Letzter Ausweg: „Hiermit lege ich mein Amt nieder …” + Geschäftsführer-Gehalt: Tantiemen steigen auch in den Handwerker-GmbHs + D & O gegen Vermögensschaden: Versicherer nutzen Rechtslücke konsequent aus + Digitalisierung: Keine Angst vor dem Nerd! + Geschäftsführer-Finanzen: Anspruch des Geschäftsführers auf Tantieme + Steuer: BFH streicht Vergünstigung für MBO
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 46/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 17. November 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
nur in der Einpersonen-GmbH sind Sie sicher, dass es einigermaßen konfliktfrei zugeht. Sobald es mehrere Gesellschafter und/oder Geschäftsführer gibt, müssen Sie davon ausgehen, dass es – in der Regel alle zwei Jahre – zu mehr oder weniger intensiven Konfliktsituationen kommt. Das liegt in der Natur der Sache: Unternehmerische Entscheidungen sind immer auch Überzeugungs-Entscheidungen. Und die können durchaus unterschiedlich ausfallen. Wem sage ich das?
Wenn Sie als Geschäftsführer eine Entscheidung partout nicht mittragen können und Sie die entsprechende Anweisung der Gesellschafter nicht ausführen wollen, können Sie Ihr Amt zur Verfügung stellen – juristisch: Niederlegen. Risiko dabei bisher: Wenn kein wichtiger Grund vorliegt, kann es sein, dass die Amtsniederlegung „unwirksam” ist und Sie im Amt bleiben müssen – respektive Weisungen ausführen müssen, hinter deren Wirtschaftlichkeit Sie nicht stehen. An dieser Front gibt es jetzt für zumindest alle Fremd-Geschäftsführer Entwarnung. Ihre Amtsniederlegung ist selbst dann wirksam, wenn kein wichtiger Grund dafür vorliegt (OLG Bamberg, Urteil v. 17.7.2017, 5 W 51/17). Das gilt sogar dann, wenn die Amtsniederlegung zur „Unzeit” erfolgt – z. B., wenn sich die GmbH bereits in der wirtschaftlichen Krise befindet.
Geschäftsführer-Gehalt: Tantiemen steigen auch in den Handwerker-GmbHs
Wie immer im November hat die BBE-Media die neuesten Zahlen zur GmbH-Geschäftsführer-Vergütung veröffentlicht. Abgefragt wurde die Gehaltsentwicklung aus dem aktuellen Geschäftsjahr und den sich aus den vorläufigen Zahlen zum Jahresergebnis ergebenden Werten für die Tantieme. Wir haben die Gehalts-Entwicklung für Handwerker-GmbHs genauer angeschaut. Gegenüber dem Geschäftsjahr 2016 muss in einigen Branchen beim Festgehalt mit einem deutlichen Abschlag gerechnet werden (vgl. Nr. 46/2016). Im Durchschnitt wird unterdessen im Handwerk rund ein Fünftel (ca. 20 %) des Gehalts als Erfolgsbeteiligung ausgezahlt. Das war bis vor wenigen Jahren nicht absehbar.
Hintergrund: Bis zu 50 % des Jahresgewinns kann an die Geschäftsführung als Tantieme ausgezahlt werden, ohne dass die Finanzbehörden dafür eine verdeckte Gewinnausschüttung unterstellen. Das ist bundesweiter Konsens der Behörden. Ein Grund für die stagnierenden Festbezüge dürfte eben darin zu sehen sein, dass in immer mehr Handwerks-GmbHs Tantiemen gezahlt werden. Wir gehen davon aus, dass sich in der zurückhaltenden Gehaltsentwicklung auch Strukturveränderungen im Handwerk abbilden. Stichworte: zunehmende Konzentration des Marktes mit einem Trend zu größeren Handwerksbetrieben in der Rechtsform GmbH mit arbeitsteiliger Geschäftsführung – auch mit Fremd-Geschäftsführern, die bevorzugt erfolgsbezogen vergütet werden. Nicht endgültig klären lässt sich allerdings die stagnierende bis rückläufige Gehaltsentwicklung gegenüber dem Vorjahr. Gerade im Bereich „Bauen” (das betrifft 7 der hier aufgeführten 13 Gewerke) sind die meisten Betriebe auch in diesem Jahr bis zum Anschlag ausgelastet.
Gewerk | Fest-Gehalt 2017 | Tantieme | Gesamtvergütung inkl. Tantieme |
Elektroinstallation | 117.000 | 23 % | 144.000 € |
Gesundheit | 118.000 | 13 % | 134.000 € |
Dentallabor | 99.000 | 18 % | 117.000 € |
Nahrungs-/Genussmittel | 120.000 | 17 % | 140.000 € |
Büroelektronik | 110.000 | 13 % | 125.000 € |
Druckerei | 110.000 | 13 % | 123.000 € |
Straßen-/Tiefbau | 106.000 | 22 % | 129.000 € |
Metall/Maschinen | 112.000 | 19 % | 133.000 € |
Bauunternehmen | 100.000 | 24 % | 124.000 € |
Heizung/Sanitär/Klima | 95.000 | 17 % | 111.000 € |
Dachdecker | 92.000 | 22 % | 112.000 € |
Tischler/Ladenbau | 102.000 | 17 % | 118.000 € |
Baunebengewerbe | 96.000 | 17 % | 112.000 € |
Beträge auf volle Tausend gerundet. Quelle: BBE Media Gehaltsumfrage 2017 eigene Analysen
D & O gegen Vermögensschaden: Versicherer nutzen Rechtslücke konsequent aus
Bereits in Ausgabe 28/2017 hatten wir im Zusammenhang mit der D & O Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Geschäftsführer auf ein Urteil des OLG Celle hingewiesen (OLG Celle, Urteil v. 1.4.2016, 8 W 20/16). Hintergrund: Danach sind Schäden, die aus einem verspäteten Insolvenzantrag für die Gläubiger der GmbH entstehen, kein Vermögensschaden. Aber nur ein Vermögensschaden der GmbH ist von der D & O in der Regel abgedeckt.
Folge: Die Versicherer müssen nicht mehr zahlen, wenn der Geschäftsführer wegen eines verspäteten oder unterlassenen Insolvenzantrags persönlich in die Haftung genommen wird. Das ist ärgerlich, weil gerade viele Geschäftsführer aus kleineren Unternehmen sich mit der D & O‑Versicherung gegen eine spätere Inanspruchnahme durch den vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalter absichern wollen. Jetzt liegen erste Erfahrungsberichte aus der Praxis vor. Dazu Rechtsanwalt Christoph Schubert, Köln, in der aktuellen Ausgabe der GmbH-Rundschau 21/2017: „D & O – Versicherer nehmen die Entscheidung zum Anlass, um sich auf die Leistungsfreiheit zu berufen. Daher ist es höchste Zeit, bestehende Versicherungsverträge zu prüfen und ggf. nachzubessern”. Unterdessen verweisen die Versicherer zusätzlich auf ein zu dieser Rechtsfrage ergangenes, ebenfalls wichtiges Grundsatz-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2001. Danach führen verbotene Zahlungen des Geschäftsführers (etwa im Insolvenzfall) nicht zu einem Schadensersatzanspruch sondern sind als Ersatzanspruch eigener Art zu behandeln – eine juristische Spitzfindigkeit auf die Mühlen der Versicherer (BGH, Urteil v. 8.1.2001, II ZR 88/99).
Digitalisierung: Keine Angst vor dem Nerd!
Wenn Sie sich auf die Digitalisierung einlassen wollen, müssen Sie sich mit entsprechenden Experten – im Fachjargon: Nerds – auseinandersetzen. Ist es manchmal schon nicht einfach mit dem IT-verantwortlichen Spezialisten zu kommunizieren, kommen mit dem „Nerd” neue Herausforderungen auf Sie und alle anderen Mitarbeiter zu. Laut Wikipedia ist ein Nerd – positiv betrachtet – ein Individualist, der durch Besitz hinreichender Fachkenntnisse einen entsprechenden Grad an gesellschaftlicher Anerkennung innerhalb der jeweiligen Szene aufweist. Negativ gesehen ist der Nerd eine stereotype Bezeichnung eines in sozialen Belangen unbeholfenen verschrobenen Einzelgängers, der ständig vor dem Computer sitzt und dadurch jenseits des Computers in soziale Isolation gerät. Das klingt nach Dilemma.
Aber auch in anderen Fach-Abteilungen müssen Sie sich gelegentlich mit schwierigen Mitarbeitern auseinandersetzen: Da ist der extrem extrovertierte Vertriebler, genauso bekannt und gefürchtet wie der introvertierte Tüftler in der Entwicklungsabteilung. Wichtig ist, dass Sie diese Menschen zielorientiert führen – dass es klare Ziel-Vereinbarungen zwischen der Geschäftsführung und dem Mitarbeiter gibt und diese regelmäßig (milestones) abgeglichen werden. Lassen Sie sich regelmäßig über die Aktivitäten berichten, stellen Sie ohne jegliche Hemmungen Verständnisfragen und lassen Sie sich Projekte anhand von Beispielen erläutern. Das ist für die meisten Unternehmer sicher eine ungewohnte Rolle – es ist der Preis, den Sie für die Digitalisierung zahlen sollten.
Geschäftsführer-Finanzen: Anspruch des Geschäftsführers auf Tantieme
In den meisten Geschäftsführer-Anstellungsverträgen ist vereinbart, dass der Geschäftsführer mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung Anspruch auf Auszahlung hat. Wird der Jahresabschluss einer GmbH aber nicht innerhalb dieser Frist (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbH-Gesetz) festgestellt, so ist für die Fälligkeit der Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers die fristgerechte Feststellung des Jahresabschlusses zu fingieren (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.08.2017 – 6 K 1419/14).
Steuer: BFH streicht Vergünstigung für MBO
Aufwendungen zum Erwerb einer Beteiligung sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Zahlung Voraussetzung für den Abschluss des Anstellungsvertrages ist (BFH, Urteil v. 17.5.2017, VI R 1/16).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst