GmbH-Gesellschafter: So können Sie das Abstimmungsverhalten beeinflussen + GmbH-Recht: Rechtsprechung zum Stimmverbot eines Gesellschafters + Stichtag 1. Oktober: Text- statt Schriftform gilt auch für Arbeitsverträge + Geschäftsführer privat: Finanzbehörden planen Stichproben + Mitarbeiter: Leiharbeitnehmer zählen nicht zur GmbH + Recht: Betriebsrat kann den Geschäftsführer nicht abberufen + BISS …
Der Volkelt-Brief 40/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 30. September 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
in Familien wird gestritten. Mal einigt man sich, mal gehen die Kämpfe um Dominanz und das Sagen bis ins Mark. Das gilt so auch für Familien-Konstellationen in der GmbH – und seit JR-Junior und dem Denver-Clan sind familiäre Auseinandersetzungen Stoff für Vorabend-Soaps um zwielichtige Charaktere und fiese Geschäftemacher. Die Realität sieht meist pragmatischer aus. Dennoch: Auch in vielen Familien-GmbHs knirscht es bisweilen gewaltig. So mussten wir z. B. über die Lehren aus dem Fall der Familie Tönnies an dieser Stelle bereits regelmäßig berichten (vgl. zuletzt Nr. 24 + 32/2016).
Fakt ist: Landen familiäre Konflikte um geschäftliche Belange erst einmal vor dem Landgericht für Wirtschaftssachen, gibt es nicht selten ein böses Erwachen für die Beteiligten. So zuletzt in einem Verfahren vor dem OLG München. Es gilt: „Ein Gesellschafter kann eine vorgeschlagene Maßnahme (hier: Einschaltung einer Personalagentur zur Suche nach einem geeigneten Geschäftsführer) verweigern, selbst wenn seine Beweggründe dafür sachwidrig und unverständlich erscheinen“ (OLG München, Urteil vom 23.6.2016, 23 U 4531/15). Zwar besteht eine Treuepflicht jedes Gesellschafters gegenüber seiner GmbH. Ein bestimmtes Abstimmungsverhalten aufgrund dieser Treuepflicht ergibt sich – so laut BGH – aber nur, wenn diese Zustimmung zu einem bestimmten Beschluss objektiv unabweisbar notwenig ist, um die Werte der GmbH zu erhalten oder erhebliche Verluste zu vermeiden. Was im Zweifel mit Zahlen und Fakten zu belegen ist und in der Praxis wohl nur in den seltensten Fällen so zu leisten ist.
GmbH-Recht: Rechtsprechung zum Stimmverbot
Stimmrechtsvereinbarungen in der GmbH sind üblich und verbreitet, z. B. wenn sich der Senior-Gesellschafter-Geschäftsführer ein Sonderstimmrecht vorbehält oder wenn einem Gesellschafter bestimmte Vetorechte eingeräumt werden. Hierzu gibt es eindeutige rechtliche Vorgaben (§ 45 GmbH-Gesetz) und zahlreiche Rechtsprechung, die Sie im Einzelfall beachten müssen und die in der Praxis keine wirklichen Probleme machen. Schwieriger sind sog. Stimmrechtsausschlüsse.
In § 47 GmbH-Gesetz sind die Sachverhalte aufgezählt, in denen dem Gesellschafter kein Stimmrecht zusteht. In der Praxis kommt es bei Stimmrechtsausschlüssen oft zu besonderen Konstellationen, die so vom Gesetz nicht gedeckt sind und dann von den Gerichten entschieden werden müssen. Dabei ist der Grundsatz, wonach niemand Richter in eigner Sache sein kann, zu berücksichtigen (§ 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz). Nicht mitwirken dürfen Sie als Gesellschafter (-Geschäftsführer) bei der Beschlussfassung über:
- Ihre eigene Entlastung (§ 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz). Wird Gesamtentlastung erteilt, sind alle geschäftsführenden Gesellschafter von der Beschlussfassung ausgeschlossen. Bei Einzel-Entlastung kann bei mehreren Geschäftsführern der andere Geschäftsführer nur abstimmen, sofern keine gemeinschaftliche Verantwortung vorliegt,
- die Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund (vgl. zuletzt grundsätzlich dazu BGH, Urteil vom 20.12.1982, II ZR 110/82),
- die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages des Gesellschafter-Geschäftsführers (BGH, Urteil vom 27.10.1986, II ZR 240/85),
- die Einziehung eines Geschäftsanteils (§ 34 GmbH-Gesetz),
- Ihre Befreiung von einer Verbindlichkeit, auch für Schadensersatzansprüche, Verzicht auf eine Verbindlichkeit, Aufrechnung, Stundung oder Inanspruchnahme als Bürge,
- die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Gesellschafter, z. B. Abschluss von Miet- und Pachtverträgen (KG Berlin, Urteil vom 8.5.2014, 12 U 22/13), Darlehen, schuldrechtliche Verträge, Tätigkeit des Testamentsvollstreckers über einen GmbH-Anteil unterliegt dem Stimmrechtsverbot (BGH, Urteil vom 13.5.2014, II ZR 250/12),
- die Beschlussfassung durch einen GmbH-Gesellschafter, an dem ein anderer Gesellschafter maßgeblich beteiligt ist und der so seinen Willen durchsetzen kann (BGH, Beschluss vom 4.5.2009, II ZR 168/07),
- die Einleitung oder Erledigung von Rechtsstreitigkeiten gegen einen Gesellschafter (auch: die Geltendmachung von Forderungen, Mahnbescheid, Klage, Zwangsvollstreckung, Schiedsverfahren).
