Empörend: Zweierlei Maß bei Sozialversicherungs-Betrug + Geschäftsbericht: ACHTUNG – das Finanzamt liest mit ! + Digitalisierung: BIG DATA macht das Rennen – Ihre Chance als „Kleiner“ + Arbeitsrecht (1): Eckpunkte der neuen Entsende-Richtlinie + Arbeitsrecht (2): Verlängerte Kündigungsfristen für die Mitarbeiter + Geschäftsführer privat: Rechtsschutz für Klage wegen Dieselgate + GmbH-Steuern: Endgültiges „Aus” für steuerliche Sanierungshilfe
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 45/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 10. November 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wenn Metzgermeister Müller (Name von der Redaktion geändert) seine „lange Rote” auf dem Freiburger Münstermarkt (Schauplatz: original) für 3 Euro verkauft und seiner Aushilfe Lisa dafür 10 Euro bar auf die Hand zahlt, ist das Steuer- und Sozialversicherungsbetrug. Dafür muss er – je nach Fall – mit Gefängnis bis zu 5 Jahren büßen (§ 266a StGB). Anders ein paar Meter weiter im Freiburger Münster: Hier hat man im Beichtstuhl die Rollen getauscht. Der Erzbischof schlüpfte in die Rolle des Büßers und beichtete dem Prüfer der Deutschen Rentenversicherung: „Wir haben bei den Sozialbeiträgen seit Jahren gesündigt”. Der erteilte gegen Nachzahlung der Beiträge plus Säumniszuschläge seine Absolution und versprach Freispruch.
Immerhin geht es hier um einen Betrag von 160 Mio. EUR. Verkehrte Welt? NEIN. Damit müssen Sie als Geschäftsführer einer GmbH leben. Sie können sich im vergleichbaren Fall jedenfalls nicht auf Nicht-Wissen oder Schlampigkeit berufen. Der Gesetzgeber und die Gerichte verlangen von Ihnen Geschäfts-Wissen. Haben Sie das nicht, müssen Sie sich Expertenrat einholen. Tun Sie das nicht, ist das bereits „grobe Fahrlässigkeit” oder „Vorsatz”. Damit erfüllen Sie die Voraussetzungen für eine Gefängnisstrafe.
Geschäftsbericht: ACHTUNG – das Finanzamt liest mit !
Immer mehr GmbHs erstellen neben dem offiziellen Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlusrechnung, Anhang, eventuell: Lagebericht) einen gesonderten Geschäftsbericht. Ziel ist es, eine übersichtliche Informations-Broschüre über das Unternehmen zu erstellen, mit dem potenzielle Kunden, Geschäftspartner, Banken/Investoren und Arbeitnehmer über das Unternehmen übersichtlich und in allgemein verständlicher Form informiert werden. Gerade für die Akquise von neuen Mitarbeitern oder Azubis erweist sich eine solche Selbst-Darstellung immer wieder als einfaches, aber sehr wirkungsvolles Instrument. Ziel ist es auch, Punkte fürs Rating bzw. bei der Investoren-Suche zu sammeln. Beachten Sie aber, dass Sie damit keine Insider-Informationen herausgeben. Der Schuss kann nach auch schnell einmal nach hinten losgehen, z. B., wenn das Finanzamt mitliest. Achten Sie unbedingt darauf, dass im Geschäftsbericht nur fundierte Aussagen zum Unternehmen bzw. zum Geschäftsablauf stehen. Sensibilisieren Sie alle an der Erstellung beteiligten Mitarbeiter dafür, dass die dort verwendeten Informationen z. B. vom Steuerprüfer gelesen werden und u. U. zu einer erweiterten Prüfung führen.
Beispiel: Im Geschäftsbericht wird berichtet, dass die Produktion oder Teile der Produktion ins Ausland verlagert wurden. Das Finanzamt wird darauf hin prüfen, ob es zu steuerpflichtigen Vorgängen im Sinne einer Funktionsverlagerung gekommen ist (vgl. dazu die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung mit den dort vorgegebenen Dokumentationspflichten).
Für die Gestaltung des Lageberichts gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Allerdings sollte der Lagebericht klar und übersichtlich sein (§§ 284 – 288 HGB). Bei der Beschreibung des Geschäftsverlaufs sollte dargestellt werden, wie sich die GmbH im Laufe des Geschäftsjahres entwickelt hat und welche Umstände im Einzelnen zu dieser Entwicklung geführt haben. Dazu bietet es sich an, zunächst einen allgemeinen Überblick über die Historie der GmbH zu geben, dazu sollten auch die Geschäftsfelder der GmbH im Einzelnen aufgeführt werden sollten. In diesen kurzen allgemeinen Überblick können auch gesamtwirtschaftliche Rahmendaten und Branchenzahlen des Geschäftsjahres einbezogen werden. Anschließend sollte dann der konkrete Ablauf des Geschäftsjahres dargestellt werden, wobei es beispielsweise möglich ist, sich an den einzelnen Schritten der Leistungserstellung bzw. Wertschöpfung in der GmbH zu orientieren.
Keinen Fehler machen Sie, wenn Sie zur sachlichen Darstellung ausschließlich solche Angaben übernehmen, die im Jahresabschluss bereits dargestellt sind. Das sind Angaben aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, dem Anhang und dem Lagebericht der GmbH. Kleine GmbHs müssen zwar offiziell keinen Lagebericht erstellen. Können das aber. Dabei sollten Sie sich an den Vorgaben zur Erstellung des Lageberichts orientieren, welche Informationen Sie über die GmbH in Ihrem Geschäftsbericht veröffentlichen. Dabei muss der Lagebericht den Geschäftsverlauf und die Lage der GmbH so darstellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Außerdem muss der Lagebericht eingehen auf:
- Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach Schluss des Geschäftsjahres eingetreten sind (sofern vorhanden)
- die voraussichtliche Entwicklung der GmbH
- den Bereich Forschung und Entwicklung (sofern vorhanden)
- ein Bericht über bestehende Zweigniederlassungen der GmbH (sofern vorhanden)
Digitalisierung: BIG DATA macht das Rennen – Ihre Chance als „Kleiner“
Wissen über den Kunden ist der entscheidende Wettbewerbsfaktor in Zeiten der Digitalisierung. Das gilt auch für kleinere Unternehmen. Die Frage ist allerdings, wie Sie Ihr Kundenpotenzial gezielt und mit vertretbarem Aufwand identifizieren können.
Beispiel: Die Deutsche Bank beteiligt sich jetzt an einem StartUp, das hier völlig neue Wege geht und auch kreativen kleineren Unternehmen den Zugang zu den Bank-Kunden ermöglicht, die sich für Ihr Produkt-Portfolio interessieren könnten. Das geht so: Überweisungs-Vorgänge der Bank-Kunden werden systematisch erfasst und ausgewertet. Zahlt der Bank-Kunde z- B. eine auffällig hohe Stromrechnung, erhält er automatisch ein Alternativ-Angebot. Oder: Ist die Nebenkostenabrechnung des Bank-Kunden auffällig hoch, erhält der Kunde ein Angebot zur Prüfung seiner Nebenkosten. Stichwort: Anlassbezogene Direktwerbung.
Arbeitsrecht (1): Eckpunkte der neuen Entsende-Richtlinie
Die EU-Arbeits- und Sozialminister haben sich auf neue Regeln für die Entsendung von Arbeitnehmern in der EU geeinigt. Wichtig: Die neuen Regeln werden aber frühestens in 4 Jahren nach EU-Ratsbeschluss in Kraft treten (2021).
Arbeitsrecht (2): Verlängerte Kündigungsfristen für die Mitarbeiter
Wenn Sie Ihre Mitarbeiter länger binden wollen, müssen Sie aufpassen. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ist das jedenfalls dann eine unzulässige Beschränkung, wenn der Mitarbeiter eine Frist von 3 Jahren oder mehr einhalten muss (BAG, Urteil v. 26.10.2017, 6 AZR 158/16).
Geschäftsführer privat – Rechtsschutz für Klage wegen Dieselgate
Wollen Sie für die Rückabwicklung Ihres Kaufvertrages für Ihren Tuareg wegen Dieselgate klagen, muss die Rechtsschutzversicherung die Kosten dafür übernehmen. Ihre Erfolgsaussichten sind also als so gut einzuschätzen, dass der Rechtsschutz-Versicherer das als gering einzustufende Prozessrisiko übernehmen muss (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 21.9.2017, I‑4 U 87/17).
GmbH-Steuern: Endgültiges „Aus” für steuerliche Sanierungshilfe
Zuletzt hatte der Bundesfinanzhof (BFH) den Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) verworfen (vgl. Nr. 7/2017). Danach müssen Sanierungsgewinne wieder versteuert werden. Anschließend hatte das BMF verfügt, dass der Sanierungserlass erst mit Datum des entsprechenden BFH-Urteils nicht mehr angewendet wird (Veröffentlichung des BFH-Beschlusses: 8.2.2017). Die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne darf aber auch für Alt-Fälle nicht mehr gewährt werden (BFH, Urteil v. 23.8.2017, I R 52/14 und X R 38/15).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst