Der Fall Schlecker: Was Geschäftsführer daraus lernen + Terminsache: Jahresabschluss 2016 der kleinen GmbH + Geschäftsführer-Anstellungsvertrag: Was bringt der Verweis auf BAT? + Kalkulation/Preise: Neues von der Kartell-Front + Digitalisierung: Nur nicht die Bodenhaftung verlieren + Steuerprobleme: Bonuszahlungen an den GF + Nachgeprüft: Ist der Zinsfuß für Pensionsrückstellung zu hoch?
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 43/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 27. Oktober 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
der Schlecker-Prozess geht in die letzten Runden. Für alle GmbH-Geschäftsführer von Interesse ist dabei die Frage, ab wann Anton Schlecker mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten seiner Firmen einstehen muss. Zunächst war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass dies bereits Ende 2009 der Fall war (Insolvenzantragspflicht). Ab diesem Zeitpunkt müsste Anton Schlecker einen Schaden von 25 Millionen EURO verantworten. Unterdessen geht der Staatsanwalt von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit Ende 2010 aus (Nr. 34/2017). Die Verteidigung plädiert auf April 2011. Das Gericht geht von dem Zeitpunkt aus, an dem Anton Schlecker die definitiven Zahlen für das Geschäftsjahr 2010 vorlagen. Konkret wäre das der 28. Januar 2011. Soviel lässt sich anhand der Unterlagen objektiv festmachen. Das ist die Beweislage.
Wichtig: Es gibt sie nicht – diese eindeutigen Kriterien, mit denen sich die wirtschaftliche Entscheidungswirklichkeit abbilden ließe. Für den verantwortlichen Geschäftsführer bleibt also immer auch ein strafrechtliches Rest-Risiko. Das zumindest zeigt der Fall Schlecker ziemlich eindeutig. Viel schlauer werden wir nach Abschluss der Verfahrens auch nicht sein.
Terminsache: Jahresabschluss 2016 der kleinen GmbH
Kleine GmbHs haben gerade noch 5 Wochen Zeit, den Gesellschaftern den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2016 vorzulegen, diesen feststellen und beschließen zu lassen (Frist: 30.11.2017; § 42a GmbH-Gesetz). Für Sie als Geschäftsführer ist wichtig: Lassen Sie den Beschluss über Ihre Entlastung fassen. Planen Sie die Gesellschafterversammlung rechtzeitig und fassen Sie alle Beschlüsse formal korrekt. Dazu muss der Termin für die Gesellschafterversammlung spätestens in der 48. Kalenderwoche liegen.
Definitiv letzter Werktag ist Donnerstag, der 30. November. Für die Einladung zur Gesellschafterversammlung gilt die Frist von 1 Woche, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Danach ergibt sich folgende Fristberechnung: Spätester Versandtag der Einladung zur Gesellschafterversammlung: Mittwoch 15. November. Zustellung (+ 2 Tage): 17.11. Die Wochenfrist (+ 7 Tage ab Zugang + Sonntag + Feiertag) ist eingehalten zum 29.11.2017. Tag der Gesellschafterversammlung am nächsten Tag: Donnerstag 30.11.2017). Die Gesellschafterversammlung gilt nur dann als ordnungsgemäß einberufen und ist damit sicher gegen Rechtsmittel bzw. eventuelle Ersatzansprüche, wenn den Gesellschaftern die Tagesordnung vollständig mitgeteilt wird. Es ist üblich, auf der Gesellschafterversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses auch über die Gewinnverwendung und die Entlastung der Geschäftsführer zu beschließen. Für die Tagesordnung dieser Gesellschafterversammlung sind diese Formulierungen üblich:
„1. Feststellung des Jahresabschlusses des Jahres 2016 (Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Lagebericht, Anhang)
- Beschluss über die Gewinnverwendung (Ausschüttung an die Gesellschafter bzw. Einstellung in Rücklagen) und
- Beschluss der Gesellschafter über die Entlastung der Geschäftsführer.“
Weiterführend: Der GmbH-Jahresabschluss, Beschluss-Formular
Geschäftsführer-Anstellungsvertrag: Was bringt der Verweis auf BAT?
„In meinem Anstellungsvertrag wird auf den BAT verwiesen – was bedeutet das für mich als Geschäftsführer?“. So die Anfrage eine Kollegen, der einen Formular-Anstellungsvertrag unterschrieben hat, ohne die einzelnen Vertragsbestandteile juristisch zu prüfen. Konkret geht es um die Kündigungsmodalitäten, wenn in diesem Zusammenhang auf den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) verwiesen wird. Zuletzt hat das OLG Köln für einen über 40jährigen Geschäftsführer entschieden, dass dieser nach 15jähriger Betriebszugehörigkeit unkündbar ist (§ 53 BAT). Der Geschäftsführer kann dann nur noch aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden (OLG Köln, Urteil v. 30.10.2008, 18 U 21/08). Das Urteil betrifft Geschäftsführer, deren Anstellungsvertrag die Klausel „im übrigen gelten die Bestimmungen des BAT“ oder eine vergleichbare Formulierung enthält und es keine ausdrückliche Vereinbarung über die Beendigung/Kündigung des Anstellungsvertrages gibt.
Kalkulation/Preise: Neues von der Kartell-Front
Weil auf der Verbandstagung der deutschen Tapetenhersteller (VDT) über „Preise“ gesprochen wurde, hat das Bundeskartellamt gegen die Unternehmen des Tapetenkartells insgesamt 19 Mio. EUR Strafzahlungen verhängt. Vorwurf: Kartellabsprache zu Preiserhöhungen um einheitlich 5 – 6 %. Die Klage gegen die Bußgeld-Bescheide vor dem OLG Düsseldorf blieb erfolglos (OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.10.2017, V‑2 Kart 1–3/17).
Interessant: Für die ausländischen Tapetenanbieter wurde nicht der in Deutschland erzielte Umsatz, sondern der Welt-Umsatz für die Bemessung des Bußgeldes zugrunde gelegt. Deswegen korrigierte das Gericht einige der Bußgeld-Bescheide sogar noch nach oben.
Digitalisierung: Nur nicht die Bodenhaftung verlieren
„The Spark“ (der Funke) heißt der deutsche Digitalpreis, der jährlich von der Unternehmensberatung McKinsey und dem Handelsblatt an Erfolg versprechende StartUps vergeben wird. Ziel der Veranstaltungen ist es, eine breite Aufmerksamkeit für neue Entwicklungen und Geschäftsideen zu schaffen. Dabei ist es nicht nur für die Großen der Branche interessant, Kontakte zu kreativen Gründern herzustellen. Auch kleinere Unternehmen können so frühzeitig neue Entwicklungen antizipieren und ggf. in ihr Geschäftsmodell einfließen lassen. Etwa am Beispiel der drei jetzt ausgezeichneten StartUps. Allerdings: Nur mit einer guten Idee, Willen und Durchhaltevermögen kann man (immer noch) keine Geschäfte machen. Das zeigt sich an den Schwierigkeiten, mit denen die Preisträger zu kämpfen haben:
- Beispiel 1: Die Firma Cargonexx entwickelt eine Software, mit der Spediteure Transporte besser abstimmen können. Motto: „Wir wollen LKW-Transporte so einfach machen wie Taxifahren“. Das Programm optimiert bis zu 400 Variablen – angefangen von der Strecke, über den Wochentag, Nachttransporte, Überstundentarife usw. Daraus wird der Preis für die Charge ermittelt und für den Kunden optimiert. Die Schwierigkeiten: Die neue Software-Lösung ist den Kunden – Spediteuren und Frachtunternehmen – nur schwer zu verkaufen. Die vertrauen lieber auf ihre bewährten Kalkulationsmethoden. Hintergrund: In der Praxis setzt man tendenziell auf Preisvereinbarungen mit der Konkurrenz, die eine Rendite sichern, aber keinen ruinösen Wettbewerb in Gang setzen.
- Beispiel 2: Das Berliner Software-Unternehmen Smacc will die Buchhaltung für kleinere Unternehmen radikal vereinfachen. Mit einer Rechnungserkennungs-Software. Das intelligente System erkennt automatisch alle Rechnungsdaten und ermittelt daraus Buchungssätze, prüft die einzelnen Vorgänge und veranlasst Zahlungen. Ziel: 400.000 potentielle Kunden alleine in Deutschland. Die Schwierigkeiten: Mit der DATEV und den Anbietern von Steuer-Software gibt es finanzkräftige Unternehmen, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen werden. Auch wird man in kleineren Unternehmen genau prüfen, ob man sich die Steuer-Bürokratie ins Haus nehmen soll oder ob man Tätigkeiten ohne Wertschöpfung preiswerter auslagert.
- Beispiel 3: Das StartUp Peat entwickelt seit 2015 eine App namens Plantix. Damit lassen sich Pflanzen-Krankheiten anhand von Foto-Abgleichen identifizieren. Die Trefferquote ist unterdessen hoch bis sehr hoch. Das ermöglicht eine schnellere Behandlung bzw. Ursachenbekämpfung. Ziel ist es, möglichst wenige Anbauverluste zu machen. Die Idee ist durchaus tauglich – eine gute Idee gegen Lebensmittelverschwendung, Unterernährung und gegen Fehlallokationen von Resourcen. Die Schwierigkeiten: Das Geschäftsmodell an sich steht aber noch nicht: Die App ist kostenlos, bringt also keinen Umsatz. Den will man später aus Provisionen durch den Verkauf von Düngern und Pflanzenschutzmitteln erzielen. Ob das für eine Geschäftsidee taugt? Wahrscheinlicher ist, dass der Branchenprimus einsteigt und die App als Marketing-Instrument einsetzt.
Steuerprobleme: Bonuszahlungen an den GF
Bezieht der Geschäftsführer aufgrund einer Vereinbarung Bonuszahlungen aus einem vorher verdienten Basiskapitalstock, handelt es sich nicht um Einkünfte aus mehrjähriger Tätigkeit. Die Vergünstigung für mehrjährige Tätigkeiten (§ 34 EStG) wird nicht gewährt (FG Nürnberg, Urteil v. 10.5.2017, 3 K 1935/15).
Nachgeprüft: Ist der Zinsfuß für Pensionsrückstellung zu hoch?
Auf Vorlage des FG Köln wird das BVerfG prüfen, ob der Rechnungszinsfuß nach § 6a EStG in Höhe von 6 % verfassungsrechtlicher Prüfung standhält. Die Richter des FG Köln halten den jetzigen Wert im derzeitigen Zinsumfeld für „realitätsfremd“ hoch (FG Köln, Beschluss v. 12.10.2017, 10 K 977/17).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst