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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 31/2015

Volkelt-NLFör­der­mit­tel: Wer ver­zich­tet, ver­zich­tet auf bares Geld + Urlaubs­ver­tre­tung: Vor­sicht mit per­so­na­li­sier­ten E‑Mail-Adres­sen – ein neu­es Pro­blem + Neu­es Urteil für Geschäfts­füh­rer: Schwei­gen ist Gold – aber nicht immer kor­rekt + Wech­sel auf dem Chef­ses­sel: So zahlt das Finanz­amt Ihre Abschieds­fei­er + Neu­start der GmbH: Der Fort­set­zungs­be­schluss muss stim­men + Internet/Soziale Medi­en: Was tun bei You­tube-Ver­un­glimp­fun­gen +  BISS

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Frei­burg 31. Juli 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

was sind Sie für ein Unter­neh­mer-Typ? „Wenn es För­der­mit­tel gibt – war­um nicht?“ oder „Ich ver­las­se mich lie­ber auf mich selbst? Fakt ist: Unter­des­sen gibt es für Jedes und Alles För­der­mit­tel. Ein Blick in die För­der­mit­tel-Daten­bank Europa/Bund/Länder offen­bart: Sie müs­sen Sie schon ganz genau hin­schau­en, für wel­chen Fall es kei­ne För­der­mit­tel gibt (https://www.foerderdatenbank.de). Fakt ist aller­dings auch, dass man sich sehr gut aus­ken­nen muss (z. B. in der Kom­bi­na­ti­on von För­der­töp­fen) und dass der büro­kra­ti­sche Auf­wand nicht zu ver­ach­ten ist.

Fakt ist auch, dass sich klei­ne­re und mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men sehr zurück hal­ten mit der Finan­zie­rung aus öffent­li­chen Mit­teln. Ten­denz: Wei­ter abneh­mend. So finan­zier­ten sich 2006 mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men noch zu 15 % aus För­der­mit­teln. 2013 lag der Anteil nur noch bei 12 %. Umge­kehrt: Gro­ße Unter­neh­men nut­zen För­der­mit­tel sys­te­ma­tisch. Die meis­ten beschäf­ti­gen eige­ne Spe­zia­lis­ten, die sich um öffent­li­che För­der­mit­tel küm­mern. Dabei ist es gera­de for­mu­lier­tes Ziel der Wirt­schafts­för­de­rung Nach­tei­le der klei­ne­ren Unter­neh­men gegen­über den Kon­zer­nen zu kom­pen­sie­ren. Da geht es um Pro­jek­te wie Mes­se­för­de­rung, Ener­gie­ein­spar­maß­nah­men, die Wei­ter­bil­dung von Mit­ar­bei­tern, Hand­werks­för­de­rung oder Export­hilfen. För­der­pro­gram­me, die auf den Mit­tel­stand zuge­schnit­ten sind.

Sich selbst in die umfang­rei­che und kom­pli­zier­te Mate­rie ein­zu­ar­bei­ten, ist in der Regel nicht sehr Erfolg ver­spre­chend. Eine Alter­na­ti­ve ist, sich exter­ne Bera­tung ein­zu­ho­len. Inzwi­schen gibt es einen gan­zen Markt von För­der­mit­tel­be­ra­tern. Aller­dings müs­sen Sie schon sehr genau hin­schau­en, wenn Sie den pas­sen­den fin­den wol­len. Hilf­reich ist es, zunächst zu den För­der­mit­tel-Insti­tu­­tio­nen (KfW-Bank, Wirt­schafts­för­de­rung der Bun­des­re­gie­rung, regio­na­le Wirt­schafts­för­der­ge­sell­schaf­ten) Kon­takt auf­zu­neh­men und nur För­der­mit­tel­be­ra­ter mit aus­ge­wie­se­ner Refe­renz­lis­te zu kon­tak­ten bzw. zu beauftragen.

Urlaubsvertretung: Vorsicht mit personalisierten E‑Mail-Adressen

Auf ein aktu­el­les Daten­schutz­pro­blem weist unser IT-Exper­te Ste­fan Schwab hin. Es geht um sog. per­so­na­li­sier­te E‑Mail-Adres­sen, wie sie unter­des­sen in fast allen Unter­neh­men ein­ge­führt sind. Bei­spiel: Lothar.Volkelt@GmbH-GF.de. Genau genom­men dür­fen Unbe­fug­te – und das sind Sie bzw. der Vor­ge­setz­te oder die IT-Abtei­lung – E‑Mails, die an eine sol­che Adres­se ver­schickt wer­den, nur mit Zustim­mung des jewei­li­gen Mit­ar­bei­ters ein­se­hen. Pro­ble­ma­tisch ist das z. B. bei der Urlaubs­ver­tre­tung, wenn kei­ne auto­ma­ti­sche Wei­ter­lei­tung ein­ge­rich­tet ist.

Alle E‑Mails, die dort ein­ge­hen, unter­lie­gen dem Daten­schutz und dür­fen von Nie­man­dem außer dem Emp­fän­ger ein­ge­se­hen wer­den. Was tun, ohne gegen den Daten­schutz zu ver­sto­ßen? Für die bevor­ste­hen­den Urlaubs­ver­tre­tun­gen emp­feh­len wir, die Mit­ar­bei­ter auf die Wei­ter­lei­tungs-Funk­ti­on zu ver­wei­sen und die­se als Regel­lö­sung für die Urlaubs­ab­we­sen­heit vor­zu­ge­ben. Mit­ar­bei­ter, die dem nicht zustim­men, soll­ten dazu ver­pflich­tet wer­den, in der Abwe­sen­heits­be­nach­rich­ti­gung aus­drück­lich dar­auf zu ver­wei­sen, dass die­se E‑Mail nicht wei­ter­ge­lei­tet und damit nicht bear­bei­tet wer­den kann.

Das The­ma ist neu und damit aktu­ell im Fokus der Daten­schüt­zer und der Auf­sichts­be­hör­den. Bis­her war das für Nie­man­den ein Pro­blem. Jetzt soll­ten Sie als Geschäfts­füh­rer in einem Unter­neh­men mit Betriebs­rat davon aus­ge­hen, dass sich Arbeit­neh­mer gegen den Ein­blick in Daten auf per­so­na­li­sier­ten E‑Mail-Adres­sen weh­ren kön­nen und wer­den. Unter­des­sen gehen immer mehr Unter­neh­men dazu über, die per­so­na­li­sier­ten E‑Mail-Accounts durch funk­ti­ons­be­zo­ge­ne Adres­sen zu erset­zen. Statt: Max-Mustermann@Muster-GmbH.de heisst es dann Service@Muster-GmbH.de oder Bestellungen@Muster-GmbH.de. Prü­fen Sie, ob das in Ihrem Fall zweck­mä­ßig ist und stel­len Sie um.

Neues Urteil: Schweigen ist Gold – aber nicht immer korrekt 

Als GmbH-Geschäfts­füh­rer gel­ten für Sie die Grund­sät­ze für kauf­män­ni­sches Han­deln und Gepflo­gen­hei­ten. Danach kann Schwei­gen Rechts­wir­kun­gen ent­fal­ten (§ 346 HGB). So kann Schwei­gen auf ein kauf­män­ni­sches Bestä­ti­gungs­schrei­ben zur Fol­ge haben, dass der Emp­fän­ger des Bestä­ti­gungs­schrei­bens des­sen Inhalt gegen sich gel­ten las­sen muss. Nach Han­dels­brauch kann der Emp­fän­ger ver­pflich­tet sein, unver­züg­lich zu wider­spre­chen, wenn er ver­mei­den will, dass ein Rechts­ge­schäft mit dem Inhalt des Bestä­ti­gungs­schrei­bens als abge­schlos­sen gilt. Sie müs­sen also immer hell­wach sein, wenn Sie ein Bestä­ti­gungs­schrei­ben erhal­ten. Beant­wor­ten bzw. wider­spre­chen Sie unver­züg­lich (spä­tes­tens inner­halb von drei Tagen), wenn Sie mit dem Inhalt nicht über­ein­stim­men und/oder wenn das Bestä­ti­gungs­schrei­ben nicht die ver­ein­bar­ten Kon­di­tio­nen enthält.

Ach­tung: Zum The­ma „Schwei­gen im Geschäfts­ver­kehr“ gibt es eine neue Recht­sprechung. Der Geschäfts­füh­rer einer GmbH hat­te es bei Abschluss eines Raten­zah­lungs­ver­gleichs unter­las­sen, sei­nen Geschäfts­part­ner auf die Insol­venz­rei­fe sei­ner GmbH hin­zu­wei­sen. Dazu das Gericht: „Das Ver­schwei­gen von Tat­sa­chen begrün­det grund­sätz­lich dann eine Haf­tung, wenn der ande­re Teil nach Treu und Glau­ben unter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung red­li­cher­wei­se Auf­klä­rung erwar­ten darf“. Das ist aller­dings der Fall, wenn erkenn­bar Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung vor­liegt. Dann darf der Geschäfts­füh­rer nicht schwei­gen. Er muss von sich aus den Geschäfts­part­ner dar­auf hin­wei­sen (OLG Koblenz, Urteil vom 6.1.2015, 4 U 598/14, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2015, Sei­te 582 ff.).

Kri­tisch wird es für den Geschäfts­füh­rer in 2 Fäl­len: Zum einen, wenn er nicht erkennt, dass die Insol­venz­grün­de bereits vor­lie­gen und er inner­halb der 3‑Wochenfrist neue Ver­bind­lich­kei­ten ein­geht, ohne den Geschäfts­part­ner auf die wirt­schaft­li­che Kri­se hin­zu­wei­sen. Hier gilt: Unwis­sen­heit schützt nicht vor der Haf­tung. 2. Wenn der Geschäfts­füh­rer mit Hil­fe der neu­en Ver­bind­lich­kei­ten eine dro­hen­de Über­schul­dung abwen­den will, was aber miss­lingt. In bei­den Fäl­len gilt: Schweigt er gegen­über sei­nen Geschäfts­part­nern, löst das regel­mä­ßig eine per­sön­li­che Haf­tung aus. So weit soll­ten Sie es auf kei­nen Fall überziehen.

Wechsel auf dem Chefsessel: So zahlt das Finanzamt Ihre Abschiedsfeier

Geschäfts­füh­rer, die Ihren Job wech­seln oder in nächs­ter Zeit wech­seln wol­len, kön­nen nach einem neu­en Urteil des Finanz­ge­richts (FG) Müns­ter das Finanz­amt an den Kos­ten für die Abschieds­fei­er im alten Unter­neh­men betei­li­gen. Aller­dings müs­sen Sie eini­ge Beson­der­hei­ten beach­ten, damit Ihr Steu­er­be­ra­ter nach­her kei­ne Schwie­rig­kei­ten mit der steu­er­li­chen Aner­ken­nung der Kos­ten als Werbungs­kosten hat (FG Müns­ter, Urteil vom 29.5.2015, 4 K 3236/12). Wenn Sie Ihre Abschieds­fei­er pla­nen oder für einen aus­schei­den­den Kol­le­gen (auch: Lei­ten­den Mit­ar­bei­ter) als Zei­chen der Dank­bar- und Ver­bun­den­heit eine wür­di­ge pri­va­te Abschieds­fei­er mit-orga­ni­sie­ren wol­len, soll­ten Sie wie folgt vorgehen:

  • Laden Sie aus­schließ­lich Per­so­nen aus dem beruf­li­chen Umfeld ein: Mit­ar­bei­ter, Geschäfts­part­ner, auch: Ansprech­part­ner der Fir­ma in Behör­den und Institutionen.
  • Ver­zich­ten Sie dar­auf, die Lebens­part­ner einzuladen.
  • Stim­men Sie die Teil­neh­mer­lis­te mit dem aktu­el­len Geschäfts­füh­rer der GmbH ab und las­sen sich die Lis­te abzeich­nen (OK aus Sicht der GmbH).
  • Selbst eine Ein­la­dung mit rund 100 Teil­neh­mern ist möglich.
  • Ach­ten Sie dar­auf, dass die Kos­ten pro Teil­neh­mer mit rund 50 € kal­ku­liert sind (je nach Reprä­sen­tanz even­tu­ell mehr).
  • Pri­va­te Freun­de, Fami­lie und Kin­der müs­sen drau­ßen bleiben.
Vor­aus­set­zung ist, dass der aus­schei­den­de Mit­ar­bei­ter die Kos­ten trägt. Steu­er­lich kom­pli­zier­ter liegt der Fall, wenn die GmbH die Kos­ten trägt und die­se als Betriebs­aus­ga­ben anset­zen will. Das wird in der Regel nicht durch­ge­hen. U. W. gibt es auch kei­ne Recht­spre­chung, die einen sol­chen Fall ent­schie­den hat. Allen­falls ist – unter stren­gen Vor­aus­set­zun­gen – eine Über­na­me der Kos­ten für eine betrieb­lich orga­ni­sier­te Geburts­tags­fei­er des amtie­ren­den Geschäfts­füh­rers mög­lich (vgl. Nr. 45/2011).

