Strategie: Lernen von den Startups + Wirtschaft 4.0: Wie steht es um Ihr Geschäftsmodell? + GmbH-Finanzen: Schulden-Krisen beschleunigen Ende des Bargelds + Organisationsverschulden: Wie fit sind Ihre Mitarbeiter tatsächlich? + Steuerberater: Bescheinigung zun Mindestlohn + Steuer: Feiertags- und Nachtzuschläge für den Gesellschafter-Geschäftsführer + Mitarbeiter: Qualifizierung geht nicht mehr auf Ihre Kosten + BISS …
Der Volkelt-Brief 30/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 24. Juli 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
ob Wirtschaft 4.0 (Seite unten), bargeldloser Zahlungsverkehr (vgl. unten) oder digitale Steuererhebung: Wenn Sie als Unternehmer erfolgreich bleiben wollen, müssen Sie die Zukunft viel schneller antizipieren als noch vor wenigen Jahren. Große Firmen lösen dieses Dilemma, indem Sie ein StartUp mit der Ideenfindung beauftragen und – Erfolg vorausgesetzt – sich dann am Unternehmen beteiligen. Für kleinere Firmen ist das zu aufwendig. Aber auch Sie können davon profitieren. Zum Beispiel, indem Sie sich regelmäßig über die vielen guten Ideen der StartUps in Ihrer Branche informieren. Da lohnt es auf jeden Fall zielgenau zu googeln, z. B. unter „Startup“ plus „Branche“.
Wirtschaft 4.0: Wie steht es um Ihr Geschäftsmodell?
Ob 3D-Drucker, die Musikbranche, Uber-Taxis oder Online-Lohnabrechnung: Die Digitalisierung ist überall und wirkt auf alle Geschäftsmodelle. Wie gut ist Ihr Unternehmen in Sachen Digitalisierung? Die Zahlen offenbaren Handlungsbedarf:
- Branche: Während in der Informations- und Kommunikationswirtschaft 71 % der Betriebe gut oder sehr gut vorbereitet sind, zeigt sich im Bau (16 %), Gastgewerbe (18 %) und dem Handel (20 %) ein deutlich schlechteres Bild. Die Industrie bewegt sich mit 26 % leicht unter dem Durchschnitt, etwas besser sieht es in der Finanzwirtschaft aus (33 %).
- Unternehmensgröße: Großunternehmen (ab 1.000 Mitarbeiter) sehen sich zu 34 % gut aufgestellt, die großen Mittelständler (500 bis 1.000 Mitarbeiter) sogar noch etwas besser (37 %). Der „traditionelle“ Mittelstand (bis 500 Mitarbeiter) hat Nachholbedarf (26 %).
Studie: Digitalisierung im Mittelstand (Deloitte)
GmbH-Finanzen: Schulden-Krisen beschleunigen Ende des Bargelds
Bei ALDI stellt man sich auf die Zeit nach dem Bargeld ein: Man wird den Einkaufswagen ohne STOP durchs Kassenportal schieben. Produkte werden per Chip erfasst. Das Handy wird per Erkennungs-Software identifiziert und das Konto belastet. Vielkäufer erhalten automatisch Skonti, Rabatt-Gutschriften oder das passende „Dankeschön-Geschenk“ per DHL direkt ins Haus. 1:0 für ALDI. 2014 wurden in Deutschland 53 % des Konsum-Transaktionsvolumens mit Bargeld beglichen. In den USA sind es nur 10 %. Schweden plant die bargeldlose Wirtschaft bis 2030. Unterdessen sind auch die Behörden und Banken hellhöriger geworden. Die Argumente auf der Habenseite werden schlagkräftiger und lauter:
- Manipulationssichere Kassensysteme (vgl. Nr. 28/2015) sind in der bargeldlosen Wirtschaft (schon wieder) überflüssig. Das komplette Transaktionsvolumen ist transparent.
- Die Kosten für die Hardware (= Bargeld) entfallen, z. B. Thema Wechselgeld, Transport, Diebstahl usw.
- Der Staat kann schneller und unmittelbarer in den Wirtschaftskreislauf eingreifen (effektivere Beeinflussung der Mittelverwendung, Steuerung des Ausgabenverhaltens mit (Straf-) Gebühren).
