Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 07/2016

Volkelt-FB-01Geschäfts­füh­rung: Kein Job für Angst­ha­sen + GmbH-Steu­ern: Neue Urtei­le der Finanz­ge­rich­te + Geschäfts­füh­rer-Gehalt: Tan­tie­me-Anteil sinkt auf Tiefst­stand + E‑Mail vom Chef: Neue Metho­den im Inter­net-Betrug + Vor­sor­ge: Geschäfts­füh­rer-Alters­ver­sor­gung wird ent­las­tet + Steu­er: Geschäfts­füh­rer-Fir­men­wa­gen ist kei­ne Lizenz zur Steu­er­be­frei­ung + Arbeits­kos­ten: Son­der­zah­lun­gen auf den Min­dest­lohn anrech­nen + BISS

 

 

Der Vol­kelt-Brief 07/2016 > Down­load als PDF - lesen im „Print”

Frei­burg 12. Febru­ar 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

wenn ich irgend­wel­che Sor­gen habe, habe ich Nie­man­den, den ich anru­fen kann“. Auf die­sen Nen­ner brach­te zuletzt Niki Lau­da, Renn­fah­rer-Legen­de und ehe­ma­li­ger Geschäfts­füh­rer der Lau­da-Air­line, sei­nen See­len­zu­stand – befragt zum The­ma Ängs­te von Füh­rungs­kräf­ten. Den meis­ten Füh­rungs­kräf­ten – auch Geschäfts­füh­rern – fällt es nicht leicht über sol­che Befind­lich­kei­ten zu reden. Das weiß auch Sieg­fried Greif, Coach und Geschäfts­füh­rer des Insti­tuts für wirt­schafts­psy­cho­lo­gi­sche For­schung und Bera­tung in Osna­brück. O‑Ton: „Dar­über redet man in Chef­eta­gen nicht ger­ne. Das gilt als Zei­chen von Schwä­che“.

Dabei sind Ängs­te nur all­zu mensch­lich. Ver­sa­gens­ängs­te. Angst vor dem sozia­len Abstieg. Beson­ders typisch für den selb­stän­di­gen Geschäfts­füh­rer: Die Angst vor einer Insol­venz und deren Fol­gen – für die wirt­schaft­li­che Exis­tenz und für den sozia­len Sta­tus. Oft gibt es im pri­va­ten Umfeld kei­ne geeig­ne­ten Ansprech­part­ner, mit denen über die­se The­men gespro­chen wer­den kann. Fakt ist, dass die Unfä­hig­keit im Umgang mit den eige­nen Ängs­ten in vie­len Fäl­len in kör­per­li­che Sym­pto­me umschlägt, z. B. in Blut­hoch­druck oder in stress­be­ding­te Aggres­sio­nen. Fakt ist aber auch, dass die Wis­sen­schaft die­ses Phä­no­men nicht sys­te­ma­tisch bear­bei­tet und noch immer in den Kin­der­schu­hen steckt. Für Geschäfts­füh­rer, die Pro­ble­me im Umgang mit Ängs­ten haben, ist von daher also kaum Hil­fe zu erwarten.

Nicht immer gibt es im Freun­des- oder Bekann­ten­kreis Per­so­nen, mit denen ein Gespräch auf Augen­hö­he mög­lich ist und mit denen lösungs­be­zo­ge­ne Ansät­ze bespro­chen und erar­bei­tet wer­den kön­nen. Das geht in der Regel nur mit Per­so­nen, die über sehr hohe Sozi­al­kom­pe­tenz ver­fü­gen, fun­dier­te Lebens­er­fah­rung haben oder in einer Aus­bil­dung die ent­spre­chen­den Arbeits­tech­ni­ken zum Coa­ching erlernt haben. Dar­un­ter soll­ten Sie es nicht angehen.

GmbH-Steuern: Neue Urteile der Finanzgerichte

Kaum kommt das Geschäfts­jahr 2016 in die Gän­ge, müs­sen sich die Steu­er­be­ra­ter von GmbHs wie­der auf Neue­run­gen im Besteue­rungs­ver­fah­ren ein­stel­len. Im Janu­ar hat der Bun­des­fi­nanz­hof gleich 2 wich­ti­ge Urtei­le ver­öf­fent­licht, die auch Sie als davon betrof­fe­ner Geschäfts­füh­rer einer GmbH ken­nen soll­ten. Im Ein­zel­nen gilt:

  • Umsatz­steu­er­li­che Organ­schaft mit einer Toch­ter­ge­sell­schaft: Mit der Organ­schaft ist es den Unter­neh­men mög­lich, unter­ein­an­der Leis­tun­gen zu erbrin­gen, die nicht steu­er­pflich­tig sind und die damit nicht zu Vor­steu­ern füh­ren, die wegen des feh­len­den Rechts auf Vor­steu­er­ab­zug nicht abzieh­bar wären. Ent­ge­gen bis­he­ri­ger Recht­spre­chung lässt der BFH nun­mehr eine Organ­schaft auch mit Toch­ter­per­so­nen­ge­sell­schaf­ten zu. (BFH, Urteil vom 2.12.2015, V R 25/13).
  • Zuschüs­se an nahe Ange­hö­ri­ge: Die Recht­spre­chung zur sog. ver­deck­ten Gewinn­aus­schüt­tung der GmbH betrifft immer wie­der auch Zah­lun­gen an nahe ste­hen­de Drit­te – also Per­so­nen, die einem Gesell­schaf­ter nahe ste­hen. Dazu gibt es unter­des­sen eini­ge Urtei­le, in denen der BFH fest­stellt, dass der Ehegatte/Lebensgefährte grund­sätz­lich und ohne Aus­nah­me als begüns­tig­te Drit­te Per­so­nen anzu­se­hen ist. Der Fall: Die GmbH der Part­ne­rin hat­te für die Anwalts- und Gerichts­kos­ten Ihres Part­ners – dem Geschäfts­füh­rer der GmbH – ein Dar­le­hen auf­ge­nom­men. Nach Kla­ge­ab­wei­sung hat­te die GmbH eine Teil­wert­ab­schrei­bung auf das Dar­le­hen vor­ge­nom­men. Das Finanz­amt beur­teil­te das als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (BFH, Beschluss vom 20.10.2015, I B 2/15).
 Nicht geprüft wur­de in dem Ver­fah­ren, ob es ein fak­ti­sches Inter­es­se der GmbH an der Pro­zess­füh­rung gege­ben haben könn­te. Zuwen­dun­gen der GmbH an nahe Ange­hö­ri­ge (also Ehe­gat­ten, Part­ner, Eltern oder Kin­der) wer­den vom Finanz­amt nur als Betriebs­aus­ga­ben aner­kannt, wenn die­se auf der Grund­la­ge einer ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung geleis­tet wer­den – das wäre eine Ver­ein­ba­rung im Anstel­lungs­ver­trag „zur Über­nah­me von Gerichts- und Anwalts­kos­ten für Gerichts­ver­fah­ren im Inter­es­se der GmbH“.

Geschäftsführer-Gehalt: Tantieme-Anteil sinkt auf Tiefststand

Lan­ge Zeit galt der Grund­satz, dass die Tan­tie­me des Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rers einer GmbH höchs­tens 25 % der Gesamt­be­zü­ge betra­gen darf und dass die Tan­tie­me höchs­tens 50 % des steu­er­li­chen GmbH-Gewinns betra­gen darf  (50 % – Regel). Unter­des­sen hat der Bun­des­fi­nanz­hof sei­ne Recht­spre­chung zu Guns­ten von Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern geän­dert (z. B. BFH-Urteil vom 4.6.2003, I R 24/02 oder I R 80/01). Die sog. 25%-Regel wird vom Finanz­amt nicht mehr ange­wen­det. Vor­teil: Der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer kann sein Gehalt fle­xi­bel an die Ertrags­la­ge der GmbH anpas­sen, ohne dass er sei­nen Anstel­lungs­ver­trag abän­dern muss (Gehalts­er­hö­hung, Gehaltsreduzierung).

Bei­spiel: Ent­wick­lung des Tan­tie­me-Anteils an der Gesamtvergütung:

Bran­che Höhe der Tantieme

 (2015)

Anteil der Tan­tie­me an der Gesamt­ver­gü­tung (2011) Anteil der Tan­tie­me an der

Gesamt­ver­gü­tung (2014)

Anteil der Tan­tie­me an der

Gesamt­ver­gü­tung (2015)

Dienst­leis­ter 21.000 € 26 % 19 % 18 %
Ein­zel­han­del 25.000 € 25 % 24 % 24 %
Groß­han­del 27.000 € 32 % 21 % 21 %
Hand­werk 19.000 € 23 % 20 % 18 %
Indus­trie  34.000 € 36 %  28 % 26 %

Aus­ge­wer­tet nach Daten der BBE-Stu­di­en „GmbH-Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tun­gen 2012, 2014, 2015” 

Auf­fäl­lig: Gab es über Jah­re (bis 2010/2011) hin­weg einen deut­li­chen Trend hin zu einem höhe­ren Tan­tie­me-Anteil am Geschäfts­füh­rer-Gehalt und damit eine Ent­wick­lung hin zur Erfolgs­ver­gü­tung, so ist hier eine Trend­wen­de erreicht. In den letz­ten Jah­ren ist der Tan­tie­me-Anteil am Gesamt­ge­halt deut­lich gesun­ken. Nur noch in der Indus­trie liegt der Tan­tie­me-Anteil mit 26 % leicht über der 25 % – Gren­ze. Im Hand­werk und in der Dienst­leis­tungs­bran­che ver­die­nen Geschäfts­füh­rer unter­des­sen nur noch zu knapp über einem Fünf­tel des Gehalts als Tan­tie­me. Da die gezahl­ten Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter in 2015 gegen­über 2014 kon­stant geblie­ben sind oder sogar leicht gestie­gen sind (vgl. Nr. 46/2015 ff.), kann der Rück­gang des Tan­tie­me-Anteils nicht auf gesun­ke­ne Gewin­ne zurück­zu­füh­ren sein. Viel­mehr heißt das: Geschäfts­füh­rer legen wie­der einen höhe­ren Wert auf Sicher­heit – sprich der Anteil der fes­ten Bezü­ge steigt.

Wich­tig ist, die 50%-Gewinn-Grenze ein­zu­hal­ten. Sind z. B. 3 Geschäfts­füh­rer vor­han­den, darf die an die 3 Geschäfts­füh­rer gezahl­te Tan­tie­me zusam­men nicht mehr als 50% des steu­er­li­chen Gewinns betra­gen. Dazu soll­te die Tan­tie­me-Ver­ein­ba­rung im Anstel­lungs­ver­trag eine ent­spre­chen­de Höchst­gren­ze ent­hal­ten. For­mu­lie­rung: „Der Geschäfts­füh­rer erhält neben sei­nen Fest­be­zü­gen eine Tan­tie­me in Höhe von (maxi­mal 50 %, bei meh­re­ren Geschäfts­füh­rern mit Tan­tie­me-Anspruch max. 50 % /Anzahl der Geschäfts­füh­rer) des Steu­er­bi­lanz­ge­winns nach Ver­rech­nung mit Ver­lust­vor­trä­gen und vor Abzug der Kör­per­schaft- und Gewerbesteuer“.

E‑Mail vom Chef: Neue Methoden im Internet-Betrug

Anruf in der Tele­fon­zen­tra­le: „Sagen Sie, wer in Ihrem Haus ist denn Hand­lungs­be­fugt?“. Hat der Anru­fer erst ein­mal die für ihn wich­ti­gen Infor­ma­tio­nen zusam­men getra­gen, ist dem Miss­brauch Tür und Tor in die Fir­ma geöff­net. Fakt ist:  Unge­bremst auf dem Vor­marsch ist die orga­ni­sier­te Cyber-Wirt­schafts­­­kri­mi­na­li­tät. Dabei ent­wi­ckeln die Täter immer neue Formen.

Neu­es­te Masche: Ver­kappt als E‑Mail vom Chef wer­den Anwei­sun­gen an hand­lungs­be­rech­tig­te Mit­ar­bei­ter ver­schickt, z. B. mit kon­kre­ten Über­wei­sungs­auf­trä­gen. Oder in der E‑Mail wird auf einen zu erwar­ten­den E‑Mail-Ein­gang von einem Wirt­schafts­an­walt  ver­wie­sen, der dann die kon­kre­ten Zah­lungs­an­wei­sun­gen – Betrag, Zweck und Bank­ver­bin­dung – nennt und das Zah­lungs­ziel vor­gibt. Hier muss die Anwei­sung hei­ßen: Kei­ne Zah­lungs­an­wei­sung, ohne dass nach dem Vier-Augen-Prinzp geprüft wur­de. Bei kleins­ten Auf­fäl­lig­kei­ten müs­sen die als Auf­trag­ge­ber genann­ten Per­so­nen rück­ge­fragt wer­den. Bei unmit­tel­ba­rer Bedro­hung ist zu prü­fen, ob Anzei­ge erstat­tet ein­ge­schal­tet werden.

Ent­fer­nen Sie unnö­ti­ge Infor­ma­tio­nen über Funk­tio­nen und Mit­ar­bei­ter (Pro­ku­ra, Hand­lungs­voll­macht) aus dem Inter­net-Impres­sum bzw. aus den Kon­takt-Sei­ten. Wei­sen Sie Ihre Mit­ar­bei­ter an, unge­wöhn­li­che Fra­gen, die tele­fo­nisch oder per E‑Mail ein­ge­hen, grund­sätz­lich nicht zu beant­wor­te. Auf­fäl­li­ge E‑Mails soll­ten sofort in den SPAM-Ord­ner ver­scho­ben, aber aus Beweis­grün­den nicht sofort gelöscht wer­den. Ver­an­las­sen Sie, dass der IT-Ver­an­t­­wort­li­che regel­mä­ßig Sicher­heits-Schu­lun­gen durchführt.

Vorsorge: Geschäftsführer-Altersversorgung wird entlastet

Laut Kabinetts­beschluss wer­den GmbHs, die für Betriebs­ren­ten Rück­stel­lun­gen bil­den, steu­er­lich ent­las­tet wer­den. Dazu wird der Rech­nungs­zins, nach dem die Höhe der Rück­stel­lung berech­net wird, dem all­ge­mein nied­ri­gen Zins­ni­veau ange­passt, indem der Durchschnitts­berechnungszeitraum für die­sen Zins von 7 auf 10 Jah­re ver­län­gert wird. Fol­ge: Die Rück­stel­lun­gen müs­sen in Zukunft nur noch mode­rat erhöht wer­den. Umge­kehrt soll aber der so ent­stan­de­ne zusätz­li­che Bilanz­ge­winn nicht besteu­ert werden.

Weil die nied­ri­gen Zin­sen seit Jah­ren dazu füh­ren, dass auch die zurück­ge­stell­te Spar­sum­me rein rech­ne­risch nied­ri­ger ver­zinst wird, muss­ten die GmbHs immer höhe­re Rück­stel­lun­gen bil­den, um die ver­ein­bar­te Pen­si­on anspa­ren zu kön­nen. Bei der beschlos­se­nen Anpas­sung han­delt es sich so gese­hen ledig­lich um eine Kor­rek­tur, mit der die durch die Nied­rig­zins­pha­se ent­stan­de­ne Schief­la­ge rech­ne­risch wie­der ins Lot gerückt wird, ohne dass das Finanz­amt zusätz­li­che Steu­ern ver­lan­gen kann.

Geschäftsführer-Firmenwagen ist keine Lizenz zur Steuerbefreiung

Der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer einer Bera­tungs-GmbH gönn­te sich einen Mase­r­a­ti als Fir­men­wa­gen. Im Rah­men sei­ner Tätig­keit als Bera­ter ging er (zu selbst­ver­ständ­lich) davon aus, dass „ein Augen­schein-Beweis“ dafür aus­rei­chen müss­te, dass der Wagen aus­schließ­lich geschäft­lich und nicht pri­vat genutzt wird. Die­se Art Beweis­füh­rung hat vor dem Bun­des­fi­nanz­hof kei­nen Bestand. Der Geschäfts­füh­rer muss­te sei­nen pri­va­ten Nut­zungs­an­teil nach­träg­lich ver­steu­ern (BFH, Beschluss vom 30.9.2015, I B 85/14).

Der betrof­fe­ne Geschäfts­füh­rer muss­ten sich im Revi­si­ons­ver­fah­ren vom BFH beleh­ren las­sen, dass sie die dazu bereits ergan­ge­ne Recht­spre­chung hät­ten vor­ab prü­fen müs­sen. Fazit: Schlecht vor­be­rei­tet soll­te man nie in ein Finanz­ge­richts­ver­fah­ren ein­stei­gen. Das kos­tet, bringt aber kei­nen Erfolg. Der Geschäfts­füh­rer-Kol­le­ge war mit einer Kla­ge wirk­lich schlecht beraten.

Arbeitskosten: Sonderzahlungen auf den Mindestlohn anrechnen

Zahlt die Fir­ma regel­mä­ßi­ge Son­der­zah­lun­gen (hier: regel­mä­ßig 2 hal­be Monats­be­zü­ge pro Jahr antei­lig monat­lich aus­ge­zahlt), dann kann das bei der Berech­nung des Min­dest­lohn ein­be­rech­net wer­den (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Urteil vom 12.1.2016, 19 Sa 1851/15).

Nur durch Umrech­nung einer ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Son­der­zah­lung wur­de der Min­dest­lohn erreicht. Eine Beson­der­heit gilt aller­dings für zu zah­len­de Nacht­ar­beits­zu­schlä­ge: Die­se müs­sen – auch wenn die­se im Arbeits­ver­trag auf den unter dem Min­dest­lohn lie­gen­den Stun­den­lohn gekop­pelt sind – grund­sätz­lich auf den Min­dest­lohn von 8,50 EUR berech­net werden.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

Schreibe einen Kommentar