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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 24/2014

The­men heu­te:  Betriebs­prü­fung: Was macht die neue Son­der­ein­heit für Steu­er­fahn­dung?  + Geschäfts­füh­rer: So opti­mie­ren Sie Ihren D & O‑Versicherungsschutz + BGH-aktu­ell: Rück­tritts­recht wird für Unter­neh­men noch schwie­ri­ger + Neue BMF-Vor­schrif­ten: „Lohn­zu­fluss” beim Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer+ GmbH-Unter­neh­mens­grup­pe: Die neu­en Regeln zur Ver­lust­ver­rech­nung + Mit­ar­bei­ter: So ver­zich­tet der gekün­dig­te Arbeit­neh­mer schnel­ler auf eine Kla­ge + Büro­kra­tie­kos­ten: BGH ermög­licht nied­ri­ge­re Notar­kos­ten + Beschluss-Anfech­tung: Gesell­schaf­ter muss Vor­schuss sofort zah­len + GmbH-Bilanz: Geschäfts­füh­rer-Pen­si­ons­al­ter hat Bestand + BISS

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Nr. 24/2014

Frei­burg, 13.6.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

in Baden-Würt­tem­berg gibt es ab sofort eine Son­der­ein­heit für Steu­er­fahn­dung. Schwer­punkt ist die Über­wa­chung des Inter­net­han­dels. Zusätz­li­che IT-Exper­ten wer­den Inter­net-Sei­ten prü­fen, so z. B. auch die Ebay-Akti­vi­tä­ten, mit denen Fir­men zusätz­li­che Umsät­ze erzie­len. Neu ist auch, dass die­se Son­der­grup­pe ihre Erkennt­nis­se aus IT- und Inter­net-Aus­wer­tun­gen allen Län­der­fi­nanz­be­hör­den zur Ver­fü­gung stel­len wird. Damit sind jetzt nach ande­ren Bun­des­län­dern auch in BW die Vor­aus­set­zun­gen für ein bun­des­weit ein­heit­li­ches Vor­ge­hen in Sachen Steu­er­fahn­dung geschaffen.

Für die meis­ten Unter­neh­men wird sich in Sachen „Prü­fungs­in­ten­si­tät” kaum etwas ändern. Ein­schnei­den­der sind die im stil­len erlas­se­nen Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten, mit denen die Finanz­be­hör­den teils ohne tat­säch­li­che recht­li­che Grund­la­ge eigen­stän­dig und unkon­trol­liert Steu­er­ge­set­ze nach ihrem Gut­dün­ken aus­le­gen und umset­zen (z. B. „Zufluss von Arbeits­lohn beim Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer” oder die immer unüber­sicht­li­chen und restrik­ti­ven Vor­ga­ben zur Ver­lust­ver­rech­nung bei GmbH-Anteils­über­tra­gun­gen, vgl. dazu hier wei­ter unten). Für GmbHs ist damit eine Steu­er­ab­wick­lung ohne Bera­ter, wei­ter stei­gen­de Bera­ter­kos­ten und zuneh­men­des Pro­zess­ri­si­ko kaum noch möglich.

Geschäftsführer: So optimieren Sie Ihren D & O‑Versicherungsschutz

Immer mehr Fremd-Geschäfts­füh­rer und Geschäfts­füh­rer von Toch­ter­ge­sell­schaf­ten in Kon­zer­nen schlie­ßen auch in Euro­pa und in Deutsch­land eine sog. Ver­mö­gens­scha­den-Ver­si­che­rung (kurz: D & O – Poli­ce) ab. Damit sichern Sie sich gegen Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen ihres Arbeit­ge­bers „GmbH” ab. Nach­teil: Nach aktu­el­len Unter­su­chun­gen zah­len die Ver­si­che­run­gen nur in jedem 4. Scha­dens­fall (vgl. Nr. 8/2012). Pro­blem: Im Ver­si­che­rungs­ver­trag gibt es vie­le Aus­schlüs­se. Jetzt hat der Ver­trags-Exper­te Mat­thi­as Weiß (Kanz­lei REEG Mann­heim, Quel­le: GmbHR 2014, S. 574 ff.) zahl­rei­che Ver­trä­ge geprüft und Schwach­stel­len aus­ge­macht, auf die Sie als Geschäfts­füh­rer beim Ver­trags­ab­schluss beson­ders ach­ten müs­sen. Hier die wich­tigs­ten Hin­wei­se dazu:

  • Kein Ver­si­che­rungs­schutz besteht in der Regel, wenn ein Scha­den vor­sätz­lich ver­ur­sacht wur­de oder wenn der Scha­den auf einer stra­te­gi­schen Fehl­ent­schei­dung beruht.
  • Der ver­si­cher­te Geschäfts­füh­rer soll­te Wert dar­auf legen, dass er eine Kopie des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges von sei­ner GmbH aus­ge­hän­digt bekommt.
  • Ver­ein­ba­ren Sie eine sog. Nach­mel­de­frist (hier: 3 bis 5 Jah­re). Nur damit ist sicher­ge­stellt, dass auch nach Ablauf der Ver­si­che­rungs­pe­ri­ode der Ver­si­che­rungs­schutz für die Ver­gan­gen­heit wei­ter bestehen bleibt. Das ist wich­tig, weil vie­le Scha­dens­fäl­le erst nach dem Aus­schei­den des Geschäfts­füh­rers bekannt wer­den und erst spä­ter geahn­det werden.

ACHTUNG: Beach­ten Sie aber auch die Vor­ga­ben zur Anzei­ge­pflicht des Gesell­schaf­ter­wech­sels. Ist im Klein­ge­druck­ten ver­ein­bart, dass die GmbH – sprich: Sie als deren Geschäfts­füh­rer – den Wech­sel der Gesell­schaf­ter der Ver­si­che­rung mel­den muss, geht der Ver­si­che­rungs­schutz ver­lo­ren, wenn Sie das unter­las­sen (vgl. Nr. 4/2013).

Geschäfts­füh­rer ohne eige­ne Betei­li­gung an der GmbH sind gut bera­ten, wenn Sie beim Abschluss des Anstel­lungs­ver­tra­ges eine D & O – Ver­si­che­rung durch­set­zen kön­nen. Wir raten dann dazu, die oben genann­ten Kri­te­ri­en genau ein­zu­hal­ten. Beson­ders wich­tig: Legen Sie Wert dar­auf, dass Sie eine Kopie der Ver­si­che­rungs-Poli­ce erhal­ten. Las­sen Sie den Ver­trag von Ihrem Anwalt prü­fen und sich auf Schwach­stel­len hinweisen.

BGH-aktuell: Rücktrittsrecht wird für Unternehmen noch schwieriger

Der BGH hat Kri­te­ri­en dafür auf­ge­stellt, wann der Kun­de ein Pro­dukt wegen Sach­man­gel zurück­zu­ge­ben kann (Urteil vom 28.5.2014, VIII ZR 94/13). Es gilt: Der Kun­de ist zur Rück­ga­be berech­tigt, wenn die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten mehr als 5 % (bis­her: 10 %) des Kauf­prei­ses betra­gen. Bei­spiel: Der Kun­de hat einen Neu­wa­gen erwor­ben. Kau­preis: 29.953 EUR. Es stell­te sich her­aus, dass die Ein­park­hil­fe falsch ein­ge­baut war und feh­ler­haft funk­tio­niert. Der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand betrug laut Gut­ach­ten 1.958 EUR. Das Urteil: 5 % Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten genü­gen für den Rücktritt.

Die­se stren­gen Vor­ga­ben kön­nen Sie auch nicht durch abwei­chen­de Ver­ein­ba­run­gen in Ihren All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) umge­hen. Wich­tig für Online-Ver­käu­fer: Beach­ten Sie die neu­en Rege­lun­gen zum Fern­ab­satz­ge­setz, die ab 13.6.2014 ver­bind­lich gel­ten (Wider­rufs­frist, Wider­rufs­be­leh­rung, ein­heit­li­ches Wider­rufs­for­mu­lar, Weg­fall der 40-EUR-Klau­sel, Ände­run­gen beim Rückgaberecht).

Neue Vorschriften: „Zufluss” beim Gesellschafter-Geschäftsführer

Nach eini­gen Urtei­len der Finanz­ge­rich­te (vgl. Nr 13/2014) zum Zufluss von Gehalt an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer hat das BMF klar­ge­stellt, wie Gehalts­an­sprü­che, die laut Ver­trag bestehen, aber nicht aus­ge­zahlt wer­den (Gehalts­ver­zicht), steu­er­lich behan­delt wer­den (BMF-Schrei­ben vom 12.5.2014, IV C 2 – S 2743/12/10001). Beach­ten Sie dazu:

  • Laut BFH (Akten­zei­chen: VI R 24/12) fließt dem beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer eine ein­deu­ti­ge und unbe­strit­te­ne For­de­rung gegen sei­ne GmbH mit deren Fäl­lig­keit zu. Ob sich der Vor­gang in der Bilanz der GmbH gewinn­min­dernd aus­wirkt (etwa durch Bil­dung einer Ver­bind­lich­keit) ist für die Zufluss­fik­ti­on nicht erheblich.
  • Für den Zufluss beim Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer durch eine ver­deck­te Ein­la­ge in die GmbH kommt es dar­auf an, ob der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer vor oder nach ent­ste­hen sei­nes Anspruchs dar­auf ver­zich­tet. Maß­geb­lich ist, inwie­weit ein Pas­siv­pos­ten in die Bilanz der GmbH ein­ge­stellt wer­den muss – und zwar zum Zeit­punkt des Ver­zichts. Auf die tat­säch­li­che Buchung in der Bilanz kommt es für die Fra­ge des Zuflus­ses nicht an.
Der BMF-Erlass behan­delt aus­drück­lich den Gehalts­ver­zicht (Fest­ge­halt, Tan­tie­me, Son­der­zah­lun­gen) des beherr­schen­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers. Die GmbH muss für alle unter­las­se­nen Zah­lun­gen an den Gesell­schaf­ter-Geschäft­füh­rer, auf die die­ser einen Rechts­an­spruch hat, Lohn­steu­er abfüh­ren. Ent­schei­dend für die Lohn­steu­er ist die „Fäl­lig­keit”. Steht z. B. im Ver­trag, dass der Anspruch auf Tan­tie­me erst mit Ablauf des Geschäfts­jah­res ent­steht, kann der Geschäfts­füh­rer noch im Lau­fe des Geschäfts­jah­res dar­auf verzichten.

GmbH-Gruppe: Die neuen Regeln zur Verlustverrechnung

Das BMF hat jetzt einen Vor­schlag zur Neu­re­ge­lung der Ver­lust­ver­rech­nung nach dem Ver­kauf und der Über­tra­gung von GmbH-Antei­len vor­ge­legt (§ 8c KStG) (vgl. Nr. 18/2014). Jetzt lie­gen die ers­ten Exper­ten-Aus­sa­gen zu dem neu­en Ent­wurf vor. Über­ein­stim­men­der Tenor: „Die Finanz­ver­wal­tung ver­sucht in dem Ent­wurf alle aus­ste­hen­den Fra­gen zu ihren Guns­ten zu lösen”. Und: „Es fin­det eine Ver­lust­ver­nich­tungs-Maxi­mie­rung statt”. Haupt-Kri­tik­punk­te sind die Kon­zern­klau­sel und die Rege­lung für die Über­tra­gung mit Stil­len Reser­ven.

In Zukunft wird bei Umstruk­tu­rie­run­gen in Kon­zer­nen und im Unter­neh­mens­ver­bund zu prü­fen sein, wie bestehen­de Ver­lust­vor­trä­ge über­haupt noch geret­tet wer­den kön­nen. Das wird für die Unter­neh­men zusätz­li­che Bera­ter­kos­ten ver­ur­sa­chen (BMF-Schrei­ben IV C 2 – S 2745‑a/09/10002).

Ange­sichts der zahl­rei­chen Kri­tik an dem vom Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um vor­ge­leg­ten Ent­wurf dürf­te rea­lis­ti­scher­wei­se aller­dings doch nicht mehr davon aus­zu­ge­hen sein, dass es zu einer Neu­re­ge­lung noch in 2014 kom­men wird. Alle Exper­ten und auch wir gehen unter­des­sen davon aus, dass es in der Gro­ßen Koali­ti­on nicht uner­heb­li­chen Wider­stand gegen die neu­en BMF-Vor­schrif­ten geben wird.

