Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 22/2012

The­men heu­te: Wird die Erhö­hung der Umsatzst­steu­er schon hoch­ge­rerch­net – Was plant das BMF im Hin­ter­grund? + Gemein­nüt­zi­ge GmbH: Dum­me Feh­ler kos­ten den Steu­er­vor­teil – in die­sen Fäl­len müs­sen Sie auf­pas­sen + Pflicht­ver­öf­fent­li­chung: Was tun, wenn das Ord­nungs­geld­ver­fah­ren anläuft? + Inter­net: Inha­ber des Anschlus­ses haf­tet nicht immer für Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen + Unter­neh­mens­ver­bund: AG-Vor­stand daf sich selbt zum Geschäfts­füh­rer der Toch­ter-GmbH machen + Zeit­wert­kon­to für Geschäfts­füh­rer: Zwei­tes Urteil pro Geschäfts­füh­rer + BISS

 

22. KW 2012, Frei­tag, 1.6.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

gleich eine gan­ze Rei­he der Euro-Staa­ten haben in den letz­ten Jah­ren ihre Mehr­wert­steu­er­sät­ze erhöht. Zum Teil sogar dras­tisch. Auch das ist eine Fol­ge der Finanz- und Schul­den­kri­se. Bei­spie­le: Spit­zen­rei­ter ist Ungarn mit einem Mehr­wert­steu­er-Höchst­satz von 27 %, gefolgt von den skan­di­na­vi­schen Län­dern Däne­mark und Schwe­den mit 25 %. Im Klar­text heißt das für die­se Län­der: Jeder vier­te Euro des Umsat­zes geht direkt an den Staat. Nur Luxem­burg ver­bleibt der­zeit noch im ange­mes­se­nen Bereich – mit 15 %.

Im euro­pa­wei­ten Ver­gleich lie­gen wir mit dem 19 % – Steu­er­satz unter­des­sen unter Durch­schnitt. Was liegt also für die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen näher, auch hier über die­ses Finan­zie­rungs­in­stru­ment neu nach­zu­den­ken. Etwa wenn nächs­tes Jahr Wahl­ge­schen­ke gegen­fi­nan­ziert wer­den müs­sen (Betreu­ungs­geld, kal­te Pro­gres­si­on). Sol­che Plä­ne dürf­ten noch schnel­ler auf die Tages­ord­nung kom­men, wenn abseh­bar ist, dass die Kon­junk­tur­ent­wick­lung stockt und dass die Steu­er­schät­zung nicht mehr zu hal­ten ist und Deutsch­land die Defi­zit­kri­te­ri­en nicht ein­hält.

Für die Pra­xis: Die letz­te Erhö­hung der Mehr­wert­steu­er in Deutsch­land datiert unter­des­sen schon vom 1.1.2007, liegt also zum Jah­res­en­de 2013 nach der BT-Wahl bereits 7 Jah­re zurück. Damals konn­ten sich die Kri­ti­ker, die eine nega­ti­ve Kon­junk­tur­wir­kung dia­gnos­ti­zier­ten, nicht behaup­ten. Es steht also zu befürch­ten, dass es par­tei­über­grei­fend nicht zu einer grö­ße­ren Dis­kus­si­on kom­men dürf­te, wenn die Mehr­wert­steu­er nach den Wah­len um 2 Pro­zent­punk­te her­aus­ge­setzt wird.

Gemeinnützige GmbH: Verdeckte Gewinnausschüttung gefährdet Steuervorteil

Ist die Tätig­keit vom Finanz­amt als „gemein­nüt­zig“ aner­kannt, ist die GmbH steu­er­be­güns­tigt (§ 51 ff. AO). Bei­spie­le: Sozi­al­ein­rich­tun­gen, pri­va­te Hoch­schu­len, Kli­ni­ken usw. Wich­tig ist dabei, dass die gan­ze Tätig­keit der GmbH auf den gemein­nüt­zi­gen Zweck aus­ge­rich­tet ist. Es muss sicher­ge­stellt sein, dass kein Ver­mö­gen und kei­ne Gewin­ne an die Gesell­schaf­ter der GmbH aus­ge­schüt­tet werden.

Zustän­dig für die Ein­hal­tung die­ser Grund­sät­ze ist in der Regel der kauf­män­nisch ver­ant­wort­li­che Geschäfts­füh­rer. Kommt es aber den­noch zu ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tun­gen, müs­sen Sie auf­pas­sen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn einer der Gesell­schaf­ter (z. B. die Kom­mu­ne) von der gemein­nüt­zi­gen GmbH dau­er­haft eine zu hohe Pacht oder Mie­te ver­langt oder wenn die Gesell­schaf­ter Leis­tun­gen von der GmbH zu deut­lich gerin­ge­ren als zu Markt­prei­sen bezie­hen (z. B. Dienst­leis­tun­gen von Mit­ar­bei­tern). Stellt das Finanz­amt auf­grund der Rechts­la­ge fest, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung vor­liegt, kann das dazu füh­ren, dass die Gemein­nüt­zig­keit ver­lo­ren geht – und damit die Steu­er­be­güns­ti­gung futsch ist.

Die Rechts­la­ge: Dazu gibt es inzwi­schen eini­ge Urtei­le von Finanz­ge­rich­ten. So hat z. B. der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) für einen sol­chen Fall ganz klar entschieden:

  1. Ist die GmbH inner­halb eines Besteue­rungs­zeit­raums auch nicht gemein­nüt­zig tätig, führt das dazu, dass die Gemein­nüt­zig­keit für die­sen einen Besteue­rungs­zeit­raum ver­lo­ren geht.
  2. Schüt­tet die GmbH aber Tei­le des Gewin­nes regel­mä­ßig ver­deckt an ihre Gesell­schaf­ter aus, liegt ein schwer­wie­gen­der Ver­stoß vor, der die gene­rel­le Aberken­nung der Gemein­nüt­zig­keit zur Fol­ge hat. Damit wür­de die GmbH ins­ge­samt bis zur steu­er­li­chen Ver­jäh­rungs­gren­ze nach­träg­lich voll steuerpflichtig.

Ach­tung: Im Fall vor dem BFH ging es um eine pri­va­te Hoch­schu­le. Das Finanz­amt monier­te die unver­hält­nis­mä­ßig hohen Gehäl­ter, die die bei­den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sich von ihrer GmbH aus­zah­len ließ und eine Abfin­dungs­zah­lung im Zusam­men­hang mit einer Anteils­über­tra­gung. Dazu unter­stell­te das FA eine jah­re­lan­ge, sys­te­ma­ti­sche ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (BFH, Beschluss vom 12.10.2010, I R 59/09).

Für die Pra­xis: Begrün­den Sie neben Ihrer GmbH eine gemein­nüt­zi­ge GmbH (z. B. als Beschäf­ti­gungs­ge­sell­schaft für Jugend­li­che) soll­ten Sie unbe­dingt dar­auf ach­ten, dass die Ver­trags­ge­stal­tun­gen zwi­schen der gGmbH und Ihrer GmbH bzw. zwi­schen Ihnen als Pri­vat­per­son und Gesell­schaf­ter der gGmbH wie mit Drit­ten üblich abge­schlos­sen wer­den. Doku­men­tie­ren Sie die Ver­trags­be­din­gun­gen immer schrift­lich, klar und ein­deu­tig und von vor­ne­her­ein – also so, wie es not­wen­dig ist, damit die Finanz­be­hör­den die Leis­tungs­be­zie­hun­gen zwi­schen den Gesell­schaf­tern und der gGMbH nicht als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung unter­stel­len kön­nen.

Pflichtveröffentlichung: Was tun, wenn das Ordnungsgeldverfahren läuft? 

Noch immer ver­öf­fent­li­chen nicht alle GmbHs den Jah­res­ab­schluss recht­zei­tig im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter. Etwa weil der Jah­res­ab­schluss nicht inner­halb der Frist fer­tig gestellt wird oder es zu ande­ren Pro­ble­men kommt (z. B. Wech­sel des Steu­er­be­ra­ters, unvoll­stän­di­ge Unter­la­gen). Als Geschäfts­füh­rer einer GmbH, gegen die ein Ord­nungs­geld­ver­fah­ren eröff­net wur­de, gehen Sie am bes­ten so vor:

  1. Ein ein­ge­lei­te­tes Ord­nungs­geld­ver­fah­ren erle­digt sich, wenn die erfor­der­li­chen Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen inner­halb der in der Andro­hungs­ver­fü­gung gesetz­ten Nach­frist von sechs Wochen offen gelegt und die Ver­fah­rens­kos­ten (53,50 EUR inkl. Zustel­lungs­ge­büh­ren) bezahlt werden.
  2. Die Nach­frist ist nicht ver­län­ger­bar und wird aus­schließ­lich durch die Ein­rei­chung der Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen beim Betrei­ber des Bun­des­an­zei­gers, der Bun­des­an­zei­ger Ver­lags­ge­sell­schaft mbH, Köln, gewahrt. Eine Ein­rei­chung beim Bun­des­amt für Jus­tiz ist nicht mög­lich und hat kei­ne befrei­en­de Wirkung.
  3. Über die Ein­rei­chung beim Bun­des­an­zei­ger wird das Bun­des­amt für Jus­tiz auto­ma­tisch infor­miert. Eine zusätz­li­che Mit­tei­lung an das Bun­des­amt für Jus­tiz ist daher nicht erforderlich.
  4. Die Ver­fah­rens­kos­ten ent­fal­len nicht, wenn die Offen­le­gungs­pflicht inner­halb der gesetz­ten Nach­frist nach­ge­kom­men wird. Wer­den nicht alle erfor­der­li­chen Unter­la­gen nach­ge­reicht, wird das Ord­nungs­geld­ver­fah­ren fortgesetzt.

Inhaber des Internetanschlusses haftet nicht immer für Urheberrechtsverletzungen

Kann der Inha­ber eines Inter­net-Anschlus­ses glaub­haft dar­le­gen, dass nicht nur er son­dern auch ande­re Per­so­nen Zugang zu die­sem Anschluss haben (Ehe­part­ner, Kin­der), haf­tet nicht auto­ma­tisch er selbst für die Ver­let­zung von Urhe­ber­rech­ten (z. B. wegen Wei­ter­ver­kauf von Com­pu­ter­spie­len). Eine Haf­tung kommt höchs­tens dann in Fra­ge, wenn der Inha­ber des Anschlus­ses Kennt­nis davon hat, dass von sei­nem Anschluss aus Urhe­ber­rechts­ver­stö­ße began­gen wer­den (OLG Köln, Beschluss vom 16.5.2012, 6 U 239/11).

Für die Pra­xis: Das Land­ge­richt hat­te in ers­ter Instanz den Inha­ber des Inter­net-Anschlus­ses in die Haf­tung genom­men. Das Ober­lan­des­ge­richt lehn­te eine Haf­tung aber ab. Lässt es aber zu, dass der Bun­des­ge­richts­hof die­se Fra­ge in letz­ter Instanz klä­ren wird. Im Urteils­fall ging es um den Ver­kauf eines Com­pu­ter­spiels, für das der Anbie­ter kei­ne Urhe­ber­recht inne­hat­te. Anders dürf­te der Fall lie­gen, wenn kos­ten­pflich­ti­ge Down­loads erwor­ben wer­den. Hier bleibt es bei einer (Mit-) Haf­tung des Inha­bers des Internet-Anschlusses.

AG-Vorstand darf sich selbst zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft bestellen

Laut OLG Mün­chen ist es zuläs­sig und wider­spricht auch nicht der Vor­ga­be aus § 112 Akti­en­ge­setz, wenn sich ein Vor­stand einer Akti­en­ge­sell­schaft in Ver­tre­tung für die AG als allei­ni­ge Gesell­schaf­te­rin der Toch­ter-GmbH zu deren Geschäfts­füh­rer bestellt. Dazu benö­tigt er kei­ne aus­drück­li­che Zustim­mung der Aktio­närs­ver­samm­lung und auch nicht einen Beschluss des Auf­sichts­ra­tes (OLG Mün­chen, Beschluss vom 8.5.2012, Wx 69/12).

Für die Pra­xis: Laut § 112 AktG ver­tritt der Auf­sichts­rat die AG gegen­über dem Vor­stand. Das betrifft aber nicht die Bestel­lung eines Vor­stan­des zum Geschäfts­füh­rer einer Toch­ter­ge­sell­schaft. Der Vor­stand ist ver­tre­tungs­be­rech­tig­tes Organ des Gesell­schaf­ters „AG“.

Zeitwertkonto-Modell für Geschäftsführer doch möglich

Nach dem Urteil des FG Düs­sel­dorf (vgl. Nr. 19/2012) hat nun auch das FG Hes­sen klar­ge­stellt, dass Zufüh­run­gen zu einem Zeit­wert­kon­to des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers erst bei Zufluss als Arbeits­lohn ver­steu­ert wer­den müs­sen (FG Hes­sen, Urteil vom 19.1.2012, 1 K 250/11).

Für die Pra­xis: Gegen das Urteil wur­de vom FA Revi­si­on vor dem BFH ein­ge­legt (Az.: VI R 25/12). Beach­ten Sie dazu unse­re Hin­wei­se aus dem Vol­kelt-Brief 19/2012. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS … die Wirt­schafts-Sati­re … > https://www.gmbh-gf.de/biss/Facebook  

Schreibe einen Kommentar