Geschäftsführung: Schlechte Karten ohne juristisches Gespür + Mitarbeitende Gesellschafter: Über den Umgang mit schwierigen Mitarbeitern (II) + DIGITALES: Lehren aus dem Fall Theranos + GroKo-Pläne: 45 Mitarbeiter sind die kritische Schwelle + GmbH/Recht: Gerichtsstand für GmbH/UG + GmbH/Finanzen: Hilfe für das schnelle Geschäftskonto + GmbH/Firmenwagen: Händler muss alten Diesel zurücknehmen + GmbH/Steuer: Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers + Gewerbesteuer: Kommune darf eigenen Prüfer einsetzen
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 13/2018 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 29. März 2018
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
10 der 50 größten US-Firmen werden von Juristen geführt. Trend: weiter steigend. Ähnlich die Tendenz in Deutschland. Auch hier sind es vor allem größere Unternehmen, die Juristen in den oberen Etagen einstellen (Compliance Beauftragter). Etwas anders sieht es im Mittelstand und in kleineren Unternehmen aus. Die meisten Geschäftsführer stammen aus praktischen Berufen (Ingenieure, Betriebswirte, Informatiker, Marketing-Experten usw.).
Aber auch hier gilt: Geschäftsführungs-Entscheidungen müssen immer stärker juristisch fundiert sein. Beispiele: Eine Werbe-Kampagne über ein fünfstelliges Budget muss rechtlich unangreifbar sein oder für ein neues Produktionsverfahren muss ein hieb- und stichfestes Risiko-Management durchgeführt werden. Fakt ist: Das Haftungs-Risiko für Geschäftsführer steigt seit Jahren. Wir berichten an dieser Stelle regelmäßig – so z. B. zum Fall Middelhoff (vgl. Nr. 36/2017) oder zuletzt zum Fall Schlecker (vgl. Nr. 49/2017). Es sind nicht nur Steuer- oder Sozialversicherungsansprüche oder Fehler im Insolvenzverfahren, die für den Geschäftsführer zum Risiko werden. Immer öfter sind es die Gesellschafter selbst, die ihre Geschäftsführer für vermeintliche Vermögensschäden in die Haftung nehmen. Wie können Sie sich hier noch besser absichern?
Mitarbeitende Gesellschafter: Über den Umgang mit schwierigen Mitarbeitern (II)
Üblich und u. U. aus steuerlichen Gründen interessant ist es, einen (oder mehrere) der GmbH-Gesellschafter als Arbeitnehmer in der eigenen GmbH zu beschäftigen. Z. B. dann, wenn der Ehegatte mit einem geringen Anteil an der GmbH beteiligt ist, dieser ein zusätzliches Einkommen erzielt und daneben auch noch zusätzliche Leistungen von der GmbH bezieht (Firmenwagen, Altersversorgung). Oder wenn einer der Gesellschafter wichtiges Know-How in die GmbH einbringen kann, aber nicht die Gesamtverantwortung zur Führung der operativen Geschäfte übernehmen will. Dazu muss dann – wie zwischen Dritten üblich – ein Anstellungs- oder Arbeitsvertrag abgeschlossen werden. In der Praxis kommt es dabei allerdings oft zu Problemen zwischen dem amtierenden Geschäftsführer und dem mitarbeitenden Gesellschafter. Beispiele aus der Praxis:
- Der als Arbeitnehmer tätige Gesellschafter nimmt außerhalb der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Geschäftsführung.
- der Gesellschafter trägt sein Insiderwissen als Gesellschafter in die GmbH und untergräbt damit Geschäftsführungs-Entscheidungen.
- der Gesellschafter geht davon aus, dass seine Arbeitnehmerrolle mit anderen Maßstäben zu beurteilen ist, als die der übrigen Arbeitnehmer.
- der Gesellschafter nutzt seine Arbeitnehmer-Position dazu, die Mit-Gesellschafter über GmbH-interne Abläufe zu unterrichten, die auf Gesellschafter-Ebene eigentlich nicht relevant sind.
Besonders schwierig ist die Situation des Geschäftsführers, wenn er als sog. Fremd-Geschäftsführer in einer GmbH tätig ist, in der mehrere Gesellschafter als Arbeitnehmer angestellt sind. Diese besetzen meist die Leitungsfunktion in einzelnen Fachabteilungen – also z.B. als Produktionsleiter oder Entwicklungschef. Sind sich die tätigen Gesellschafter in der Beurteilung des „Fremd-Geschäftsführers“ einig, steht es ihnen (bzw. je nach Vertragslage) offen, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen oder ihn sogar abzuberufen. Noch unsicherer ist die Stellung des Geschäftsführers, wenn nur ein Teil der Gesellschafter in der GmbH tätig ist, der andere Teil lediglich Gesellschafter-Aufgaben im Rahmen der Gesellschafterversammlung ausübt. Im Krisen- bzw. Konfliktfall kann es hier leicht dazu kommen, dass Sie als Fremd-Geschäftsführer zwischen allen Stühlen sitzen. Hier helfen nur „gute Nerven“ und ein Anstellungsvertrag, der Sie gut absichert.
Die Rechtslage: Haben die Gesellschafter ihr Arbeitsverhältnis mit der GmbH nicht über den Gesellschaftsvertrag abgesichert (Verpflichtung zur aktiven Mitarbeit), steht ihnen als Geschäftsführer das arbeitsrechtliche Instrument (Abmahnung, Kündigung, Weisungsrecht) auch gegen den Gesellschafter zu. Hier empfiehlt es sich, im Grundsatz die Interessen der GmbH – notfalls auch gegen den Gesellschafter – zu vertreten, wenn Sie mittel- und langfristig erfolgreich tätig sein wollen. Zeichnen sich Konstellationen ab, die eine ordentliche Abwicklung der Geschäfte behindern, sind Sie gut beraten den Arbeitgeber zu wechseln. In diesem Fall sollten Sie von vorne herein kurze Kündigungsfristen vereinbaren und sich auf keine nachvertragliche Wettbewerbsklausel einlassen.
DIGITALES: Lehren aus dem Fall Theranos
Nicht Alles, was sich digital nennt, glänzt. In allen Branchen gibt es Trittbrettfahrer, kleine und größere Schwindler. Auch wer sich in den digitalen Märkten bewegen will, ist also gut beraten, die Spreu vom Weizen zu trennen. Nicht wenige StartUp-Gründer legen es unterdessen darauf an, ganz gezielt Branchenlösungen zu entwickeln, die sie anschließend in der Branche zu Höchstpreisen anbieten und verkaufen – und zwar auch dann, wenn es sich dabei lediglich um vermeintliche Lösungen handelt, die keine Marktreife haben und unversehens wieder in den Schubladen der Entwicklungsabteilungen verschwinden werden. Vieles, was sich hinter digitalen Fachbegriffen (Skalierung, Disruption), vermeintlichen algorithmischen Erkenntnissen und Google-Analytics verbirgt, ist mit Vorsicht zu genießen.
Voraussetzung für finanzielles Engagement im Digital-Markt ist ein professioneller Business-Plan, der alle Aspekte des Geschäftsmodells ausführlich, fundiert und verständlich darstellt. Prominentestes Beispiel für betrügerisches Vorgehen ist der Fall „Theranos” aus den USA. Gründerin Elizabeth Holmes gelang es, in kürzester Zeit, Investoren mit rund 700 Mio. $ für ein revolutionäres Blutanalyse-Verfahren „einzuladen” und daraus ein Unternehmen aufzubauen, das zeitweise mit 10 Mrd. $ Unternehmenswert gehandelt wurde. Allerdings: Das medizinische Verfahren funktionierte zu keinem Zeitpunkt. Die US-Börsenaufsicht hat den Fall jetzt endgültig beendet. Die Gründerin wurde mit einer saftigen Geldstrafe und einem 10jährigen Berufsverbot belegt. Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe stehen noch aus.
GroKo-Pläne: 45 Mitarbeiter sind die kritische Schwelle
Zu den Aufgaben der strategischen Geschäftsführung gehört es, Ablauf und Organisation des Geschäftsbetriebs zu planen. Aus guten Gründen – sei es aus haftungs- und steuerrechtlichen Überlegungen (Betriebsaufspaltung), aus unterschiedlichen unternehmerischen Beteiligungs-Interessen (GmbH & Co. KG, KGaA), aus bilanziellen Überlegungen („Kleine” GmbH < 50 Mitarbeiter) oder unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten (Mitbestimmung, Kündigungsschutz < 10 Mitarbeiter, Betriebsrat).
Das ist legitim, zulässig und betriebswirtschaftlich angesagt. Z.. B., indem einzelne Funktionen (Customer Services, Vertrieb, Beschaffung usw.) in selbständige Unternehmenseinheiten ausgelagert werden, um effizienter zu arbeiten oder zusätzliche Geschäftsfelder zu bedienen. Hier ist es ab sofort wichtig, für die mittelfristige Planung nach vorne zu schauen. Im Zuge der gesetzlichen Regelung der Teilzeitbeschäftigung wird eine Änderung kommen, die es ab sofort bei der Personalplanung zu berücksichtigen gilt. Es geht um den Anspruch auf Rückkehr auf die ursprünglich vereinbarte Arbeitszeit. Entscheidendes Kriterium ist die Mitarbeiterzahl. Laut Koalitionsvertrag sind alle Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeiterm betroffen. Konkret vereinbart wurde:
- Im Teilzeit- und Befristungsrecht wird ein Recht auf befristete Teilzeit eingeführt.
- Es besteht aber kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit während der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit.
- Der neue Teilzeitanspruch nach diesem Gesetz gilt für Unternehmen, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen.
- Für Unternehmensgrößen von 46 bis 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, dass lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Anspruch gewährt werden muss.
- Bei der Berechnung der zumutbaren Zahlen an Freistellungen werden die ersten 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgezählt.
- Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen (S. 53 im Koalitionsvertrag).
GmbH/Recht: Gerichtsstand für GmbH/UG
An dem Ort, an dem die GmbH/UG ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung hat, kann sie verklagt werden (BGH, Urteil v. 14.11.2017, 6 ZR 73/17).
GmbH/Finanzen: Hilfe für das schnelle Geschäftskonto
StartUp-GmbHs oder UG lassen sich zwar schnell gründen. Probleme haben aber viele Gründer mit einer zeitnahen Kontoeröffnung – unterdessen brauchen die meisten Banken dazu mehrere Wochen – wegen der langen Prüfungs- und Zulassungsfristen (z. B. aus den Geldwäscheregeln). Schnelle Hilfe bieten hier FinTech StartUps, die sich auf schnelle Konten spezialisiert haben – z. B. das FinTech Unternehmen Penta > www.getpenta.com.
GmbH/Firmenwagen: Händler muss alten Diesel zurücknehmen
Ein VW-Händler muss den 2015 gekauften VW Tiguan Sport Motion trotz Nachrüstung zurücknehmen bzw. ein fehlerfreies Neufahrzeug liefern. Dazu das Gericht: „Der Durchschnittskäufer kann bei einem Autokauf erwarten, dass das von ihm erworbene Fahrzeug die Abgaswerte einhält, und zwar nicht nur durch eine beigefügte Software für den Prüfstand. Er kann erwarten, dass alle laufenden Prozesse auf dem Prüfstand auch im normalen Fahrbetrieb aktiv bleiben und der Prüfstand somit die reale Fahrsituation nachbildet. Dass, wie die Beklagte vorbringt, der Abgasausstoß zwischen Prüfstand und Straßenbetrieb auf natürliche Weise variieren, ist dabei bekannt aber insoweit unerheblich” (LG Hamburg, Urteil v. 7.3.2018, 329 O 105/17).
GmbH/Steuer: Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers
Dessen Tantieme gilt spätestens mit der Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses als zugeflossen und steuerpflichtig. Ausnahme: Die GmbH ist zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig. Für große und mittelgroße GmbH ist das der 30.8., für kleine GmbH/UG der 31.11. des auf das Geschäftsjahr folgenden Jahres (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.8.2017, 6 K 1418/14).
Gewerbesteuer: Kommune darf einen eigenen Prüfer einsetzen
Laut Finanzgericht Düsseldorf ist es zulässig, dass die Kommune zu einer Betriebsprüfung zusätzlich einen kommunalen Mitarbeiter einsetzen kann, der im Auftrag der Kommune prüft, inwieweit das Unternehmen seine Pflichten in Sachen Gewerbesteuer korrekt erfüllt. Dies ergibt sich aus dem Finanzverwaltungsgesetz und ist nicht zu beanstanden (FG Düsseldorf, Urteil v. 19.1.2018, 1 K 2190/17 AO).
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