Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 07/2017

Kei­ner wird geschont: Kar­tell­stra­fe kei­ne Betriebs­aus­ga­be + GF-Ver­gü­tung: Mehr Fest-Gehalt – weni­ger varia­ble Bezü­ge für Geschäfts­füh­rer +  GmbH-Inter­na: Bear­bei­ten Sie nur prä­zi­se Anfra­gen + Geld/Finanzen: Wann genügt die offe­ne Laden­kas­se? + Betriebs­un­ter­bre­chungs­ver­si­che­rung: So pro­fi­tiert das FA + Kos­ten: Mit frei­en Mit­ar­bei­tern lässt sich immer noch spa­ren +  GmbH-Kri­se: FA betei­ligt sich nicht mehr an Sanie­run­gen +  BISS

 

 

 

Der Vol­kelt-Brief 07/2017 > Down­load als PDF - lesen im „Print”

Frei­burg, 17. Febru­ar 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

ob Bade­zim­mer­aus­stat­tun­gen, Süß­wa­ren, Bier oder Möbel: Längst sind es nicht mehr nur die „Gro­ßen“ einer Bran­che, die ins Visier der Kar­tell­be­hör­den gera­ten. In den letz­ten Jah­ren sind es auch mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men, die zu beträcht­li­chen Buß­geld­zah­lun­gen ver­ur­teilt wer­den. Andre­as Mundt, Chef des Bun­des­kar­tell­am­tes: „Die Bekämp­fung von Kar­tell­ver­stö­ßen betrifft alle Unter­neh­men, unab­hän­gig von der Bran­che und der Grö­ße“ (vgl. Nr. 30/2016).

Das hat Grün­de: Z. B. die Kron­zeu­gen­re­ge­lung. Danach kommt das Unter­neh­men, das Preis­ab­spra­chen anzeigt, unge­scho­ren davon. Neben­ef­fekt: Die Kron­zeu­gen­re­ge­lung ver­lei­tet den ein oder ande­ren  Bran­chen­krö­sus dazu, erst die Prei­se mit klei­ne­ren Kon­kur­ren­ten abzu­spre­chen, um die­sen dann vor den Kar­tell­be­hör­den an den Pran­ger zustel­len, um dann selbst Dank der Kron­zeu­gen­re­ge­lung straf­frei zu blei­ben. Anschlie­ßend steht der Über­nah­me des ange­schla­ge­nen Kon­kur­renz­un­ter­neh­mens nichts mehr im Wege. Jetzt legen die Finanz­be­hör­den nach: Laut FG Köln darf ein beschul­dig­tes Unter­neh­men noch nicht ein­mal eine Rück­stel­lung für die zu erwar­ten­de Straf­zah­lung bil­den (FG Köln, Urteil vom 24.11.2016, 10 K 659/16). Bleibt zu hof­fen, dass der Bun­des­fi­nanz­hof die Steu­er-Recht­spre­chung zu den Kar­tell­bu­ßen vom Kopf wie­der auf die Füße stellt.

Auch für Geschäfts­füh­rer klei­ne­rer Unter­neh­men wird das The­ma M&A/Preise/Kon­dit­ionenpolitik immer mehr zum Pro­blem. Ach­ten Sie z. B. dar­auf, wer an Bran­chen­tref­fen zu die­sen The­men teil­nimmt. Das Bun­des­kar­tell­amt wirbt offen­siv für das anony­me Anzeig-Ver­fah­ren, das Pri­vat­per­so­nen (auch Mit­ar­bei­tern) strik­te Anony­mi­tät zusi­chert. Beach­ten Sie dazu das Por­tal www.business-keeper.de > Das Hin­weis­ge­ber­sys­tem. Das Por­tal war zunächst zur Korruptions­bekämpfung begrün­det wor­den, ani­miert aber auch die Mit­ar­bei­ter dazu, Com­pli­ance-Ver­stö­ße (z. B. auch gegen Wett­be­werbs­vor­schrif­ten) anonym zu melden.

GF-Vergütung: Mehr Fest-Gehalt – weniger variable Bezüge

Wer gute Ergeb­nis­se erwirt­schaf­tet, soll auch gut ver­die­nen. So die Devi­se für die Mana­ger-Ver­gü­tung in den letz­ten Jah­ren. Tat­säch­lich gab es seit den Neun­zi­ger Jah­ren einen Trend hin zu mehr leis­tungs­ori­en­tier­ter Ver­gü­tung für alle Füh­rungs-Ebe­nen. Davon pro­fi­tier­ten aber nicht nur die Vor­stän­de der gro­ßen AGs, son­dern auch GmbH-Geschäfts­­­füh­rer. Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer kön­nen mit einer (groß­zü­gi­gen) Tan­tie­me-Rege­lung ver­hin­dern, dass das Finanz­amt ein unan­ge­mes­sen hohes Gehalt als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung mit Gewinn­steu­ern bestraft.

Bes­tes Argu­ment gegen das Finanz­amt: In der Tat haben in den letz­ten Jah­ren vie­le mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men den erfolgs­ab­hän­gi­gen Anteil an der Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung immer wei­ter erhöht. Mit dazu bei­getra­gen hat­te ein Urteil des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) aus dem Jahr 2003, nach dem die bis dahin gel­ten­de steu­er­li­che Beschrän­kung der Tan­tie­me auf 25 % der Gesamt­ver­gü­tung auf­ge­ho­ben wur­de. Der Unter­schied: Mar­tin Win­ter­korn erhielt als Vor­stands­vor­sit­zen­der der Volks­wa­gen AG varia­ble Bezü­ge (Boni. Akti­en), die das Vier­fa­che sei­nes Fest­ge­halts ausmachten.

In der Öffent­lich­keit ste­hen die Gehäl­ter der Füh­rungs­kräf­te ohne­hin schon seit län­ge­rem in der Kri­tik – so zuletzt die 13 Mio. Abfin­dungs­zah­lun­gen an den VW-Com­pli­ance-Vor­stand Chris­ti­ne Homann-Denn­hardt. Jetzt hat der VW-Auf­sichts­rat reagiert und ver­ein­bart, dass neue Ver­gü­tungs­re­ge­lun­gen umge­setzt wer­den. Danach soll der fix gezahl­te Gehalts­an­teil wie­der deut­lich ange­ho­ben wer­den. Fol­ge für den GmbH-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer: Abseh­bar ist, dass die Finanz­be­hör­den dann auch die Tan­tie­me-Ver­ein­ba­run­gen in den GmbHs wie­der kri­ti­scher beäu­gen wer­den. Auf der siche­ren Sei­te sind Sie, wenn Sie sich den­noch an der sog. 25 % – Regel ori­en­tie­ren. In GmbHs, in denen mehr als 50 % des Gewinns als Tan­tie­men an die Geschäfts­füh­rer gezahlt wer­den, soll­te ohne­hin eine Begren­zung eben auf die­se 50 % ver­ein­bart werden.

GmbH-Interna: Bearbeiten Sie nur präzise Anfragen 

Grund­sätz­lich steht allen Gesell­schaf­tern der GmbH ein umfang­rei­ches und aus­führ­li­ches Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht in alle Ange­le­gen­hei­ten und Unter­la­gen der GmbH zu (§ 51a GmbH-Gesetz). Jeden­falls soweit nicht zu befürch­ten ist, dass der Gesell­schaf­ter sein Wis­sen über die GmbH zu sog. gesell­schafs­frem­den Zwe­cken nutzt. Aller­dings kann der Geschäfts­füh­rer zur Wah­rung des ord­nungs­ge­mä­ßen Betriebs­ab­lau­fes sicher­stel­len, dass der dafür in Anspruch genom­me­ne Auf­wand in einem für alle Betei­lig­ten ver­nünf­ti­gen Ver­hält­nis steht. Zum Bei­spiel dann, wenn Sie den Ein­druck haben, dass der anfra­gen­de Gesell­schaf­ter kein wirk­li­ches wirt­schaft­li­ches Erkennt­nis­in­ter­es­se hat, son­dern per­sön­li­che Moti­ve im Vor­der­grund des Aus­kunfts­er­su­chens ste­hen oder der Umfang des Aus­kunfts­er­su­chens schi­ka­nö­se Züge annimmt. Als Geschäfts­füh­rer kön­nen Sie des­halb von Ihren Gesell­schaf­tern ver­lan­gen, dass das Aus­kunfts- bzw. Infor­ma­ti­ons­er­su­chen so prä­zi­se gefasst wird, dass der Infor­ma­ti­ons­zweck auch tat­säch­lich erfüllt wer­den kann. Beispiele:

  • Zeit­li­che Prä­zi­sie­rung: Die gesam­te Kor­re­spon­denz mit der Fa. A‑GmbH aus den Jah­ren 01.01.2015 bis 31.12.2017
  • Voll­stän­dig­keit: Sämt­li­che Pro­to­kol­le, die im Zusam­men­hang mit der Geschäfts­be­zie­hung zur A‑GmbH im Zusam­men­hang mit dem Pro­jekt B. gefer­tigt wurden
  • Genau­ig­keit: Sämt­li­che Unter­la­gen im Geschäfts­ver­kehr mit der A‑GmbH, die gemäß den Vor­schrif­ten über die Auf­be­wah­rungs­fris­ten von Geschäfts­brie­fen von der GmbH auf­be­wahrt werden
Ist der Umfang der ange­for­der­ten Infor­ma­tio­nen oder Unter­la­gen nicht klar, kön­nen Sie als Geschäfts­füh­rer Prä­zi­sie­rung ver­lan­gen. Oft ist in die­sem Sta­di­um bereits abseh­bar, dass sich Kon­flik­te ent­wi­ckeln, so dass Sie als Geschäfts­füh­rer früh­zei­tig alle ande­ren Gesell­schaf­ter über das Aus­kunfts­er­su­chen infor­mie­ren sollten.

Geld/Finanzen: Wann genügt die offene Ladenkasse?

Die gesetz­lich vor­ge­schrie­be­ne Umstel­lung auf mani­pu­la­ti­ons­si­che­re elek­tro­ni­sche Kas­sen­sys­te­me (vgl. Nr. 31 + 47/2016) bedeu­tet für vie­le Unter­neh­men zusätz­li­che Inves­ti­tio­nen. Die Kos­ten für eine ent­spre­chen­de Kas­se inkl. Soft­ware und War­tung lie­gen bei ca. 3.000 bis 5.000 € – je nach Modell. Müs­sen ver­schie­de­ne Arbeits­plät­ze neu aus­ge­stat­tet wer­den sum­miert sich das.

Zusätz­li­ches Pro­blem: Wer­den bei einer Kas­sen­prü­fung nur an einer der instal­lier­ten Kas­sen Feh­ler oder Män­gel bei der Auf­zeich­nung fest­ge­stellt, kann der Prü­fer die gesam­te Buch­füh­rung ver­wer­fen und Umsät­ze schät­zen. Aller­dings gibt es nach wie vor kei­ne gesetz­li­che Ver­pflich­tung, Bar­ein­nah­men und Aus­zah­lun­gen mit einer elek­tro­ni­schen Kas­se zu erfas­sen. Im Grund­satz gilt aus­drück­lich: „Eine Ver­pflich­tung zum Ein­satz elek­tro­ni­scher Kas­sen besteht nicht“ (Quel­le: z. B. Bay­ri­sches Lan­des­amt für Steu­ern, Infor­ma­ti­on für Unter­neh­mer). Sie kön­nen also auch eine sog. offe­ne Kas­se füh­ren. Das kann z. B. die Schub­la­de einer Laden­the­ke oder eine her­kömm­li­che Geld­kas­set­te sein. Aller­dings müs­sen Sie auch dann alle gesetz­li­chen Auf­zeich­nungs- und Auf­be­wah­rungs­pflich­ten erfül­len. Dazu müs­sen Sie ein Kas­sen­buch füh­ren und täg­lich einen Kas­sen­be­richt erstellen.

Ach­tung: Nicht zuläs­sig ist es, die­se Anga­ben aus­schließ­lich per PC etwa als Excel-Tabel­le zu füh­ren. Das Finanz­amt besteht dar­auf, dass Sie schrift­li­che und damit unver­än­der­ba­re Auf­zeich­nun­gen machen. Typi­sche Feh­ler in der Pra­xis: Ein ein­heit­li­ches Schrift­bild, weil damit der Ein­druck ent­steht, dass die Kas­sen­be­rich­te nach­träg­lich erstellt wer­den. Glat­te €-Beträ­ge sind Hin­weis dar­auf, dass der Abschluss nicht durch Zäh­lung ermit­telt wird.

Für den Ein­zel­han­del ist die offe­ne Laden­kas­se aller­dings in der Pra­xis nicht wirk­lich taug­lich. Bei vie­len Umsät­zen und einem brei­ten Sor­ti­ment ist die Füh­rung des Kas­sen­bu­ches auf­wen­dig und es steigt das Risi­ko, dass das Finanz­amt bei einer Prü­fung Unge­nau­ig­kei­ten zum Anlass nimmt, die gesamt Buch­füh­rung zu ver­wer­fen. Abzu­ra­ten ist davon, die Kas­sen­buch­füh­rung nicht ganz genau zu neh­men und sich auf eine Schät­zung der Besteue­rungs­un­ter­la­gen ein­zu­stel­len. Mit jeder Schät­zung steigt der Gewinn­auf­schlag. Das kann ganz schnell auch zu einem straf­recht­li­chen Vor­wurf mit ent­spre­chen­den Fol­gen werden.

