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Volkelt-Brief 22/2016

Volkelt-FB-01Avan­cen: Guten Chan­cen für den GmbH-Ver­kauf + Leih­ar­beit: Mit den neu­en Rah­men­be­din­gun­gen lässt sich arbei­ten + Gesell­schaf­ter-Streit: GmbH muss nicht Alles offen legen + Som­mer 2016: So beein­flusst das Wet­ter die Aus­sich­ten Ihrer GmbH + Neu­es Urteil: Ver­si­che­rungs­pflicht des ange­stell­ten Min­der­heits-Gesel­l­­schaf­ters + Neu­es Urteil: Ver­si­che­rungs­pflicht des Min­der­heits-Gesel­l­­schaf­ter-Geschäfts­füh­rers + GF unter­wegs: Nut­zung des Mobil­te­le­fons über die Frei­sprech­an­la­ge +  GmbH-Steu­ern: VGA-Rechts­la­ge kommt auf den Prüf­stand + BISS

 

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Frei­burg 27. Mai 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

inzwi­schen set­zen Finanz-Inves­to­ren ver­stärkt auch auf die Inno­va­ti­ons­kraft und die Ren­di­te-Stär­ke mit­tel­stän­di­scher Unter­neh­men und inves­tie­ren dort gezielt – als Betei­li­gungs-Fonds für den Mit­tel­stand, als Pri­vat-Equi­ty oder als direk­ter Start-Up-Finan­zie­rer (vgl. Nr. 17/2016). Die jetzt ver­öf­fent­lich­ten Zah­len zur Ertrags­stär­ke des Mittel­stands be­stätigen: Danach erziel­te jedes sechs­te deut­sche Unter­neh­men in 2015 eine Ertrags­marge von über 20 % – von jedem Euro Umsatz blei­ben 20 Cent Gewinn (Quel­le: DSGV, Aus­wer­tung von 7.000 Fir­men­bi­lan­zen). Das ist eine Gewinn­mar­ge, die kei­nes der 30 größ­ten deut­schen Dax-Unter­neh­men erreicht. Grün­de für die guten Zah­len sind: Rea­le Lohn­zu­wäch­se, nied­ri­ge Zin­sen und Ener­gie­kos­ten und der Immo­bi­li­en­boom trei­ben den deut­schen Kon­sum und damit vie­le der Bran­chen, die bevor­zugt von deut­schen Mit­tel­ständ­lern bedient werden.

Das ist aller­dings nur eine Sei­te der Medail­le. Dem gegen­über ste­hen rund 20 % aller klei­ne­ren Unter­neh­men, die eine Ren­di­te von unter 1 % erwirt­schaf­ten, also von 1 Euro Umsatz gera­de ein­mal 1 Cent ver­die­nen. Das ist – ganz unab­hän­gig von Bran­che und der Unter­neh­mens­grö­ße – auf Dau­er kei­ne Basis. Das ist ins­be­son­de­re in den Bran­chen der Fall, in denen Wett­be­werb und Kon­kur­renz­druck (z. B. Ein­zel­han­del) beson­ders hoch sind und auf mitt­le­re Sicht ein Über­le­ben nur durch per­ma­nen­tes über­durch­schnitt­li­ches Wachs­tum gesi­chert wer­den kann.

Leiharbeit: Mit den neuen Vorgaben lässt sich arbeiten

Die Rah­men­be­din­gun­gen für die neu­en Vor­schrif­ten zur Leih­ar­beit ste­hen. Aus Unter­neh­mer­sicht erfreu­lich: Im Grund­satz bleibt das Instru­ment zur dyna­mi­schen Kapa­zi­täts­an­pas­sung und fle­xi­blen Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on für Unter­neh­mer erhal­ten. Es bleibt mög­lich, mit Leih­ar­beit Arbeits­kos­ten ein­zu­spa­ren (Equal Pay nach 9 Mona­ten, Ein­stel­lungs­ver­pflich­tung nach 18 Mona­ten). Es gel­ten lan­ge Über­gangs­fris­ten bis zu einer voll­stän­di­gen Umset­zung der neu­en Rah­men­be­din­gun­gen. Anders bei den Werk­ver­trä­gen: Hier wird es – ähn­lich den Rege­lun­gen zur Schein­selb­stän­dig­keit – deut­lich stren­ge­re Abgren­zungs-Kri­te­ri­en geben und – was in der Pra­xis stär­ker ins Gewicht fällt – noch inten­si­ve­re Kon­trol­len geben (Zoll). Der Betriebs­rat muss über bestehen­de und neue Werk­ver­trä­ge infor­miert werden.

