Riskant: Geschäftsführung in Zeiten der Rezession + Plan B: KUG gibt es auch für kleinere Unternehmen + Compliance: Großes „Achtung“ … für Geschäftsführer im Konzern + Unternehmens-Recht: Das kommt … das müssen Sie veranlassen … + Digitales: Neue Plattform für Bauaufträge und Immobilien-Ausstatter + GmbH/Recht: Wie der Versammlungsleiter manipulieren kann + GmbH/Recht: Vertretung der GmbH auf der WEG-Eigentümerversammlung + GmbH/Steuer: Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen + Finanzen: Gestundete Gesellschafter-Forderung wird zum Darlehen + Bürokratie: Mehr Zeit für die Kassenumstellung
Der Volkelt-Brief 41/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 11. Oktober 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
mit den Herbstgutachten zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland ist klar: Allen Schönreden zum Trotz – die Rezession ist da. Auch, wenn viele Experten noch bis zuletzt auf eine Delle oder lediglich eine Schwächephase setzten und die Stimmung in Deutschlands Chefetagen zuletzt wieder leicht nach oben zeigte (Ifo-Geschäftsklima-Index + 0,3 Punkte). Zwei negative Quartalsergebnisse in Folge sind der objektive Beleg für eine ernstzunehmende Abwärtsentwicklung.
Bereits in der ersten Jahreshälfte 2019 gab es klare Hinweise auf „eine schrumpfende Wirtschaft” (vgl. dazu unsere Hinweise aus Nr. 32/2019). Noch sind die angekündigten großflächigen Kündigungen einiger Großunternehmen nicht in der offiziellen Arbeitsstatistik angekommen. An den Werkbänken in der Industrie sind die Aufträge weitgehend abgearbeitet und neue sind derzeit nicht in Sicht. In einigen Geschäftsführer-Etagen werden bereits Zwischenbilanzen erstellt, um den kritischen Punkt auszumachen und das Risiko für die Beteiligten möglichst gering zu halten. Fakt ist, dass im gesamten Geschäftsjahr 2019 keine stabilisierenden Maßnahmen oder strategische (Neu-) Ausrichtungen von den (wirtschafts-) politisch Verantwortlichen eingebracht wurden. Wer zu spät kommt, wird früher oder später abgestraft – vom Markt und/oder von den Wettbewerbern.
Plan B: Kug gibt es auch für kleinere Unternehmen
Einige, vor allem Großunternehmen arbeiten bereits „kurz”. Die Unternehmensleitungen haben schnell reagiert und ihr personalpolitisches Instrumentarium unverzüglich umgesetzt. Die meisten mittelständischen Unternehmen haben aber zunächst einmal abgewartet, noch nichts unternommen oder zunächst einmal auf ihre Leiharbeitskräfte verzichtet. Das ist verständlich. Man will bewährte und qualifizierte Fachkräfte so lange wie möglich halten. Dennoch: Kurzarbeit ist für nahezu alle Unternehmen möglich, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind und nachgewiesen werden können. Kurzarbeitergeld wird für max. 12 Monate (Verlängerungsoption: 24 Monate) gezahlt – bei Antragsgewährung zum 1.12.2019 also bis längstens zum 31.11.2020. Bis dahin sollte die Konjunktur wieder Auftrieb erhalten. Unterdessen steigt der Druck auch auf mittelständische Unternehmen, Maßnahmen zu ergreifen. Aus diesem Grund hier nochmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld (Kug) (vgl. Nr. 21/2019):
- Erheblicher Arbeitsausfall: Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er vorübergehend ist, er nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist.
- Betriebliche Voraussetzung: Die Gewährung von Kug ist nur in Betrieben zulässig, in denen regelmäßig mindestens ein Arbeitnehmer (Arbeiter oder Angestellter, auch Auszubildender) beschäftigt ist. Betrieb im Sinne der Vorschriften über das Kug ist auch eine Betriebsabteilung.
- Persönliche Voraussetzungen des Arbeitnehmers: Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist.
- Antragstellung: Die Anzeige über den Arbeitsausfall ist schriftlich bei der Agentur für Arbeit zu erstatten, in deren Bezirk der Betrieb liegt. Anzeigenvordrucke gibt es bei der Agentur für Arbeit. Die Stellungnahme der Betriebsvertretung ist beizufügen. Die Anzeige kann auch von der Betriebsvertretung erstattet werden. Eine (fern-)mündliche Anzeige erfüllt die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht. Dagegen genügt ein Fax bzw. eine per E‑Mail übersandte Anzeige (eingescannt mit Unterschrift(en)) den gesetzlichen Erfordernissen (https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-arbeitgeber-unternehmen).
- Unterlagen: Der Arbeitgeber hat der Agentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug glaubhaft zu machen, alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen aber nachzuweisen. Zur Prüfung dieser Voraussetzungen sind die notwendigen Unterlagen vorzulegen (z. B. Ankündigung über Kurzarbeit, Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit mit dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern, Änderungskündigungen).
Compliance: Großes „Achtung“ … für Geschäftsführer im Konzern
Sie sind Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft im Konzernverbund? Hand auf´s Herz: Kennen Sie die konzern-internen Compliance-Vorschriften? Und sind Sie sicher, dass sie diese auch jederzeit und in jedem Fall einhalten? Zum Beispiel, wenn es um vorbeugende Maßnahmen gegen Korruption geht. Etwa die strenge Einhaltung des Vieraugen-Prinzips, wenn es um Geschäftsabschlüsse geht. Oder wenn es um Provisionsabsprachen mit Dritten geht.
Faktische Rechtsprechung ist: „Verstöße gegen die Compliance-Vorgaben rechtfertigen die fristlose Kündigung des Geschäftsführers. Eine Abmahnung ist nicht notwendig” (OLG Hamm, Urteil v. 29.5.2019, 8 U 146/18, nicht rechtskräftig). Da hilft Ihnen auch der Verweis auf einen erfolgreichen Abschluss nicht weiter. Dass das in der Praxis zur Zerreißprobe werden kann, ist Ihr Problem. Wenn Sie die Zielvereinbarungen mit der Konzernleitung oder die Prämie zum Festgehalt nur erreichen können, wenn der ein oder andere Abschluss nicht wirklich mit den Konzern-Leitlinien zu vereinbaren ist. Selbst wenn ein Mit-Geschäftsführer oder die Konzernleitung weiß, dass gezockt wird, hilft Ihnen das nicht weiter. Sie sind also besser beraten, wenn Sie die offiziellen Vorgaben stets einhalten – informieren, Zustimmungen einholen, Gesellschafterbeschlüsse veranlassen. Also nachhaltig bleiben. Mit den besten Grüßen.
Unternehmens-Recht: Das kommt … das müssen Sie veranlassen
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Anspruch auf einen Home-Office-Tag | Bis Ende des Monats wird das Bundesarbeitsministerium (BMAS) einen konkreten Vorschlag dazu vorlegen, wonach Arbeitnehmern ein gesetzlich verbriefter Anspruch auf eine Home-Office-Tätigkeit eingeräumt werden muss. Ob das im Gesetzgebungsverfahren umsetzbar ist, bleibt allerdings abzuwarten. | Halten Sie das nicht für sinnvoll, müssen Sie das mit betrieblichen Gründen belegen. |
Digitales: Die neue Plattform für Baufirmen und Immobilien-Ausstatter
Plattformen ergänzen den Handel oder ersetzen sogar ganze Großhandelsbetriebe. Aber nicht nur im Vertrieb von Produkten, auch bei der Auftragsvergabe setzen Plattformen neue Signale – etwa bei der Suche nach Öffentlichen Aufträgen (vgl. Nr. 40/2019). Eine ausgesprochen handliche Plattform gibt es jetzt für die Bauindustrie. Das StartUp Building Radar setzt auf Künstliche Intelligenz, um Baufirmen und Immobilien-Ausstattern eine gezielte Auftragsbeschaffung zu ermöglichen. Die Software zeigt weltweit offene Bauprojekte an. Zu den Referenzkunden gehören Viesmann oder Vitra, die der Plattform erstaunlich gute Noten ausstellen. Die Branche honoriert solche Angebote: Bereits im laufenden Jahr wird die Plattform über 1 Mio. EUR Umsatz nur aus der Vermittlung erzielen. Im nächsten Jahr soll sich der Umsatz verdreifachen. Wie das funktioniert, zeigt eine kostenlose Recherche-Demo > https://buildingradar.com/de .
GmbH/Recht: Wie der Versammlungsleiter manipulieren kann
In vielen mittelständischen GmbHs ist per Gesellschaftsvertrag einer der Gesellschafter – in der Regel der Mehrheits-Gesellschafter – zum Leiter der Gesellschafterversammlung bestimmt. Damit soll der ordnungsgemäße und professionelle Ablauf der Gesellschafterversammlung sichergestellt werden. Das gibt auch immer dann Sinn, wenn die übrigen Gesellschafter keine oder nur wenig geschäftliche Erfahrung haben und sich auch nicht weiter in der GmbH engagieren wollen. Eine solche Regelung führt aber dann zu Problemen, wenn es in der GmbH zwischen den Gesellschaftern zu Konflikten kommt – z. B. wenn mehrere Familien-Stämme im Laufe der Jahre unterschiedliche Positionen einnehmen. Ist im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht zur Leitung der Gesellschafterversammlung eingeräumt, müssen Sie ein Urteil des Bundesgerichtshofs beachten.
Danach gilt: „Will ein Gesellschafter den Versammlungsleiter abwählen, hat der per Gesellschaftsvertrag zur Versammlungsleitung beauftragte Gesellschafter grundsätzlich Stimmrecht“. Auch, wenn es bei der bevorstehenden Gesellschafterversammlung um Tagesordnungspunkte geht, die ihn betreffen – also z. B. seine Abberufung als Geschäftsführer oder die Einziehung seines GmbH-Anteils (so zuletzt BGH, Urteil v. 21.6.2010, II ZR 230/08). Also auch dann, wenn der Gesellschafter indirekt in eigener Sache abstimmt, hat er Stimmrecht, wenn es um die Besetzung der Versammlungsleitung geht. Faktisch heißt das: Ist der Mehrheitsgesellschafter (Anteil > 50 %) per Gesellschaftsvertrag zum Versammlungsleiter bestellt, ist er nicht abwählbar. Er hat damit alle Möglichkeiten, kraft seines Amtes als Versammlungsleiter – auch zum Manipulieren, etwa bei der Zuteilung des Rederechts, bei Beschlussanträgen usw. und er kann Einfluss auf die Protokollführung nehmen.
GmbH/Recht: Vertretung der GmbH auf der WEG-Eigentümerversammlung
Besitzt die GmbH eine WEG-Immobilie muss nicht der Geschäftsführer die GmbH auf der Eigentümerversammlung vertreten. Es genügt, wenn ein bevollmächtigter Mitarbeiter der GmbH die Interessen der GmbH auf der Eigentümerversammlung vertritt. So gefasst Beschlüsse sind wirksam und rechtlich zulässig (BGH, Urteil v. 28.9.2019, V ZR 250/18).
GmbH/Steuer: Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 26.9.2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vorgelegt. Darin geregelt werden die Anzeigenpflichten im Einzelnen und die Informationspflichten der ausländischen Finanzbehörden gegenüber den deutschen Finanzbehörden (Quelle: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen).
Finanzen: Gestundete Gesellschafter-Forderung wird zum Darlehen
Wird die aus einem üblichen Austauschgeschäft (Verkauf) herrührende Forderung eines Gesellschafters über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten zugunsten der GmbH gestundet, handelt es sich um eine „darlehensgleiche Forderung”. Folge: In der wirtschaftlichen Krise der GmbH gelten die Vorgaben für Gesellschafter-Darlehen. Die Forderung wird nachrangig behandelt und kann über ein Jahr rückwirkend eingefordert werden (BGH, Urteil v. 11.7.2019, IX ZR 210/18).
Bürokratie: Mehr Zeit für die Kassenumstellung
Wie das Bundesfinanzministerium (BMF) mitteilt, haben sich die Vertreter von Bund und Ländern darauf geeinigt, den Termin für die geplanten Kassenumstellung für Händler und Gastronomen zu verschieben. Insgesamt geht es um 2,1 Millionen Registrierkassen, die eigentlich bis zum 1.1.2020 umgestellt werden müssen. Bis Ende September 2020 wird aber nicht beanstandet, wenn die Kasse noch nicht umgerüstet ist.
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief