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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 06/2013

The­men heu­te: Geschäfts­füh­rer von Toch­ter-GmbHs müs­sen Jah­res­ab­schluss-Ver­öf­fent­li­chung prü­fen + Steu­er­erklä­run­gen: Geschäfts­füh­rer darf auf kei­nen Fall blind unter­schrei­ben + Vor­sicht mit der KSV: Ren­ten­ver­si­che­rung will ab 2014 lücken­los prü­fen + CDU-Offen­si­ve: Lohn­un­ter­gren­zen schaf­fen voll­ende­te Tat­sa­chen + Vor­sicht: Leih­ar­bei­ter zäh­len mit beim Kün­di­gungs­schutz + Ein­kom­men­steu­er: Pri­va­te Tele­fon­kos­ten auf Dienst­rei­sen sind Wer­bungs­kos­ten + Haf­tung: Kei­ne Steu­er­be­ra­ter-Haf­tung bei unter­las­se­ner Risi­ko­war­nung + BISS .… 

 

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

ver­mehr­te Anfra­ge der Kol­le­gen, die die Geschäf­te einer Toch­ter­ge­sell­schaft oder einer GmbH im Unter­neh­mens­ver­bund füh­ren: „Muss ich den Jah­res­ab­schluss selbst ver­öf­fent­li­chen oder ist das Sache der Zen­tra­le?“. Die Rechts­la­ge: Toch­ter­un­ter­neh­men in der Rechts­form einer GmbH brau­chen ihre Jah­res­ab­schluss­un­ter­la­gen nur dann nicht zu ver­öf­fent­li­chen, wenn das Mut­ter­un­ter­neh­men zur Auf­stel­lung eines Kon­zern­ab­schlus­ses (§ 290 HGB) ver­pflich­tet ist. Das ist der Fall, wenn

  1. dazu die Zustim­mung aller Gesell­schaf­ter des Toch­ter­un­ter­neh­mens (Befrei­ungs­be­schluss) vor­liegt und der Befrei­ungs­be­schluss im Bun­des­an­zei­ger ange­zeigt ist,
  2. wenn das Mut­ter­un­ter­neh­mens im Bun­des­an­zei­ger bekannt macht, dass die Befrei­ung für die Toch­ter-GmbH in Anspruch genom­men wird,
  3. wenn die Toch­ter-GmbH in den Kon­zern­ab­schluss der Mut­ter ein­be­zo­gen wird und die­ser Abschluss im Bun­des­an­zei­ger ver­öf­fent­licht wird.
  4. wenn auf die Befrei­ung des Toch­ter­un­ter­neh­mens im Anhang des ver­öf­fent­lich­ten Kon­zern­ab­schlus­ses der Mut­ter­ge­sell­schaft ver­wie­sen wird und
  5. sofern eine gesetz­li­che Ver­pflich­tung des Mut­ter­un­ter­neh­mens zur Ver­lust­über­nah­me oder die frei­wil­li­ge Ver­pflich­tung zur Ver­lust­über­nah­me besteht. Die frei­wil­li­ge Ver­lust­über­nah­me­ver­pflich­tung ist im Bun­des­an­zei­ger zu veröffentlichen.

Nur wenn alle genann­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind, ist die GmbH von der eige­nen Pflicht­ver­öf­fent­li­chung des Jah­res­ab­schlus­ses befreit.

Steuererklärungen: Geschäftsführer darf auf keinen Fall blind unterschreiben

In den nächs­ten Wochen ist für vie­le GmbH-Geschäfts­füh­rer wie­der Schreib­tisch­ar­beit ange­sagt – der Steu­er­be­ra­ter wird Ihnen die Steu­er­klä­run­gen für das abge­lau­fe­ne Geschäfts­jahr zur Unter­schrift vor­le­gen. Vie­le ver­las­sen sich „blind“ auf ihren Steu­er­be­ra­ter. Das ist zwar ver­ständ­lich, kann aber in der Pra­xis unan­ge­neh­me Spät­fol­gen haben. Als Geschäfts­füh­rer der GmbH sind Sie schluss­end­lich ver­ant­wort­lich dafür, dass der abge­ge­be­ne Inhalt der Steu­er­erklä­run­gen kor­rekt ist. Das sehen auch die Gerich­te so. Laut Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) muss der Geschäfts­füh­rer „die vom Steu­er­be­ra­ter erstell­ten Steu­er­erklä­run­gen auf Rich­tig­keit prü­fen“. Unter­lässt er das, muss er Steu­er­rück­stän­de einer zwi­schen­zeit­lich liqui­dier­ten GmbH aus der eige­nen Tasche zah­len (Urteil vom 28.8.2008, VII B 240/07). Im Fall hat­te der Geschäfts­füh­rer über­se­hen, dass ein Betrag (250.000 €) als umsatz­steu­er­freie Aus­fuhr­lie­fe­run­gen auf­ge­führt war. Dem Geschäfts­füh­rer – so das Gericht – hät­te das auf­fal­len müssen.

Für die Pra­xis: Der oben beschrie­be­ne Fall ist sicher­lich eine Aus­nah­me. Für die Pra­xis emp­fiehlt es sich den­noch, die Steuer­erklärungen nicht „blind“ zu unter­schrei­ben, son­dern zumin­dest immer eine Voll­stän­dig­keits­prü­fung (KSt-Erklä­rung, Anla­ge A – Nicht abzieh­ba­re Auf­wen­dun­gen – , Anla­ge WA – wei­te­re Anga­ben – , Erklä­rung zur geson­der­ten Fest­stel­lung, Gewer­be­steu­er­erklä­rung, Umsatz­steu­er­erklä­rung) und eine Plau­si­bi­li­täts­prü­fung der aus­ge­wie­se­nen Beträ­ge vorzunehmen.

Vorsicht mit der KSV: Rentenversicherung will ab 2014 lückenlos prüfen

Die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung (DR) plant, die Bei­trags­zah­lung zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­che­rung ab 2014 lücken­los zu prü­fen. Fol­ge: Feh­ler bei KSV-pflich­ti­gen Leis­tun­gen wer­den sys­te­ma­tisch auf­ge­deckt. D. h. alle 4 Jah­re wird eine Bei­trags­nach­zah­lung in Höhe von 3,9 % bzw. ab 2013 in Höhe von 4,1 % des Umsatz­vo­lu­mens fäl­lig. Bei­spiel: Sie beauf­tra­gen eine Wer­be­agen­tur mit der Erstel­lung von Pro­spek­ten. Außer­dem wird die Home­page aktua­li­siert. Die­se Leis­tun­gen sind bei­trags­pflich­tig und kön­nen schnell eini­ge Zehn­tau­send EUR kosten.

Die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die­se Dau­er­prü­fung hat die Bun­des­re­gie­rung letz­te Woche auf den Weg gebracht. Die DR wird ab 2014 lücken­los prü­fen, und zwar rück­wir­kend bis zu 4 Jah­ren. Gehen Sie davon aus, dass es bei vie­len Ein­zel- und Son­der­sach­ver­hal­ten zu kon­trä­ren Mei­nun­gen mit dem Prü­fer kommt. Vie­les lässt sich erst im gericht­li­chen Ver­fah­ren klä­ren. Das ist auf­wen­dig, kos­tet Geld und braucht gute Nerven.

Für die Pra­xis: Infor­mie­ren Sie sich dar­über, wel­che Leis­tun­gen bei­trags­pflich­tig sind. Bei­spie­le gibt es auf der Home­page der KSV unter www.kuenstlersozialkasse.de > Down­load­be­reich für Unter­neh­men und Ver­wer­ter. Prü­fen Sie, wel­che Leis­tun­gen Sie ggf. im eige­nen Haus ohne KSV-Bei­trag erstel­len kön­nen, z. B. For­mu­lie­rung von Wer­be­tex­ten, eige­ne Fotos durch Mit­ar­bei­ter erstel­len. Bei­trags­pflich­ti­ge Leis­tun­gen müs­sen Sie jeweils zum 31. März an die KSV mel­den (Vor­dru­cke > sie­he oben im Down­load­be­reich), even­tu­ell sind Vor­aus­zah­lun­gen zu leis­ten. Wir raten davon ab, das The­ma zu „igno­rie­ren“ und auf sich zukom­men zu las­sen. Die DR wird alle For­de­run­gen durch­set­zen, wenn auch ohne Zin­sen und Zuschläge.

CDU-Offensive: Lohnuntergrenzen schaffen vollendete Tatsachen

Was bei Rot/Grün Min­dest­lohn heißt wird jetzt von der CDU/CSU als Lohn­un­ter­gren­ze gehan­delt. Bei rund 1,5 Mio. (regis­trier­ten und wahl­be­rech­tig­ten) Auf­sto­ckern und rund 4,9 Mio. aus­schließ­lich gering­fü­gig Beschäf­tig­ten in Deutsch­land wird das The­ma sehr wahr­schein­lich Wahl ent­schei­dend sein. Die Posi­tio­nie­rung der Uni­on durch Frak­ti­ons-Vize Vol­ker Kau­der in Sachen Lohn­un­ter­gren­ze ist also mehr als ein Zei­chen und muss von den Arbeit­ge­bern als Fest­le­gung gewer­tet werden.

Für die Pra­xis: U. E. müs­sen Sie damit rech­nen, dass eine flä­chen­de­cken­de Min­dest­lohn­re­ge­lun­g/­Lohn­­un­ter­­gren­zen-Rege­lung schnell umge­setzt wird. Wir gehen davon aus, dass Nied­rig­löh­ne bereits zum Herbst 2013 nicht mehr gezahlt wer­den dür­fen. Als Geschäfts­füh­rer eines Unter­neh­mens mit einem Nied­rig­lohn-Geschäfts­­­mo­dell soll­ten Sie hier recht­zei­tig die Wei­chen stel­len. Prü­fen Sie z. B., ob mehr­stu­fi­ge Preis­er­hö­hun­gen für Ihre Produkte/Leistungen bis dahin durch­ge­setzt wer­den können.

Vorsicht: Leiharbeiter zählen mit beim Kündigungsschutz

Nach einem neu­en Urteil des BAG müs­sen klei­ne­re Fir­men bei der Beschäf­ti­gung von Leih­ar­beit­neh­mer auf­pas­sen. Es kann dazu kom­men, dass die Gren­ze für Klein­un­ter­neh­men über­schrit­ten wird und die Arbeit­neh­mer dann das Recht haben, einen Betriebs­rats zu wäh­len (laut BVerfG ab 5 Arbeit­neh­mern). Das betrifft Fir­men, die regel­mä­ßig mit Leih­ar­bei­tern auf­sto­cken. Kri­te­ri­um: Der „in der Regel vor­han­de­ne Per­so­nal­be­darf“. Wei­te­re Fol­ge: Das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz gilt in Ihrer GmbH, sobald inkl. Leih­ar­bei­tern 10 Arbeit­neh­mer beschäf­tigt sind (Klein­be­triebs­klau­sel gemäß § 23 KSchG). (BAG, Urteil vom 24.1.2013, 2 AZR 140/12).

Für die Pra­xis: Ein noch stren­ge­res Urteil gibt es vom LAG Ber­lin-Bran­den­burg: „Eine dau­er­haf­te Arbeit­neh­mer­über­las­sung führt zu einem Arbeits­ver­hält­nis“ (Urteil vom 9.1.2013, 15 Sa 1635/12). Das ist gege­ben, wenn die Ver­leih­fir­ma und der Ent­lei­her zu einer Unter­neh­mens­grup­pe gehö­ren. Gehen Sie davon aus, dass Gewerk­schaf­ten und Betriebs­rä­te die Rechts­la­ge für sich nut­zen wer­den und Grenz­fäl­le gericht­lich prü­fen lassen.

Private Telefonkosten auf Dienstreisen sind Werbungskosten

Sind Sie als Geschäfts­füh­rer geschäft­lich unter­wegs, kön­nen Sie die pri­va­ten Tele­fon­kos­ten bei der ESt als Wer­bungs­kos­ten anset­zen. Vor­aus­set­zung: Die Dienst­rei­se dau­ert min­des­tens eine Woche (und mehr) (BFH, Urteil vom 5.7.2012, VI R 50/10).

Für die Pra­xis: Dar­über hin­aus kön­nen Sie bei der geschäft­li­chen Nut­zung des Pri­vat­te­le­fons durch Ein­zel­nach­weis oder pau­schal zu 20 % höchs­tens 20 EUR im Monat anset­zen. Auch antei­li­ge Anschaffungs‑, Anschluss­kos­ten und antei­li­ge Grund­ge­bühr kön­nen Sie ansetzen.

Keine Steuerberater-Haftung bei unterlassener Risikowarnung

Ein Steu­er­be­ra­ter ist nicht ver­pflich­tet, den Geschäfts­füh­rer einer GmbH auf das Risi­ko einer per­sön­li­chen Haf­tung bei Ver­stoß gegen die Insolvenz­antragspflicht (§ 64 Abs. 2 GmbHG) hin­zu­wei­sen, wenn er ein Dar­le­hen an sei­ne Toch­ter aus Mit­teln einer Schwes­ter-GmbH zurück zahlt, selbst wenn der Steu­er­be­ra­ter die­se Gestal­tung ange­ra­ten hat­te. Der Geschäfts­füh­rer han­delt hier auf eige­nes Risi­ko (OLG Cel­le, Urteil vom 10.10.2012, 4 U 36/12).

Für die Pra­xis: In ver­gleich­ba­ren Fäl­len (Umschul­dun­gen zwi­schen Gesell­schaf­ten, Rück­zah­lung von Gesell­schaf­ter­dar­le­hen) sind Sie gut bera­ten, wenn Sie Ihren Steu­er­be­ra­ter aus­drück­lich nach Haf­tungs­ri­si­ken befra­gen. Wich­tig ist, dass Sie die ent­spre­chen­den Ver­wei­se dann auch schrift­lich dokumentieren.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS Die Wirt­schafts-Sati­re > „Scha­van“ > https://www.gmbh-gf.de/biss/schavan

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