Für IT-Unter­neh­men kommt der Qua­li­täts­stan­dard „Soft­ware made in Ger­ma­ny“.
  11. Insol­venz­recht: Die Ende der letz­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode aus­ge­setz­ten Erleich­te­run­gen für Kon­zern-Insol­ven­zen sol­len noch­mals auf­ge­grif­fen wer­den. Damit soll das Insol­venz­ver­fah­ren (Zustän­dig­kei­ten) deut­lich erleich­tert und beschleu­nigt wer­den und damit bes­se­re Vor­aus­set­zun­gen für eine zügi­ge Sanie­rung geschaf­fen werden
  12. Fuhr­park: Auch hier müs­sen Sie mit stei­gen­den Kos­ten rech­nen. Die LKW-Maut wird auf Bun­des­stra­ßen aus­ge­dehnt wer­den. Für PKW – Sie ken­nen die Dis­kus­si­on aus den Medi­en – kommt auf jeden Fall eine Zusatz­be­las­tung. Sei es in Form eine Maut- oder Vignet­ten-Lösung oder als Auf­schlag auf die Sprit­steu­er. Je nach Fuhr­park (Auto­ver­mie­ter, Ver­triebs-Unter­neh­men) müs­sen Sie mit spür­ba­ren Zusatz­be­las­tun­gen rechnen.
  13. Digi­ta­le Infra­struk­tur: Bis zum Jahr 2018 soll es in Deutsch­land Grund­ver­sor­gung mit min­des­tens 50 Mbits/s geben. Ziel ist, dass in deut­schen Städ­ten Mobi­les Inter­net über WLAN für jeden ver­füg­bar ist (Offe­nes Netz). Die Netz­neu­tra­li­tät bleibt Grund­la­ge (kei­ne Dis­kri­mi­nie­rung durch Begren­zung der Daten­vo­lu­mi­na oder Übertragungsgeschwindigkeiten).

Konflikte mit Mitarbeitern: Ein Mitarbeiter klagt – alle profitieren

Hängt der Betriebs­frie­den schief, müs­sen Sie sich als Unter­neh­mer auch auf neue Stra­te­gien der Mit­ar­bei­ter ein­stel­len. Bei­spiel: Ein Mit­ar­bei­ter fühlt sich benach­tei­ligt, weil er mit sei­ner (jähr­lich unter Vor­be­halt gezahl­ten) Prä­mie nicht zufrie­den ist. Dazu beauf­tragt er einen Anwalt. Neu dar­an ist: Der Mit­ar­bei­ter sucht im Betrieb gezielt nach Lei­dens­ge­nos­sen, die bei der Prä­mie eben­falls glau­ben zu kurz gekom­men zu sein. Der beauf­trag­te Anwalt ver­tritt dann alle Kol­le­gen gemein­sam. Zusam­men kön­nen die­se Mit­ar­bei­ter den Pro­zess­druck erheb­lich erhö­hen, weil für Sie als Arbeit­ge­ber das Kos­ten­ri­si­ko steigt.

Was tun? Rein recht­lich haben Sie kei­ne Mög­lich­keit, das zu unter­bin­den. Jeder Mit­ar­bei­ter ist berech­tigt, einen Anwalt sei­ner Wahl ein­zu­schal­ten. Auch eine sog. Gemein­schafts­ver­tre­tung durch einen gemein­sa­men Anwalt ist mög­lich. Der Pro­zess kann aber nur von jedem ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter in einem geson­der­ten Ver­fah­ren geführt werden.

Aller­dings hat der Aus­gang des Ver­fah­rens mit die­sem ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter prä­ju­di­ka­ti­ve Wir­kung. Das Gericht wird sich an dem bereits ent­schie­de­nen Fall ori­en­tie­ren wird. Ihnen bleibt dann nur, die Rech­nung zu zah­len. Bes­ser ist es, wenn Sie im Vor­feld Ein­fluss dar­auf neh­men, eine sol­che Kla­ge-Kon­­stel­la­ti­on zu ver­hin­dern. Z. B., indem Sie mit die­sem Mit­ar­bei­ter nach­träg­lich eine Ein­zel­ver­ein­ba­rung schlie­ßen, unter der Vor­aus­set­zung, dass eine Ver­schwie­gen­heits­ver­ein­ba­rung fak­tisch noch mög­lich ist.

UG muss Haftungsbeschränkung nicht zwingend ausweisen

Zeich­net der Geschäfts­füh­rer einer Unter­neh­mer­ge­sell­schaft, ohne dass der Zusatz „haf­tungs­be­schränkt“ ver­wen­det wird, haf­tet der Geschäfts­füh­rer nur dann per­sön­lich, wenn es sich um eine Irre­füh­rung han­delt (LG Düs­sel­dorf, Urteil vom 16.10.2013, 9 O 434/12).

Ist der Ver­trags­part­ner der UG ein Kauf­mann, kann man erwar­ten, dass er bei Unklar­hei­ten in der Fir­mie­rung sei­nes Geschäfts­part­ners selb­stän­dig Erkun­dun­gen über die „UG“ ein­holt. Als Geschäfts­füh­rer einer UG soll­ten Sie aber dar­auf ach­ten, dass die Fir­ma kor­rekt zeich­net: Ent­we­der als „<Name der Fir­ma> Unter­neh­mer­ge­sell­schaft haf­tungs­be­schränkt“ oder als „<Name der Fir­ma> UG haf­tungs­be­schränkt“. Prü­fen Sie gele­gent­lich Ihr Geschäfts­brief-Papier und die in den E‑Mails ver­wen­de­te Autosignatur.

Schiedsgerichtsordnung muss nicht notariell beurkundet werden

Ist im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH ein Schieds­ge­richt ver­ein­bart bzw. wird dies per Gesell­schaf­ter­be­schluss ver­ein­bart, muss der Wort­laut der Schieds­ord­nung nicht nota­ri­ell beur­kun­det wer­den (OLG Mün­chen, Beschluss vom 10.9.2013, 34 SchH 10/13).

Die Kon­flikt­par­tei­en hat­ten sich dar­auf ver­stän­digt, Strei­tig­kei­ten aus dem Gesell­schafts­ver­trag nach der Schieds­ge­richts­ord­nung des Deut­schen Insti­tuts für Schieds­ge­richts­bar­keit e. V. (DIS) zu ent­schei­den. Dazu genügt der all­ge­mei­ne Ver­weis auf eben die­se Schieds­ord­nung für deren wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung. Zur DIS-Schieds­ge­richts­ord­nung > https://www.dis-arb.de/de/16/regeln/dis-schiedsgerichtsordnung-98-id2

Finanzbehörden: 1%-Regel für Firmenwagen ist unangreifbar

Geschäfts­füh­rer, die gegen die 1%-Regel aus ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken Ein­spruch ein­ge­legt haben, haben kei­ne Chan­ce auf Rück­zah­lung. Die Finanz­be­hör­den haben klar­ge­stellt, dass die­se Ein­sprü­che von den Finanz­äm­tern abge­wie­sen wer­den (All­ge­mein­ver­fü­gung der obers­ten Finanz­be­hör­den der Län­der vom 13.12.2013 2013/1145596).

Dazu noch­mals der Hin­weis (vgl. Nr. 50/2013): Wenn Sie in 2014 kein pri­va­te Nut­zung des Fir­men­wa­gens zulas­sen wol­len, um die Anwen­dung der 1%-Regel zu ver­hin­dern, müs­sen Sie ab sofort ein Fahr­ten­buch füh­ren, um das nach­wei­sen zu können.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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