Betriebsunterbrechungsversicherung: So profitiert das FA

Schließt die GmbH eine Betriebs­un­ter­bre­chungs­ver­si­che­rung ab, die auch den Aus­fall des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers deckt und für die laut Ver­si­che­rungs­po­li­ce die GmbH allei­ni­ger Bezugs­be­rech­tig­ter ist, dann darf das Finanz­amt die Ver­si­che­rungs­zah­lun­gen als Gewinn erhö­hen­de Ein­nah­me der GmbH anset­zen. Im Klar­text: Die Zah­lun­gen der Ver­si­che­rung erhö­hen den kör­per­schaft­steu­er­pflich­ti­gen Gewinn der GmbH (Finanz­ge­richt Köln, Urteil vom 15.12.2016, 10 K 524/16).

Das gilt auch dann, wenn die GmbH laut Anstel­lungs­ver­trag ver­pflich­tet ist, die Ver­si­che­rungs­leis­tung in Form einer Gehalts­fort­zah­lung an den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer wei­ter zu geben. Der ein­zi­ge Steu­er­vor­teil einer sol­chen Ver­si­che­rung liegt dar­in, dass die Bei­trags­zah­lun­gen als Betriebs­aus­ga­ben der GmbH ver­rech­net wer­den kön­nen. Noch nicht geklärt ist, ob die Pro­zess­par­tei­en in die Revi­si­on gehen. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Kosten: Mit freien Mitarbeitern lässt sich sparen

Das Arbeits­ge­richt Ber­lin hat jetzt noch­mals offi­zi­ell fest­ge­stellt, dass der freie Mit­ar­bei­ter, der die glei­che Tätig­keit erbringt, wie sie der im Unter­neh­men ange­stell­te Mit­ar­bei­ter ver­rich­tet, kei­nen Anspruch auf glei­che Bezah­lung gel­tend machen kann (ArbG Ber­lin, Urteil vom 1.2.2017, 56 Ca 5356/15).

Eine sol­che Ungleich­be­hand­lung ergibt sich aus den unter­schied­li­chen Rechts­grund­la­gen. Auch aus den Vor­schrif­ten des All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­set­zes (AGG) lässt sich ein Anspruch auf glei­che Bezah­lung nicht her­lei­ten. Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für eine freie Mit­ar­beit in der Pra­xis vor (kla­re Abgren­zung der Tätig­keit, kei­ne Wei­sungs­be­fug­nis, freie Gestal­tung in der Erbrin­gung der Leis­tung), ist also eine Gestal­tung bei den Arbeits­kos­ten mach­bar. Ändern könn­te sich die Rechts­la­ge aller­dings dann, wenn das von der Gro­ßen Koali­ti­on bereits geplan­te Lohn­gleich­heits­ge­setz umge­setzt wird.

GmbH-Krise: FA beteiligt sich nicht mehr an Sanierungen

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat den sog. Sanie­rungs­er­lass (BMF-Schrei­ben vom 27.3.2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, hier: GmbHR 10/2003) außer Kraft gesetzt. Danach muss die rech­ne­ri­sche Erhö­hung des Betriebs­ver­mö­gens, die sich aus dem Ver­zicht der Gläu­bi­ger auf For­de­run­gen ergibt, bei der Ermitt­lung der Ertrag­steu­ern (KSt, GewSt) berück­sich­tigt wer­den (BFH, Beschluss vom 28.11.2016, GrS 1/15).

Im Ein­zel­fall kann das nun tat­säch­lich dazu füh­ren, dass eine Sanie­rung schei­tert und das Unter­neh­men inkl. Arbeits­plät­ze zer­schla­gen wer­den muss. Pech: Zwar ver­zich­ten die Gläu­bi­ger auf ihre For­de­run­gen. Der Staat darf sich nach der aktu­el­len BFH-Ent­schei­dung an der Sanie­rung aber nicht mehr betei­li­gen. Bleibt abzu­war­ten, wie das BMF reagiert.

 

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

Schreibe einen Kommentar