Themen heute: Unternehmens-Führung – Warum loben so schwer fällt und eigentlich ganz einfach ist + Fehler, Mängel und Schadensfälle: Der Geschäftsführer ist gefordert + NEU! FG Rheinland-Pfalz: Geschäftsverteilung muss schriftlich vereinbart sein + Geschäftsführer privat: Bei Krankheit gibt es Schonzeit+ Behörden: Wieder Kartellstrafen gegen mittelständische Unternehmen + Arbeitskosten: Jobcenter setzt Ausgleichszahlungen durch + BISS …
Nr. 11/2014
Freiburg, 14.3.2014
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
„das haben Sie wirklich gut gemacht!“. Wann haben Sie das letzte Mal einen Mitarbeiter (aus voller Überzeugung) „gelobt“? Viele Geschäftsführer – und ich nenne an dieser Stelle ganz bewusst die männlichen Kollegen – tun sich schwer damit, Lob auszusprechen. Woran liegt das?
Im Betrieb ist wenig Platz für Höchstleistungen. Am besten funktionieren Abläufe, wenn sie routiniert abgearbeitet werden. Das gewährleisten die meisten Ihrer Mitarbeiter täglich. Sie dafür zu loben, macht allerdings keinen Sinn. Diese Menschen haben aber ein Anrecht auf Anerkennung Ihrer täglichen Leistung („Es freut mich, dass Sie mir den Rücken freihalten“, „Danke, dass Sie das immer zuverlässig erledigen“). Lob dagegen gibt es nur für außergewöhnliche Leistungen. Also nicht täglich, sondern wenn es sachlich angesagt ist. Z. B. eine innovative Idee, die den Betrieb richtig vorwärts bringt. Oder wenn ein Mitarbeiter einen schon abgeschriebenen Kunden wieder zurückholt. Wichtig ist,
- Lob wegen einer konkreten Leistung auszusprechen,
- dass Sie nur loben, wenn das sachlich gerechtfertigt (außergewöhnlich) ist,
- dass Sie dabei authentisch sind und
- dass Sie die richtigen Worte dafür wählen (keine Übertreibung, sachgerecht, „Ich weiß selbst, wie Ihre Leistung einzuschätzen ist“, „Das gelingt nicht jeden Tag“).
Vielen Geschäftsführer fällt es leichter, Belohnungen zu gewähren, als zu loben. Dabei unterschätzen sie, dass es für Mitarbeiter wichtig ist, dass Ihre Leistung gesehen wird und dass darüber gesprochen wird. Materielle Belohnungen (Prämie, Firmenwagen) wirken nur, wenn Sie genau das Bedürfnis des Mitarbeiters treffen. Fragen Sie also vor einer materiellen Belohnung, welche Präferenzen und Vorlieben er hat. Weiterführend: 8 Tricks, wie Sie die Mitarbeiter besser hinter sich bringen
Fehler, Mängel und Schadensfälle: Sie sind gefordert !
In den letzten Jahren sind die Prozessrisiken im Geschäftsalltag enorm gestiegen. Für Sie als Geschäftsführer bedeutet das: Sie müssen die organisatorischen Vorkehrungen dafür schaffen, dass rechtserhebliche Sachverhalte (Mängelrügen, Garantieleistungen, Schaden auslösende Verursachungen, Abmahnungen usw.) systematisch bearbeitet werden. Gleichzeitig müssen Sie dafür sorgen, dass die Kosten für Rechtsberatung nicht aus dem Ufer laufen. Folgende Vorkehrungen reduzieren das Geschäftsführer-Risiko:
- Lassen Sie regelmäßig die vertraglichen Grundlagen Ihrer Geschäftsbeziehungen von Ihrem Anwalt überprüfen (Kaufverträge, AGB, auch: Internet-Impressum).
- Sind Überarbeitungen notwendig, kostet Sie das weniger, wenn Sie kurzfristig einen Juristen einstellen.
- Rechtsstreitigkeiten sind Chefsache. Veranlassen Sie, dass die Mitarbeiter Sie über Sachverhalte unterrichten, bei denen mit weiteren rechtlichen Schritten zu rechnen ist.
- Lassen Sie sich in Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich anwaltlich vertreten. Egal, ob arbeitsrechtliche Fälle oder rechterhebliche Vorgänge mit Lieferanten oder Kunden: Als Laie sind Sie nicht in der Lage, verfahrensrechtliche Besonderheiten zu beurteilen oder Verfahrensweisen und Antragswege zu beherrschen.
- Wichtig ist auch: Informieren Sie grundsätzlich auch Ihren Steuerberater, wenn weitere rechtliche Schritte gegen Sie bzw. Ihre GmbH angedroht werden („wir behalten uns weitere rechtliche Schritte vor“). In Frage kommen: Rückstellungen für Garantie- und Gewährleistungsverpflichtungen, Rückstellungen für Schadensersatzforderungen, Kulanzrückstellungen, Rückstellung für Prozesskosten.
Vorsicht: Unterbleibt die Rückstellung, gehen Sie ein erhebliches persönliches Risiko ein. Rechtsfolge: Führt die Rückstellung für das Prozessrisiko zu einer bilanziellen Überschuldung, muss der Geschäftsführer dafür gerade stehen. Im Klartext: Muss das Unternehmen anschließend eine Strafe zahlen, die zur Überschuldung der GmbH führt (oder ist das Unternehmen aus einem anderen Grund überschuldet), hält sich der Insolvenzverwalter an den Geschäftsführer. U. U. müssen Sie die vom Gericht angeordnete Strafe/Schadensersatzsumme aus der eigenen Tasche zahlen.
Die Verpflichtung zur Bildung für Rückstellungen für Prozessrisiken ergibt sich aus § 249, 253 HGB und den Vorschriften des EStG. Diese wird auch von den Finanzgerichten konsequent durchgesetzt. Vorkehrung: Im Beratungsauftrag mit dem Steuerberater ist ausdrücklich vermerkt, dass dieser einen umfassenden Beratungsauftrag zur Erstellung des kompletten Jahresabschlusses inkl. Gestaltungsberatung hat. Kennt der Steuerberater ein Prozessrisiko und unterlässt die Rückstellung, kann der Schaden u. U. über die Steuerberater-Haftpflicht abgewickelt werden.
NEU! FG Rheinland-Pfalz: Geschäftsverteilung schriftlich vereinbaren
In den meisten GmbHs wird in der Geschäftsführung „Arbeitsteilung“ praktiziert. Danach ist der kaufmännisch verantwortliche Geschäftsführer in der Regel für die Einhaltung der Steuerpflichten zuständig.
Achtung: Bisher hat die Rechtsprechung für die Steuerhaftung akzeptiert, wenn die Arbeitsteilung mündlich vereinbart war und so praktiziert wurde (vgl. zuletzt BFH, Beschluss vom 22.7.2010, VII B 126/09). Jetzt hat das FG Rheinland-Pfalz in einem Lohnsteuer-Haftungsfall den lediglich Ressort verantwortlichen Geschäftsführer in die Haftung genommen, weil die Arbeitsteilung nicht in Schriftform nachgewiesen wurde (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.12.2013, 3 K 1632/12). Das müssen Ressort-verantwortliche Geschäftsführer ab sofort beachten:
- Lassen Sie sich vom kaufmännisch verantwortlichen Geschäftsführer regelmäßig über die wirtschaftliche Lage (auch: Erfüllung der Steuerpflichten) informieren. Fragen Sie regelmäßig nach, wenn Sachverhalte unklar sind und lassen sich dazu „Schriftliches“ vorlegen.
- Protokollieren Sie diesen Ablauf, inkl. Anlagen zum Protokoll, Berichte, Zwischenabschlüsse, BWA usw.
- Informiert der kaufmännische Geschäftsführer nicht umfassend und vollständig, sollten Sie selbst Kontakt mit dem Steuerberater aufnehmen und sich die unklaren Sachverhalte erläutern lassen.
- Geschäftsführer, die für ein Ressort eingestellt sind (Vertrieb, Produktion), sollten sich diese Ressortverantwortlichkeit schriftlich dokumentieren lassen. Und zwar entweder im Anstellungsvertrag (unter „Aufgaben”) oder in einer Geschäftsordnung, auf die im Anstellungsvertrag verwiesen wird (unter „Aufgaben”).
Geschäftsführer (unbedingt: Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer, Ressort-Geschäftsführer im Konzern), deren Vertragswerk schon abgeschlossen ist und der jetzt nur noch mit Zustimmung der Gesellschafter geändert werden kann, sollten jetzt wie folgt vorgehen. Beachten Sie in der Praxis unbedingt die oben genannten Maßnahmen. Zusätzlich: Dokumentieren Sie, welche Aufgaben Sie in der GmbH in der Praxis tatsächlich erledigen. Drängen Sie bei der nächsten Vertragsanpassung ( z. B. Gehaltserhöhung) darauf, dass zumindest eine Geschäftsordnung intern für die Geschäftsführer erstellt wird. Muster: Geschäftsordnung. Muster: Geschäftsführer Finanzen/Controlling.
Geschäftsführer privat: Bei Krankheit gibt es Schonzeit
Ist der Geschäftsführer wegen einer schweren Erkrankung nicht in der Lage, die Offenlegungspflichten der GmbH termingerecht zu erledigen, so liegt darin kein Verschulden. Das BfJ ist nicht berechtigt, ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen die Offenlegungsfristen festzusetzen. Auch dann nicht, wenn die Erkrankung innerhalb der 6‑wöchigen vom BfJ gesetzten Nachfrist anhält und er die Offenlegung nicht vornehmen oder veranlassen kann (LG Bonn, Urteil vom 29.8.2013, 35 T 824/12).
Allerdings genügt hierzu kein Schnupfen oder ein verstauchter Daumen. Es muss sich um eine schwere Erkrankung handeln. Das ist der Fall, wenn die Behandlung auf der Intensivstation stattfindet oder wenn die Ansprechbarkeit des Geschäftsführers in Mitleidenschaft gezogen ist.
Behörden: Kartellstrafen gegen mittelständische Unternehmen
Wegen unerlaubter Preisabsprachen auf Verbandstreffen hat das Bundeskartellamt gegen mittelständische Tapeten-Hersteller Strafen von insgesamt 17 Mio. EUR ausgesprochen. Nur die Fa. Rasch ging straffrei aus. Sie profitiert von der Kronzeugenregelung (Bundeskartellamt, Pressemitteilung vom 25.2.2014).
Seit Einführung der Kronzeugenregelung gerät auch zunehmend der gesamte Mittelstand ins Visier der Kartellbehörden. Vorsicht: In vielen Branchenverbänden ist es nach wie vor Übung, sich auch über Kunden, Preise und Konditionen auszutauschen. Lassen Sie sich vor der Teilnahme an Branchentreffen unbedingt eines Tagesordnung vorlegen. Bei kritischen Themen, sollten Sie Ihre weitere Teilnahme in Frage stellen, ggf. auch Protokollvermerk den Raum verlassen (Protokollvermerk).
Arbeitskosten: Jobcenter setzt Ausgleichszahlungen durch
Zahlt der Arbeitgeber zu geringen Lohn, so dass das Jobcenter aufstocken muss, kann das Jobcenter den Arbeitgeber zum Ersatz der Ausgleichzahlungen verpflichten. Und zwar dann, wenn er Arbeitnehmer zu gering vergütet. Orientierungsgröße ist dabei der durchschnittlich gezahlte Vergleichslohn der Branchen (Arbeitsgericht Eberswald, Urteil vom 10.9.2013, 2 Ca 428/13).
Im Urteilsfall zahlte ein Pizzadienst Stundenlöhne zwischen 1,59 und 3,46 EUR. Das Jobcenter orientierte sich an dem für das Hotel- und Gaststättengewerbe üblicherweise an gering Qualifizierte gezahlte Entgelt (6,78 EUR). Dieser Vergleich ist zulässig, wenn mangels Tarifbindung kein Vergleichsmaßstab vorliegt. Das Urteil ist rechtskräftig. Gehen Sie davon aus, dass diese Rechtslage auch in anderen Bundesländern von den Jobcentern praktiziert wird.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Chefredakteur + Herausgeber Volkelt-Briefe