Jahresabschluss: Fehler können SIE den Job kosten + Geschäftsführer-Kündigung: Nachschieben von Gründen + Terminsache: Deadline für den Jahresabschluss 2015 + Böse Überraschung: Was tun, wenn das Finanzamt die Konten sperrt? Steuer: So wehren Sie sich gegen eine Gewinnerhöhung + GmbH-Recht: Registergericht darf Geschäftsführer-Bestellung prüfen + Insolvenzsrecht: „Zahlungsunfähig“ – verklausuliert + BISS …
Der Volkelt-Brief 35/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 26. August 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
ultimativ letzte Frist zur Vorlage und Feststellung des Jahresabschlusses 2015 für mittelgroße und große GmbHs ist der 31.8.2016 – also höchste Zeit (vgl. unten). Dazu die Frage eines Kollegen: „Ist das Haftungs-Szenario realistisch oder malen Sie hier Schreckgespenster?“.
Die Rechtslage: Versäumnisse bei der Erstellung und Vorlage des Jahresabschlusses der GmbH berechtigen die Gesellschafter zur Abberufung und ggf. sogar zur fristlosen Kündigung des Geschäftsführers. Probleme gibt es, wenn der abberufene Geschäftsführer gegen den Abberufungsbeschluss der Gesellschafter vor Gericht per Anfechtungsklage vorgeht. Darf der Geschäftsführer dann bis zur rechtsverbindlichen Entscheidung des Gerichts über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses im Amt bleiben oder nicht? Die richtige Antwort ist: JEIN. Er kann zwar im Amt bleiben. Anschließend können die Gesellschafter ihn aber freistellen. Weigert sich der Geschäftsführer seine Tätigkeit ruhen zu lassen und geht er weiterhin seiner Tätigkeit nach, können die Gesellschafter das mit einer einstweiligen Verfügung untersagen. Sie können ihm Hausverbot erteilen und so die Ausübung des Amtes verhindern (KG Berlin, Urteil vom 11.8.2011, 23 U 114/11). Umgekehrt ergeben sich für den abberufenen Geschäftsführer Möglichkeiten, mit einer Klage sein Ausscheiden zumindest zu „verzögern“.
Geschäftsführer-Kündigung: Nachschieben von Gründen
Als Geschäftsführer, der gelegentlich eine Kündigung aussprechen muss, wissen Sie, dass es (fast) nichts Schlimmer gibt als eine verpatzte Kündigung. In der Regel ist es für beide Seiten ein enormer Gesichtsverlust und bringt unnötige Spannungen. Unter bestimmten Umständen ist es zwar möglich, zusätzliche Kündigungsgründe nachzuschieben. Die Arbeitsgerichte lassen nachgeschobene Gründe nur im Ausnahmefall zu. In der Praxis läuft es dann auf eine höhere Abfindung für den Arbeitnehmer hinaus. Was für Arbeitnehmer gilt, gilt auch für einen Geschäftsführer. Dazu heißt es in einem aktuellen Urteil des LG Mainz: „Eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers muss binnen 2 Wochen nach Kenntniserlangung der Kündigungsgründe ausgesprochen werden. Das Nachschieben von Kündigungsgründen ist möglich, aber nur, wenn die Gründe zum Zeitpunkt der ersten Kündigung objektiv bestanden haben und das Nachschieben von Gründen nicht vertraglich ausgeschlossen ist“ (LG Mainz, Urteil vom 12.8.2016, 2 O 329/13).
Achtung: Das Gericht hält es für zulässig, dass das Nachschieben von Kündigungsgründen vertraglich – also im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag – ausgeschlossen werden kann. Wie diese für die GmbH ausgesprochen nachteilige Klausel in den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers kam, ist aus dem Urteil allerdings nicht nachzuvollziehen. Eventuell konnte der beratende Anwalt des Geschäftsführers Einfluss auf die Vertragsgestaltung nehmen.
Terminsache: Deadline für den Jahresabschluss 2015
Mittelgroße und große GmbHs müssen den Jahresabschluss und den Lagebericht bis zum 31.8. des Jahres aufstellen und diesen durch die Gesellschafter feststellen lassen (§ 42a Abs. 2 GmbH-Gesetz). Ein Verstoß gegen diese Vorschriften bedeutet für Sie als Geschäftsführer:
- Sie sind auch zuständig für die Vorlage der Steuererklärungen der GmbH. Dazu ist der von den Gesellschaftern festgestellte Jahresabschluss der GmbH an das Finanzamt einzureichen. Verstöße gegen diese Steuervorschrift werden mit Bußgeldern, Strafzinsen oder sogar als Straftat belangt.
- Die Gesellschafter können den Geschäftsführer in die Haftung nehmen. Ggf. muss der Geschäftsführer entstandenen Schaden ersetzen. Außerdem drohen organ- und arbeitsrechtliche Konsequenzen (vgl. dazu oben).
Böse Überraschung: Was tun, wenn das FA die Konten sperrt?
Das Finanzamt behält sich eine solche Maßnahme grundsätzlich im Kleingedruckten jedes Steuerbescheids vor. In der Praxis wird das z. B. angewandt, wenn der Steuerzahler bereits mehrmals Steuern nicht rechtzeitig bezahlt hat. Das Finanzamt ist also grundsätzlich zu dieser Maßnahme berechtigt – es gibt kein wirksames Rechtsmittel dagegen.
Ablauf der Kontensperrung: Die Einzugsstelle des Finanzamts informiert die Bank über diese Maßnahme. Die Bank ist dann dazu verpflichte, Auszahlungen sofort einzustellen. Dabei ist nicht unbedingt sicher gestellt, dass der Sachbearbeiter der Bank, der die Sperrung veranlasst, zugleich auch den Sachbearbeiter informiert, der Ansprechpartner des Konto-Inhabers ist. Aus der Praxis werden regelmäßig Fälle bekannt, in denen der Konto-Inhaber erst nach einem Hinweis des Lieferanten auf offene Rechungen von der Sperrung erfahren. In der Regel kostet es nicht nur einige zeitaufwendige Telefonate, um die Arbeitssituation wieder herzustellen. Dazu muss schnell Geld beschafft werden – was sich meistens in schlechteren Konditionen bemerkbar macht. Dazu müssen Belege hin- und hergefaxt werden, Ansprechpartner ausfindig gemacht werden und – schlussendlich – auch noch die Stundenabrechnung des zwischengeschalteten Steuerberaters beglichen werden – drei- bis vierhundert Euro zusätzlich.
Steuer: So wehren Sie sich gegen eine Gewinnerhöhung
Erhöht der Steuerprüfer den Gewinn der GmbH, dann können Sie im Gegenzug der Bilanzgewinn kürzen, indem Sie eine Rücklage für geplante Investitionen ausweisen (sog. Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG). Das geht für Unternehmen in der Rechtsform GmbH mit einem Betriebsvermögen bis zu 235.000 EUR (BFH, Urteil vom 23.3.2016, IV R 9/14).
GmbH-Recht: Registergericht darf Geschäftsführer-Bestellung prüfen
Melden die Gesellschafter die Bestellung eines neuen Geschäftsführers zur Eintragung ins Handelsregister, darf das Gericht prüfen, ob der Beschluss zur Bestellung des Geschäftsführers ordnungsgemäß zustande gekommen ist (KG Berlin, Beschluss vom 3.6.2016, 22 W 20/16).
Insolvenzsrecht: „Zahlungsunfähig“ – verklausuliert
Erklärt Ihnen ein Kunde, dass er seine anwachsenden Schulden nur mit Hilfe neuer (Bar-) Mittel und dann gegen eine Einmalzahlung und (hier: zwanzig) folgenden Monatsraten begleichen kann, dann kommt das einer Zahlungsunfähigkeitserklärung gleich (BGH, Urteil vom 16.6.2016, IX R 23/15).
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur