Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 40/2011

Auch die Aus­schrei­bung für eine Geschäfts­füh­rer-Stel­le muss geschlechts­neu­tral sein – sonst kos­tet es … + Betei­li­gunska­pi­tal: Hier gibt es Geld für gute Ideen und Pro­jek­te + Son­der­ver­gü­tung für Über­las­sung der Geschäfts­idee geht beim Fnanz­amt nicht durch + Finanz­amt muss bei Abfin­dung an den Geschäfts­füh­rer gemau prü­fen + Auf­ge­passt: Ver­wen­dung von Finanz-Inves­ti­tio­nen im Kon­zern + EU will Decke­lung bei der deut­schen Sanie­rungs­klau­sel + ACHTUNG: Deut­sche Kar­tell­be­hör­den stra­fen nach EU-Stra­fen noch­mals ab + BISS …

The­men heu­te: Aus­schrei­bung für eine Geschäfts­füh­rer-Stel­le muss geschlechts­neu­tral sein – sonst kos­tet es … +  Finan­zen: Hier gibt es Geld für gute Ideen und Pro­jek­te + Son­der­ver­gü­tung für Über­las­sung der Geschäfts­idee geht beim Fnanz­amt nicht durch + Finanz­amt muss bei Abfin­dung an den Geschäfts­füh­rer genau prü­fen + Auf­ge­passt: Ver­wen­dung von Finanz-Inves­ti­tio­nen im Kon­zern + EU will Decke­lung bei der deut­schen Sanie­rungs­klau­sel + ACHTUNG: Deut­sche Kar­tell­be­hör­den stra­fen nach EU-Stra­fen noch­mals ab + BISS

40. KW 2011
Frei­tag, 7.10.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

wer ein paar Jah­re Geschäfts­füh­rungs-Erfah­rung hat, weiß: Mit die kom­pli­zier­tes­te Auf­ga­be ist der Umgang mit den Mit­ar­bei­tern. Dazu gehört nicht nur das rich­ti­ge Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und sozia­le Kom­pe­tenz. Min­des­tens eben­so wich­tig ist der kor­rek­te Umgang mit arbeits­recht­li­chen Vor­ga­ben und gesetz­li­chen Vor­schrif­ten. Zum Bei­spiel mit dem AGG – dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz. Weit­ge­hend her­um­ge­spro­chen hat sich, dass freie Stel­len „geschlechts­neu­tral“ aus­ge­schrie­ben wer­den müs­sen oder dass man jun­ge Bewer­ber nicht bevor­zu­gen darf. Wenn Sie dage­gen ver­sto­ßen, müs­sen Sie nicht nur mit einer Abmah­nung rech­nen. In der Regel kos­tet das.

Das gilt sogar – und lei­der ver­gisst das der ein oder ande­re Kol­le­ge – auch für Ihre eige­ne Stel­le. Also auch dann, wenn die GmbH einen neu­en oder zusätz­li­chen Geschäfts­führer sucht. Auch hier gilt das AGG. Kor­rekt müs­sen Sie also aus­schrei­ben: Geschäftsführer/in gesucht. Mehr noch: Das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Karls­ru­he stellt für den Fall einer feh­ler­haf­ten Aus­schrei­bung für eine/n Geschäftsführer/in fest: „Geschlechts­neu­tral ist eine Aus­schrei­bung nur for­mu­liert, wenn sie sich in ihrer gesam­ten Aus­drucks­wei­se sowohl an Frau­en als auch an Män­ner rich­tet“.

Im kon­kre­ten Fall hiel­ten sich die Aus­wir­kun­gen aller­dings in Gren­zen. Die feh­ler­haf­te Aus­schrei­bung hat­te die von der GmbH ein­ge­schal­te­te Anwalts­kanz­lei zu ver­ant­wor­ten. Schluss­end­lich muss­te die dann auch die Ent­schä­di­gungs­zah­lung für eine nicht zuge­las­se­ne Bewer­be­rin (hier: eine Anwäl­tin) in Höhe eines vol­len Monats­lohns (hier: 13.000 €) über­neh­men (OLG Karls­ru­he, Urteil vom 13.9.2011, 17 U 99/10). Also nicht ver­ges­sen: Im Fal­le einer Stel­len­be­set­zung soll­ten Sie den/die Geschäftsführer/in vor­sichts­hal­ber wie einen Arbeit­neh­mer behandeln.

