Manager-Haftung: Middelhoff/Winterkorn – Welche Fehler Sie nicht machen sollten + GmbH-Verkauf: Weitermachen als Interims-Geschäftsführer + Mehr-Umsatz: Öffentliche Aufträge gezielt nutzen + Steuergestaltung: Abruptes Ende für alle Lizenz-Modelle + Achtung: Betrügerische E‑Mails von den Finanzbehörden + BISS …
Der Volkelt-Brief 06/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 10. Februar 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
nach Arcandor-Chef Thomas Middelhoff (vgl. Nr. 48/2014) steht jetzt der nächste Manager am Pranger – VW-Chef Martin Winterkorn. Es geht um Betrug. Mögliches Strafmaß: bis zu 5 Jahren (§ 263 StGB). Bislang hält sich die deutsche Justiz zwar noch zurück. Zumal eine Beweisführung nach deutschem Recht deutlich schwieriger zu erbringen ist als das z. B. den amerikanischen Justizbehörden möglich ist.
Zusätzlich wird der Aufsichtsrat erneut prüfen müssen, ob gegen den Ex-CEO Schadensersatzklage erhoben werden soll/muss. Es droht das Damoklesschwert eines Organisationsverschuldens. Danach hätte sich der Beschuldigte Winterkorn nachhaltiger um alle Aspekte und Auffälligkeiten rund um Dieselaffäre kümmern müssen. Womöglich erleben wir hier einen weiteren juristischen Präzendenzfall – mit Auswirkungen auch für die Geschäftsleitungen in kleineren Unternehmen. Stellen Sie sich darauf ein, dass ein in einer wirtschaftlichen Krise eingesetzte Insolvenzverwalter nicht mehr lediglich prüfen wird, ob Sie während Ihrer Amtszeit unzulässige Masse schmälernde Auszahlungen aus dem GmbH-Vermögen vorgenommen haben. Er wird auch prüfen, ob Sie die Organisation jederzeit im Griff hatten und ob Sie (Risiko-) Geschäfte eingegangen sind, die Sie – unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht und des Betruges – besser nicht abgeschlossen hätten.
GmbH-Verkauf: Weitermachen als Interims-Geschäftsführer
Gesellschafter-Geschäftsführer, die zum Abschluss ihrer beruflichen Laufbahn kürzer treten wollen, verkaufen zunächst ihre GmbH. In Absprache mit dem Käufer/Investor macht es dann Sinn, weiter als Geschäftsführer zur Verfügung zu stehen. Damit wird die Kontinuität aller geschäftlichen Beziehungen zu den Kunden sichergestellt. Sinn macht es auch, für eine Übergangszeit einen zweiten Geschäftsführer einzustellen. Der hat dann ausreichend Zeit, sich in die Geschäfte einzuarbeiten und die Besonderheiten des zugekauften Unternehmens kennen zu lernen.
Achtung: Mit dem Verkauf der GmbH wird der Gesellschafter-Geschäftsführer zum Fremd-Geschäftsführer. Er muss dann seine sozialversicherungsrechtliche Stellung prüfen und gegebenenfalls gestalten. Will der Nur-Geschäftsführer vermeiden, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zahlen zu müssen, kann er z. B. einen Beratervertrag mit der GmbH abschließen. Wichtig ist dabei:
- Laut Rechtsprechung muss der Geschäftsführer nicht angestellter der GmbH sein. Er kann auch auf der Grundlage eines Beratervertrages zum Geschäftsführer bestellt werden. Das geht auch, wenn er nur als alleiniger Geschäftsführer bestellt bleibt. Formulierung: „Der Geschäftsführer arbeitet selbstständig auf eigenes Unternehmerrisiko und auf eigene Rechnung. Der Geschäftsführer erbringt umsatzsteuerpflichtige Leistungen“ (Rechtsquellen: BFH-Urteil vom 10.3.2005, V R 29/03, BFH vom 8.9.2005, V B 47/05, zur Umsatzsteuer: BMF-Schreiben vom 21.9.05, IV A 5 – S 7104 – 19/05).
- Dazu muss er weisungsfrei tätig sein, etwa hinsichtlich der Arbeitszeit und des Ortes der Leistungserbringung. Das bezieht sich aber nicht auf den sonst üblichen Katalog der weisungsgebundenen Geschäfte, die üblicherweise für die Geschäftsführung vorgegeben werden. Formulierung: „Der Geschäftsführer erbringt seine Berater- bzw. Geschäftsführer-Tätigkeit weisungsfrei und wird nicht zu festen Arbeitszeiten verpflichtet. Er kann seine Berater- bzw. Geschäftsführer-Tätigkeit nach freiem Ermessen an einem Ort seiner Wahl erbringen“.
- Der Geschäftsführer erhält kein Gehalt, sondern ein Beraterhonorar zzgl. Mehrwertsteuer. Der Geschäftsführer muss seine Steuern selbst erledigen (ESt-Vorauszahlungen, USt-Anmeldung und Vorauszahlung, Gewerbesteuer bei Einkünften > 24.500 €/Jahr).
- Urlaubsanspruch, Überstundenvergütungen und (Lohn-) Fortzahlung im Krankheitsfall sollten nicht vereinbart werden
- Gibt es eine Pensionszusage, dann sollte diese nicht fortgeführt werden. Das könnte die Finanzverwaltung dazu veranlassen, den Beratervertrag anzuzweifeln und stattdessen eine Beschäftigung als Angestellter unterstellen – mit den oben genannten Folgen für die Sozialversicherung. Beziehen Sie bereits Pensionsbezüge müssen Sie aufpassen. Dann droht eine vGA für das Honorar. Klären Sie das mit Ihrem Steuerberater.
- Die Überlassung eines Firmenwagens z. B. zum regelmäßigen Besuch der Stammkunden ist möglich und rechtfertigt nicht die Unterstellung einer Angestellten-Eigenschaft.
Arbeitshilfe: Muster Beratervertrag
Mehr-Umsatz: Öffentliche Aufträge gezielt nutzen
Sämtliche öffentlichen Aufträge müssen europaweit ausgeschrieben werden. Auch wenn das längst noch nicht in allen Fällen und allen Ländern systematisch passiert, sind in den letzten Jahren zahlreiche Internet-Portale entstanden, mit denen die öffentliche Auftragsvergabe transparenter geworden ist. Dennoch: Viele kleinere Unternehmen nutzen die damit verbundenen Geschäftschancen nicht systematisch. Hauptgrund: „Da geht es fast immer um Großprojekte“. Ein Blick in die Ausschreibungsübersichten des Bundes und der Länder z. B. zeigt, dass auch in kleineren Tranchen ausgeschrieben wird, und zwar nach alle möglichen Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen (z. B. Büroausstattungen, Werkzeugausstattungen, medizinische Spezialgeräte, Weiterbildung, Beratungsleistungen, Leasingangebote usw.).
Steuergestaltung: Abruptes Ende für alle Lizenz-Modelle
Die Bundesregierung hat jetzt den Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen beschlossen. Damit soll verhindert werden, dass multinationale Unternehmen Gewinne durch Lizenzzahlungen in Staaten mit besonderen Präferenzregelungen (sog. Lizenzboxen, Patentboxen oder IP-Boxen) verschieben, die nicht den Anforderungen der OECD und G20 entsprechen. Danach sollen die Steuern dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrunde liegende Aktivität stattfindet, und nicht dem Staat, der den höchsten Steuerrabatt bietet (Mitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 25.1.2017). Im Einzelnen heißt das:
- Ein Staat darf Steuern anrechnen, wenn das Unternehmen in dem Staat Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten durchführt und dafür Ausgaben tätigt.
- Die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen des Unternehmens in Deutschland wird eingeschränkt, wenn damit im Empfängerland Lizenzeinnahmen entstehen, die aufgrund eines als schädlich eingestuften Präferenzregimes nicht oder nur niedrig (< 25 %) besteuert werden.
- Lizenzregelungen, die gegen diese Vorschriften verstoßen, müssen bis spätestens 30.6.2021 abgeschafft oder an den Nexus-Ansatz angepasst werden. Anträge auf eine abweichende Lizenzbesteuerung dürfen rückwirkend zum 30. 6.2016 nicht mehr bewilligt werden.
- Um den Unternehmen/Konzernen ausreichend Zeit zur Anpassung einzuräumen, wird die Regelung auf entsprechende Aufwendungen, die nach dem 31.12.2017 anfallen, angewandt.
Achtung: Betrügerische E‑Mails von den Finanzbehörden
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) warnt Steuerzahler und Betriebe vor E‑Mails mit dem Absender BZSt. Die Betrüger versuchen, per E‑Mail an Konto- und Kreditkarteninformationen von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu gelangen. Dabei wird behauptet, die betroffenen Steuerzahler hätten einen Anspruch auf eine Steuerrückerstattung. Um diese zu erhalten, müsse ein in der E‑Mail verlinktes Formular ausgefüllt werden. Finger weg (Mitteilung des BZSt vom 26.1.2017).
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst