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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 46/2013

The­men heu­te: So taxie­ren Sie rich­tig zwi­schen Risi­ko und Untreue + Neue Rah­men­be­din­gun­gen: Unter­neh­mer und Unter­neh­men müs­sen mit 2 bis 4‑jähriger Steu­er­pau­se pla­nen + Füh­rung: Machen Sie Erfol­ge und Feh­ler sicht­bar + Neu im Amt: Pen­si­ons­zu­sa­ge ist wich­ti­ger Bau­stein für die Alters­vor­sor­ge + Steu­ern: Finanz­amt darf Prü­fungs­zeit­raum ver­län­gern + Arbeits­recht: Nicht jeder Arbeit­neh­mer hat Anspruch auf ein Weih­nachts­ge­schenk + BISS

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Nr. 46/2013 vom 15.11.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

solan­ge Sie als Mehr­heits-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer Ihre eige­ne GmbH füh­ren, wis­sen Sie, auf was Sie sich ein­las­sen. Sobald meh­re­re Gesell­schaf­ter mit im Boot sit­zen, wird es kom­pli­zier­ter. Die Erfah­rung lehrt: Alle zwei Jah­re kommt es in der Mehr­per­so­nen-GmbH zu Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Geschäfts­po­li­tik. Dann wird es ernst. Auch „juris­tisch”. Vie­le geschäft­li­che Ent­schei­dun­gen sind Risi­ko-Ent­schei­dun­gen. Zahlt der Kun­de? Lie­fert der neue Lie­fe­rant pünkt­lich? Wich­tig ist, dass Sie Ihre Ent­schei­dun­gen fun­die­ren – dass Sie sich so umfas­send wie mög­lich zu Ihrer Ent­schei­dungs­fra­ge infor­mie­ren und das doku­men­tie­ren. Schluss­end­lich sind Ent­schei­dun­gen der Geschäfts­lei­tung risi­ko­be­haf­tet. Das gehört zum Spiel der Markt­wirt­schaft und das bestä­tigt auch der BGH in sei­ner aktu­el­len Recht­spre­chung (Urteil vom 28.5.2013, 5 StR 551/11). Wenn Sie unüber­schau­ba­re Risi­ken ein­ge­hen, die das Unter­neh­mens gefähr­den, ist die rote Linie zur Untreue überschritten.

Grö­ße­re Unter­neh­men müs­sen ein Risi­ko-Man­ge­ment-Sys­tem ein­rich­ten, um damit unter­schied­li­che Sze­na­ri­en bewer­ten zu kön­nen und um dar­aus Infor­ma­tio­nen über das wirt­schaft­li­che Risi­ko und das Gefähr­dungs­po­ten­zi­al zu erhal­ten. Für klei­ne­re Unter­neh­men genügt eine ein­fa­che­re Risi­ko-Ana­ly­se. Dazu gehört: Kal­ku­la­ti­on und Deckungs­bei­trags­rech­nung unter ver­schie­de­nen Risi­ko-Ein­schät­zun­gen, Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung über nicht quan­ti­fi­zier­ba­re Risi­ken (Boni­täts­prü­fung, Aus­fall­ri­si­ko, Qua­li­täts­ri­si­ko). Bei „unsi­che­ren“ Ent­schei­dun­gen soll­ten Sie Ihre Mit-Gesell­schaf­ter ein­be­zie­hen. Wich­tig: Sam­meln und Doku­men­tie­ren Sie alle (!) Unter­la­gen, Doku­men­te und Schrift­stü­cke, die im Zusam­men­hang mit der Risi­ko-Ent­schei­dung stehen.

Unternehmer und Unternehmen müssen mit 2 bis 4‑jähriger Steuerpause planen 

Nach den ers­ten Ergeb­nis­sen der Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen über die Kern­the­men zeich­net sich ab, dass es in der Steu­er­po­li­tik kei­ne neu­en Eck­da­ten geben wird. „Not­falls kön­nen wir bis 2017 auf neue Steuer­gesetze ver­zich­ten!“. So die CSU. Das geht vor allem zu Ihren Las­ten als Pri­vat­per­son. Sie wer­den – guter Ver­dienst vor­aus­ge­setzt – dop­pelt benach­teilgt. Ent­weder, indem Sie bei stei­gen­dem Geschäfts­füh­rer-Gehalt, immer näher an die Rei­chen­steu­er drif­ten. Oder, indem Ihr zusätz­li­cher Ver­dienst durch die kal­te Pro­gres­si­on über­propor­tional besteu­ert wird. Für alle Unter­neh­men bedeu­tet die­ser steu­er­li­che Still­stand für die nächs­te Jah­re zumin­dest, dass sie nicht mit Steu­er­erhö­hun­gen rech­nen müs­sen. Mit Sicher­heit wird es nicht zu einer Erhö­hung der Abgel­tungs­steu­er (25 %) kom­men. Unge­bremst wei­ter gehen wird aber die Poli­tik der Finanzbe­hörden, den Ermes­senspiel­raum für steuer­liche Gestal­tun­gen per offi­zi­el­len Erlass zu gän­geln (z. B. Betriebs­stättengewinn­aufteilungs­­verordnung, Verrech­nungs­preise, Funk­ti­ons­ver­la­ge­rungs­ver­ord­nung, E‑Bilanz). Vie­len Unter­­nehmen wird es nicht erspart blei­ben, steu­er­li­che zu­läs­sige Gestal­tun­gen mit Hil­fe der Finanz­ge­rich­te durch­zu­set­zen.

Vom Tisch ist die Ver­mö­gens­steu­er. Anders die Finanz­transaktionssteuer. Soll­te es eine Euro­pa wei­te Lösung geben, wird sich eine CDU/C­SU/SPD-Regie­rung dem nicht ver­schlie­ßen. Die Steu­er wird auf den End-Kun­den über­wälzt. Unter­neh­men müs­sen mit einer Ver­teue­rung aller Finanz­dienstleistungen rech­nen.

Führung: Machen Sie Erfolge und Fehler sichtbar

Gute Ideen für´s Geschäft ent­ste­hen oft zufäl­lig. So wie für einen Kol­le­gen aus der Druck­bran­che: „Eigent­lich woll­ten wir nur den work­flow neu orga­ni­sie­ren und ein Maschi­ne neu stel­len“. Seit­dem steht das Sperr­la­ger für feh­ler­haf­te Tei­le mit­ten in der Werk­hal­le. Mit dem Ergeb­nis, dass die dort abge­leg­te Fehl­produktion bin­nen weni­ger Tage gen NULL ging. Aus der Not wur­de so eine opti­ma­le Lösung. Auch in der Außen­wir­kung haben Geschäfts­füh­rer und Beleg­schaft kei­ne Pro­ble­me mit die­ser Lösung. „Wo gear­bei­tet wird, wer­den Feh­ler gemacht. Das darf jeder Kun­de sehen“. Das gilt auch für Infor­ma­tio­nen über Erfol­ge und Feh­ler am schwar­zen Brett. Vie­len Pro­duk­ti­ons­be­trie­be nut­zen die­se Medi­en zur Trans­pa­renz – nach innen und außen.

Damit erfül­len Sie nicht nur die ISO Norm 9001 für feh­ler­haf­te Pro­duk­te. Zugleich nut­zen Sie Feh­ler als Chan­ce zur Opti­mie­rung. Sie ver­hin­dern, dass feh­ler­haf­te Pro­duk­te nicht als sol­che gekenn­zeich­net und falsch abge­legt wer­den und stel­len sicher, dass gesperr­te Pro­duk­te nicht wei­ter­ver­ar­bei­tet werden.

Neu im Amt: Pensionszusage ist wichtiger Baustein für die Altersvorsorge

Geschäfts­füh­rer, die erst seit kur­zem im Amt sind, soll­ten noch vor dem Jah­res­en­de prü­fen, ob Sie die Vor­aus­set­zun­gen für eine Pensions­zusage erfül­len. Die Pen­si­ons­zu­sa­ge der GmbH an ihren Geschäfts­füh­rer ist für klei­ne­re und mit­tel­gro­ße GmbH immer noch eine der bes­ten Mög­lich­kei­ten, die Steu­er­be­mes­sungs­grund­la­ge der GmbH dau­er­haft zu min­dern. Vor­teil: Die Pen­si­ons­rück­stel­lung wirkt sich in der Bilanz der GmbH Gewinn min­dernd aus. Vor­aus­set­zung: Sie sind seit 2 Jah­ren im Amt und die GmbH schreibt schwar­ze Zah­len. Dazu müs­sen die Gesell­schaf­ter noch im lau­fen­den Geschäfts­jahr 2013 per Gesell­schaf­ter-Beschluss eine Pen­si­ons­zu­sa­ge ab 1.1.2014 für den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer beschlie­ßen (Ände­rung des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­ges). Wei­ter­füh­rend > Hier ankli­cken.

Für GmbH-Neu­grün­dun­gen ver­langt das Finanz­amt für die Aner­ken­nung eine War­te­zeit von 5 Jah­ren. Aus­nah­me: Es han­delt sich um eine Umgrün­dung z. B. aus einer seit län­ge­rem agie­ren­den (Ein-) Per­so­nen-Gesell­schaft. Emp­feh­lung: Neben der War­te­zeit müs­sen zur steu­er­li­chen Aner­ken­nung noch zahl­rei­che ande­re Bedin­gun­gen ein­ge­hal­ten wer­den (z. B. Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, Rück­de­ckung, Bezugs­rech­te usw.) Dazu emp­feh­len wir auf jeden Fall Bera­tung durch den Steuerberater.

Weihnachtsgeld: Nutzen Sie „Vorbehalt“ und „Rückzahlungsklausel“

Vie­le Geschäfts­füh­rer unter­hal­ten sich in den nächs­ten Wochen mit ihren Mit­ar­bei­tern über die erreich­ten Zie­le und über Ziel­ver­ein­ba­run­gen für 2014. Wur­den außer­ge­wöhn­li­che Leis­tun­gen erbracht, kann der eine außer­ge­wöhn­li­che Aner­ken­nung erwar­ten. Beach­ten Sie bevor Sie ver­bind­li­che Zusa­gen machen:

  1. Bie­ten Sie eine Zusatz-Zah­lung immer nur unter Vor­be­halt an. Ach­ten Sie dar­auf, dass der Vor­be­halt in einem Anschrei­ben an den Arbeit­neh­mer schrift­lich fest­gestellt wird („Die Zah­lung des Weih­nachts­gelds stellt eine frei­wil­li­ge Leis­tung das. Ein Anspruch auf sie wird für die Zukunft nicht begrün­det. Dies gilt auch im Fall wie­der­hol­ter Zah­lung“) – vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 30.7.2008, 10 AZR 606/07. .
  2. Gewäh­ren Sie eine Prä­mie von mehr als 100 € und bis zu einem Monats­ge­halt des Arbeits­neh­mers, dür­fen Sie eine Rück­zah­lungs­klau­sel ver­ein­ba­ren. Und zwar für den Fall, dass der Arbeit­neh­mer vor dem 31.3. des Fol­ge­jah­res aus Ihrer GmbH aus­schei­det. Liegt die Gra­ti­fi­ka­ti­on zwi­schen einem und zwei Monats­ge­häl­tern, kann höchs­tens bis zum 30.6. des Fol­ge­jah­res eine Rück­zah­lungs­klau­sel wirk­sam ver­ein­bart wer­den. Über­steigt die Gra­ti­fi­ka­ti­on zwei Monats­ge­häl­ter, ist es zuläs­sig, eine gestaf­fel­te Rück­zah­lung vor­zu­se­hen. Hier­nach kann ver­ein­bart wer­den, dass der Arbeit­neh­mer bei einem Aus­schei­den bis zum 31. 3. ein­ein­halb Monats­be­zü­ge, bei einem Aus­schei­den bis zum 30.6. einen Monats­be­zug und bei einem Aus­schei­den bis zum 30.9. einen hal­ben Monats­be­zug zurück­zah­len muss. Eine län­ge­re Bin­dung kann auch bei höhe­ren Gra­ti­fi­ka­tio­nen nicht wirk­sam ver­ein­bart werden.

Auf die­se ein­schrän­ken­den Bedin­gun­gen soll­ten Sie Ihre Mit­ar­bei­ter bereits im Mit­ar­bei­ter-Gespräch hin­wei­sen. Damit ver­hin­dern Sie, dass es durch die ein­schrän­ken­de und regle­men­tie­ren­de Ver­trags­for­mu­lie­rung zu einem Ver­trau­ens­ver­lust kommt.

Steuern: Finanzamt darf Prüfungszeitraum verlängern

Hat die Betriebs­prü­fungs­stel­le Anhalts­punk­te dafür, dass es zu erheb­li­che Ände­run­gen gegen­über der Steu­er­ver­an­la­gung kom­men wird oder dass der Ver­dacht einer Steu­er­straf­tat oder einer Steu­er­ord­nungs­wid­rig­keit bestehen, kann sie den Prü­fungs­zeit­raum ohne aus­drück­li­che Begrün­dung ver­län­gern. Im Ein­zel­fall sogar auf bis zu 11 Jah­ren rück­wir­kend (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 26.9.2013, 13 K 4630/12 AO).

Im Urteils­fall hat­te einer der GmbH-Gesell­schaf­ter Selbst­an­zei­ge gestellt. Und zwar wegen nicht ange­zeig­ter Kapi­tal­erträ­ge aus Schwei­zer Kon­ten. Und zwar für die zurück­lie­gen­den Jah­re. Offen­sicht­lich woll­te er damit sicher­stel­len, dass sei­ne Straf befrei­en­de Selbst­an­zei­ge nicht wegen Unvoll­stän­dig­keit wir­kungs­los bleibt. Dar­auf­hin prüf­ten die Steu­er­be­hör­den den Gewer­be­be­trieb (Gas­tro­no­mie) des Gesell­schaf­ters und zwar eben­falls für die zurück­lie­gen­den 11 Jah­re. Dazu das FG Düs­sel­dorf: Das ist zuläs­sig und braucht nicht ein­mal beson­ders begrün­det zu wer­den. Der all­ge­mei­ne Hin­weis auf die Vor­schrif­ten der AO rei­chen aus.

Arbeitsrecht: Nicht jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Weihnachtsgeschenk

Beschenkt der Arbeit­ge­ber auf der Weih­nachts­fei­er an die anwe­sen­den Mit­ar­bei­ter Geschen­ke (hier: IPad mini im Wert von rund 270 €), haben die nicht anwe­sen­de Mit­ar­bei­ter kei­nen Anspruch dar­auf, auch ein sol­ches Geschenk zu erhal­ten (Arbeits­ge­richt Köln, Urteil vom 18.10.2013, 3 Ca 1819/13).

Selbst wenn ein Mit­ar­bei­ter an der Weih­nachts­fei­er krank­heits­be­dingt nicht teil­neh­men kann, ändert das nichts an der Rechts­la­ge. Als Arbeit­ge­ber sind Sie frei, Über­ra­schungs­ge­schen­ke zu machen und dür­fen auch „spon­tan“ schen­ken (um so die Anwe­sen­heit an der Weih­nachts­fei­er attrak­ti­ver zu machen). Im Urteil­fall waren 75 von 100 Mit­ar­bei­tern anwe­send und jeder von ihnen durf­te ein IPad mini ent­ge­gen neh­men. Für die­se Mit­ar­bei­ter war die Über­ra­schung groß und über­aus gelungen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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