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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 25/2014

The­men heu­te:  GmbH-Finan­zen: War­um Sie den Kon­takt zur Haus­bank immer hal­ten soll­ten  + Micro­soft-Pro­gram­me: Jeder 3. Mit­tel­ständ­ler muss nach­zah­len – was tun?+ Preis­ab­spra­chen: EuGH macht den Weg frei für noch höhe­re Stra­fen + FG Düs­sel­dorf: Besitz-GmbHs müs­sen mehr Gewer­be­steu­er zah­len + GmbH-Ver­bund: Ver­schär­fung der Kon­zern-Besteue­rung in der EU geht in die nächs­te Run­de + GmbH-Recht: Mehr­fach­stimm­recht muss aus­drück­lich ver­ein­bart wer­den + Geschäfts­füh­rer pri­vat (I): Arzt- und Heil­mit­tel­kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen + Geschäfts­füh­rer pri­vat (II): Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten nie „bar“ zah­len + BISS

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Nr. 25/2014

Frei­burg, 20.6.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

nach einer Com­merz­bank-Stu­die set­zen zwei Drit­tel von ins­ge­samt 4.000 befrag­ten mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men auf die Unab­hän­gig­keit von einer oder meh­re­ren Ban­ken. Sie finan­zie­ren aus­schließ­lich aus eige­nen Mit­teln oder suchen zusätz­li­che Kapi­tal­ge­ber, die sich am Unter­neh­men betei­li­gen (Stil­le Betei­li­gung, Pri­vat Equi­ty usw.). Begrün­dung : „Mit­tel­ständ­ler geben ungern Macht nach außen ab“.

Für eine sol­che Unab­hän­gig­keit gibt es in der Pra­xis sicher vie­le gute Argu­men­te. Aber es gibt – so auch nach der oben zitier­ten Stu­die – ein wich­ti­ges und nicht zu unter­schät­zen­des Argu­ment, dass für eine sys­te­ma­tisch diver­si­fi­zier­te Finan­zie­rung mit Ban­ken­fi­nan­zie­rung spricht. Gerät die GmbH in eine Kri­se, die nur mit zusätz­li­chen Bank­kre­di­ten zu lösen ist, stellt sich die Fra­ge: „War­um soll­te eine Bank gera­de jetzt einen Kre­dit ver­ge­ben, wenn sich das Unter­neh­men vor­her über Jah­re hin­weg einer Geschäfts­be­zie­hung ver­schlos­sen hat“.

Bes­ser ist es, wenn Sie die Geschäfts­be­zie­hun­gen zu meh­re­ren Ban­ken über Jah­re hin­weg sys­te­ma­tisch pfle­gen. Dabei gilt: Auf je mehr Schul­tern Sie die Finan­zie­rungs­last ver­tei­len, umso weni­ger Ein­fluss kann jeder ein­zel­ne Finan­zier auf Ihr Unter­neh­men neh­men. Wich­tig ist es, die Ban­ken regel­mä­ßig über die Geschäfts­ent­wick­lung (Geschäfts­be­richt, PM des Unter­neh­mens) zu infor­mie­ren – auch dann, wenn für eine bestimm­te Pha­se kein Kre­dit von einer der ver­schie­de­nen Haus­ban­ken gebraucht wird. Das dient einer nach­hal­ti­gen Ver­trau­ens­bil­dung und bringt immer dann Vor­tei­le, wenn das Unter­neh­men unge­plant zusätz­li­che Finan­zie­rungs­mit­tel benö­tigt. Und: Zei­gen Sie in den Ban­ken, wer Sie sind und dass Sie sich jeder­zeit Ihrer Bank stel­len können.

Microsoft-Programme: Jeder 3. Mittelständler muss nachzahlen

Unter­neh­men, die Micro­soft-Pro­duk­te nut­zen, ver­pflich­ten sich beim Kauf zur Selbst­aus­kunft. Unter­des­sen ver­schickt Micro­soft jähr­lich in Deutsch­land ca. 3.500 die­ser Fra­ge­bö­gen zur Selbstauskunft.

Hin­ter­grund: Micro­soft kann dann anhand der Fra­ge­bö­gen und der Inter­net-Updates für Netz­werk-Betriebs­sys­te­me, z. B. auch der Office oder Out­look-Pro­gram­me lücken­los fest­stel­len, ob dafür die ent­spre­chen­den Lizen­zen gekauft wur­den. Ergeb­nis: Immer mehr Unter­neh­men erhal­ten (bis zu sechs­stel­li­ge) Straf­ge­büh­ren für feh­len­de Lizen­zen. Allein im Jahr 2012 waren das rund 14 Mio. EUR. Auch vie­le klei­ne­re Betrie­be sind unter­des­sen von Kon­trol­len und Straf­ge­büh­ren betrof­fen. Damit macht Micro­soft die Anfang 2000 beschlos­se­ne Stra­te­gie wahr, Soft­ware-Ver­stö­ße (Raub­ko­pien) lücken­los zu ahn­den. Was tun? Ver­stö­ße gegen Soft­ware-Lizenz­ver­ein­ba­ren sind kein Kava­liers­de­likt. Alle Unter­neh­men müs­sen sich dar­auf ein­stel­len, dass sie in den nächs­ten Wochen und Mona­ten kon­trol­liert wer­den. Bes­ser ist es, wenn Sie vor­ab reagie­ren. Und zwar so:

  • Ver­schaf­fen Sie sich einen Über­blick über die in Ihrer Fir­ma genutz­ten und lizen­zier­ten Pro­gram­me (Soft­ware Asset Manage­ment). Ins­be­son­de­re für das Ser­ver-Betriebs­sys­tem und für Lizen­zen der Netzwerk-Zugänge.
  • Schaf­fen Sie das nicht allein, beauf­tra­gen Sie Ihren IT-Ver­ant­wort­li­chen/IT-Bera­ter mit einem Software-Audit.
  • Stel­len Sie Lücken fest: Durch Umstruk­tu­rie­run­gen, Soft­ware-Tausch oder Open­so­ur­ce-Anwen­dun­gen kön­nen Sie nach­bes­sern und even­tu­el­le Zusatz­ge­büh­ren vermeiden.
Nach unse­ren Recher­chen hat unter­des­sen jedes 3. Unter­neh­men einen Straf­be­fehl über Zusatz­ge­büh­ren erhal­ten oder ist unmit­tel­bar von Straf­ge­büh­ren bedroht. Aus den Pra­xis­fäl­len ist bekannt, dass Micro­soft kei­ner­lei Ent­ge­gen­kom­men oder Kom­pro­miss­be­reit­schaft zeigt. Selbst dann, wenn das betrof­fe­ne Unter­neh­men durch die Zusatz­be­las­tung im Bestand bedroht ist.

Preisabsprachen: EuGH macht den Weg frei für noch höhere Strafen

Rech­net man die Stra­fen der EU-Kar­tell­be­hör­den und der natio­na­len Kar­tell­äm­ter zusam­men, ergibt sich unter­des­sen ein Mil­li­ar­den­be­trag, den die betrof­fe­nen Unter­neh­men zusätz­lich an die Staats­haus­hal­te zah­len müs­sen. Auch immer mehr mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men gera­ten ins Visier der Fahn­der. Wir berich­ten regel­mä­ßig zu dem recht­lich nach wie vor höchst umstrit­te­nen Vor­ge­hen und Ver­fah­ren (vgl. Nr. 16/2014). Jetzt gibt es ein neu­es Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH), wonach Kar­tell­ver­ge­hen für die betrof­fe­nen Unter­neh­men noch teu­rer wer­den. Hin­ter­grund: Die kar­tell­be­tei­lig­ten Unte­neh­men müs­sen in Zukunft Scha­dens­er­satz sogar an unbe­tei­lig­te Drit­te zahlen.

Bei­spiel: Ein am Kar­tell nicht betei­lig­tes Unter­neh­men ver­langt von sei­nen Kun­den eben­falls den über­teu­er­ten Kar­tell­preis. Der Kun­de hat also mehr bezahlt als er im Wett­be­werb zah­len müss­te. Dazu der EuGH: „Die­ser Kun­de kann dann Scha­dens­er­satz von den Unter­neh­men (vom Kar­tell) ver­lan­gen, denen die Preis­ab­spra­che nach­ge­wie­sen wur­de“ (EuGH, Urteil vom 5.6.2014, C‑557/12).

Das ist ein recht­li­ches „Novum“ und wäre wohl nach deut­schem Recht nicht durch­setz­bar. Laut EuGH besteht zwi­schen den Kar­tell­par­tei­en und dem geschä­dig­ten Drit­ten zwar kei­ner­lei ver­trag­li­che Bezie­hung. Aber der Scha­den ist durch das Kar­tell ver­ur­sacht. In der Pra­xis müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass in den übli­cher­wei­se davon betrof­fe­nen Bran­chen (z. B. Zulie­fe­rer) indi­rekt betrof­fene Unter­neh­men nach Kar­tell­ent­schei­dun­gen grund­sätz­lich durch ihre Rechts­be­ra­ter (Rechts­abteilungen) prü­fen las­sen, ob sie Scha­dens­er­satz­an­sprü­che stel­len kön­nen. Umge­kehrt gilt: Muss­ten Sie über­höh­te Prei­se im Ein­kauf zah­len, kön­nen Sie jetzt auch prü­fen las­sen, ob Sie Scha­dens­er­satz ein­for­dern kön­nen, auch wenn Sie von einem nicht am Kar­tell betei­lig­ten Unter­neh­men (zu über­höh­ten Prei­sen) ein­kau­fen mussten.

FG Düsseldorf: Besitz-GmbHs müssen mehr Gewerbesteuer zahlen

Grund­be­sitz­un­ter­neh­men genie­ßen einen Steu­er­vor­teil: Sie kön­nen bestimm­te Kos­ten bei der Ermitt­lung des Gewer­be­er­tra­ges ver­rech­nen (sog. Grund­be­sitz­kür­zung). Die Finanz­behörden las­sen die Grund­be­sitz­kür­zung aber nur zu, solan­ge es sich nicht um eine Betriebs­auf­spal­tung handelt.

Dazu gibt es jetzt eine neue Rechts­la­ge: Nach einem Urteil des Finanz­ge­richts (FG) Düs­sel­dorf han­delt es sich auch dann um eine Betriebs­auf­spal­tung, wenn die vermögens­verwaltende Gesell­schaft nicht wie üblich eine Besitz-Per­so­nen­ge­sell­schaft ist, son­dern es sich um eine Besitz-GmbH han­delt. Ver­nie­tet und ver­pach­tet die­se Besitz-GmbH Wirt­schafts­gü­ter (Immo­bi­li­en, aber auch: Maschi­nen, Anlage­vermögen) an die Betriebs-GmbH und beherr­schen die Gesell­schaf­ter bei­de Unter­neh­men, lie­gen grund­sätz­lich die Vor­aus­set­zun­gen für eine Betriebs­auf­spal­tung vor (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 7.3.2014, 12 K 946/11 G).

Das Urteil dürf­te in der Pra­xis weit rei­chen­de Fol­gen haben. Vie­le – auch mit­tel­stän­di­sche – Unter­neh­men haben aus Grün­den der Ver­mö­gens­si­che­rung Besitz und lau­fen­den Geschäfts­be­trieb aus­ein­an­der divi­diert – auch als Nach­fol­ge-Gestal­tungs­mo­dell, um eine Betriebs­auf­spal­tung zu umge­hen. In Zukunft müs­sen alle Gestal­tun­gen, in denen das Ver­mö­gen in einer Besitz-GmbH ver­wal­tet wird, mit einer (gerin­gen) Ver­teue­rung bei der Gewer­be­steu­er rechnen.

Verschärfung der Konzern-Besteuerung geht in die nächste Runde

Die EU-Kom­mis­si­on und die Finanz­mi­nis­ter der wich­tigs­ten EU-Staa­ten haben sich jetzt auf einen neu­en Weg zur ein­heit­li­chen Unter­neh­mens­be­steue­rung im EU-Raum ver­stän­digt. Da es in den EU-Staa­ten kei­ne Mehr­heit für eine Ein­heits­be­steue­rung gibt, soll jetzt der juris­ti­sche Weg über das euro­päi­sche Bei­hil­fe­recht beschrit­ten wer­den. Danach wer­den Steu­er­vor­tei­le als unge­recht­fer­tig­te staat­li­che Bei­hil­fen gewer­tet, die dann auf dem Rechts­weg von den Unter­neh­men zurück­ge­for­dert werden.

Zusätz­lich wer­den die Vor­schrif­ten für die Kon­zern-Ver­rech­nungs­prei­se (inkl. Lizenz­ge­büh­ren) von den ein­zel­nen EU-Staa­ten über­prüft. Das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um ist hier­zu  bereits tätig. Wann die neu­en Vor­schrif­ten ver­öf­fent­licht und umge­setzt wer­den, ist der­zeit aller­dings noch nicht abzusehen.

GmbH-Recht: Mehr-Stimmrecht muss ausdrücklich vereinbart werden

Wird ein Dop­pel- oder Mehr­fach­stimm­recht ledig­lich in zusätz­li­chen Ver­ein­ba­run­gen (z. B. Tes­ta­ment) für den Nach­fol­ger ein­ge­räumt, dann ist eine sol­che Ver­ein­ba­rung nicht wirk­sam. Ein abwei­chen­des Stimm­recht muss grund­sätz­lich im Gesell­schafts­ver­trag des Unter­neh­mens ver­ein­bart wer­den (Land­ge­richt Bie­le­feld, Urteil vom 30.5.2014, 17 O 61/12).

Im Ver­fah­ren ging es um eine tes­ta­men­ta­ri­sche Ver­fü­gung, auf die sich einer der Nach­fol­ger (hier: eine Groß­flei­sche­rei in NRW) berief. Danach hat­te der Seni­or ein Mehr­fach-Stimm­recht zuge­sagt. Dies aber nicht per ordent­li­cher Ände­rung der Gesell­schafts­ver­trä­ge der davon betrof­fe­nen Gesell­schaf­ten kor­rekt umge­setzt. Sol­che Zusatz­ver­ein­ba­run­gen sind unwirk­sam und damit recht­lich nicht bindend.

Geschäftsführer privat (I): Krankheitskosten zählen bei der Steuer

Kos­ten für selbst gezahl­te Arzt- und Heil­mit­tel­kos­ten sind eine außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung, wenn Sie die medi­zi­ni­sche Not­wen­dig­keit durch ein Rezept oder ein Attest bele­gen kön­nen. Die­ser Nach­weis ist auch durch ein sog. Grü­nes Rezept mög­lich – das gibt es für Medi­ka­men­te, die vom Arzt ver­schrie­ben sind, aber nicht von der Kas­se über­nom­men werden.

Wenn Sie bei Ihrer Apo­the­ke eine Kun­den­kar­te anle­gen, erstellt die für alle Heil­mit­tel und Medi­ka­men­te, die Sie selbst bezahlt oder zu denen Sie zuge­zahlt (5 bis 10 EUR) haben, eine finanz­amts­taug­li­che Bescheinigung.

Geschäftsführer privat (II) – Kinderbetreuungskosten nie „bar“ zahlen

Wenn Sie für die von Ihnen bezahl­ten Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten weder eine Rech­nung noch einen Über­wei­sungs­be­leg vor­wei­sen kön­nen, braucht das Finanz­amt die Betreu­ungs­kos­ten nicht als Son­der­aus­ga­ben anzu­er­ken­nen (FG Köln, Urteil vom 10.1.2014, 15 K 2882/13).

Das gilt auch für den Aus­la­gen­er­satz, also wenn Sie für die Betreu­ung zusätz­lich Fahrt­kos­ten über­neh­men. Auch hier gilt: Nur gegen Beleg und per Über­wei­sung. Dar­an soll­ten Sie sich peni­bel hal­ten. Nach die­sem FG-Urteil wer­den alle Finanz­äm­ter die­sen Nach­weis verlangen.

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Her­aus­ge­ber Volkelt-Briefe

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