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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 13/2012

The­men heu­te: Die neue Gal­lup-Stu­die – was Mit­ar­bei­ter vom Chef erwar­ten + Nied­rig­löh­ne: GmbH-Geschäfts­mo­del­le müs­sen mit neu­en Rah­men­be­din­gun­gen pla­nen + BFH-aktu­ell: Finanz­amt darf Durch­gangs­er­werb nicht eifach besteu­ern + Ver­stoß gegen AGG muss spä­tes­tens nach 2 Mona­ten moniert wer­den + Neu­es BFH-Grund­satz­ur­teil zur Besteue­rung von Erstat­tungs­zin­sen + BISS

 

 

 

13. KW 2012 Frei­tag, 30.3.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die Gal­lup-Manage­ment-Con­sul­ting Ber­lin ermit­telt jähr­lich den sog. Enga­ge­ment-Index. Damit soll auf­ge­zeigt wer­den, wie sich Arbeit­neh­mer im Unter­neh­men enga­gie­ren, wel­che Erwar­tun­gen sie an ihren Arbeit­ge­ber haben und wo sie sich Ver­bes­se­run­gen wün­schen. Befragt wur­den dazu 1.323 Arbeit­neh­mer über 18 Jah­ren aus den unter­schied­lichs­ten Bran­chen und Unter­neh­men. Inso­fern sind die Ergeb­nis­se zwar reprä­sen­ta­tiv, tref­fen aber nicht auf alle Bran­chen zu.

Den­noch erge­ben sich dar­aus wert­vol­le Hin­wei­se für Sie als „Chef“. Zei­gen die Ergeb­nis­se doch „unge­schminkt“ auf, was Sie als Chef mit Ihrer eige­nen Per­sön­lich­keit im Unter­neh­men bewir­ken und ggf. ändern kön­nen. Hier die wich­tigs­ten Ergeb­nis­se:

  • Emo­tio­na­le Bin­dung: 14 % aller Arbeit­neh­mer haben eine hohe emo­tio­na­le Bin­dung zum Unter­neh­men. 63 % haben eine gerin­ge, 23 % haben kei­ne emo­tio­na­le Bin­dung zu dem Unter­neh­men, in dem sie arbeiten.
  • Arbeits­zeit: Arbeit­neh­mer mit hoher emo­tio­na­ler Bin­dung zum Unter­neh­mer haben im Durch­schnitt 5 krank­heits­be­ding­te Fehl­ta­ge. Arbeit­neh­mer ohne eine sol­che Bin­dung zum Unter­neh­men bean­spru­chen 8,5 Fehl­ta­ge. Bei­spiel: Bei einem Unter­neh­men mit 500 Arbeit­neh­mern ver­ur­sacht das ca. 150.000 EUR Zusatzkosten.
  • Inno­va­ti­ons­ver­hal­ten:  Emo­ti­ons­ver­bun­de­ne Arbeit­neh­mer brin­gen in 6 Mona­ten durch­schnitt­lich 14,5 Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge an ihrem Arbeits­platz ein. Nicht enga­gier­te Mit­ar­bei­ter machen ledig­lich 4,5 Vorschläge.
  • Fluk­ta­ti­ons­nei­gung: 93 % aller Mit­ar­bei­ter mit hoher emo­tio­na­ler Bin­dung zum Unter­neh­men wol­len auch im nächs­ten Jahr bei die­sem Arbeit­ge­ber blei­ben. Bei weni­ger moti­vier­ten Arbeit­neh­mern beträgt die­ser Anteil ledig­lich 59 %.

Aus den Ant­wor­ten de Arbeit­neh­mer erge­ben sich auch kla­re Hin­wei­se dar­auf, mit wel­chen Maß­nah­men die emo­tio­na­le Bin­dung des ein­zel­nen Arbeit­neh­mers deut­lich gestei­gert wer­den kann. Danach beur­tei­len Arbeit­neh­mer die fol­gen­den Ange­bo­te am Arbeits­platz als hilf­reich: Hohen Stel­len­wert hat die Mög­lich­keit zur fach­li­chen und persön­lichen Wei­ter­ent­wick­lung. För­der­lich ist die Ein­be­zie­hung des Mit­ar­bei­ters in die Unter­neh­mens­zie­le („der Mit­ar­bei­ter weiß, was von ihm ver­langt wird“), etwa in der Form, dass er dabei um sei­ne Mei­nung gefragt wird und er die Mög­lich­keit hat, sei­ne Erfah­run­gen dazu einzubringen.

Genau­so wich­tig ist es für den Mit­ar­bei­ter, dass er als Mensch gese­hen wird und sein Enga­ge­ment aner­kannt und gewür­digt wird. Wich­tig ist auch, dass der Mit­ar­bei­ter an dem Arbeits­platz ein­ge­setzt wird, an dem er sei­ne Leis­tungs­fä­hig­kei­ten am bes­ten ein­brin­gen kann.

Für die Pra­xis: Das gilt auch für den Geschäfts­füh­rer in einem klei­ne­ren Unter­neh­men, in dem regel­mä­ßi­ger Kon­takt und Aus­tausch zwi­schen den Mit­ar­bei­tern und dem Geschäfts­füh­rer in der täg­li­chen Zusam­men­ar­beit üblich ist. Oft wird hier der Feh­ler gemacht, dass es zu einer kum­pel­haf­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on kommt. Aber auch hier erwar­ten die Mit­ar­bei­ter ein sach­li­ches Feed­back über den Arbeits­pro­zess und eine objek­ti­ve Bewer­tung ihrer Leis­tung für das Unter­neh­men durch den Geschäfts­lei­ter. Und zwar nicht nur im tur­nus­ge­mä­ßen Mit­ar­bei­ter­ge­spräch zum Jah­res­en­de, son­dern auch zwi­schen­durch. Neh­men Sie sich vor, in der Kom­mu­ni­ka­ti­on „von Mensch zu Mensch“ noch bes­ser zu werden.

GmbH-Geschäftsmodelle mit Niedriglöhnen vor dem Aus

GmbHs, deren Geschäfts­mo­dell nur mit Nied­rig­löh­nen funk­tio­niert, müs­sen in den nächs­ten Mona­ten umpla­nen. Hin­ter­grund: Auch die CDU wird in den nächs­ten Mona­ten die Vor­aus­set­zun­gen dafür schaf­fen, dass flä­chen­de­ckend Min­dest­löh­ne ein­ge­führt wer­den kön­nen. Danach wird eine Arbeits­grup­pe aus Gewerk­schafts- und Arbeit­ge­ber­ver­tre­tern die Lohn­un­ter­gren­zen fest­set­zen und ent­schei­den, ob regio­na­le Aus­nah­men gewährt wer­den.

Bis­her gilt: Gehört Ihre GmbH nicht zu den Min­dest­lohn-Bran­chen bzw. Ihre GmbH gehört kei­nem Arbeit­ge­ber­ver­band an und es gibt für Ihre Bran­che in Ihrem Bundesland/Ihrer Regi­on kei­nen für all­ge­mein ver­bind­lich erklär­ten Tarif­ver­trag, dann ist es zuläs­sig nied­ri­ge Löh­ne zu ver­ein­ba­ren. Nied­rig­löh­ne sind in Deutsch­land Löh­ne unter dem Durch­schnitts­lohn von 9,15. In der Pra­xis wer­den im Durch­schnitt im Nied­rig­lohn­be­reich gezahlt: 6,68 EUR im Wes­ten und 6,52 EUR im Osten. Das sind Durch­schnitts­wer­te. In der Pra­xis wer­den in ein­zel­nen Berei­chen noch deut­lich gerin­ge­re Stun­den­löh­ne gezahlt.

Für die Pra­xis: U. E. müs­sen Sie damit rech­nen, dass eine flä­chen­de­cken­de Min­dest­lohn­re­ge­lung sehr schnell umge­setzt wird. Das The­ma wird mit Sicher­heit eines der ent­schei­den­den für den Bun­des­tags­wahl­kampf 2013 sein, so dass mit einer Umset­zung noch vor den Wah­len gerech­net wer­den muss. Wir gehen davon aus, dass Nied­rig­löh­ne bereits zum Jah­res­an­fang 2013 nicht mehr gezahlt wer­den dür­fen. Als Geschäfts­füh­rer eines Unter­neh­mens mit einem Nied­rig­lohn-Geschäfts­mo­dell soll­ten Sie hier recht­zei­tig die Wei­chen stel­len. Prü­fen Sie z. B., ob mehr­stu­fi­ge Preis­er­hö­hun­gen für Ihre Produkte/Leistungen bis dahin durch­ge­setzt wer­den kön­nen.

BFH-aktuell: Finanzamt darf bei Durchgangserwerb nicht besteuern

Die Über­tra­gung von GmbH-Antei­len im Pri­vat­ver­mö­gen ist steu­er­pflich­tig, wenn es sich um eine sog. wesent­li­che Betei­li­gung han­delt. Im Klar­text: Ver­äu­ßert ein Gesell­schaf­ter mehr als 25 % der Antei­le sei­ner GmbH, muss er den Gewinn aus der Ver­äu­ße­rung des GmbH-Anteils ver­steu­ern (§ 17 EStG). In der Pra­xis führt die­se Rege­lung zu Pro­ble­men mit den Finanz­be­hör­den, wenn einer der Gesell­schaf­ter im Zusam­men­hang mit einer Umstruk­tu­rie­rung einer Unter­neh­mens­grup­pe auf dem Papier vor­über­ge­hend eine „wesent­li­che“ Betei­li­gung erhält. Bei­spiel: Vor dem Notar wird zunächst die Anteils­über­tra­gung pro­to­kol­liert und erst anschlie­ßend die damit ein­her­ge­hen­de und zugleich beschlos­se­ne Kapi­tal­erhö­hung. Wird hier in der fal­schen Rei­hen­fol­ge pro­to­kol­liert, nah­men die Finanz­be­hör­den das zum Anlass, den so ent­stan­de­nen Durch­gangs­er­werb zu besteuern.

NEU: Hier gibt es jetzt eine Ände­rung der Recht­spre­chung.  Bis­her hat­te selbst der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) als höchs­tes deut­sches Steu­er­ge­richt die­se for­mal-juris­ti­sche Sicht­wei­se als legi­tim erach­tet. In einem neu­es­tem Urteil hat der BFH die­se Woche neu ent­schie­den und geur­teilt: „Kommt es bei einem sog. Durch­gangs­er­werb bei einem der Gesell­schaf­ter zu einer wesent­li­chen Betei­li­gung, ist das kein Grund für die Steu­er­pflicht. Ent­schei­dend ist das geplan­te Gesamt­ver­trags­er­geb­nis der Unternehmensum­gestaltung“ (BFH, Urteil vom 5.10.2011, IX R 57/10).

Für die Pra­xis: Nicht klar ist, ob die Finanz­be­hör­den die­se neue Rechts­la­ge in der Pra­xis auch tat­säch­lich berück­sich­ti­gen wer­den. Zwar ist nicht davon aus­zu­ge­hen, dass es für die­sen in der Pra­xis eher sel­te­nen Fall einer for­mal feh­ler­haf­ten Umwand­lung einen sog. Nicht­an­wen­dungs­er­lass geben wird. Wohl aber, dass die Finanz­be­hör­den für den Ein­zel­fall eine neue Grund­satz­ent­schei­dung her­bei­füh­ren wol­len. Es emp­fiehlt sich, bei einer Unter­neh­mens­um­ge­stal­tung mit Anteils­über­tra­gun­gen den beglei­ten­den Steu­er­be­ra­ter und den Notar dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es bei der Fest­le­gung der nota­ri­el­len Ein­zel­schrit­te nicht zu einer unge­woll­ten wesent­li­chen Betei­li­gung im Pri­vat­ver­mö­gen eines Gesell­schaf­ters kommt.

Verstoß gegen AGG muss spätestens nach 2 Monaten angezeigt werden

Will ein Arbeit­neh­mer Ansprü­che wegen Ver­sto­ßes gegen das All­ge­mei­ne Gleich­behandlungsgesetz monie­ren, muss er das inner­halb einer Frist von 2 Mona­ten anzei­gen (Bun­des­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 15.3.2012, 8 AZR 160/11).

Für die Pra­xis: Bei der Ableh­nung einer Bewer­bung beginnt die 2‑Monatsfrist zu lau­fen, in dem der Bewer­ber von der Benach­tei­li­gung Kennt­nis hat. ES kommt also nicht auf den Zeit­punkt der Ableh­nung der Bewer­bung an, son­dern auf den Zeit­punkt der Kennt­nis der Benachteiligung.

Neue BFH-Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Zinsen aus Steuerveranlagungen bei GmbHs

Nach­zah­lungs- und Aus­set­zungs­zin­sen auf Steu­er­schul­den der GmbH sind nicht abzieh­ba­re Auf­wen­dun­gen und min­dern die Bemes­sen­grund­la­ge zur Ermitt­lung der Kör­per­schaft­steu­er nicht. Zin­sen, die die GmbH für zurück­er­stat­te Kör­per­schaft­steu­er vom Finanz­amt erhält, erhö­hen das steu­er­pflich­ti­ge Ein­kom­men der GmbH und dür­fen ent­spre­chend besteu­ert wer­den (BFH, Beschluss vom 15.2.2012, I B 97/11).

Für die Pra­xis: Damit hat der BFH in letz­ter Ent­schei­dung die Fra­ge der Besteue­rung von Erstat­tungs­zin­sen für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten end­gül­tig beant­wor­tet. Aller­dings zum Nach­teil und nicht unbe­dingt nach­voll­zieh­bar für die betrof­fe­nen Unternehmen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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