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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 17/2012

The­men heu­te: Vor­sicht bei GmbH-Ver­kauf – der neue Besit­zer kann den Ex-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer leich­ter hin­aus-mob­ben + Schluss mit der Har­mo­nie: Kon­flik­te in der Zwei­per­so­nen-GmbH – was tun? + Anspar­rück­la­ge in der GmbH & Co. KG gibt es nur für tat­säch­li­che Unter­neh­mens­grün­der + Arbeit­ge­ber muss Ableh­nung eines Bewer­bers nur aus­nahms­wei­se begrün­den + EU plant eine ein­heit­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge für die KSt + BISS .…

 

 

 17. KW 2012, Frei­tag, 27.4.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

vie­le Geschäfts­füh­rer sehen ihre Zukunfts­si­che­rung dar­in, die GmbH spä­ter ein­mal zu ver­äu­ßern. Ide­al­vor­stel­lung: Solan­ge der Geschäfts­füh­rer gesund­heit­lich fit ist, bleibt er im Kon­zern als (abhän­gi­ger) Geschäfts­füh­rer tätig – am bes­ten auf der Grund­la­ge des bestehen­den Anstel­lungs­ver­tra­ges unter den neu­en Gesellschaftern.

Vor­sicht: Hier gibt es ein neu­es Urteil des Bun­des­ge­richts­ho­fes (BGH). Danach ist es nach dem Ver­kauf der GmbH für die neu­en Gesell­schaf­ter wesent­lich ein­fa­cher, den über­nom­me­nen Ex-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer her­aus zu mob­ben. Z. B., indem ihm sys­te­ma­tisch die Kom­pe­ten­zen beschnit­ten wer­den oder ihm ein neu­er Chef vor die Nase gesetzt wird. Dazu der BGH: „Das steht den neu­en Gesell­schaf­tern auf­grund ihrer Orga­ni­sa­ti­ons­ho­heit zu“. Der Ex-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer hat nur die Rech­te, die ihm nach sei­nem Anstellungs­vertrag zuste­hen (BGH, Urteil vom 6.3.2012, II ZR 76/11).

Bei­spiel: Der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer hat­te sei­ne Regio-Zeit­schrif­ten GmbH an den grö­ße­ren Ver­lag ver­kauft. Er blieb als Geschäfts­füh­rer wei­ter im Amt. Dann struk­tu­rier­ten die neu­en Inha­ber um: Zunächst wur­den Ver­trieb und Ver­sand aus­ge­glie­dert, anschlie­ßend wur­de ein zusätz­li­cher Geschäfts­füh­rer ein­ge­stellt und ein „Report­ing“ ein­ge­führt, wonach der Ex-Inha­ber regel­mä­ßig berich­ten muss­te. Der wehr­te sich dage­gen und zwar per Kla­ge „wegen unzu­läs­si­ger Ein­schrän­kung sei­ner Kom­pe­ten­zen aus der Geschäfts­füh­rer-Posi­ti­on“

Die Rechts­la­ge: Der neue Arbeit­ge­ber ist ledig­lich dazu ver­pflich­tet, sei­ne Rech­te und Pflich­ten aus dem Anstel­lungs­ver­trag zu erfül­len. Das Recht zur Abbe­ru­fung bzw. zur Ein­schrän­kung sei­ner Kom­pe­ten­zen bleibt ihm vor­be­hal­ten. Der Ex-Geschäfts­füh­rer hat kein Recht auf irgend­ei­ne Besitz­stands­wah­rung (z. B. Umwand­lung der Ein­zel­ver­tre­tungs­be­fug­nis in eine Gesamt­ver­tre­tungs­be­fug­nis, neue Auf­tei­lung der Geschäfts­füh­rungs-Befug­nis­se bei neu­er Res­sort­ein­tei­lung). Dem Ex-Geschäfts­füh­rer steht dann noch nicht ein­mal eine Abfin­dung zu, wenn er vor­zei­tig kün­digt, z. B. weil er sich im Recht fühlt. Dann kann der Schuss also ganz schnell nach hin­ten los­ge­hen. Der neue Inha­ber kann die Kün­di­gung mit einer Kün­di­gung sei­ner­seits beant­wor­ten, so dass der Ex sogar sei­ne noch bestehen­den Ansprü­che aus dem von ihm gekün­dig­ten Anstel­lungs­ver­trag verliert.

Für die Pra­xis: Im Fal­le des GmbH-Ver­kaufs durch den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer (z. B. an einen Kon­zern) emp­feh­len wir, bereits in den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen kla­re Posi­tio­nen zu zei­gen. Bei­spiel: Über­neh­men Sie nicht ein­fach den bestehen­den Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­trag. Ergän­zen Sie auf jeden Fall: „Im Fal­le der vor­zei­ti­gen Ver­trags­auf­lö­sung hat der Geschäfts­füh­rer Anspruch auf eine Abfin­dung in Höhe von  „ (übli­cher­wei­se: pro Anstel­lungs­jahr ein Net­to-Monats­ge­halt, bei kur­zer Beschäf­ti­gungs­dau­er: ein fes­ter Betrag z. B. in Höhe von 100.000 EUR). Ergän­zend kann eine Abbe­ru­fung durch die neu­en Gesell­schaf­ter erschwert wer­den, indem eine Abbe­ru­fung „nur aus wich­ti­gem Grund“ mög­lich ist. Auch das ermög­licht dem Ex-Gesel­l­­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer spä­ter die Durch­set­zung einer ent­spre­chen­den Abfindung.

Zweipersonen-GmbH: Schluss mit der Harmonie – was tun? 

Vie­le GmbHs sind Zwei­per­so­nen-GmbHs. Typi­sche Kon­stel­la­tio­nen: Ein IT-Spe­zia­list und ein Ver­triebs­pro­fi grün­den eine Fir­ma. Oder ein Kauf­mann und ein Inge­nieur grün­den gemein­sam. Solan­ge die Geschäf­te gut lau­fen, ist das auch meis­tens kein Pro­blem. Zu Pro­ble­men kommt es in der Pra­xis aber sehr oft, wenn der ange­streb­te Erfolg aus­bleibt und sich die Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer nicht über eine neue Stra­te­gie eini­gen kön­nen. Sind die Gesell­schaf­ter zer­strit­ten, kön­nen u. U. kei­ne Ent­schei­dun­gen für die GmbH getrof­fen wer­den, die über das ope­ra­ti­ve All­tags­ge­schäft hin­aus­ge­hen. Ist im Gesell­schafts­ver­trag einer sol­chen GmbH kei­ne Klau­sel zur Been­di­gung der Gesell­schaft ver­ein­bart, kann das ziem­lich auf­rei­bend wer­den. Aus der Pra­xis sind Fäl­le bekannt, in denen über Jah­re hin­weg pro­zes­siert wur­de und die Geschäf­te der GmbH auf der Stre­cke blie­ben. Ein Grund dafür liegt in der Rechts­auf­fas­sung zur Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers in der Zwei­per­so­nen-GmbH. Die Gerich­te las­sen die Abbe­ru­fung eines Geschäfts­füh­rers meist nur dann zu, wenn ihm ein schuld­haf­tes Ver­hal­ten nach­zu­wei­sen ist.

Die Rechts­la­ge: Hier­zu gibt es ein­deu­ti­ge Rechts­la­ge auf der Grund­la­ge der bestehen­den BGH-Rech­t­­spre­chung. Danach kann der (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer bereits dann abbe­ru­fen wer­den, wenn die Geschäfts­füh­rer unter­ein­an­der so zer­strit­ten sind, dass eine Zusam­men­ar­beit zwi­schen ihnen nicht mehr mög­lich ist (z. B. BGH, Urteil vom 12.01.2009, II ZR 27/08). Damit kann zumin­dest der Mehr­heits-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer ab sofort die Hand­lungs­fä­hig­keit der GmbH bei Zer­strit­ten­heit mit sei­nem Mit-Gesell­schaf­ter schnel­ler wie­der her­stel­len. Den Beweis dafür, dass  „Zer­strit­ten­heit“ vor­liegt, ist sehr viel ein­fa­cher zu füh­ren. Dazu genügt es, wenn Sie z. B. doku­men­tie­ren kön­nen, dass Ver­trä­ge nicht zustan­de kamen, weil der Min­der­heits-Gesell­schaf­ter die Zustim­mung ver­wei­ger­te. Kei­ne oder nur wenig Aus­wir­kung haben die­se Erleich­te­run­gen für die Abbe­ru­fung des Geschäfts­füh­rers in der Zwei­per­so­nen-GmbH mit zwei gleich­be­rech­tig­ten Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern (50:50-Beteiligung). Hier kann eine Abbe­ru­fung auch wei­ter­hin in der Regel nur nach einem ent­spre­chen­den gericht­li­chen Urteil durch­ge­setzt werden.

Für die Pra­xis: Der Gesell­schafts­ver­trag soll­te auf jeden Fall eine Kün­di­gungs­klau­sel ent­hal­ten, die es jedem Gesell­schaf­ter ermög­licht, die GmbH zu been­den. Mus­ter-For­mu­lie­rung: „Jeder Gesell­schaf­ter kann die GmbH mit einer Frist von 6 Mona­ten (1 Jahr, 2 Jah­ren) zum Ende eines Geschäfts­jah­res kün­di­gen. Die GmbH wird zu die­sem Zeit­punkt auf­ge­löst. Das Ver­mö­gen ist unter den Gesell­schaf­tern zu ver­tei­len. Stim­men alle Gesell­schaf­ter zu, kann ein Gesell­schaf­ter die GmbH fort­füh­ren“. Soll der Bestand der GmbH gesi­chert wer­den und zugleich dem Gesell­schaf­ter ein Aus­tritts­recht ein­ge­räumt wer­den, kann ver­ein­bart wer­den:Bei Vor­lie­gen eines wich­ti­gen Grun­des kann jeder Gesell­schaf­ter sei­nen Aus­tritt aus der Gesell­schaft erklä­ren. Der Gesell­schaf­ter kann sei­nen Aus­tritt aus der Gesell­schaft mit einer Frist von sechs Mona­ten zum Ende des Geschäfts­jah­res erklä­ren. Durch den Aus­tritt eines Gesell­schaf­ters wird die Gesell­schaft nicht auf­ge­löst. Die Gesell­schaft ist im Fal­le eines Aus­tritts berech­tigt, den Geschäfts­an­teil des aus­tre­ten­den Gesell­schaf­ters ein­zu­zie­hen bzw. die Abtre­tung an eine drit­te natür­li­che oder juris­ti­sche Per­son zu verlangen“.

Ansparrücklage in der GmbH & Co. KG gibt es nur für tatsächliche Unternehmensgründer

Die Anspar­rück­la­ge für Unter­neh­mens­grün­der (§ 7 g Abs. 7 EStG alte Fas­sung) gibt es nur dann für eine GmbH & Co. KG, wenn sämt­li­che Kom­ple­men­tä­re der Gesell­schaft, die natür­li­che Per­so­nen sind, zugleich auch selbst Unter­neh­mens­grün­der sind. Ist eine der betei­lig­ten Per­so­nen kein Grün­der, ist das Finanz­amt bereits berech­tigt, die ein­ge­stell­te Rück­la­ge Gewinn erhö­hend auf­zu­lö­sen (BFH, Urteil vom 2.2.2012, IV R 17/09).

Für die Pra­xis: Statt der Anspar­rück­la­ge wird seit 2008 der Inves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag gewährt – damit ver­bun­den sind eini­ge ver­än­der­te Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen. Gere­gelt wer­den danach ganz gene­rell die Vor­aus­set­zun­gen der Inves­ti­ti­ons­för­de­rung für klei­ne­re und mitt­le­re Unter­neh­men. Die neue Rechts­la­ge gilt ein­heit­lich für alle Unter­neh­mens­ab­schlüs­se seit dem Geschäfts­jahr 2007.

Arbeitgeber muss Ablehnung eines Bewerbers nur ausnahmsweise begründen

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) hält es grund­sätz­lich für zuläs­sig, wenn Sie als Arbeit­ge­ber dem Stel­len­be­wer­ber kei­ne (aus­führ­li­che) Begrün­dung für Ihre Ableh­nung geben. Nur im Aus­nah­me­fall kann der Bewer­ber ver­lan­gen, dass Sie eine Begrün­dung lie­fern (EuGH, Urteil vom 19.4.2012, C‑415/10).

Für die Pra­xis: Vor­sicht ist z. B. dann ange­bracht, wenn Sie eine Stel­le erneut aus­schrei­ben, weil sich bis­her noch kein geeig­ne­ter Kan­di­dat vor­ge­stellt hat. Das genau war der Fall über den das Arbeit­ge­richt Ham­burg in der Vor­in­stanz ent­schied. Eine abge­lehn­te Bewer­be­rin klag­te wegen Ver­stoß gegen das AGG, als sie die glei­che Anzei­ge erneut in der Zei­tung las. Fazit: Nur in sol­chen Fäl­len soll­ten Sie eine Ableh­nung begrün­den („ent­spricht nicht den Qua­li­fi­ka­tio­nen des von uns aus­ge­schrie­be­nen Stel­len­pro­fils“).

EU plant eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer

Das EU-Par­la­ment hat die Vor­aus­set­zun­gen dafür geschaf­fen, dass ein­heit­li­che Besteue­rungs­grund­la­gen für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten (GKKB) ein­ge­führt wer­den kön­nen. Damit hat das Par­la­ment einen Gesetz­ent­wurf der EU-Kom­mis­si­on zuge­stimmt, der die Erhe­bung der Kör­per­schaft­steu­er euro­pa­weit ver­ein­heit­licht. Dabei wird es sich um eine frei­wil­li­ge Vor­ga­be handeln.

Für die Pra­xis: Erfreu­lich ist, dass die EU ein­heit­li­che Stan­dards set­zen wird. Aller­dings wird die Umset­zung noch eini­ge Jah­re dau­ern – vor 2016 ist rea­lis­ti­scher­wei­se nicht mit einer Erleich­te­rung für die Unter­neh­men zu rech­nen, die auf­grund unter­schied­li­cher Steu­er-Stan­dards in ihren aus­län­di­schen Nie­der­las­sun­gen und Toch­ter­ge­sell­schaf­ten z. Z. dop­pelt bilan­zie­ren müssen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

 

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