Mitarbeiter: So verzichtet der gekündigte Arbeitnehmer leichter auf eine Klage

Müss­ten Sie dem Arbeit­neh­mer ein eher beschei­de­nes Arbeits­zeug­nis aus­stel­len, gibt es jetzt Spiel­raum. Stel­len Sie trotz­dem ein „gut” aus und ver­zich­tet der Arbeit­neh­mer auf die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge, ist dage­gen nichts ein­zu­wen­den (LAG Nie­der­sach­sen, Urteil vom 27.3.2014, 5 Sa 1099/13).

Grund­sätz­lich ist der Ver­zicht auf die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge gegen Kom­pen­sa­ti­on zuläs­sig. Neu ist jetzt, dass der aus­ge­han­del­te Deal um das Arbeits­zeug­nis einer sol­chen adäqua­ten Kom­pen­sa­ti­on ent­spricht. Die nach­träg­li­che Kla­ge des Arbeit­neh­mers auf Kün­di­gungs­schutz und damit auf Nach­prü­fung der Kom­pen­sa­ti­on hat­te kei­nen Erfolg. Wich­tig: Las­sen Sie eine sol­che Kom­pen­sa­ti­ons­ver­ein­ba­rung trotz­dem von einem ver­sier­ten Arbeits­recht­ler prüfen.

Bürokratie: So sparen Sie bei den Notarkosten

Nach der GmbH-Reform (2008) haben eini­ge Regis­ter­ge­rich­te Pro­ble­me mit aus­län­di­schen Beur­kun­dun­gen gemacht. Jetzt hat der BGH ent­schie­den: Beur­kun­dun­gen in der Schweiz (Basel) müs­sen von den Regis­ter­ge­rich­ten akzep­tiert wer­den (BGH, Urteil vom 17.12.2013, II ZB 6/13).

Damit kön­nen Gesell­schaf­ter bei der Über­tra­gung von GmbH-Antei­len spa­ren. Schwei­zer Nota­re ver­lan­gen erheb­lich gerin­ge­re Gebüh­ren, je nach Kauf­preis las­sen sich bis zu fünf­stel­li­ge Beträ­ge ein­spa­ren. Vor­teil: Nach dem BGH-Urteil besteht wie­der Rechts­si­cher­heit. Die Regis­ter­ge­rich­te müs­sen die Beur­kun­dung aus der Schweiz umsetzen.

Beschluss-Anfechtung: Gesellschafter muss Vorschuss sofort zahlen

Wenn ein Gesell­schaf­ter einen Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung vor Gericht anfech­ten will, muss er recht­zei­tig den Gerichts­kos­ten­vor­schuss zah­len. Zahlt er erst 6. Wochen nach Zustel­lung der gericht­li­chen Kos­ten­rech­nung, ver­fällt die ein­mo­na­ti­ge Anfech­tungs­frist für Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se (OLG Cel­le, Urteil vom 4.9.2013, 9 U 123/12).

Es genügt nicht, wenn Sie als Gesell­schaf­ter (-Geschäfts­füh­rer) die Post vom Gericht nur „zur Kennt­nis” neh­men. Prü­fen Sie den über­mit­tel­ten Inhalt und ver­mer­ken Sie die dort genann­te Frist in Ihrem Terminkalender.

GmbH-Bilanz: Geschäftsführer-Pensionsalter hat Bestand

Das ver­ein­bar­te Pen­si­ons­al­ter des GF hoch­zu­rech­nen (von 65 auf 67), ist geschei­tert (vgl. Nr. 40/2013). Zuletzt hat­te das FG Hes­sen (Az.: 4 K 3070/11) die­se Pra­xis als unzu­läs­sig zurück gewie­sen. Jetzt haben die Finanz­be­hör­den die Revi­si­on in einem wei­te­ren BFH-Ver­fah­ren (Az.: I R 50/13) end­gül­tig zurückgezogen.

Der Bund der Steu­er­zah­ler rät: GmbHs, denen das Finanz­amt das Pen­si­ons­al­ter für den Geschäfts­füh­rer hoch­rech­nen will, soll­ten unter Hin­weis auf das Ver­fah­ren Ein­spruch gegen den Steu­er­be­scheid einlegen.

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Her­aus­ge­ber Volkelt-Briefe

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