Equitiy (Beteligungs-)-Kapital: Hier gibt es Geld für gute Ideen und neue Projekte

Vie­le Unter­neh­mer-Kol­le­gen sagen, dass Sie eigent­lich inves­tie­ren müs­sen, aber kein gutes Gefühl bei der Fian­zie­rung durch die Haus­bank haben. Die zei­gen sich sehr zurück­hal­tend bis skep­tisch. Moti­vie­ren­der Zuspruch ist eher sel­ten. Vie­le der Kol­le­gen sind unter die­sen Umstän­den sehr auf­ge­schlos­sen gegen­über pri­va­ten Finan­zie­run­gen, wis­sen aber nicht wie das anfan­gen. Ein inter­es­san­tes Ange­bot gibt es auf der Web­site des Bun­des­ver­ban­des Deut­scher Kapi­tal­be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten (VDK) – der Dach­or­ga­ni­sa­ti­on pri­va­ter Anlage-Gesellschaften.

Für die Pra­xis: Hier gibt es eine aus­führ­li­che und aus­sa­ge­käf­ti­ge Lis­te der Mit­glie­der. Zum Bei­spiel die AdCa­pi­ta­l­AG aus Leinfelden/Echterdingen. Dahin­ter ste­hen die Eig­ner der mit­tel­stän­di­schen Trumpf-Grup­pe (Fami­lie Leib­in­ger) – die sind auf­ge­schlos­sen für Betei­li­gun­gen an tech­ni­schen Unter­neh­men, Zulie­fe­rern und Umwelt­tech­nik. Es lohnt auf alle Fäl­le, sich hier mal genau umzu­se­hen. Unter https://www.bvkap.de/privateequity.php/cat/25/title/Mitglieder_A‑Z  gibt es eine Lis­te aller ein­ge­tra­ge­nen Mit­glie­der. Hier kön­nen Sie davon aus­ge­hen, dass jedes Invest genau ange­schaut und geprüft wird (Inves­ti­ti­ons­bei­spie­le, Schwer­punkt-Bran­chen) und Sie es in der Regel mit einem seriö­sen Inves­tor zu tun haben – in pro­ble­ma­ti­schen Fäl­len soll­ten Sie sich den­noch mit den Mit­ar­bei­tern des Ver­ban­des kurz­schlie­ßen. Gezielt nach Betei­li­gungs­ka­pi­tal kön­nen Sie in der VDK-Daten­bank unter https://www.bvkap.de/privateequity.php/cat/78/title/Suche_nach_Beteiligungskapital recher­chie­ren. U. E. eine hoch­in­ter­es­san­te Adres­se mit dem Zusatz-Effekt „Netzwerk”-Einbindung.  

Keine Sondervergütung für Überlassung der „Geschäftsidee“

 „Kann ich mir als Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer neben dem Gehalt und dem Gewinn­an­teil zusätz­lich eine regel­mä­ßi­ge Ver­gü­tung für die Über­las­sung der Geschäfts­idee von der GmbH aus­zah­len?“ – so Anfra­ge eines Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gen. Ant­wort: NEIN – jeden­falls steu­er­lich hat das kei­ne Aus­wir­kun­gen und bringt Ihnen inso­weit kei­nen Vor­teil. Das Finanz­amt bewer­tet eine sol­che Zusatz­zah­lung regel­mä­ßig als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung. Und zwar unab­hän­gig davon, ob die Zah­lung auf einem zivil­recht­lich wirk­sa­men Ver­trag beruht (vgl. dazu zuletzt FG Saar­land, Urteil vom 26.6.2008, 1 K 1208/03).

Für die Pra­xis: Das Finanz­ge­richt geht bei der steu­er­li­chen Beur­tei­lung die­ses Sach­ver­halts davon aus, dass es sich bei einer Geschäfts­idee nicht um ein bilan­zie­rungs­fä­hi­ges Wirt­schafts­gut han­delt. Damit kann dafür kei­ne AfA gebil­det wer­den, dafür kann aber auch kei­ne Ver­gü­tung ver­ein­bart wer­den, die als Betriebs­aus­ga­be aner­kannt wird.

Finanzamt darf Abfindungen (hier: Beteiligungsoptionen) nicht einfach als Arbeitslohn versteuern

Nimmt der Geschäfts­füh­rer im Zusam­men­hang mit sei­nem Aus­schei­den aus der GmbH eine vor­her gewähr­te Opti­on auf eine Betei­li­gung wahr, darf das Finanz­amt die­se Ver­gü­tung nicht ein­fach als Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit ver­steu­ern. Wur­de die­se Opti­on z. B. mit einer vor­her­ge­gan­ge­nen Ver­äu­ße­rung sei­ner GmbH-Antei­le gewährt, han­delt es sich um Ein­künf­te aus Kapi­tal­ver­mö­gen (BFH, Urteil vom 30.6.2011, VI R 80/10).

Für die Pra­xis: Hier mach­te es sich das Finanz­amt zu ein­fach. Nur weil der Geschäfts­füh­rer aus de GmbH aus­ge­schie­den ist, heißt das noch lan­ge nicht, dass alle Zah­lun­gen im Zusam­men­hang damit als Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit zuge­rech­net wer­den dür­fen. Im Zwei­fel soll­te in ver­gleich­bar kom­pli­zier­ten Fäl­len ein Fach­an­walt für Steu­er­recht ein­ge­schal­tet wer­den. Zu prü­fen ist, auf wel­cher Anspruchs­grund­la­ge Zah­lun­gen geleitstet wer­den – hier z. B. im Zusam­men­hang mit der vor­her erfolg­ten Ver­äu­ße­rung einer GmbH.

Verwendung von Finanz-Investitionen im Konzern muss transparent sein

Es ver­stößt gegen die Pro­spekt­an­ga­be­ver­pflich­tun­gen, wenn nicht offen gelegt wird, dass die ein­ge­sam­mel­ten Finan­zie­rungs­mit­tel (Inha­ber­schuld­ver­schrei­bun­gen) nicht in der Kon­zern-Mut­ter­ge­sell­schaft son­dern in einer abhän­gi­gen Toch­ter­ge­sell­schaft inves­tiert wer­den (OLG Frank­furt, Urteil 21.6.2011, 5 U 51/10).

Für die Pra­xis: Aus dem Ver­kaufs­pro­spekt war dar­über hin­aus nicht zu ent­neh­men, wie genau die Wei­sungs­rech­te inner­halb der Kon­zern­ge­sell­schaf­ten aus­ge­übt wer­den konn­ten. Zwar gab es einen Hin­weis auf einen bestehen­den Gewinn­ab­füh­rungs­ver­trag. Nicht aber dar­auf, dass die Mit­tel auf der Grund­la­ge die­ses Ver­tra­ges auch in ande­ren Toch­ter­ge­sell­schaf­ten des Kon­zern ein­ge­setzt wer­den durften.

EU-Kommission verlangt Deckel für Anwendung der Sanierungsklausel

So­weit der Ver­lust­über­trag bei Anwen­dung der Sanie­rungs­klau­sel der Bei­hil­fe­bei­trag nicht 500.000 € über­schrei­tet, sieht die EU-Kom­mis­si­on kei­ne Ver­let­zung des Gemein­schafts­rechts. Zudem wird für die Aner­ken­nung in Zukunft ver­langt, dass sich das über­neh­men­de Unter­neh­men nicht in wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten befin­det (jetzt ver­öf­fent­lich­ter Beschluss der EU-Kom­mis­si­on, vom 26.1.2011).

Für die Pra­xis: Die unver­ein­ba­re Bei­hil­fe­re­ge­lung muss danach von Deutsch­land auf­ge­ho­ben wer­den und zwar rück­wir­kend. Die deut­schen Finanz­äm­ter wer­den die unzu­läs­si­gen Bei­hil­fen von den Begüns­tig­ten zurück­zu­for­dern müs­sen. Das gilt auch für die Zin­sen von dem Zeit­punkt an, ab dem die Bei­hil­fe den Emp­fän­gern zur Ver­fü­gung stand, bis zu ihrer tat­säch­li­chen Rück­zah­lung. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass sich das BMF nicht län­ger gegen die­se Aus­le­gung sperrt.

Kartellstrafen mehrerer Behörden sind zulässig

Laut Euro­päi­schem Gerichts­hof (EuGH) ist es zuläs­sig, wenn neben der zen­tra­len EU-Wett­be­werbs­be­hör­de zusätz­li­che Stra­fen auch von den natio­na­len Wett­be­werbs­hü­tern aus­ge­spro­chen und durch­ge­setzt wer­den. Das ist sogar dann zuläs­sig, wenn die natio­na­len Behör­den kei­ne eige­nen Ermitt­lun­gen anstel­len son­dern sich aus­schließ­lich auf die Ermitt­lun­gen der EU-Behör­den beru­fen und des­we­gen ein zusätz­li­ches Buß­geld ver­hän­gen (EuGH, Urteil vom 8.9.2011, Rs C‑17/10).

Ihr

Lothar Vol­kelt
Her­aus­ge­ber des Unter­neh­mer-Brie­fes für das Volkelt-Beratungs-Center

Schreibe einen Kommentar