Schlagwort: 7 U 132/16
Volkelt-Brief 39/2019
Digital-Hype: „Schwachstelle” Mitarbeiter + Geschäftsführer/Haftung: Da hilft nur lückenlos dokumentieren + Geschäftsführer-Perspektive: 200 Stunden für die Steuer ist zuviel! + Wirtschafts-Trends: Was Geschäftsführer veranlassen müssen … + Digitales: KI und der Haus-Roboter + GF-Kompetenzen: Müssen Sie den Sohnemann des Haupt-Gesellschafters einstellen? + Geschäftsführer privat: Geldvermögen schrumpfen – was tun? + Warnung: Das sog. Sozialkreditsystem betrifft alle China-Geschäfte + GmbH/Recht: Streitigkeiten um die Höhe der Abfindung
Zuletzt haben wir in Ausgabe 21/2018 (Seite 4) auf ein aktueles nd wichtiges Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16) zur Geschäftsführer-Haftung und seiner Verpflichtung zur Dokumentation von Entscheidungen hingewiesen. Tenor: Das Gericht verlangt, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Hier einige konkrete Hinweise, wie Sie sich als Geschäftsführer entsprechend absichern bzw. wie Sie ganz konkret Dokumentieren, um im Ernstfall zu belegen, dass Sie Ihrer Informationsverpflichtung korrekt nachgekommen sind: …
Ob nicht abgeführte Steuern oder Sozialbeiträge, ob eine nicht wahrgenommene Geschäftschance oder Schadensersatz für fahrlässige Geschäftsführer-Entscheide: Immer mehr solcher vermeintlichen Fehlerhaftigkeiten landen vor Gericht. Problem für den betroffenen Geschäftsführer: Je nach Bundesland und Gerichtsbezirk setzen die Gerichte (OLG, LG) unterschiedliche Schwerpunkte in ihren Entscheidungen. Für den Rechtsanwalt, der den Geschäftsführer in Regress nehmen will, ist das demnach oft ein lohnendes Mandat mit Aussicht auf die nächste Instanz. Sie sind also gut beraten, wenn Sie sich selbst ein ausgewogenes Bild über die Rechtslage verschaffen. Hier: …
Zuletzt haben wir in Ausgabe 21/2018 (Seite 4) auf ein aktuelles und wichtiges Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16) zur Geschäftsführer-Haftung und seiner Verpflichtung zur Dokumentation von Entscheidungen hingewiesen. Tenor: Das Gericht verlangt, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Hier einige konkrete Hinweise, wie Sie sich als Geschäftsführer entsprechend absichern bzw. wie Sie ganz konkret Dokumentieren, um im Ernstfall zu belegen, dass Sie Ihrer Informationsverpflichtung korrekt nachgekommen sind: …
Volkelt-Brief 21/2018
GmbH/Firmenwagen: Noch schlechtere Karten für Diesel-Fahrer + GmbH/Steuer: Aus für die „Abgeltungssteuer“ – mit Folgen für GmbHs + Pflicht-Offenlegung der Gehälter: Viel Bürokratie, wenig Transparenz – ab 1.7. wird es ernst + Mitarbeiter-Akquise: Gute Ideen sind gefragt + GmbH/Steuer: BFH kippt Finanzamts-Zinsen – Wichtig für Steuerbescheide ab 2015 + Geschäftsführer privat: Auto-Dashcam-Aufnahme ist Beweismittel + GmbH/Recht: Haftung des Geschäftsführers bei gesetzwidriger Absprache +
Wichtiges Urteil: Geschäftsführer muss „Dokumentieren”
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 21/2018 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 25. Mai 2018
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
viele Kollegen sind von Berufs wegen „Vielfahrer”. Vorteil: Mit der 1%-Methode fährt der Geschäftsführer pivat steuergünstig, wenn er zusätzlich auch viel privat unterwegs ist (Urlaub). Nachteil: Wer deswegen einen verbrauchsgünstigen Diesel angeschafft hat, dessen Karten werden immer schlechter. Jetzt gibt es einen ausgesprochen unerfreulichen Rechtsstreit mit den Zulassungsbehörden in Niedersachsen – zu ungunsten aller Diesel-Fahrer. Das betrifft natürlich auch alle Firmenwagen-Nutzer.
Hintergrund: Wer die Software – aufgrund amtlicher Anordnung – nachrüsten muss und dies unterlässt, um zu verhindern, dass eine spätere Beweisführung vor Gericht nicht mehr möglich ist (weil die fehlerhafte Software dann ja überschrieben ist), riskiert zusätzliche Strafgebühren und, dass das Fahrzeug zwangsstillgelegt wird. Unterdessen sind bundesweit Anwälte mit mehreren Tausend solcher Verfahren beschäftigt. Die Behörden geben sich ahnungslos und unnachgiebig. Was tun? Nachrüsten und den Fehler-Nachweis riskieren oder die Nachrüstung verweigern und die Stilllegung in Kauf nehmen? Selbst die (darauf spezialisierten) Anwälte sind sich nicht einig, was zu tun ist. Wir raten: Nicht falsch liegen Sie, wenn Sie die Nachrüstung so weit wie möglich hinauszuzögern. Z. B., weil Sie sich nicht auf einen Werkstatt-Termin einigen können.
GmbH/Steuer: Aus für die „Abgeltungssteuer“ – mit Folgen für GmbHs
Von der GroKo – wir haben dazu berichtet (vgl. zuletzt Nr. 18/2018, Seite 2, Stichwort: Gesellschafter-Darlehen) – ist in Sachen Gesellschaftsrecht und Steuerrecht für Unternehmen in den kommenden 3 1/2 Jahren nicht viel zu erwarten. Im Koalitionsvertrag gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen. Auch in Sachen Solidaritätszuschlag für Kapitalgesellschaften wird sich wohl nichts tun. Allerdings gab es im Koalitionsvertrag (Randziffer 3116 ff.) den lapidaren Hinweis darauf, dass „die Abgeltungssteuer auf Zinserträge mit Etablierung des automatischen Informationsaustauschs (zwischen den Banken) abgeschafft wird”. Auf die Folgen für die Finanzierungslösungen der GmbH mit Gesellschafter-Darlehen haben wir bereits hingewiesen und auf entsprechende Gestaltungen verwiesen (vgl. Nr. 4/2018).
- Unterdessen stehen die GroKo-Pläne zur Abgeltungssteuer vor der Umsetzung. Allerdings ist das nicht so einfach wie zunächst angenommen. Es haben sich Steuerexperten aus der Wissenschaft und Verfassungsrechtler zu Wort gemeldet, die die Pläne der Bundesregierung skeptisch ausleuchten. Knackpunkte sind:
- Eine Ausnahme-Besteuerung nach dem (in der Regel höheren) persönlichen Steuersatz lediglich für Zinseinkünfte dürfte vor dem Bundesverfassungsgericht nur schwer bestand haben. Waren es doch die Richter des Bundesverfassungsgerichts, die eine pauschale Steuererleichterung für Kapitaleinkünfte moniert haben und so die Diskussion um die Abgeltungssteuer mit eingeleitet haben.
Viele Experten halten die Abgeltungssteuer für die „größte Steuerreform” seit Jahrzehnten. Begründung: Damit wurde erstmals das Steuerverfahren für alle beteiligten (also Steuerbürger, Unternehmen und Steuerbehörden) deutlich erleichtert – sei es in der Antragstellung, in der Bearbeitung und in der Abwicklung. Experten halten die Abgeltungssteuer für das beste Rezept gegen Steuerflucht (Steinbrück: „lieber 25% von X, als 42% von Nix”). Auch wenn damit eine gewisse Steuerungerechtigkeit und ein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip in Kauf genommen wird, profitieren letztlich alle Beteiligten davon.
Wie geht es weiter? Abzusehen ist, dass die SPD ihr Wahlversprechen zur Besteuerung höherer Einkommen nicht so einfach aufgeben wird. Im Gegenteil: Ein SPD-geführtes Finanzministerium wird hier seinen Einfluss geltend machen. Nach unseren Informationen wird an den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben bereits gearbeitet. Für GmbHs – auch für alle kleineren Unternehmen – ist damit folgendes Szenario vorgezeichnet: Eine Ausnahmeregelung bei der Abgeltungssteuer nur für „Zinsen” wird kaum durchzusetzen sein – politisch und verfassungsrechtlich. Es kann also darauf hinaus laufen, dass die Abgeltungssteuer auch für andere Kapitaleinkunftsarten (§ 32d EStG) in dieser Form abgeschafft wird. Diese würden dann wieder nach dem persönlichen ESt-Tarif besteuert werden. Das gilt dann auch für GmbH-Gewinnausschüttungen, für Gewinnbeteiligungen aus einer Stillen Beteiligung und selbstverständlich auch für Zinsen aus Gesellschafter-Darlehen.
Unsere Einschätzung: Leider ist das Szenario nicht unrealistisch. Möglicherweise entwickelt sich diese auf den ersten Blick eher als Nebenschauplatz erscheinende politische Frage zu einer Bewährungsprobe für die große Koalition – die – sofern die CDU/CSU sich als Mittelstandspartei durchsetzen will – zur Zerreißprobe werden kann. Für Unternehmen ist so gesehen ein Aussitzen des Themas „Abschaffung der Abgeltungssteuer” die beste Lösung (vgl. dazu z. B. MinDirg. im BMF Matthias Schenk: Abschaffung der Abgeltungssteuer? – „Never change a running system” in GmbH-Rundschau 2018, Seite 456 ff.).
Pflicht-Offenlegung der Gehälter: Viel Bürokratie, wenig Transparenz – ab 1.7. wird es ernst
Seit 1.1.2018 gilt das Entgelttransparenzgesetz (vgl. Nr. 21/2017). Laut Übergangsregelung kann der Auskunftsanspruch des Mitarbeiters 6 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes eingefordert werden (§ 25 EntgTranspG) – also ab 1.7.2018, Anfang des nächsten Monats. Darauf sollten Sie Ihre personalverantwortlichen Mitarbeiter einstellen. Bereits im Vorfeld haben viele Kollegen breiten Unmut über dieses Gesetzesvorhaben geäußert. Das betrifft z. B. die Kriterien zur Vergleichbarkeit von einzelnen Tätigkeiten, aber auch die unterschiedlichen Profile einzelner Mitarbeiter, die zwar für gleiche Tätigkeiten eingesetzt sind, aber völlig unterschiedliche Leistungen erbringen. Im Gesetz gibt man zwar ausführliche Abgrenzungskriterien vor (§ 11 ff. EntgTranspG). In der Praxis wird es aber zu zahlreichen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen kommen – zumal die Rolle des Betriebsrates in der Sache wesentlich gestärkt ist. Im Einzelnen müssen Sie die folgenden Vorgaben berücksichtigen:
- Betroffen sind Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern.
- Alle Mitarbeiter in der Firma haben dann einen Rechtsanspruch darauf zu erfahren, was Mitarbeiter in gleichwertigen Positionen verdienen.
- Achtung: Das gilt auch vertikal – also SachbearbeiterIn in Abt. 1/Projekt 1 kann mit SachbearbeiterIn in Abt. 2/Projekt 2 vergleichbar sein.
- Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen darüber hinaus im Lagebericht über Fortschritte bei der Lohngleichheit berichten und sollen (!) ein Verfahren zur Vergleichbarkeit von Löhnen entwickeln.
Unterdessen gibt es erste Erfahrungsberichte aus Unternehmen, in denen Mitarbeiter die neuen Möglichkeiten genutzt haben. Das sind bisher nur wenige – nach einer Umfrage des Portals www.Gehalt.de sind das weniger als 5 % der Belegschaft. Erstaunlich: Die meisten Auskunftsverlangen kommen nicht aus dem außertariflichen (Mindestlohn-) Bereich, sondern von tariflich entlohnten Mitarbeitern. Weiteres Ergebnis der Umfrage: Nur in 1/4 der befragten Unternehmen (insgesamt: 319) wurden überhaupt Lohnanfragen an das Personalbüro gestellt. In kleineren Unternehmen mit 200 bis 500 Mitarbeitern gab es so gut wie keine Anfragen (Quelle: BVAU). Und: Je mehr Mitarbeiter umso größer der bürokratische Aufwand in den Personalabteilungen. Aber: Stellen Sie sich darauf ein, dass nach dem 1.7.2018 die Gehalts-Anfragen sprunghaft steigen werden – Gewerkschaften und Betriebsrat werden erst aktiv werden, wenn sie das gerichtlich durchsetzen können.
Mitarbeiter-Akquise: Gute Ideen sind gefragt
Viele Kollegen suchen händeringend nach neuen Mitarbeitern – und zwar auf allen Ebenen. Ob für wenig qualifizierte Tätigkeiten, Fachkräfte oder Auszubildende: Der Arbeitsmarkt ist und bleibt leergefegt und zuverlässige Arbeitskräfte sind rar und bleiben Mangelware. Neue Ideen sind jetzt gefragt. Jede Dritte Stelle in mittelständischen Unternehmen wird über persönliche Kontakte der Mitarbeiter besetzt. In größeren Unternehmen wird nur jede 10. Stelle über Mitarbeiter-Kontakte besetzt. Damit ist die direkte Mitarbeiter-Akquise die zweitstärkste Kraft zur Rekrutierung von Mitarbeitern, nach der Stellenausschreibung in den regionalen Medien, aber noch vor Social Media und weit vor den Vermittlungen aus den Arbeitsagenturen. Vorteil für Ihr Unternehmen: Mitarbeiter empfehlen in der Regel nur Personen, von denen sie etwas halten (Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Sozialforschung).
BFH kippt Finanzamts-Zinsen – wichtig für Steuerbescheide ab 2015
Laut Bundesfinanzhof (BFH) müssen die Finanzämter eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) für alle Steuerbescheide mit Säumniszuschlägen (6% Zinsen) für Veranlagungen ab 2015 gewähren. Das gilt für die im Steuerbescheid berechneten Zinsen. Das Urteil ist umso bemerkenswerter, als das Finanzgericht Baden Württemberg (Urteil v. 16.1.2018, 2 V 3389/16) eben erst kein Bedenken gegen die Zinshöhe sieht (BFH, Beschluss v. .25.4.2018, IX B 21/18).
Geschäftsführer privat: Auto-Dashcam-Aufnahme ist Beweismittel
Bisher strittig – jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals im Straßenverkehr eine Beweisführung per Dashcam zugelassen – und damit den Rechtsschutz des Verkehrsteilnehmers über den Datenschutz gestellt. Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung – auch per Dashcam – führt im Zivilprozess nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. (BGH, Urteil v. 15.5.2018, VI ZR 233/17).
GmbH/Recht: Haftung des Geschäftsführers bei gesetzwidriger Absprache
Eine gesetzwidrige Einlagenrückgewähr durch Hin- und Herzahlen ist anzunehmen, wenn die Einlage oder ein Teil davon in einem engen zeitlichen Zusammenhang (hier: wenige Tage bzw. wenige Monate) an den Gesellschafter zurückbezahlt wird und die dadurch bewirkte Umgehung der Kapitalaufbringung vorher so vereinbart war. Der zeitliche Zusammenhang begründet die Vermutung, dass die Umgehung der gesetzlichen Vorschriften abgesprochen war (OLG Brandenburg, Urteil v. 28.12.2017, 6 U 87/15).
Wichtiges Urteil: Geschäftsführer muss „Dokumentieren”
Ein wichtiges Urteil zur Geschäftsführer-Haftung kommt vom OLG Brandenburg. Es gilt: Um Haftungsansprüche der GmbH gegen ihn abzuwehren, muss der Geschäftsführer die Grundlagen seiner (wirtschaftlichen) Entscheidungen dokumentieren (OLG Brandenburg, Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16).
Das Gericht verlangt, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Einfach gesagt. Wir werden deswegen in der nächsten Ausgabe dazu ausführlicher berichten: „So dokumentieren Sie Entscheidungen richtig”.
Eine informative Lektüre wünscht
Herausgeber + Chefredakteur
Geschäftsführer-Fachinformationsdienst
Ein wichtiges Urteil zur Geschäftsführer-Haftung kommt vom OLG Brandenburg. Es gilt: Um Haftungsansprüche der GmbH gegen ihn abzuwehren, muss der Geschäftsführer die Grundlagen seiner (wirtschaftlichen) Entscheidungen dokumentieren (OLG Brandenburg, Urteil v. 7.2.2018, 7 U 132/16).
Das Gericht verlangt, dass der Geschäftsführer „in der konkreten Entscheidungssituation die verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft”. Einfach gesagt. Wir werden deswegen in der nächsten Ausgabe dazu ausführlicher berichten: „So dokumentieren Sie Entscheidungen richtig”.