Für die meis­ten Sai­son-Betrie­be (Bau, Land­wirt­schaft, Land­schafts­gärt­ner usw.) wird sich nichts ändern. Sie kön­nen Leih­ar­beit zu nahe­zu unver­än­der­ten Bedin­gun­gen ein­set­zen und für Ihre Fest­an­ge­stell­ten zusätz­lich auf ande­re Zuschüs­se (Sai­son-Kurz­ar­bei­ter­geld) bau­en. Die typi­schen Werk­ver­trags-Bran­chen (Schlacht­be­trie­be, Kan­ti­nen, Werk­stra­ßen) wer­den die Arbeits-Orga­ni­sa­ti­on neu pla­nen müs­sen. Die Zeit­ar­beits­bran­che rech­net auf­grund der ver­än­der­ten Rahmen­bedingungen für 2016/17 nur noch mit einem Wachs­tum von 2,9 % – nach 6,4 % in 2015.

Gesellschafter-Streit: GmbH muss nicht Alles offen legen 

Nach § 51a des GmbH-Geset­zes steht dem Gesell­schaf­ter ein nahe­zu unein­ge­schränk­tes Aus­kunfts- und Ein­sichts­recht in alle Ange­le­gen­hei­ten der GmbH zu. Dass dies in der Pra­xis in einem schwie­ri­gen Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­fah­ren zwi­schen der GmbH und einem aus­ge­schie­de­nen (aus­ge­schlos­se­nen) Gesell­schaf­ter zu einem wenig zweck­dien­li­chen Klein­krieg führ­te, war auf­grund der bis dato prak­ti­zier­ten Recht­spre­chung unver­meid­lich. Nach aktu­el­ler Recht­spre­chung dazu gilt: „Der aus­ge­schie­de­ne Gesell­schaf­ter hat kei­nen Rechts­an­spruch aus § 51a GmbH-Gesetz, son­dern nur das Ein­sichts­recht nach § 810 BGB. Die­ses setzt ein Infor­ma­ti­ons­be­dürf­nis vor­aus. Besteht Anspruch auf eine Ausscheidens­bilanz, kann die Vor­la­ge des Jah­res­ab­schlus­ses nicht ver­langt wer­den“ (z. B. OLG Frank­furt Urteil vom 15.11.1996, 20 W 610/94).

Bei­spiel: Ein Gesell­schaf­ter hat­te das Gesell­schafts­ver­hält­nis auf­ge­kün­digt und wur­de dar­auf­hin aus der GmbH aus­ge­schlos­sen. Gegen die­sen Beschluss klag­te der Gesell­schaf­ter. Zumin­dest für das Jahr des Aus­schei­dens ver­nein­ten alle Instan­zen ein Ein­sichts­recht in den Jah­res­ab­schluss, da laut Gesell­schafts­ver­trag die Erstel­lung einer Aus­schei­dens­bi­lanz vor­ge­se­hen war. Wich­tig sind zwei Gesichtspunkte:

  • Grund­sätz­lich steht dem aus­ge­schie­de­nen Gesell­schaf­ter kein Aus­kunfts­an­spruch aus § 51a GmbH-Gesetz, son­dern ledig­lich der nach § 810 BGB zu.
  • Im Gegen­satz zum akti­ven Gesell­schaf­ter muss die­ser sein Aus­kunfts­an­lie­gen begrün­den. Grün­de sind: Ermitt­lung und Doku­men­ta­ti­on ver­blie­be­ner Ansprü­che und die Abwehr unbe­rech­tig­ter For­de­run­gen gegen ihn.
Für zukünf­ti­ge Gestal­tun­gen soll­te zum Schutz der GmbH im Gesell­schafts­ver­trag ver­ein­bart wer­den, dass zur Ermitt­lung des Aus­gleichs­an­spruchs des aus­schei­den­den Gesell­schaf­ters eine sog. Aus­schei­dens­bi­lanz zu erstel­len ist. Damit ist der Ein­blick in den Jah­res­ab­schluss für das Geschäfts­jahr des Aus­schei­dens aus­ge­schlos­sen. Eine feh­ler­haf­te Durch­set­zung des Anspruchs auf Ein­sicht bzw. Aus­kunft kann dazu füh­ren, dass Zeit ver­lo­ren wird und der Rechts­an­spruch dar­auf gefähr­det wird. Bei­spiel: Der Gesell­schaf­ter hat sei­ne Mit­glied­schaft in der GmbH zum Jah­res­en­de gekün­digt. Bis dahin jedoch kann er die vol­len Aus­kunfts- und Ein­sichts­rech­te in die GmbH in Anspruch neh­men. Kommt es zu zeit­li­chen Ver­zö­ge­run­gen des gericht­li­chen Ver­fah­rens um Ein­sicht bzw. Aus­kunft, kann es pas­sie­ren, dass er unter­des­sen (nach wirk­sa­mer Abtre­tung und Über­tra­gung des GmbH-Anteils) nicht mehr Gesell­schaf­ter ist und damit das ihm sonst zuste­hen­de umfas­sen­de Recht auf Ein­sicht und Aus­kunft nicht mehr besteht.

Sommer 2016: So beeinflusst das Wetter Ihre GmbH

Nach einer PWC-Stu­die wer­den rund 1/3 des Brut­to­so­zi­al­pro­dukts „wet­ter­ab­hän­gig“ erwirt­schaf­tet. Unter­neh­mer, die im Sai­son­ge­schäft tätig sind (Frei­zeit, Tou­ris­tik, Bau, Logis­tik, Mode, Eis, Geträn­ke, (Außen-) Gas­tro­no­mie), müs­sen (noch) nicht um den Som­mer-Umsatz 2015 ban­gen. Pro­gno­sen und vor allem auch Wet­ter-Pro­gno­sen sind zwar immer nur „Wahr­schein­lich­kei­ten“. Ers­te Trends pro­gnos­ti­zie­ren nach einem stren­gen Mai einen eher unauf­fäl­li­gen Som­mer. Nach den Berech­nun­gen der ame­ri­ka­ni­schen Wet­ter­be­hör­de NOAA wird es in Euro­pa einen „stink­nor­ma­len“ Som­mer geben. Danach wer­den die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tu­ren in Mit­tel­eu­ro­pa kei­ne Auf­fäl­lig­kei­ten oder Abwei­chun­gen zei­gen. Das wird auch bedeu­ten, dass sich die Nie­der­schlags­men­gen und – dau­er im durch­schnitt­li­chen Bereich bewegen.

Trend: Im Nor­den wer­den die Tem­pe­ra­tu­ren leicht höher lie­gen als in den Vor­jah­ren. Im Süden Deutsch­lands wird es kei­ne oder kaum Abwei­chun­gen vom durch­schnitt­li­chen Tem­pe­ra­tur­ver­lauf geben. Der 100-jäh­ri­ge Kalen­der pro­gnos­ti­ziert einen war­men bis hei­ßen Som­mer mit teil­wei­se hef­ti­gen Gewittern

Als Unter­neh­mer einer Bran­che, die wet­ter­ab­hän­gi­ge Umsät­ze macht, wis­sen Sie, dass Sie sich mit den Bege­ben­hei­ten abfin­den müs­sen. Wer aus den Som­mer-Umsät­zen den Win­ter finan­ziert, soll­te jetzt schon klein­lich auf die Kos­ten ach­ten. Ins­ge­samt – so viel ist bereits jetzt nach dem umsatz-unter­durch­schnitt­li­chen Monat Mai abseh­bar – wird das Jahr 2016 für wet­ter­ab­hän­gi­ge Bran­chen kei­ne wirk­li­che Ent­span­nung brin­gen. Zu prü­fen ist, ob Sie Ihre Geschäf­te gegen Wet­ter­ri­si­ken absi­chern. Dazu gibt es Anbie­ter (z. B. Deut­sche Wet­ter­schutz), die für ein­zel­ne Bran­chen Ver­si­che­rungs­pa­ke­te anbieten.

Neu: Versicherungspflicht des angestellten Gesellschafters

Der mit 40 % an der GmbH betei­lig­te Gesell­schaf­ter, der in der GmbH an­gestellt ist, ist auch dann Mit­glied der gesetz­li­chen Pflicht­ver­si­che­rung, wenn zusätz­lich eine Stimm­bin­dung für Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se ver­ein­bart ist. Im Ein­zel­fall ist zu prü­fen, ob der Gesell­schaf­ter auf die­se Wei­se tat­säch­lich maß­geb­li­chen Ein­fluss auf die Geschi­cke der GmbH neh­men kann (BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R).

Ziel­füh­ren­der ist es, wenn dem Min­der­heits-Gesell­schaf­ter eine sog. Sperr­mi­no­ri­tät ein­ge­räumt wird, wenn die Pflicht­ver­si­che­rung ver­mie­den wer­den soll. Bei einer Stimmbindungs­vereinbarung besteht grund­sätz­lich das Hin­der­nis, dass eine sol­che jeder­zeit „aus wich­ti­gem Grund“ auf­ge­kün­digt wer­den kann. Und zwar ohne dass ein Beschluss zur Ände­rung des Gesell­schafts­ver­trag not­wen­dig ist.

Neu: Versicherungspflicht des Minderheits-Geschäftsführers

Der mit 30 % an der GmbH betei­lig­te Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer, der sei­ner GmbH zusätz­li­che Dar­le­hen zur Finan­zie­rung gewährt und dem dar­über hin­aus im Anstel­lungs­ver­trag ein Veto­recht gegen mehr­heit­lich gefasst Gesell­schaf­ter-Beschlüs­se zuge­si­chert ist, ist den­noch wei­sungs­ge­bun­den tätig und unter­liegt der gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht (BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R).

Die Ver­ein­ba­rung einer Sperr­mi­no­ri­tät ist Ziel füh­ren­der auf dem Weg aus der Pflicht­ver­si­che­rung. Auch das ein­ge­räum­te Veto­recht sichert kei­ne beherr­schen­de Stel­lung. Das im Anstel­lungs­ver­trag zuge­bil­lig­te Veto­recht hat kei­ne Aus­wir­kung auf die Wirk­sam­keit von ord­nungs­ge­mäß zustan­de gekom­me­nen Gesellschafterbeschlüs­sen. Eine sol­che Ver­ein­ba­rung ist recht­lich wir­kungs­los, allen­falls in der Pra­xis geeig­net, die Betei­lig­ten zu einem Über­den­ken ihrer Beschluss­fas­sung zu animieren.

Als GF „unterwegs”: Mobiltelefon mit Freisprechanlage

Ein Kraft­fahr­zeug­füh­rer, der wäh­rend der Fahrt ein mit einer Frei­sprech­an­la­ge ver­bun­de­nes Mobil­te­le­fon in der Hand hält und über die Frei­sprech­an­la­ge tele­fo­niert, ver­stößt nicht gegen das Ver­bot der Benut­zung von Mobil­te­le­fo­nen, solan­ge er kei­ne wei­te­ren Funk­tio­nen des in der Hand gehal­te­nen Geräts nutzt (OLG Stutt­gart, Urteil vom 25.4.2016, 4 Ss 212/16).

Das Urteil stärkt die recht­li­che Stel­lung der Fah­rer, deren Fahr­zeug mit Frei­sprech­an­la­ge aus­ge­stat­tet ist. Im Klar­text: Hier dürf­te der Polizei/Staatsanwaltschaft der Nach­weis einer miss­bräuch­li­chen Nut­zung in Zukunft deut­lich schwe­rer fallen.

GmbH-Steuern: VGA-Rechtslage kommt auf den Prüfstand

Stellt der Steu­er­prü­fer eine vGA bei der GmbH fest, ist das Finanz­amt berech­tigt, den ESt-Bescheid des Gesell­schaf­ters nach­träg­lich zu ändern, und zwar auch dann, wenn die­ser bereits bestands­kräf­tig ist (§ 32a KStG). Das Finanz­ge­richt Köln lässt die­se Rechts­la­ge jetzt vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) prü­fen (FG Köln, Beschluss vom 20.4.2016, 4 K 2717/09).

Zumin­dest für den Über­gangs­zeit­raum 2006 dürf­te das BVerfG bemän­geln, dass die Finanz­be­hör­den eine ech­te Rück­wir­kung prak­ti­ziert haben. Die Rege­lung als sol­che dürf­te aber Bestand haben.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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