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Volkelt-Brief 20/2014

The­men heu­te: Neue Geset­ze: Zah­lungs­ein­gang soll beschleu­nigt wer­den + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Ver­kauf von besi­cher­tem GmbH-Ver­mö­gen + Kün­di­gungs­grund: Vor­sicht mit Gefäl­lig­kei­ten an Ver­wand­te und Freun­de + NEU: Mehr Spiel­raum für Zin­sen auf Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen + Nach­wuchs-För­de­rung: Rich­tig drauf­le­gen bei der Azu­bi-Ver­gü­tung + Mit­ar­bei­ter: Urlaubs­an­spruch bleibt Urlaubs­an­spruch + Bilanz­recht: Neue Vor­ga­ben für GmbH-Antei­le + Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rers: Sanie­rung ist kein Grund + BISS

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Nr. 20/2014

Frei­burg, 16.5.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

die schlech­tes­te Zah­lungs­mo­ral hat nicht – wie ger­ne ver­mu­tet – die öffent­li­che Ver­wal­tung als Auf­trag­ge­ber. Laut Bür­gel Wirt­schafts­in­for­ma­tio­nen sind hier ledig­lich 8,3 % der Auf­trag­ge­ber mit ihren Rech­nun­gen in Ver­zug. Sie bezah­len ihre Rech­nun­gen erst nach der im Ver­trag fest­ge­schrie­be­nen Zah­lungs­frist (meist: 14 Tage). Ganz schlecht steht es um die Zah­lungs­mo­ral der gro­ßen Auf­trag­ge­ber. Über ein Drit­tel (36,9 %) der (gro­ßen) Akti­en­ge­sell­schaf­ten zahlt ver­spä­tet. Zulie­fe­rer haben dem­nach ganz schlech­te Karten.

Ins­ge­samt aber steht es um die Zah­lungs­mo­ral der deut­schen Unter­neh­men nicht schlecht. Jus­tiz­mi­nis­ter Maas will trotz­dem etwas für die­se Unter­neh­men tun. Dazu will er den Ver­zugs­zins um 1 Pro­zent­punkt über dem Basis­zins auf 9 % anhe­ben und es den Unter­neh­men erlau­ben, eine ein­ma­li­ge Ver­zugs­ge­bühr von 40 EUR zu erhe­ben. Der Geset­zes­vor­schlag liegt bereits auf dem Tisch (Ent­wurf 18/1309).

Gut gemeint. Aller­dings bezwei­feln wir, ob damit das ange­streb­te Ziel erreicht wird. Rea­lis­ti­scher ist die Vor­ga­be im Geset­zes­vor­schlag, dass in den AGB grund­sätz­lich nur noch ein Zah­lungs­auf­schub von maxi­mal 30 Tagen ver­ein­bart wer­den darf. Aus­nah­men müs­sen aus­drück­lich begrün­det wer­den. Klei­ne­re Unter­neh­men – ins­be­son­de­re denen, die als Zulie­fe­rer für gro­ße Auftrag­­­geber tätig sind und die de fac­to abhän­gig von ihnen sind – müs­sen dem­nach wei­ter damit leben, dass die Liqui­di­tät ihre Schwach­stel­le ist und bleibt.

 

Geschäftsführer-Haftung: Verkauf von besichertem GmbH-Vermögen

Jetzt hat das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Saar­brü­cken erst­mals in einen Fall ent­schie­den, dass der Geschäfts­füh­rer von den Gläu­bi­gern der GmbH (Ban­ken, Zulie­fe­rer) per­sön­lich in die Haf­tung genom­men wer­den kann, wenn er Ver­mö­gen der GmbH, das als Sicher­heit dient, ver­kauft. Stößt der Insol­venz­ver­wal­ter bei anschlie­ßen­der Abwick­lung der GmbH auf einen sol­chen Sach­ver­halt, müs­sen Sie sich dar­auf ein­stel­len, dass der Geschäfts­füh­rer den Ver­äu­ße­rungs­er­lös in vol­ler Höhe zurück­er­stat­ten muss (OLG Saar­brü­cken, Urteil vom 30.1.2014, 4 U 49/13).

Die Rechts­la­ge ist ein­deu­tig. Vor dem Ver­kauf von GmbH-Ver­mö­gen (Immo­bi­li­en, Grund­stü­cke, Anla­ge­ver­mö­gen) soll­ten Sie sich dar­über infor­mie­ren, ob die­ses belas­tet ist. Auch dar­über, ob die Belas­tung ledig­lich ein­ge­tra­gen ist (z. B. im Grund­buch) oder ob die Belas­tung tat­säch­lich noch offen ist. Besteht eine sol­che Belas­tung, soll­ten Sie sich zunächst von unbe­las­te­ten Wirtschafts­gütern tren­nen und nur im Not­fall – wenn kei­ne ande­re Mög­lich­keit mehr geht – ein siche­rungs­über­eig­ne­tes Ver­mö­gens­gut ver­äu­ßern. Das gilt auch für den Fremd-Geschäfts­füh­rer. Auch der wird per­sön­lich in die Haf­tung genom­men, wenn der GmbH-Ver­mö­gen unzu­läs­si­ger­wei­se veräußert.

 

Kündigungsgrund: Vorsicht mit Gefälligkeiten an Verwandte/Freunde

Beherr­schen­de Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sind es gewohnt, in der GmbH zu gestal­ten, z. B. indem Sie Fami­li­en-Mit­glie­der beschäf­ti­gen oder sogar Dar­le­hen aus GmbH-Mit­teln gewäh­ren. In der Pra­xis kommt es gele­gent­lich zu steu­er­li­chen Aner­ken­nungs­pro­ble­men (vgl. Nr. 1/2014). Etwas anders ist das zu beur­tei­len, wenn der Fremd-Geschäfts­füh­rer (oder der zur Min­der­heit betei­lig­te Geschäfts­füh­rer) sol­che Gestal­tun­gen vor­nimmt und sich dabei nicht absichert.

Dazu ein kon­kre­ter Fall: Der Geschäfts­füh­rer einer GmbH hat­te für eine Mitarbei­terin die Kos­ten der Nach­hil­fe für die Toch­ter gezahlt. Die Toch­ter wie­der­um war eine Freun­din der Toch­ter der Lebens­ge­fähr­tin des Geschäfts­füh­rers. Dazu das OLG Koblenz: „Die dar­auf­hin aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rers aus wich­ti­gem Grund durch den Inha­ber der GmbH (hier: Gas­tro­no­mie-GmbH) ist rech­tens“ (OLG Koblenz, Urteil vom 11.7.2013, 6 U 1359/12). Rein juris­tisch gese­hen han­delt es sich um eine Pflicht­ver­let­zung des Geschäfts­füh­rers. Im oben genann­ten Fall ver­stößt er gegen sei­ne Treue­pflicht gegen­über der Gesell­schaft, indem er Leis­tun­gen und Ver­mö­gen der Gesell­schaft für frem­de Zwe­cke (per­sön­li­che Inter­es­sen) genutzt hat.

Ver­trags­ver­hält­nis­se zwi­schen der GmbH und Ver­wand­ten und Freu­den füh­ren immer dann zu Pro­ble­men mit den Gesell­schaf­tern, wenn die­se sich nicht infor­miert und ein­be­zo­gen füh­len. Bes­ser ist es, wenn Sie die Gesell­schaf­ter mit ins Boot neh­men und kor­rekt über Ihre Vor­ha­ben infor­mie­ren. Sto­ßen Sie auf Skep­sis: Fin­ger weg! Für den Fremd-Geschäfts­füh­rer oder den Geschäfts­füh­rer mit einer klei­nen Betei­li­gung birgt das ein Kün­di­gungs­ri­si­ko. Dar­auf soll­ten Sie es nicht ankom­men lasen. Wich­tig ist auch, dass Sie sich nicht nur münd­lich absi­chern, son­dern dass Sie den Vor­gang bele­gen kön­nen (Beschluss­fas­sung, E‑Mail, schrift­li­che Notiz).

 

NEU: Mehr Spielraum für Zinsen auf Gesellschafter-Darlehen

Finan­zie­ren Sie als Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer die eige­ne GmbH mit Dar­le­hen, schaut das Finanz­amt ganz genau hin. Nur wenn Sie den sog. Dritt­ver­gleich ein­hal­ten, sind die Zin­sen, die Sie dafür bekom­men, Betriebs­aus­ga­ben. Die Finanz­äm­ter ori­en­tie­ren sich dabei streng an den bank­üb­li­chen Zin­sen für Dar­le­hen. Da bleibt nicht viel Spiel­raum. Bis jetzt jedenfalls.

Hin­ter­grund: Der Bun­des­fi­nanz­hof hat­te im Okto­ber ein Urteil ver­öf­fent­licht, wonach bei der Dar­le­hens­ver­ga­be auch die per­sön­li­che Risi­ko­be­reit­schaft des Anle­gers in den Zins ein­flie­ßen darf – und zwar auch für Fami­li­en-Dar­le­hen (Urteil vom 22.10.2013, X R 26/11). Wer bei der Ver­mö­gens­an­la­ge mehr ris­kiert, darf auch einen höhe­re Zins ver­lan­gen. Das gilt so auch für Dar­le­hen von Gesell­schaf­tern an die GmbH.

Jetzt hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um ange­kün­digt, dass in Zukunft nicht mehr streng an der bank­üb­lich­keits-Ver­zin­sung fest­ge­hal­ten wird. Wört­lich: „Sofern Dar­le­hens­ver­trä­ge zwi­schen Ange­hö­ri­gen neben dem Inter­es­se des Schuld­ners an der Erlan­gung zusätz­li­cher Mit­tel außer­halb einer Bank­fi­nan­zie­rung auch dem Inter­es­se des Gläu­bi­gers an einer gut ver­zins­li­chen Geld­an­la­ge die­nen, sind ergän­zend auch Ver­ein­ba­run­gen aus dem Bereich der Geld­an­la­ge zu berück­sich­ti­gen(BMF-Schrei­ben vom 29.4.2014, IV C 6 – S 2144/07/10004).

Damit ist es mög­lich, höhe­re Zin­sen zu ver­ein­ba­ren als für die übli­chen Bank­dar­le­hen gezahlt wer­den. Ori­en­tie­ren Sie sich an den Kon­di­tio­nen, die für Pri­va­te-Equi­ty-Betei­li­gun­gen gezahlt wer­den. Wich­tig ist aber, dass Sie die Kon­di­tio­nen für das Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen zunächst mit dem Steu­er­be­ra­ter bespre­chen und sich – zusam­men mit ihm – eine stim­mi­ge Argumen­tationslinie für das Finanz­amt zurecht legen. Gehen Sie davon aus, dass die Finanz­be­hör­den Kon­di­tio­nen, die stark von Bank-Dar­le­hen abwei­chen, genau­er hin­ter­fra­gen. Hilf­reich ist es auf jeden Fall, wenn Sie sich neben Ihrer GmbH auch in ande­re Anla­gen mit ver­gleich­ba­rem Risi­ko und Zins­vereinbarungen finan­zi­ell engagieren.

 

Nachwuchs-Förderung: Richtig drauflegen bei der Azubi-Vergütung

Nach einer Stu­die der Hans-Böck­ler-Stif­tung rei­chen die Azu­bi-Ver­gü­tun­gen von 341 EUR im 3. Lehr­jahr (Bran­che: Fri­sör) bis zu 1.450 EUR im 4. Lehr­jahr (Bran­che: Bau, Stra­ßen­bau). Pro­blem: Immer mehr Jugend­li­che ori­en­tie­ren sich bei der Berufs­wahl an der in der Aus­bil­dung gezahl­ten Ver­gü­tung. Recht­lich gese­hen steht es Ihnen frei, die Höhe der Aus­bil­dungs­ver­gü­tung abwei­chend nach den tarif­li­chen Min­dest­be­stim­mun­gen bes­ser zu bezahlen.

Im Ein­zel­fall ist eine Bes­ser­be­zah­lung ver­trag­lich kein Pro­blem. Stel­len Sie sich aber dar­auf ein, dass das teu­er wer­den kann, wenn Sie jähr­lich meh­re­re Aus­zu­bil­den­de ein­stel­len. Der Gewöh­nungs­ef­fekt an bes­se­re Bezah­lung lässt sich meist nur schwer umkeh­ren. Zudem sor­gen Sie für Ver­är­ge­rung in der Bran­che, wenn Sie die Azu­bi-Ver­gü­tung ohne Abspra­che erhö­hen. Sinn­voll ist es, Ver­gü­tung und Aus­bil­dungs­ziel zu kop­peln, z. B. indem Sie eine zusätz­li­che Prä­mie zum Bestehen der Zwi­schen­prü­fung bzw. sons­ti­ger Zwi­schen­zie­le vereinbaren.

