Der Fall Middelhoff: Immer mehr Gerichte machen Ernst mit der Haftung für Führungskräfte + Mitarbeiter: Mehr Spielraum für kurzfristig Beschäftigte + Geschäftsübernahme: Firma ist nicht gleich Firma + TOP-Athleten im Betriebs-Praktikum: Gut für die Unternehmens-PR + Betriebsstätten-Verordnung: Mit Kanonen auf den Mittelstand + Arbeitsrecht: Bessere Karten für Arbeitgeber im Abfindungs-Poker + GmbH-Anteil: Zu niedriger Kaufpreis rechtfertigt keine Lohnsteuer + Erbschaftsteuer: Für Unternehmensnachfolge-Regelungen tickt die Uhr + BISS …
Dipl. Vw. Lothar Volkelt, Herausgeber der Volkelt-Briefe
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Nr. 48/2014
Freiburg 28.11.2014
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
3 Jahre Haft ohne Bewährung mit sofortigem Vollzug – so das für viele überraschend harte Urteil gegen den ehemaligen Karstadt-Manager Thomas Middelhoff. Spätestens seit dem Fall Breuer/Kirch ist klar, dass die deutschen Gerichte Führungs-Personen aus der Wirtschaft immer genauer auf die Finger schauen (vgl. Nr. 10/2014). Brisante Schnittstelle ist die Vermischung von betrieblichen und privaten Interessen (vgl. Nr. 41/2014).
Beispiel: Die dienstliche Nutzung von Middelhoffs Privat-Jet war laut Zeugenaussage des Aufsichtsrates „mündlich“ genehmigt. Aber: Es zählt nur, was schwarz auf weis vereinbart ist. Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbHs kennen das Thema private Veranlassung bislang nur aus steuerlichen Gründen. Ab sofort sollten Sie sich darauf einstellen, dass die Mit-Gesellschafter, der Insolvenzverwalter und die Gläubiger privat veranlasste Zahlungen an den Geschäftsführer zum Anlass nehmen, einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführer zu begründen. Mit diesem Urteil ist der Anfang dafür gemacht, dass die Richter ab sofort strengere Maßstäbe auch im kleineren Rahmen anwenden werden.
Mitarbeiter: Mehr Spielraum für kurzfristig Beschäftigte
Viele auch kleinere Unternehmen überbrücken Ausfälle von Mitarbeitern, Ferien-Vertretungen oder auftragsbedingte Überkapazitäten mit der Einstellung von kurzfristig Beschäftigten. Vorteil: Der Lohn ist bei nicht berufsmäßiger Ausübung sozialversicherungsfrei und wird ggf. nur pauschal besteuert (25 %). Nachteil: Für viele Unternehmen sind die engen Vorgaben (Beschäftigung über max. 2 Monate an 50 Arbeitstagen) nicht realistisch. Gerade fürs Saisongeschäft (Gastronomie, Tourismus, Landwirtschaft) bedeutet das, dass ständig neue Arbeitskräfte (hier: Schüler, Studenten) gesucht und eingelernt werden müssen. Der Einspareffekt bei der Lohnsteuer und der Sozialversicherung ist damit schnell dahin.
Ab 1.1.2015 haben Sie hier mehr Möglichkeiten. Geringfügig Beschäftigte können Sie dann im Jahr bis zu 3 Monaten und bis zu 70 Arbeitstagen eingestellen. Diese Regelung gilt bis zum 31.12.2018 (Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11.8.2014, § 115 SGB IV; Artikel 9 Nr. 3, BGBl. I S. 1348).
Geschäftsübernahme: Firma ist nicht gleich Firma
Geht – z. B. – das Lokal Zum goldenen Anker an einen neuen Inhaber, kann das Finanzamt diesen nicht ohne weiteres für die Steuerschulden des Vorgängers in die Haftung nehmen. Es handelt sich nicht um eine Firmenfortführung (BFH, Urteil vom 20.5.2014, VII R 46/13). Laut BFH muss das Finanzamt die vertraglichen Verhältnisse zu Grunde legen. Viele Unternehmen gestalten den Betrieb in Form einer (unechten) Betriebsaufspaltung. Operatives Geschäft und Anlagevermögen werden in getrennten Gesellschaften geführt. Selbst wenn die Firma nach außen und für die Kunden unverändert als Goldener Anker firmiert, muss das Finanzamt die Verträge beachten. Selbst dann, wenn die eine oder andere Rechnung eines Zulieferers falsch adressiert wird – zum Beispiel an den Goldenen Anker statt an die Fa. ABC Speisen GmbH.
TOP-Athleten im Betriebs-Praktikum: Gut für die Unternehmens-PR
Eine gute Idee auch für mittelständische Unternehmen ist aus der Zusammenarbeit der Deutschen Unternehmensbörse (DUB) und der Deutschen Sporthilfe entstanden: Die Praktikantenbörse für deutsche Top-Athleten.
Die Idee: Als Starthilfe nach der Athleten-Karriere stellen Unternehmen Praktikums-Plätze zur Verfügung. Davon profitieren beide Seiten: Die Athleten erhalten die Möglichkeit, erste Erfahrungen für den Umstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu machen und Kontakte in die Wirtschaft zu knüpfen. Das Unternehmen kann mit einem bekannten Gesicht aus dem Sport seine PR-Arbeit unterstützen. Sei es, um bei der Nachwuchs-Suche mit einem prominenten Gesicht zu punkten, um in den Sozialen Medien Einblick in den Berufsalltag zu geben oder sich in der lokalen Presse besser darzustellen. Aus der Praktikantenbörse können Sie den für Ihre GmbH passenden TOP-Athleten anfragen und ihm eine Praktikantenstelle anbieten.
Betriebsstätten-Verordnung: Mit Kanonen auf den Mittelstand
Auch kleinere Unternehmen müssen jetzt die Steuervermeidungs-Strategien der internationalen Konzerne wie Amazon, Starbucks usw. ausbaden. Ab 1.1.2015 wird eine sog. Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) kommen. Danach werden alle Unternehmen, die in- und ausländische Betriebsstätten haben, dazu verpflichtet, für jede Betriebsstätte ein Hilf- und Nebenrechnung zu führen (vgl. Nr. 35/2013). Nachteil: Das gilt auch für kleinere Unternehmen, die Betriebsstätten unterhalten. Danach gilt:
- Als Betriebsstätten gelten (§ 12 Satz 2 AO): Stätten, an denen sich die Geschäftsleitung befindet, Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder Mitunternehmer oder seinem ständigen Vertreter (z. B. einem Prokuristen) zur Ausübung des Gewerbes dienen. Tochtergesellschaften sind keine Betriebsstätte sondern selbständige Unternehmen.
- Die Hilfs- und Nebenrechnung beinhaltet alle Bestandteile, die der Betriebsstätte auf Grund ihrer sog. Personalfunktionen zuzuordnen sind. Dazu gehören die Vermögenswerte (§§ 5 bis 8), wenn sie von einem selbständigen Unternehmen in der steuerlichen Gewinnermittlung erfasst werden müssten, das Dotationskapital (§§ 12 und 13), die übrigen Passivposten (§ 14) sowie die damit zusammenhängenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben.
Es ist zu befürchten, dass die Finanzbehörden zusätzliche Transparenz in betriebliche Abläufe nehmen und diese getrennt der Besteuerung unterziehen. Vergleichbar der Praxis zur Ermittlung von innerbetrieblichen Verrechnungspreisen, wird hier eine neue (fiktive) Bemessungsgrundlage zur Veranlagung mit zusätzlichen Steuern per Erlass festgeschrieben.
Arbeitsrecht: Bessere Karten für Arbeitgeber im Abfindungs-Poker
Nach einem neuen Grundsatz-Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) trägt der Arbeitnehmer die Beweispflicht, wenn er sein Arbeitszeugnis zu seinem Vorteil abändern lassen will und damit eine überdurchschnittlich gute Beurteilung erreichen will (BAG, Urteil vom 18.11.2014, 9 AZR 584/13). Auch, wenn in der Branche den Arbeitnehmern in der Regel gute bis sehr gute Zeugnisse ausgestellt werden.
GmbH-Anteil: Zu niedriger Kaufpreis rechtfertigt keine Lohnsteuer
Erwirbt der Geschäftsführer einen Anteil dieser GmbH über eine andere, ihm ebenfalls gehörende Firma zu einem verbilligtem Kauf, dann darf das Finanzamt nicht Lohnsteuer auf die Kaufpreis-Differenz berechnen (Finanzgericht Münster, Urteil vom 2.10.2014, 14 K 3691/11 E).
Für Unternehmensnachfolge-Regelungen tickt die Uhr
Noch in diesem Jahr – am 17.12.2014 – wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil in Sachen Erbschafts- und Schenkungssteuer für Betriebsvermögen verkünden. Erbschaften und Schenkungen nach diesem Datum sind von der zu erwartenden Verböserung der bisherigen gesetzlichen Regelungen (Verschonungsregeln für Betriebsvermögen) bereits betroffen. Die Zeit für Gestaltungen wird langsam knapp (Quelle: Pressemitteilung des BVerfG)
Eine erfolgreiche Woche wünscht
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Chefredakteur + Herausgeber