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Volkelt-Brief 32/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te : War­um sind vie­le Geschäfts­füh­rer bera­tungs­re­sis­tent? + Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer: Lohn-Umwand­lung kos­tet Vor­sor­ge­auf­wand NEU: Steu­er­be­ra­ter haf­tet bei Ver­stoß gegen Pflicht­ver­öf­fent­li­chung + Steu­er: Kippt der „Soli” doch noch? + GmbH-Recht: Gesell­schaf­ter muss bei Kapi­tal­erhö­hung ein­zah­len + Arbeits­recht: Leih­ar­bei­ter haben Anspruch auf Son­der­zah­lun­gen + Umgang mit Bera­tern: Steu­er­be­ra­ter muss auf Insol­venz­ge­fahr hin­wei­sen + BISS

 

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 Nr. 32/2013 vom 9.8.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

es gibt Kol­le­gen, die sind „bera­tungs­re­sis­tent“. Was so viel heißt wie: „Ich weiß schon, wie das geht!“. Bei­spie­le gefäl­lig? Der Kol­le­ge A. hält Lob und Aner­ken­nung für sen­ti­men­tal und über­flüs­sig („Die Leu­te wis­sen schon, was sie leis­ten“) oder Kol­le­ge B. ver­sucht den Laden mit Sprü­chen bei Lau­ne zu hal­ten („Mein Gott, neh­men Sie doch nicht Alles so ernst“). Gera­de im klei­nen Team ist es wich­tig, wie Sie den Gegen­über füh­ren. Ohne Zustim­mung und Ein­sicht der Mit­ar­bei­ter wird es Ihnen kaum gelin­gen, Pro­zes­se zu ver­än­dern oder Neue­run­gen durch­zu­set­zen. Ihre Auf­ga­be als Füh­rungs­kraft besteht dar­in, mit Ihrem Ver­hal­ten, Ihren Vor­ga­ben und Ihrer Anspra­che mög­lichst vie­le Mit­ar­bei­ter so zu errei­chen, dass die Zie­le der Fir­ma umge­setzt wer­den. Hilf­reich ist es, das eige­ne Ver­hal­ten regel­mä­ßig zu spie­geln (reflek­tie­ren), z. B. unter der Beur­tei­lung und Bera­tung eines geeig­ne­ten Coa­ches. Wer kein Coa­ching will, soll­te zumin­dest die Grund­re­geln beherr­schen. Hier eini­ge Regeln, wie Sie Selbst-Coa­ching erfolg­reich praktizieren: 

  1. Ohne Dis­zi­plin geht es nicht: Jede Situa­ti­on, die Sie als Geschäfts­füh­rer ein­ge­hen, ist eine Füh­rungs­auf­ga­be. Sei es als Vor­bild, als Anlei­ter oder als Takt­ge­ber für die Kom­mu­ni­ka­ti­on. Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht als Pri­vat­per­son hier sind, son­dern jeder­zeit dafür zustän­dig sind, dass die Fir­ma das Wich­ti­ge ist. Ver­su­chen Sie, die­se Dau­er­auf­ga­be nicht als Stress­fak­tor son­dern als Her­aus­for­de­rung zu neh­men und zu meis­tern. Betrieb­li­che Ver­ein­ba­run­gen (Unter­neh­mens­grund­sät­ze, Ver­tre­tungs­ab­re­den usw.) gel­ten für alle. An ers­ter Stel­le auch für Sie.
  2. Hören Sie zu: Und zwar nicht nur auf das, was Ihnen die Mit­ar­bei­ter erzäh­len. Noch wich­ti­ger ist es, dass Sie sich selbst zuhö­ren. Ach­ten Sie auf: Wider­sprü­che, Flos­keln, Sprü­che. Auch dar­auf, wel­chen Tenor Ihre Anspra­che an den Mit­ar­bei­ter hat (sach­lich, lus­tig, has­tig, ernst neh­mend). Kom­pe­tenz, sozia­le Intel­li­genz und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit wir­ken zusam­men und wer­den von den Mit­ar­bei­tern gesucht und anerkannt.
  3. Den­ken Sie in Alter­na­ti­ven: Ent­schei­den heißt, unter meh­re­ren Lösungs­mög­lich­kei­ten die zu wäh­len, mit den Sie die Zie­le der Fir­ma am bes­ten errei­chen. „Wir haben das schon immer so gemacht oder das geht nur so“ sind kei­ne Rat­ge­ber. Nut­zen Sie das Wis­sen Ihrer Mit­ar­bei­ter, um alter­na­ti­ve Abläu­fe. Wich­tig: Begrün­den Sie Ihren Mit­ar­bei­tern gegen­über, war­um Sie sich für eine bestimm­te Lösung ent­schie­den haben. Legen Sie Ihre Ent­schei­dungs­kri­te­ri­en offen. Das för­dert das Mitdenken.

Für die Pra­xis: Als GmbH-Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie sich Bera­tungs­re­sis­tenz nicht leis­ten. Die Füh­rung von Mit­ar­bei­tern ist weni­ger eine indi­vi­du­el­le Fähig­keit denn das Beherr­schen von erfolgs­er­prob­ten Füh­rungs-Instru­men­ten. Typi­sche Kom­men­ta­re von Kol­le­gen nach dem Coa­ching: „Das hät­te ich vor­her wis­sen müs­sen“. Oder „Seit­dem ist Füh­ren für mich viel ein­fa­cher gewor­den“. Sie tun sich, Ihrer GmbH und Ihren Mit­ar­bei­tern kei­nen Gefal­len, wenn Sie Alles auf Ihre Schul­tern neh­men und auf kom­pe­ten­ten exter­nen Rat verzichten.

Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer: Lohn-Umwand­lung kos­tet Vorsorgeaufwand

Zur Geschäfts­füh­rer-Alters­vor­sor­ge gibt es ein neu­es Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH). Danach gilt: „Wan­delt der Geschäfts­füh­rer Bar­lohn in einen Bei­trag zu einer Unter­stüt­zungs­kas­se um, steht ihm der Vor­weg­ab­zug (hier: 3.068 EUR) nicht mehr zu“ (BFH, Urteil vom 20.3.2013, X R 30/11). Die Finanz­be­hör­den wen­den die­se Rechts­la­ge grund­sätz­lich auch auf alle Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer an, sobald der Ein­druck ent­steht, dass der (beherr­schen­de) Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer Tei­le sei­nes „Lohns“ für eine sog. betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung ver­wen­det. Argu­ment: Die betrieb­li­che Ver­sor­gung ist nicht arbeit­neh­mer­fi­nan­ziert. Das ist Vor­aus­set­zung dafür, dass Bei­trags­zah­lun­gen für eine Alters­ver­sor­gung beim Vor­weg­ab­zug berück­sich­tigt werden.

Für die Pra­xis: Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern kön­nen den unge­kürz­ten Vor­weg­ab­zug nut­zen. Aber nur, wenn er aus den eige­nen Bei­trags­zah­lun­gen einen Rechts­an­spruch auf Leis­tun­gen zur Alters­ver­sor­gung hat. Das aber ist bei der Unter­stüt­zungs­kas­se eines selbst­stän­di­gen Ver­sor­gungs­trä­gers nicht der Fall. Bespre­chen Sie also Ihr neu­es Ver­sor­gungs­mo­dell unbe­dingt vor­weg mit dem Steu­er­be­ra­ter. Ist der nicht sicher, ob die steu­er­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für den Vor­weg­ab­zug gege­ben sind, soll­ten Sie zusätz­lich die Ein­schät­zung von einem unab­hän­gi­gen Ren­ten­be­ra­ter ein­ho­len. Auf der siche­ren Sei­te sind Sie in Sachen Vor­weg­ab­zug, wenn Sie eine Pen­si­ons­zu­sa­ge unter den steu­er­li­chen Vor­aus­set­zun­gen abschlie­ßen (Rück­de­ckung). Eine kom­plet­te Gehalts­um­wand­lung zuguns­ten der Pen­si­ons­zu­sa­ge geht aller­dings nicht. Das ist Steuer-“schädlich“.

NEU: Steuerberater haftet bei Verstoß gegen Pflichtveröffentlichung

Als GmbH-Geschäfts­füh­rer sind Sie ver­ant­wort­lich für die Offen­le­gung des JA (§§ 325 ff. HGB). Rechts­la­ge bis­her: Das Land­ge­richt (LG) Bonn geht in den bis­he­ri­gen Ent­schei­dun­gen (Lis­te der Ver­fah­ren vor dem LG Bonn > Hier ankli­cken) davon aus, dass Sie als Geschäfts­füh­rer für Ver­stö­ße ver­ant­wort­lich sind und im Zwei­fel das Buß­geld zah­len müs­sen. Selbst dann, wenn Ihr Steu­er­be­ra­ter die­se Auf­ga­be über­nom­men hat. Also im Bera­ter­ver­trag ver­ein­bart ist, dass er für die frist­ge­rech­te Offen­le­gung zustän­dig ist. Hier tut sich jetzt etwas. Aus dem neu­en Urteil: „Es besteht kei­ne Pflicht zur Prü­fung der recht­zei­ti­gen Offen­le­gung, wenn der beauf­trag­te Steu­er­be­ra­ter gegen­über der GmbH die Ein­rei­chung bestä­tigt“ (LG Bonn, Beschluss vom 6.6.2013, 31 T 59/13).

Für die Pra­xis: Sie müs­sen das Ver­säum­nis des Steu­er­be­ra­ters bele­gen (Auf­trags­ver­ga­be, Bestä­ti­gung des Steu­er­be­ra­ters). Das LG Bonn ver­langt auch, dass Sie nach Erhalt der Andro­hungs­ver­fü­gung eine gestei­ger­te Sorg­falts­pflicht haben. Sie müs­sen eine Wiedervorlage­frist set­zen (beweis­bar). Z. B. als Vor­gang vor Ablauf der 6‑Wochenfrist. Sie müs­sen die Frist so wäh­len, dass Sie – wenn der beauf­trag­te Steu­er­be­ra­ter immer noch nicht tätig wur­de – selbst Maß­nah­men zur Erfül­lung der Offen­le­gungs­frist ergrei­fen kön­nen. Das soll­te min­des­tens 1 Woche vor Ablauf der 6‑Wochenfrist sein (Klei­ne GmbH: Ein­ga­be unter www.unternehmensregister.de > Hier ankli­cken) oder einen wei­te­ren Steu­er­be­ra­ter ein­schal­ten. Hat der Steu­er­be­ra­ter den Jah­res­ab­schluss noch nicht erstellt, soll­ten Sie auf jeden Fall einen Rechts­an­walt (Fach­an­walt für Gesell­schafts­recht) ein­schal­ten. 

GmbH-Besteuerung: Kippt der „Soli” doch noch?

Noch im August wird sich das FG Nie­der­sach­sen mit der Zuläs­sig­keit des Soli­da­ri­täts­zu­schlags befas­sen. Zwar hat­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die grund­sätz­li­che Zuläs­sig­keit fest­ge­stellt (BVerfG, Beschluss vom 8.9.2010, 2 BvL 3/10). Nicht geklärt wur­de aber, ob der Soli­da­ri­täts­zu­schlag als dau­er­haf­te Ergän­zungs­ab­ga­be erho­ben wer­den darf. Hier­zu wird das FG jetzt erneut ent­schei­den (Akten­zei­chen des Ver­fah­rens vor dem FG Nie­der­sach­sen: 7 K 143/08, das Ver­fah­ren ist ter­mi­niert auf den 21.8.2013).

Für die Pra­xis: Es gilt als wahr­schein­lich, dass das FG Nie­der­sach­sen das Ver­fah­ren wie­der dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zur abschlie­ßen­den Beur­tei­lung vor­ge­legt. Über den Aus­gang des Ver­fah­rens und den wei­te­ren Ver­lauf des Ver­fah­rens vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hal­ten wir Sie auf dem Laufenden.

GmbH-Recht: Gesellschafter muss bei Kapitalerhöhung einzahlen

Beschlie­ßen die Gesell­schaf­ter eine Kapi­tal­erhö­hung durch Erhö­hung eines GmbH-Anteils, muss der Gesell­schaf­ter min­des­tens 1/4 des Erhö­hungs­be­tra­ges zusätz­lich ein­zah­len und dies bele­gen (Ein­zah­lungs­nach­weis per Über­wei­sungs­be­leg). Das ergibt sich aus § 57 GmbH-Gesetz, wonach der Geschäfts­füh­rer ersi­chern muss, dass min­des­tens ein Vier­tel der Ein­la­ge zu sei­ner frei­en Ver­fü­gung steht bzw. auf ein Kon­to der GmbH ein­ge­zahlt ist (BGH, Urteil vom 11.6.2013, II ZB 25/12).

Für die Pra­xis: Als Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie den Ein­gang der Ein­la­ge bestä­ti­gen. Dazu geben Sie gegen­über dem Regis­ter­ge­richt die schrift­li­che Ver­si­che­rung ab, „dass die Ein­la­ge zur frei­en Ver­fü­gung der Geschäfts­füh­rung steht“. Ist das nicht der Fall, soll­ten Sie den Gesell­schaf­ter schrift­lich zur Ein­zah­lung der Ein­la­ge auf­for­dern und ggf. die Ein­zie­hung des GmbH-Anteils andro­hen (gemäß § 21 GmbH-Gesetz).

Arbeitsrecht: Leiharbeiter haben Anspruch auf Sonderzahlungen

Leih­ar­beit­neh­mer, die Sie über einen län­ge­ren Zeit­raum beschäf­ti­gen, haben Anspruch auf Urlaubs- und Weih­nachts­geld, wenn Sie die­se Son­der­zah­lun­gen Ihren fest ange­stell­ten Arbeit­neh­mern regel­mä­ßig zah­len. Das Urteil dürf­te ab sofort bun­des­weit von den Arbeits­ge­rich­ten ent­spre­chend ange­wandt wer­den (LAG Schles­wig Hol­stein, Urteil vom 21.5.2013, 2 Sa 398/12).

Für die Pra­xis: Umge­hen kön­nen Sie die­se Bestim­mung, wenn Sie eine sog. Stich­tags­re­ge­lung ver­wen­den. Danach hat nur der Arbeit­neh­mer Anspruch auf Son­der­zah­lun­gen, wenn er zu einem bestimm­ten Stich­tag in der GmbH beschäf­tigt ist (z. B. nach dem 31.3. des Fol­ge­jah­res). Wird der Leih­ar­beit­neh­mer dann nur bis zum 31.3. des Fol­ge­jah­res beschäf­tigt, hat er kei­nen Anspruch auf Sonderzahlungen.

Umgang mit Beratern: Steuerberater muss auf Insolvenzgefahr hinweisen

Erklärt der von Ihnen mit der Auf­stel­lung der Steu­er­bi­lanz beauf­trag­te Steu­er­be­ra­ter, dass eine insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung nicht vor­liegt, haf­tet er gegen­über der GmbH, wenn des­we­gen der Insol­venz­an­trag – also nach Ablauf der 3‑Wochenfrist gemäß § 64 Abs. 1 GmbH-Gesetz  – ver­spä­tet gestellt wird (BGH, Urteil vom 6.6.2013, IX ZR 204/12).

Für die Pra­xis: Wich­tig ist, dass Sie die Aus­sa­gen und Emp­feh­lun­gen des Steu­er­be­ra­ters nach­wei­sen kön­nen. Ver­las­sen Sie sich also grund­sätz­lich nicht auf münd­li­che Aus­künf­te. Fer­ti­gen Sie zumin­dest eine Bestä­ti­gungs-E-Mail. Inhalt: „Ich bestä­ti­ge Ihren Hin­weis aus dem Tele­fo­nat vom <Datum, Uhr­zeit>, dass die X‑GmbH insol­venz­recht­lich nicht über­schul­det ist“. Bes­ser: Sie ver­lan­gen eine schrift­li­che Notiz. Bestehen Zwei­fel, las­sen Sie eine Über­schul­dungs­bi­lanz erstellen.

 Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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