 Noch bes­ser ist es, wenn Sie Ihre Azu­bis gezielt ange­hen und sol­che Zusatz­ver­gü­tun­gen ver­ein­ba­ren, die Sie nicht viel kos­ten, aber ganz gezielt an den Bedürf­nis­sen des ein­zel­nen Azu­bi anset­zen. Zum Bei­spiel mit einem steu­er­frei­en Tank­gut­schein oder einer ande­ren Zusatz­satz­leis­tung, für die Sie weder Steu­er noch Sozi­al­ver­si­che­rung zusätz­lich zah­len müs­sen, z. B. Arbeit­neh­mer-Spar­zu­la­ge, Sach­prä­mi­en, Per­so­nal­ra­bat­te, Job-Ticket, Fort­bil­dungs­leis­tun­gen usw.. Ihr Steu­er­be­ra­ter kennt den voll­stän­di­gen Leis­tungs­ka­ta­log. Eine Über­sicht der tarif­li­chen Azu­bi-Ver­gü­tun­gen für alle Bran­chen gibt es unter https://www.boeckler.de > WIS Tarif­ar­chiv > Wer ver­dient was? > Ausbildungsvergütungen.

 

Mitarbeiter: Urlaubsanspruch bleibt Urlaubsanspruch

Gewäh­ren Sie einem Mit­ar­bei­ter unbe­zahl­ten Son­der­ur­laub, dann hat das kei­nen Ein­fluss auf den sons­ti­gen Urlaubs­an­spruch des Arbeit­neh­mers. Der hat unge­kürzt Anspruch auf den ihm zuste­hen­den gesetz­li­chen Min­dest­ur­laub (Bun­des­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 6.5.2014, 9 AZR 678/12).

Inso­fern sind die gesetz­li­chen Vor­ga­ben aus dem Bun­des­ur­laubs­ge­setz „unab­ding­bar“. Das soll­ten Sie in Ihrer Arbeits­zeit­rech­nung berück­sich­ti­gen, wenn Sie einem Mit­ar­bei­ter einen unbe­zahl­ten Son­der­ur­laub genehmigen.

 

Bilanzrecht: Neue Vorgaben für GmbH-Anteile

Laut OFD Frank­furt kann der Mit­un­ter­neh­mer­an­teils, der eine Kom­ple­men­tär-Betei­li­gung ent­hält, nicht zu Buch­wer­ten über­tra­gen wer­den. Fol­ge: Die Betei­li­gung wird neu bewer­tet, was in der Regel zu einer höhe­ren steu­er­li­chen Belas­tung führt (OFD Frank­furt vom 13.2.2014, S 2134 A – 14 – St 213).

Der neue Erlass regelt anhand zahl­rei­cher Ein­zel­fäl­le, wann und wie die Betei­li­gung an einer GmbH in einem Betriebs­ver­mö­gen (Mit­un­ter­neh­mer­schaft) als wesent­li­che Betriebs­grund­la­ge ein­zu­stu­fen ist. Das betrifft auch die Betei­li­gun­gen an einer Kom­ple­men­tär-GmbH, sofern die­ser Anteil in einer Mit­un­ter­neh­mer­schaft gehal­ten wird. Vor­sicht: Die OFD regelt hier detail­liert zahl­rei­che Ein­zel­fäl­le. Vor der Über­tra­gung, Ver­er­bung oder dem Ver­kauf einer so im Betriebs­ver­mö­gen gehal­te­nen Betei­li­gung soll­ten Sie auf jeden Fall Ihren Steu­er­be­ra­ter einbeziehen.

 

Kündigung des Geschäftsführers: Sanierung ist kein Grund

Will die Kon­zern-Mut­ter­ge­sell­schaft Stel­len abbau­en, liegt dar­in kein wich­ti­ger Grund zur Kün­di­gung des Anstel­lungs­ver­tra­ges von Geschäfts­füh­rern der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten (Land­ge­richt Frank­furt am Main, Urteil vom 22.4.2014, 3–05 O 8/14).

Im Pro­zess ging es um einen Vor­stand der Com­merz­bank. Die Aus­füh­run­gen betref­fen aber auch den Geschäfts­füh­rer in der Kon­zern-GmbH, soweit es um die Begrün­dung geht. Der Beschluss z. B. zur Ver­schlan­kung der Geschäfts­füh­rung genügt nicht für eine Kün­di­gung des ein­zel­nen Geschäfts­füh­rers aus wich­ti­gem Grund. Hier muss die GmbH zusätz­lich begrün­den (Dar­le­gung der wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le, die mit einer Nicht-Kün­di­gung zu erwar­ten sind).

 

Volkelt Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Her­aus­ge­ber Volkelt-Briefe

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