- Vermögensabgaben (Steuern) könnten nicht mehr durch Bargeldabzug unterlaufen werden.
- Das (Geld-) Vermögen kann den Banken und damit dem Wirtschaftskreislauf nicht mehr entzogen werden. Das Finanzsystem ist damit wesentlich weniger krisenanfällig.
Nicht zuletzt die Griechenland-Krise und die Diskussion um die Wiedereinführung der Drachme haben frischen Wind in die Diskussionen und Spekulationen um die Abschaffung des Bargeldes gebracht. In futuristischen Szenarien wird bereits darüber diskutiert, ob in Griechenland statt der Drachme nicht gleich der bargeldlose Wirtschaftskreislauf eingeführt werden kann und man auf diese Weise z. B. das Abgabenproblem mit einem Schlag und ohne jahrzehntelange Übergangswehen lösen könnte. Griechenland wäre damit Vorreiter einer bargeldlosen Wirtschaft und könnte sich damit einen echten Wettbewerbsvorteil bei der Einführung bargeldloser Systeme verschaffen.
Organisationsverschulden: Wie fit sind Ihre Mitarbeiter tatsächlich?
Ob es um einen Unfall geht, beschädigte Ware oder verpasste Liefertermine: Wenn etwa schief läuft, wird ein Schuldiger gesucht. Lässt sich der nicht finden, wird der Geschäftsführer in die Haftung genommen. Organisationsverschulden heißt das juristische Zauberwort. In nicht wenigen Fällen – das belegen zahlreiche Urteile dazu – gelingt es tatsächlich, den Geschäftsführer auch persönlich in die Haftung zu nehmen. Was ist ein Organisationsverschulden?
Die Rechtslage: Bei einem Organisationsverschulden wird die Handlung einer Hilfskraft der übergeordneten Stelle zugerechnet. Im Arbeitsleben bedeutet das, dass die Handlung eines Angestellten dem Arbeitgeber zugeordnet wird. Das kann so weit gehen, dass der Geschäftsführer für eine Handlung des Arbeitgebers einstehen muss. Und zwar dann, wenn der es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ordnungsgemäß ausüben kann. Dazu gehören zum Beispiel:
- Der Geschäftsführer ist verpflichtet für die Einarbeitung und Anleitung der Hilfskraft – sprich des Arbeitnehmers – zu sorgen (gemäß § 831 BGB).
- Dazu gehört auch die Kontrolle des Arbeitnehmers, ob dieser überhaupt in der Lage ist, die ihm übertragene Aufgabe zu erfüllen.
- Dazu gehört auch, sich ein Bild über die persönliche Eignung und Voraussetzungen des Arbeitnehmers zur Erfüllung einer Aufgabe zu sichern und zu kontrollieren (z. B. bei einer Krankheitsvertretung).
Steuerberater: Bescheinigung zum Mindestlohn
Laut Bundessteuerberaterkammer sind Steuerberater befugt, Bescheinigungen darüber auszustellen, dass das betreffende Unternehmen den Mindestlohn einhält (BSBK, Mitteilung vom 9.7.2015).
Steuer: Feiertags- und Nachtzuschläge für den Gesellschafter-Geschäftsführer
Ist es nach dem Geschäftsmodell der GmbH erforderlich, dass der Geschäftsführer regelmäßig nachts und auch an Feiertagen tätig sein muss, ist er dennoch nicht berechtigt, die steuerliche Sonderregelung für Feiertag- und Nachtzuschläge zu beanspruchen. Begründung: Diese Zusatzbelastungen werden in der Regel bereits bei der Bestimmung der Gehaltshöhe des Geschäftsführers berücksichtigt (FG Münster, Urteil vom 14.4.2015, 1 K 3431/13 E).
Mitarbeiter: Qualifizierung geht nicht mehr auf Ihre Kosten
Kündigt ein Mitarbeiter, obwohl Sie ihm laut Vertrag ein Duales Studium bei Lohnfortzahlung finanzieren, muss er nicht nur die Ausbildungskosten sondern auch einen Teil des Lohnes zurückzahlen. Voraussetzung: Sie haben das so vertraglich vereinbart. Eine solche Klausel ist wirksam (ArbG Gießen, Urteil vom 3.2.2015, 9 Ca 180/14).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur