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Volkelt-Brief 27/2016

Volkelt-FB-01Mit­ar­bei­ter: Nut­zen Sie Fes­te und Jubi­lä­en – aber pro­fes­sio­nell + Neu­es Gesetz: Behör­den bekom­men noch mehr Kon­troll­be­fug­nis­se + CMS: Die wich­tigs­ten Unter­neh­mens-Leit­li­ni­en für Ihre IT (II) + Geschäfts­füh­rer im US-Kon­zern: Gericht stärkt Kün­di­gungs­schutz + Kom­mu­na­le GmbH: BMF erleich­tert Zusam­men­ver­an­la­gung  + Ver­säum­nis­se: Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­schont Geschäfts­füh­rer + BISS

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Frei­burg 1. Juli 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

ob Jubi­lä­ums­ver­an­stal­tung oder Tag der offe­nen Tür: Das sind gute Mög­lich­kei­ten, das Unter­neh­men zu prä­sen­tie­ren und Wer­bung für neue Mit­ar­bei­ter zu machen. Wie beein­dru­ckend sol­che Gele­gen­hei­ten sein kön­nen, konn­te ich zuletzt beim Schwarz­wäl­der Maschi­nen­bau­er J. G. Weis­ser Söh­ne GmbH & Co. KG erle­ben. Geschäfts­füh­rung, Mit­ar­bei­ter und Senio­ren brach­ten unter dem Leit­bild „Post­schmied-Saga“ die 160-jäh­ri­ge Fir­men­ge­schich­te des Unter­neh­mens ein­drucks­voll auf die Büh­ne. Die Bin­dungs­wir­kung auf die Mit­ar­bei­ter und deren Ange­hö­ri­gen war live zu spü­ren. Dass gut gemach­te Events zur Mund-zu-Mund-Emp­feh­lung für poten­ti­el­le Mit­ar­bei­ter tau­gen, ist kein Geheimnis.

Aller­dings: Mit Frei­bier und Musik­ver­ein lässt sich das nicht errei­chen. Wich­tig ist, dass der Anlass unternehmens­bezogen umge­setzt wird. Dass der Unter­neh­mens­ge­gen­stand, USP, CI und PR-Effekt in alle Details der Ver­an­stal­tung ein­flie­ßen und kom­mu­ni­ziert wer­den. Dass das von vie­len Unter­neh­men nicht aus eige­ner Kraft geleis­tet wer­den kann, soll­te Sie davon nicht abhal­ten. Dafür gibt es Pro­fis – mit­un­ter mit pass­ge­nau­en Event-Ideen.

Legen Sie wert dar­auf, das die Event-Agen­tur passt – grö­ßen- und bud­get­mä­ßig. Wich­tig ist, dass die Che­mie zwi­schen Ihnen und den Agen­tur-Men­schen stimmt. Auch in die­ser Bran­che gibt es schwar­ze Scha­fe und Anbie­ter mit gerin­ger Pro­fes­sio­na­li­sie­rung. Ohne nach­geprüfte Refe­ren­zen geht es – wie auch bei allen ande­ren exter­nen Bera­tern (vgl. Nr. 21/2016) – über­haupt nicht. Behal­ten Sie unbe­dingt die Ver­an­stal­tungs­ho­heit – z. B. wenn Sie bis­her schon mit einem Cate­rer (PR-Bera­ter, Foto­graf, Video-Fil­mer) zu Ihrer volls­ten Zufrie­den­heit zusam­men­ge­ar­bei­tet haben, soll­ten Sie den auch ein­brin­gen können.

Neues Gesetz: Behörden bekommen noch mehr Kontrollbefugnisse

Wer schon ein­mal mit der Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit (FKS) zu tun hat­te, weiß, dass es dann zur Sache geht und auf die Wir­kung für den Publi­kums­ver­kehr kaum oder gar nicht Rück­sicht genom­men wird. Der Image­scha­den kann beträcht­lich sein. Fin­ger­spit­zen­ge­fühl sieht anders aus (vgl. Nr. 19/2013, 41/2015).

Ach­tung: Jetzt bekom­men die Zoll­be­hör­den noch mehr Rech­te und Voll­mach­ten. Nach dem Gesetz­ent­wurf des Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums (BMF) ist geplant (Gesetz zur Stär­kung der Bekämp­fung der Schwarz­ar­beit und der ille­ga­len Beschäftigung):

  • Die Prü­fungs- und Ermitt­lungs­tä­tig­kei­ten der FKS wer­den gestärkt, indem die recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für neue IT-Ver­fah­ren zur Vorgangs­bearbeitung und die Erfas­sung der Arbeits­sta­tis­tik geschaf­fen wer­den (bes­se­rer Infor­ma­ti­ons­aus­tausch mit ande­ren Behör­den).
  • Für eine effi­zi­en­te­re Auf­ga­ben­wahr­neh­mung erhält die Finanz­kon­trol­le Schwarz­ar­beit einen auto­ma­ti­sier­ten Zugriff auf das Zen­tra­le Fahr­zeug­re­gis­ter des Kraftfahrt-Bundesamtes.
  • Die für die Bekämp­fung der Schwarz­ar­beit zustän­di­gen Lan­des­be­hör­den erhal­ten – ent­spre­chend ihrer im Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz nor­mier­ten Auf­ga­ben – eige­ne Prü­fungs­be­fug­nis­se.

Die FKS hat bun­des­weit 6.800 Mit­ar­bei­ter und im Jahr 2014 eine Scha­dens­sum­me von 795 Mio. EUR auf­ge­deckt. Ten­denz: stei­gend. 2015 waren es bereits 820 Mio. EUR (plus 4%).

Die erwei­ter­ten Rech­te gel­ten dann vor­aus­sicht­lich zum 1.1.2017 und wer­den flä­chen­de­ckend umge­setzt. Die in ers­ter Linie davon betrof­fe­nen Bran­chen (Taxi­ge­wer­be, Spe­di­tio­nen, Kurier­dienst, inter­es­sant: Lie­fer­diens­te für Gas­tro­no­mie­be­trie­be) müs­sen sich dar­auf ein­stel­len, dass in Zukunft zusätz­lich auch die Lan­des­be­hör­den (Gewer­be­auf­sichts­äm­ter der Städ­te und Land­krei­se) bei Ver­dacht (Ach­tung: Anzei­gen von Kon­kur­ren­ten oder ver­är­ger­ten Mit­ar­bei­tern) von sich aus tätig wer­den. Das betrifft un­angemeldete oder falsch gemel­de­te Arbeit­neh­mer (Schwarz­ar­beit) und Ver­stö­ße gegen die Mindestlohnvorschriften.

CMS: Die wichtigsten Unternehmens-Leitlinien für Ihre IT (II)

Als Geschäfts­füh­rer sind Sie auch für die tech­ni­sche Sicher­heit und die recht­lich kor­rek­te Nut­zung der IT in Ihrem Unter­neh­men ver­ant­wort­lich. Die tech­ni­schen Stan­dards sind bestimmt nach der DIN ISO 27001. Dazu zäh­len z. B. The­men wie der Frei­ga­be von Gast­zu­gän­gen, die Aus­ge­stal­tung der Fire­wall oder ent­spre­chen­der Con­tent-Fil­ter, auch Benut­zer­richt­li­ni­en, Ver­pflich­tungs­er­klä­run­gen zum Daten­schutz und Vor­ga­ben zur Doku­men­ta­ti­on. Die meis­ten Geschäfts­füh­rer sind dazu auf den Report der Fach­abteilung angewiesen.

Ande­re Maß­stä­be gel­ten für den Geschäfts­füh­rer bei der Ein­hal­tung und Umset­zung der recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen aus dem Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz und ande­ren recht­li­chen Vor­ga­ben zur Nut­zung der IT (z. B. Pflicht zur Auf­be­wah­rung elek­tro­ni­scher Daten nach GoB). Eine Pflicht zur Ein­hal­tung der Geset­ze bzw. zur Sicher­stel­lung der Com­pli­ance ergibt sich aus dem Gesetz über Ord­nungs­wid­rig­kei­ten (§§ 9, 30, 139 OWiG), aus dem Akti­en- und dem GmbH-Gesetz (§ 43 GmbHG). Danach sind Sie ver­pflich­tet, wirt­schaft­li­chen Scha­den abzu­wen­den – also: Geset­zes­ver­stö­ße inkl. Stra­fen und Buß­gel­der nicht zu dul­den. Für den IT-Bereich müs­sen Sie Vor­ga­ben für die fol­gen­den, auch gesetz­lich fixier­ten The­men­be­rei­che machen und deren Durch­füh­rung und Ein­hal­tung kontrollieren:

  • Daten­schutz (Bestel­lung des Daten­schutz­be­auf­trag­ten, Vor­ga­ben zur Nut­zung von Kunden­daten, Wei­ter­ga­be von Daten an Drit­te, EU Daten­schutz Grundverordnung)
  • Daten­si­cher­heit (Bestel­lung eines Sicher­heits­be­auf­trag­ten, Fire­wall und Viren­schutz­pro­gram­me, tech­ni­sche Vor­keh­run­gen wie Siche­rung der Strom­ver­sor­gung, Nut­zung von Cloud-Com­pu­ting-Diens­ten, Abschluss einer Betriebsunterbrechungsversicherung)
  • Arbeits­si­cher­heit (Ergo­no­mie gemäß Bild­schirm­ar­beits­ver­ord­nung, Gesund­heits­­­vor­sor­ge-Unter­su­chun­gen durch den Arbeits­me­di­zi­ni­schen Dienst)
  • Zugangs­be­rech­ti­gun­gen (Defi­ni­ti­on, Kon­trol­len, Zugangs­kon­trol­len, Pass­wör­ter, Änderungsberechtigungen)
  • Inter­net (Vor­ga­ben zur pri­va­ten Nut­zung, Impres­sums­pflicht /Anbieter­kennung, Hin­weis auf Wider­rufs­rech­te und Infor­ma­ti­ons­pflich­ten gemäß § 312g BGB, Hin­weis auf die Online-Schlichtungsstelle)
  • Vor­ga­ben zur Nut­zung von mobi­len Gerä­ten (Note­book, Tablet, Smart­phone) durch die Mit­ar­bei­ter (aktu­el­le Sicher­heits-Soft­ware, Vor­ga­be zur Nut­zung von Apps, Beach­tung von Auszeiten)
Wich­tig sind aus Geschäfts­füh­rer-Per­spek­ti­ve 2 Din­ge: Die Geschäfts­füh­rer sind gemein­sam zustän­dig dafür, dass All­ge­mei­ne Leit­li­ni­en zur Ein­hal­tung von Recht und Gesetz durch die Mit­ar­bei­ter vor­ge­ge­ben wer­den. Res­sort-ver­ant­wort­li­che Geschäfts­füh­rer soll­ten dar­über hin­aus zusätz­li­che Leit­li­ni­en vor­ge­ben, die spe­zi­ell – wie hier für den Bereich IT – zu beach­ten sind. Kon­kret kön­nen die ein­zel­nen Punk­te betriebs-indi­vi­du­ell in einer „Mit­ar­bei­ter­ver­pflich­tun­gen zum Umgang mit der IT“ umge­setzt wer­den. Die­se soll­ten in einer Betriebs­ver­ein­ba­rung bzw. in den Arbeits­ver­trä­gen als ver­pflich­tend ein­ge­führt wer­den und mit ent­spre­chen­den Sank­tio­nen bedroht sein. Damit ist sicher­ge­stellt, dass Sie Ihre Com­pli­ance-Ver­pflich­tun­gen kor­rekt erfüllen.

Geschäftsführer im US-Konzern: Gericht stärkt Kündigungsschutz

Erst letz­te Woche haben wir über eine noch unge­klär­te Rechts­fra­ge zur Kün­di­gung eines Geschäfts­füh­rers wegen Form­feh­lern berich­tet („Geschäfts­füh­rer kön­nen Lücke nut­zen“). Jetzt gibt es zu die­ser Fra­ge ein inter­es­san­tes neu­es Urteil, das alle Geschäfts­füh­rer betrifft, die in einer deut­schen GmbH-Toch­ter­ge­sell­schaft tätig sind, die zu einem US-Kon­zern gehört.

Danach gilt: Da es im ame­ri­ka­ni­schen Recht kein all­ge­mei­nes Han­dels­re­gis­ter und kein offi­zi­el­les Gesell­schafts­re­gis­ter gibt, gibt es für den Geschäfts­füh­rer der deut­schen Toch­ter-GmbH kei­ne Sicher­heit, wer die (Mut­ter-) Gesell­schaft nach deut­schem Rechts­verständnis rechts­wirk­sam ver­tre­ten darf. Der gekün­dig­te Geschäfts­füh­rer kann dem­nach einen Nach­weis der Bevoll­mäch­ti­gung zur Kün­di­gung ver­lan­gen. Wird die­se ver­wei­gert oder bestehen Zwei­fel an der Ermäch­ti­gung, kann der Geschäfts­füh­rer die Wirk­sam­keit der Kün­di­gung gericht­lich prü­fen las­sen (OLG Köln, Urteil vom 13.8.2015, 18 U 153/14).

Im Urteil ging es um eine 100%ige US-Toch­ter­ge­sell­schaft. Nach deut­schem Recht gilt: Zustän­dig für die Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers ist die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Dabei ver­tritt der Geschäftsführer/Vorstand/CEO die Mut­ter­ge­sell­schaft in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Pro­ble­me kann es z. B. geben, wenn nicht der CEO der US-Gesell­schaft die Kün­di­gung aus­spricht und kei­ne geson­der­te Voll­machts­ur­kun­de vom Kün­di­gen­den vor­ge­legt wird. Ach­tung: Die­se Rechts­fol­gen gel­ten aber auch für alle ande­ren aus­län­di­schen Unter­neh­men, die (sämt­li­che) Antei­le an einer deut­schen GmbH erwer­ben und die­se als Toch­ter­ge­sell­schaft füh­ren. Auch hier ist im Ein­zel­fall zu prü­fen, ob der Kün­di­gen­de dazu tat­säch­lich bevoll­mäch­tigt ist.

Kommunale GmbH: BMF erleichtert Zusammenveranlagung 

Mit Schrei­ben vom 11.5.2016 hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um die neu­en Grund­sät­ze ver­öf­fent­licht, die bei der Zusam­men­le­gung von gewerb­lich täti­gen kom­mu­na­len GmbHs berück­sich­tigt wer­den müs­sen (Hier: Zusam­men­le­gung eines Block­heiz­kraft­werk mit einer kom­mu­na­len Bäder­ge­sell­schaft). Die­se Grund­sät­ze sind auf alle dazu noch offe­nen Steu­er­fäl­le anzu­wen­den – nicht bean­stan­det wird, wenn die bis dahin gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten für Zusam­men­le­gungs­fäl­le noch bis zum 1.1.2017 von den Finanz­be­hör­den ange­wandt wer­den (Quel­le: BMF-Schrei­ben IV C S 2706/08/10004).

Laut Kör­per­schaft­steu­er­ge­setz (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG) kön­nen Betrie­be steu­er­lich zusam­men erfasst und behan­delt wer­den, wenn zwi­schen ihnen eine enge wech­sel­sei­ti­ge tech­nisch-wirt­schaft­li­che Ver­flech­tung von eini­gem Gewicht besteht. Das spart im Ein­zel­fall Ver­wal­tungs­auf­wand und auch StB-Kos­ten für die getrenn­te Erstel­lung der Besteuerungsunterlagen.

 Versäumnisse: Bundesarbeitsgericht verschont Geschäftsführer

Ver­säumt es der Geschäfts­füh­rer das Wert­gut­ha­ben aus einem Alters­teil­zeit­ar­beits­ver­hält­nis gegen Insol­venz zu sichern, kann die­ser nicht per­sön­lich dafür haft­bar gemacht wer­den (§ 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV). Danach gilt: Der Arbeit­ge­ber oder ein organ­schaft­li­cher Ver­tre­ter haf­ten nicht, wenn sie den Scha­den nicht zu ver­tre­ten haben (BAG, Urteil vom 23.2.2016, 9 AZR 293/15).

Damit bestä­tigt das Bun­des­ar­beits­ge­richt sei­ne bis­he­ri­ge Rechts­auf­fas­sung. Ach­tung: Als Geschäfts­füh­rer sind Sie den­noch gut bera­ten, für eine ent­spre­chen­de Insol­venz­si­che­rung zu sor­gen. Nicht abschlie­ßend geklärt ist näm­lich, ob der Geschäfts­füh­rer wegen einer all­ge­mei­nen Pflicht­ver­let­zung (§ 43 GmbH-Gesetz: Ver­stoß gegen die Sorg­falts­pflich­ten) von der GmbH in die Haf­tung genom­men wer­den kann.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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