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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 37/2015

Volkelt-NLBüro­kra­tie-Kos­ten: Wann lohnt der Weg zum aus­län­di­schen Notar? + Fremd-Geschäfts­füh­rer: Nut­zen Sie den Herbst zur Mit­ar­bei­ter-Bin­dung + GmbH-Kri­se: So weh­ren Sie sich gegen Ban­ken-Will­kür + Neben­tä­tig­keit: Feh­ler haben Aus­wir­kun­gen auf den Geschäfts­füh­rer-Job + Recht: Steu­er­prü­fer muss Steu­er­da­ten vom Prü­fer-Note­book löschen + Recht: Ver­stoß gegen die Frau­en­quo­te kos­tet bis zu 50.000 € Buß­geld + BMF prüft Fol­gen der Selbst­an­zei­ge für Unter­neh­men + BISS

 

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Frei­burg 11. Sep­tem­ber 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

die Über­tra­gung eines GmbH-Anteils muss nota­ri­ell beur­kun­det wer­den. Dazu wer­den Notar­ge­büh­ren fäl­lig. Deut­schen Nota­re sind teu­er – das erfah­ren die betei­lig­ten Gesell­schaf­ter z. B. bereits bei der Ein­tra­gung einer mit­tel­gro­ßen GmbH mit einem aus­führ­li­chen Gesell­schafts­ver­trag, der ganz genau die Bedürf­nis­se der Gesell­schaf­ter berück­sich­tigt. In der Regel kos­tet das bereits vier­stel­li­ge Notar­ge­büh­ren. Recht­lich unkom­pli­ziert und aner­kannt sind nota­ri­el­le Beur­kun­dun­gen in der Schweiz.

Faust­re­gel: Ab einem Trans­ak­ti­ons­vo­lu­men von rund 1,5 Mio. EUR wird die Beur­kun­dung in der Schweiz deut­lich güns­ti­ger. Je nach Volu­men kos­tet z. B. das Nota­ri­at Basel um bis zu ¾ weni­ger als die ver­gleich­ba­re deut­sche Beur­kun­dung. Rechts­si­cher­heit besteht für Beur­kun­dun­gen in Zürich, Basel, Luzern, Zug und Bern. Beur­kun­dun­gen durch die­se Nota­ria­te wur­den bereits durch deut­sche Gerich­te rechts­ver­bind­lich bestä­tigt. Auch Beur­kun­dun­gen in Öster­reich und den Nie­der­lan­den sind rechts­ver­bind­lich möglich.

Zur rechts­ver­bind­li­chen Ein­tra­gung des Erwer­bers eines GmbH-Anteils muss die Lis­te der Gesell­schaf­ter im Han­dels­re­gis­ter aktua­li­siert wer­den. Bei einem Gesell­schaf­ter­wech­sel reicht der Notar die aktua­li­sier­te Lis­te dem Han­dels­re­gis­ter ein. Das muss nicht zwin­gend ein deut­scher Notar sein – das kann nach all­ge­mei­nem Rechts­ver­ständ­nis auch der Schwei­zer Notar. Emp­feh­lung: Der Erwer­ber eines GmbH-Anteils, des­sen Anteils­über­tra­gung vor einem Schwei­zer Nota­ri­at beur­kun­det wird, muss sich ver­ge­wis­sern, dass der Schwei­zer Notar die aktua­li­sier­te Gesell­schaf­ter-Lis­te ein­reicht. Aber auch der Geschäfts­füh­rer kann eine aktua­li­sier­te Gesell­schaf­ter-Lis­te ein­rei­chen. Der Erwer­ber soll­te auf jeden Fall eini­ge Zeit nach dem Erwerb unter > www.handelsregister.de prü­fen, ob die Gesell­schaf­ter-Lis­te tat­säch­lich aktua­li­siert ist.

Fremd-Geschäftsführer: Nutzen Sie den Herbst zur Mitarbeiter-Bindung

Die Som­mer­fe­ri­en sind in den meis­ten Unter­neh­men abge­schlos­sen. Der bevor­ste­hen­de Herbst mit den schö­nen Spät­som­mer-Tagen – wenn alle Mitarbeiter/innen wie­der an Bord sind – ist ein guter Anlass, um ihnen auch ein­mal im pri­va­ten Rah­men „Dan­ke­schön“ zu sagen. Die so ange­bo­te­ne pri­va­te Nähe zur Unter­neh­mens­lei­tung wird von den meis­ten Mit­ar­bei­tern als Aner­ken­nung und Wert­schät­zung emp­fun­den. An den Kos­ten dafür kön­nen Sie sogar das Finanz­amt betei­li­gen. So kann der ange­stell­te Geschäfts­füh­rer (Fremd-Geschäfts­füh­rer) die Kos­ten z. B. für ein Gar­ten­fest in sei­nem Pri­vat­haus steu­er­lich als Wer­bungs­kos­ten abset­zen. Voraus­setzungen für die steu­er­li­che Anerkennung:

  • Der ange­stell­te Geschäfts­füh­rer ohne eige­ne Betei­li­gung an der Fir­ma lädt aus­schließ­lich Ange­stell­te ein.
  • Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge der Mit­ar­bei­ter sind nicht gela­den und nicht anwesend.

Bezieht der Geschäfts­füh­rer neben sei­nem Fest­ge­halt eine Tan­tie­me (hier: die Tan­tie­me macht 2/3 sei­ner Gesamt­be­zü­ge aus), dient die Fei­er zum Dienst­ju­bi­lä­um dem Erhalt der Tan­tie­me (so zuletzt BFH-Urteil vom 21.3.2007, VI R 25/03).

Wenn Sie Fir­men-Ange­stell­te in Ihre Pri­vat­räu­me ein­la­den, soll­ten Sie auf jeden Fall eine schrift­li­che Ein­la­dung ver­schi­cken. Nur so kön­nen Sie spä­ter dem Finanz­amt gegen­über den geschäft­li­chen Anlass bewei­sen. Aus der Ein­la­dung muss klar her­vor­ge­hen, dass nur Betriebs­an­ge­hö­ri­ge gela­den sind und dass es sich um einen geschäft­li­chen Anlass han­delt („anläss­lich mei­nes 25jährigen Dienst-Jubi­lä­ums“). Bezie­hen Sie Ihren Steu­er­be­ra­ter in die Pla­nun­gen ein.

 

GmbH-Krise: So wehren Sie sich gegen Banken-Willkür

Gibt es Anzei­chen für eine wirt­schaft­li­che Kri­se der GmbH, geht es in der Regel schnell: Sind Sie 4 Wochen in Zah­lungs­rück­stand bei den Sozi­al­ver­si­che­run­gen, stel­len die den Insol­venz­an­trag. Aber auch die Ban­ken und ande­re Gläu­bi­ger prü­fen dann eilig, wie sie zumin­dest Zugriff auf das Rest­ver­mö­gen neh­men kön­nen bzw. Ihre Außen­stän­de absi­chern kön­nen. Pra­xis der Ban­ken ist es dabei zu prü­fen, inwie­weit (unzu­läs­si­ge) Zah­lungs­an­wei­sun­gen des Geschäfts­füh­rers zu des­sen per­sön­li­cher Haf­tung füh­ren. In den letz­ten Jah­ren gab es dazu immer wie­der Gerichts-Ent­schei­de, die den Geschäfts­füh­rer ent­las­te­ten und auf die Sie im Ernst­fall ver­wei­sen können:

  • Der Geschäfts­füh­rer haf­tet nicht für jede Zah­lung vom Spar­kas­sen-Kon­to in und vor der Kri­se: Die Spar­kas­se woll­te den Geschäfts­füh­rer einer GmbH in die Haf­tung neh­men, weil die­ser im Zeit­raum vor der Insol­venz­rei­fe vom Debi­to­ren-Kon­to Gläu­bi­ger-Rech­nun­gen begli­chen hat. Der BGH sieht das nicht so. Hier han­delt es sich um einen „mas­se­neu­tra­len“ Gläu­bi­ger­tausch. Der Geschäfts­füh­rer haf­tet nicht (BGH, Urteil vom 25.1.2010, II ZR 258/08).
Als GmbH-Geschäfts­füh­rer müs­sen Sie sich dar­auf ein­stel­len, dass die Kre­dit geben­den Ban­ken ver­su­chen wer­den, eine „per­sön­li­che“ Haf­tung des Geschäfts­füh­rers zu begrün­den. Zum Bei­spiel unter Hin­weis auf Bestim­mun­gen des GmbH-Geset­zes (§ 64, Zah­lun­gen nach Ein­tritt der Insol­venz­rei­fe) und zwar auch für Zah­lun­gen vor der Drei­wo­chen­frist. Betrof­fe­ne Geschäfts­füh­rer sind gut bera­ten, die 3‑Wochenfrist exakt ein­zu­hal­ten – und den Steu­er­be­ra­ter schon bei ers­ten Kri­sen-Anzei­chen mit der Erstel­lung einer Über­schul­dungs­bi­lanz zu beauftragen.
  • Geschäfts­füh­rer haf­tet nicht für Mas­se schmä­lern­de Zah­lun­gen vor der Insol­venz­rei­fe: Ein Ein­zug von For­de­run­gen, die der Geschäfts­füh­rer an die Bank zur Sicher­heit abge­tre­ten hat, auf einem debi­to­ri­schen Kon­to der GmbH und die anschlie­ßen­de Ver­rech­nung mit dem Soll­sal­do ist grund­sätz­lich kei­ne vom GmbH-Geschäfts­füh­rer ver­an­lass­te Mas­se schmä­lern­de Zah­lung, wenn die Siche­rungs­ab­tre­tung vor Insol­venz­rei­fe ver­ein­bart wur­de und die For­de­rung der Gesell­schaft ent­stan­den und wert­hal­tig war (BGH, Urteil vom 23.6.2015, II ZR 366/13).
Damit ist der Geschäfts­füh­rer aber nicht ganz aus dem Schnei­der. Im Zwei­fel kann der Gläu­bi­ger ver­lan­gen, dass der Geschäfts­füh­rer bewei­sen muss, dass die ent­spre­chen­de Zah­lung bzw. der Ein­zug auf das Debi­to­ren­kon­to vor Ein­tritt der Insol­venz­rei­fe erfolg­te. Kann er das nicht, muss er mit einer per­sön­li­chen Haf­tung wegen Mas­se­schmä­le­rung rechnen.

Nebentätigkeit: Fehler haben Auswirkungen auf den Job

Vie­le Geschäfts­füh­rer sind auch in ande­ren Lebens­be­rei­chen aktiv, in einer ehren­amt­li­chen Tätig­keit für einen Ver­ein oder als Bei­rat in einem ande­ren Unter­neh­men. Wich­tig: Die GmbH darf bei Neben­tä­tig­kei­ten mit­re­den. Im Zwei­fel soll­te sich der Geschäfts­füh­rer die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter oder sei­ner Mit-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ein­ho­len. Dazu die Fra­ge eines Kol­le­gen: „Ich bin im Vor­stand eines Ver­eins tätig. Hier ist es zu Pflicht­ver­let­zun­gen gekom­men. Hat das Aus­wir­kun­gen auf mei­ne Tätig­keit als Geschäfts­füh­rer?“.

Ist er z. B. Bei­rat in einem Unter­neh­men und kommt es hier zu Unre­gel­mä­ßig­kei­ten (Untreue), gilt das als wich­ti­ger Grund für eine sofor­ti­ge Abbe­ru­fung aus sei­nem Amt als Geschäfts­füh­rer in der davon nicht betrof­fe­nen Fir­ma. Sie müs­sen also davon aus­ge­hen, dass Pflicht­ver­let­zun­gen mit Vor­satz Aus­wir­kun­gen auch auf Ihre Haupt­tä­tig­keit als Geschäfts­füh­rer einer GmbH haben. Das ist z. B. anzu­neh­men, wenn es bei der Neben­tä­tig­keit zu Untreue oder zu einer (Steu­er-) Straf­tat kommt (BGH, Urteil vom 11.2.2008, II ZR 67/06).

Ob eine feh­ler­haf­te Aus­übung einer Neben­tä­tig­keit für eine Abbe­ru­fung vom Amt des Geschäfts­füh­rers in der Haupt­tä­tig­keit genügt, ist zwei­fel­haft. Hin­wei­se erge­ben sich aus dem Anstel­lungs­ver­trag oder einer Geschäfts­ord­nung, wenn dort z. B. eine „jeder­zeit feh­ler­freie und kor­rek­te Aus­übung aller sei­ner beruf­li­chen und neben­be­ruf­li­chen Tätig­kei­ten“ erwar­tet wird.

Steuerprüfer muss Steuerdaten vom Prüfer-Notebook löschen

Droht der Steu­er­prü­fer um sei­ner Prü­fung Nach­druck zu ver­lei­hen damit, die Steu­er­da­ten auch nach der Prü­fung dau­er­haft „im Auge“ zu behal­ten, dann müs­sen Sie das nicht hin­neh­men. Der Prü­fer ist ver­pflich­tet, sämt­li­che elek­tro­nisch vor­ge­hal­te­nen Prü­fungs­un­ter­la­gen nach Ablauf der Prü­fung von sei­nem Note­book zu ent­fer­nen (BFH, Urteil vom 16.12.2014, VIII R 52/12).

Die Steu­er­un­ter­la­gen zur Prü­fung dür­fen nur in den Dienst­räu­men der Finanz­ver­wal­tung auf­be­wahrt wer­den. Eine zusätz­li­che Spei­che­rung auf einem Note­book ist miss­brauchs­an­fäl­lig und des­we­gen dem Steu­er­pflich­ti­gen nicht zuzumuten.

Recht: Verstoß gegen die Frauenquote kostet bis zu 50.000 € Bußgeld

Auch die GmbHs, für die in den Gre­mi­en und in der 2. Manage­ment-Ebe­ne die Frau­en­quo­te gilt (vgl. dazu   Nr. 27/2015) müs­sen mit einem Buß­geld von bis zu 50.000 € rech­nen, wenn Sie dazu kei­ne oder nur unvoll­stän­di­ge Anga­ben in ihrem Lage­be­richt ver­öf­fent­li­chen. Der Bun­des­an­zei­ger­ver­lag wur­de dazu ver­pflich­tet, ent­spre­chen­de Hin­wei­se an das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) zu mel­den. Das betrifft alle mit­be­stimm­ten Unter­neh­men (AG, GmbH, KGaA) mit mehr als 500 Beschäf­tig­ten (Spre­cher des BfJ auf Handelsblatt-Anfrage).

Finanzbehörden müssen Einspruch per E‑Mail akzeptieren

Legt ein Steu­er­zah­ler z. B. gegen einen Steu­er­be­scheid oder einen Kin­der­geld­be­scheid per E‑Mail Ein­spruch ein, dann genügt die­ser den for­ma­len recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für einen wirk­sa­men Ein­spruch. Die Behör­de kann nicht ver­lan­gen, dass der Ein­spruch mit eigen­hän­di­ger Unter­schrift oder elek­tro­ni­scher Signa­tur ver­se­hen sein muss (BFH, Urteil vom 13.5.2015, III R 26/14).

Für den wirk­sa­men Ein­spruch genügt es, wenn er schrift­lich oder als Nie­der­schrift ein­ge­reicht wird. Dazu ist eine aus­drück­li­che Unter­schrift nicht not­wen­dig. Bereits nach bis­he­ri­ger Recht­spre­chung des BFH erfor­dert die „schrift­li­che“ Ein­spruchs­ein­le­gung nicht, dass der Ein­spruch im Sin­ne der stren­ge­ren „Schrift­form“ vom Ein­spruchs­füh­rer eigen­hän­dig unter­schrie­ben wird. Es reicht aus, wenn aus dem Schrift­stück her­vor­geht, wer den Ein­spruch ein­ge­legt hat.

BMF prüft Folgen der Selbstanzeige für Unternehmen

Mit der Ver­schär­fung der straf­be­frei­en­den Selbst­an­zei­ge gibt es auch Pro­ble­me für Unter­neh­men, die ihre Steu­er­erklä­run­gen nach­bes­sern müs­sen – z. B., weil die Zah­len nicht recht­zei­tig vor­la­gen oder feh­ler­haft erfasst wur­den. Nach der momen­ta­nen Rechts­la­ge sind sol­che Vor­gän­ge auch straf­recht­lich rele­vant. Nach dem Ent­wurf sol­len Selbst­an­zei­ge und Berich­ti­gung kla­rer abge­grenzt wer­den. Außer­dem sol­len die Unter­neh­men mehr Zeit bekom­men, um nach einer Selbst­an­zei­ge die Steu­er­erklä­run­gen nach­zu­bes­sern (vor­läu­fi­ger Dis­kus­si­ons­ent­wurf eines Anwen­dungs­er­las­ses zu § 153 AO vom 14.7.2015).

Damit soll u. a. auch sicher­ge­stellt wer­den, dass die Unter­neh­men auch noch nach Anord­nung einer Betriebs­prü­fung Steu­ern nach­mel­den kön­nen, ohne dass es gleich zu einem Straf­rechts-Ver­fah­ren kommt (vgl. zuletzt Nr. 39/2014). Das betrifft z. B. alle anschluss­ge­prüf­ten Unter­neh­men, die per­ma­nent geprüft wer­den und so kei­ne Chan­ce zur straf­frei­en Berich­ti­gung haben.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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