Neustart der GmbH: Der Fortsetzungsbeschluss muss stimmen

Ein Fall aus der Pra­xis: Obwohl das Amts­ge­richt bereits die Auf­lö­sung einer GmbH zum Regis­ter­ge­richt gemel­det hat­te, beschlos­sen die Gesell­schaf­ter eben die­ser GmbH die Fort­set­zung (sog. Fort­set­zungs­be­schluss). Der Geschäfts­füh­rer mel­de­te dies an. Das Register­gericht lehn­te die Ein­tra­gung auf Fort­set­zung ab. Selbst eine Kla­ge dage­gen hat kei­nen Erfolg (BGH, Urteil vom 28.4.2015, II ZB 13/14). Wor­auf müs­sen Sie ach­ten, wenn Sie im letz­ten Moment das Steu­er für Ihr Geschäfts­mo­dell noch her­um­rei­ßen wollen?

Wich­tig ist: Die for­ma­len Vor­aus­set­zun­gen für den Fort­set­zungs­be­schluss müs­sen erfüllt sein. Danach kann eine Fort­set­zung nur beschlos­sen wer­den, wenn die im Gesetz auf­ge­führ­ten Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbH-Gesetz). Das sind:

  • das Ver­fah­ren wird auf Antrag des Schuld­ners eingestellt
  • oder das Ver­fah­ren wird nach der Bestä­ti­gung eines Insol­venz­plans, der den Fort­be­stand der Gesell­schaft vor­sieht, vom Gericht aufgehoben.

Dies gilt selbst dann, wenn die Gesell­schaft über ein das sat­zungs­ge­mä­ße Stamm­ka­pi­tal über­stei­gen­des Ver­mö­gen ver­fügt und alle Gläu­bi­ger im Insol­venz­ver­fah­ren befrie­digt   wurden.

Wird das Insol­venz­ver­fah­ren in Eigen­re­gie ohne ver­sier­te Bera­tung durch­ge­führt, kann das schnell pas­sie­ren. Das Insol­venz­recht ist kom­pli­ziert und birgt eini­ge Risi­ken. Hier: Der Geschäfts­füh­rer und die Gesell­schaf­ter, die die GmbH fort­füh­ren woll­ten, haben über­se­hen, dass das nur mit der Zustim­mung des Insol­venz­ge­richts auf Antrag geht (sie­he oben). Eine eigen­mäch­ti­ge Beschluss­fas­sung läuft ins Lee­re. Fol­ge: Die GmbH wird gelöscht.

Was tun bei Youtube-Verunglimpfungen

Wird Ihre Fir­ma in einem You­tube-Clip ver­un­glimpft, belei­digt oder wer­den fal­sche Tat­sa­chen über Ihre Fir­ma ver­brei­tet, kön­nen Sie sich dage­gen weh­ren. Nach einem Urteil des OLG Ham­burg, muss You­tube sol­che Clips nicht nur sper­ren. You­tube muss auch Vor­sor­ge dafür tref­fen, dass es mög­lichst nicht zu wei­te­ren der­ar­ti­gen Rechts­schutz­ver­let­zun­gen kom­men kann (OLG Ham­burg, Urteil vom 1.7.2015, 5 U 87/12 u. a.).

Im Klar­text heißt das auch: Sorgt You­tube nicht dafür, dass der Ver­un­glimpf­er     dar­an gehin­dert wird, wei­te­re ver­un­glimp­fen­de Clips ein­zu­stel­len, kön­nen Sie sich zusätz­lich auch an You­tube schad­los hal­ten. Die Beschwer­de­stel­len von You­tube für Deutsch­land gibt es unter www.Youtube.com > Über You­tube > Kontakt.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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