Als (Gesellschafter-) Geschäftsführer können Sie aber bei Ihrer Bestellung und Abberufung, bei dem Beschluss zum Abschluss, zur Änderung und zur Kündigung Ihres Anstellungsvertrages mitstimmen.
Stichtag 1. Oktober: Text- statt Schriftform gilt für Arbeitsverträge
Bereits in Nr. 26/2016 hatten wir darauf hingewiesen, dass sich bei den Vorschriften zur Schriftform in Verträgen zum 1.10.2016 etwas ändern wird. In Zukunft genügen Vereinbarungen, die per E‑Mail getroffen werden, den Ansprüchen für die sog. Schriftformerfordernis.
Im Rechtsjargon: Die Schriftformerfordernis wird durch die sog. Textformerfordernis abgelöst. Das betrifft auch Arbeitsverträge. Was müssen Sie als Arbeitgeber dazu beachten? Für Arbeitsverträge, die vor dem 1.10.2016 abgeschlossen wurden – also der gesamte Bestand – bleibt die Schriftformklausel wirksam. Änderungen müssen wie bisher in „Schriftform“ (E‑Mail geht nicht) vorgenommen werden. Wollen Sie eine Vertragsklausel ändern, sollten Sie darauf achten, dass in diesem Zusammenhang auch die Schriftformklausel an die neuen BGB-Vorgaben angepasst wird („Für Änderungen des Vertrages gelten die Vorschriften des § 309 Nr. 13 BGB n. F.“).
Geschäftsführer privat: Finanzbehörden planen Stichproben
Offiziell will das Bundesfinanzministerium (BMF) mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Erleichterungen einführen, so werden z. B. die Abgabefristen für Steuererklärungen wieder verlängert und zwar zum 1.8. des Folgejahres, bzw. zum 28.2 des übernächsten Jahres bei Ausfertigung der Steuererklärung durch einen Berater. Aber: Gleichzeitig behalten sich die Finanzbehörden strengere Auflagen bei der Abgabepflicht schon bei kleinsten Vergehen und geringen Steuernachzahlungsbeträgen vor.
Beispiel: Ist eine Nachzahlung von mehr als 10.000 EUR zu erwarten, kann das Finanzamt einen kürzeren Abgabetermin für Ihre Steuererklärungen verlangen – etwa bereits nach 4 Monaten nach Ablauf des Steuerjahres. Neu eingeführt wird eine sog. Zufallsauswahl. Damit behält sich das Finanzamt ab 1.1.2018 vor, kürzere Fristen für Steuerzahler festzusetzen, die nach einer automationsgestützten Zufallsauswahl herausgefiltert werden (Quelle: Bundesgesetzblatt 2016 vom 22.7.2016 Teil I S. 1679).
Mitarbeiter: Leiharbeitnehmer zählen nicht zur GmbH
Lässt der Betriebsrat gerichtlich prüfen, ob die GmbH gemäß Drittelbeteiligungsgesetz einen Aufsichtsrat bilden muss, zählen Leiharbeitnehmer und Arbeitnehmer rechtlich selbständiger ausgegliederter Betriebe nicht als Arbeitnehmer (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 2.3.2016, 4 W 1/15).
Betriebsrat kann den Geschäftsführer nicht abberufen
Laut Betriebsverfassungsgesetz (hier: § 104 BetrVG) ist der Betriebsrat berechtigt, die Kündigung eines Arbeitnehmer wegen nachhaltiger Störung des Betriebsfriedens zu verlangen. Diese Vorschrift greift aber nicht für den Geschäftsführer einer GmbH. Er ist kein Arbeitnehmer und deswegen nicht von dieser Regelung betroffen (LAG Hamm, Urteil vom 2.8.2016, 7 TaBV 11/16).
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur