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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 10/2016

Volkelt-FB-01Geld 4.0: 2018 hat auch die letz­te Por­to­kas­se aus­ge­dient + Neu­es BGH-Urteil: Wirt­schaft­li­che Kri­se erfor­dert Gehalts-Kür­zung + GmbH-Ver­kauf: So prüft der Käu­fer nach Due Dili­gence + Arbeit + Recht: Gesetz zur Leih­ar­beit wird ent­schärft + Unter­wegs: Flug­ge­sell­schaft haf­tet bei ver­pass­tem Geschäfts­ter­min + Steu­ern: Nach­bes­se­run­gen bei der neu­en Erb­schaft­steu­er + KStR: Neue Kör­per­schaft­steu­er-Vor­schrif­ten für das Steu­er­jahr 2015 + BISS

 

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Frei­burg 4. März 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

im Finanz­mi­nis­te­ri­um ver­spricht man sich von der 5.000 € Bar­zah­lungs­gren­ze das Ende der Geld­wä­sche. Ande­re fürch­ten sie als Anfang vom Ende des Bar­gelds und damit der Frei­heit. Eini­ge Bran­chen sehen ihr Aus (Gebraucht­wa­gen, Schmuck, Anti­qui­tä­ten). Die Dis­kus­si­on um das Bar­geld ist eröff­net. Fakt ist, dass Bar­geld alle Unter­neh­men viel Geld kos­tet – z. B. für Bevor­ra­tung, Trans­port, Siche­rung, Kon­trol­le usw..

Fakt ist auch: Ob Ban­ken, Händ­ler, Inter­net-Anbie­ter oder Tele­fon­ge­sell­schaf­ten – alle wol­len das Bezah­len ein­fa­cher machen. Mit ver­bes­ser­te EC-Kar­ten­sys­te­men, Zah­len mit dem Smart­phone oder mit vir­tu­el­len Bit­co­ins (vgl. Nr. 47/2015). Aber noch kei­nes die­ser Sys­te­me hat die Anla­ge sich durch­zu­set­zen. Es fehlt an einem spür­ba­ren Zusatz­nut­zen für den Kun­den. Fakt ist auch, dass jeder Bun­des­bür­ger täg­lich ca. 5,90 € Bar­geld und rund 100 € in Schei­nen im Porte­mon­naie mit sich her­um­trägt und dass nach wie vor 55 % aller Ein­käu­fe in Deutsch­land bar abge­wi­ckelt wer­den. Pro­gno­sen gehen davon aus, dass es erst ab 2018 zu einer Trend­wen­de zum bar­geld­lo­sen Bezah­len kom­men wird. Dass aber auch noch in 2020 bis zu 40 % aller Käu­fe in Deutsch­land bar abge­wi­ckelt wer­den. Bis dahin soll­ten Sie eine Por­to­kas­se bereit­hal­ten – für den Cafe-Auto­ma­ten, für´s Por­to oder für die Blu­men im Vorzimmer.

Das Ende des Bar­gel­des ist auf dem Weg. Stich­wort: Geld 4.0. Bereits jetzt spielt das Bar­geld in vie­len Unter­neh­men kei­ne Rol­le mehr. Aller­dings wird der Pro­zess län­ger dau­ern als erwar­tet. Rund 1/3 der Deut­schen zah­len nach wie vor bar „wenn immer es mög­lich ist“. Der Anteil der „immer mit Kar­te-Zah­ler“ liegt bei knapp  20 %. Die Ände­rung der Zahlungs­gewohnheiten ver­langt den Men­schen die Ände­rung eines gewohn­ten Ver­hal­tens ab, braucht lan­gen Atem und dauert.

Neues BGH-Urteil: Wirtschaftliche Krise erfordert Gehalts-Kürzung

In vie­len Rechts­fra­gen rich­tet sich die Beur­tei­lung von Rechts­fra­gen zur Kapi­tal­ge­sell­schaft „GmbH“ nach den Vor­ga­ben des Akti­en­rechts, so z. B. bei Haf­tungs­fra­gen der Orga­ne (Vor­stand, Geschäfts­füh­rung). Jetzt gibt es ein neu­es Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) zur Zwangs­kür­zung von Vor­stands-Gehäl­tern in der wirtschaft­lichen Kri­se des Unter­neh­mens (BGH, Urteil vom 27.10.2015, II ZR 296/14).

Danach gilt: „Das Recht zur Her­ab­set­zung der Bezü­ge ist ein ein­sei­ti­ges Gestal­tungs­recht der AG, das durch eine Gestal­tungs­er­klä­rung aus­ge­übt wird, die der Auf­sichts­rat in Ver­tre­tung der Gesell­schaft gegen­über dem Vor­stands­mit­glied abgibt. Eine Ver­schlech­te­rung der Lage der Gesell­schaft tritt jeden­falls dann ein, wenn die Gesell­schaft insol­venz­reif wird“. Das ergibt sich aus den Vor­schrif­ten des Akti­en­ge­set­zes (hier: § 87 AktG). Danach hat der Auf­sichts­rat das Recht bzw. sogar die Ver­pflich­tung, das Gehalt des Vor­stands zu kür­zen, wenn dass aus dem Inter­es­se des Unter­neh­mens not­wen­dig ist – z. B. im Fal­le einer dro­hen­den Insol­venz. Nach die­sem BGH-Ent­scheid müs­sen Sie davon aus­ge­hen, dass auch die Gehalts­an­sprü­che des (Fremd- oder Min­der­heits-Gesell­schaf­ter) Geschäfts­füh­rers einer GmbH in der Insol­venz nicht wie bis­her auto­ma­tisch in die Quo­te ein­ge­hen (so z. B. BGH, Urteil vom 23.1.2003, IX ZR 39/02).

Danach muss befürch­tet wer­den, dass der BGH sei­ne bis­he­ri­ge Sicht­wei­se zur Treue­pflicht der Gesell­schaf­ter gegen­über der GmbH über­prüft. Trost für Geschäfts­füh­rer: Bei einer Gehalts­re­du­zie­rung nach § 87 AKtG blei­ben die übri­gen Ver­ein­ba­run­gen des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­ver­tra­ges – z. B. die Alters- oder Abfindungsan­sprüche – gül­tig. Der Anstel­lungs­ver­trag kann nur im Wege einer Ände­rungs­kün­di­gung und/oder ent­spre­chend den Kün­di­gungs­be­din­gun­gen geän­dert werden.

GmbH-Verkauf: So prüft der Käufer nach Due Diligence

Heu­te geben wir Ihnen einen Über­blick über die Punk­te, die Sie vor dem Ver­kauf einer GmbH beden­ken und gestal­ten kön­nen. Ist ein Kon­zern an der Über­nah­me Ihrer GmbH inter­es­siert, prüft der poten­zi­el­le Käu­fer die Über­nah­me nach dem Due Dili­gence Ver­fah­ren. Geprüft wer­den die Rech­te und Pflich­ten aus dem Gesellschaftsver­trag – etwa die Abfin­dung für den Gesell­schaf­ter oder ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot. In der fol­gen­den Check­lis­te haben wir die Punk­te zusam­men­ge­stellt, mit denen Sie Ihre Ver­hand­lungs­po­si­ti­on bes­ser machen können.

Check­lis­te: Der Käu­fer ist an einem Invest stark inter­es­siert und prüft die Verträge:

Rege­lung … opti­ma­le Regelung …
Stimmrechts­vereinbarung Der (Allein-) Gesell­schaf­ter, der ver­äu­ßern will, bleibt zu einem gerin­gen Teil an der GmbH betei­ligt (z. B. 26 % = Sperr­mi­no­ri­tät). Zusätz­lich kann im Gesell­schafts­ver­trag ver­ein­bart wer­den, dass wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen (z. B. Ände­run­gen des Gesell­schafts­ver­tra­ges, Abschaf­fung von Vor­kaufs­rech­ten) nur ein­stim­mig gefasst wer­den müssen.
Vor­kaufs­recht Der Gesell­schaf­ter, der ver­äu­ßern will, hat damit Anspruch dar­auf, dass der neue Gesell­schaf­ter sei­nen GmbH-Anteil nicht ein­fach wei­ter­ver­äu­ßern kann. Er muss den GmbH-Anteil zunächst dem ande­ren Gesell­schaf­ter (also Ihnen) zum Kauf anbie­ten. Damit kön­nen Sie ver­hin­dern, dass Ihre GmbH in Zukunft z. B. an einen Kon­kur­ren­ten ver­kauft wird.
Über­tra­gung von Anteilen Ohne Zustim­mung des Gesell­schaf­ters kann ein GmbH-Anteil nicht ver­äu­ßert wer­den. Auch damit behal­ten Sie die Kon­trol­le dar­über, wer in Zukunft Gesell­schaf­ter an Ihrer GmbH wird.
Befrei­ung vom Wettbewerbsverbot Blei­ben Sie bei einem Ver­kauf mit einem Mini-Anteil Gesell­schaf­ter und wol­len Sie in Zukunft Geschäf­te im Gegen­stand der GmbH außer­halb der GmbH auf eige­ne Rech­nung machen, müs­sen Sie dar­auf ach­ten, dass Sie nicht gegen das bestehen­de all­ge­mei­ne Wett­be­werbs­ver­bot ver­sto­ßen. Das ist z. B. mög­lich, indem Sie vor dem Ver­kauf den „Gegen­stand der GmbH“ so abän­dern, dass er nicht mehr die von Ihnen in Zukunft geplan­ten Geschäf­te umfasst.
Nachvertrag­liches Wettbewerbsverbot Eine gute ver­trag­li­che Aus­gangs­po­si­ti­on kön­nen Sie sich auch für den Fall ver­schaf­fen, wenn Sie nach dem Ver­kauf der GmbH noch für eini­ge Zeit in der GmbH tätig blei­ben wol­len (z. B. als Geschäfts­füh­rer) und sich nach dem Aus­schei­den noch nach­ver­trag­li­che Gehalts­an­sprü­che sichern wol­len. Dazu kön­nen Sie noch vor dem Ver­kauf (am bes­ten eini­ge Jah­re) Ihren Anstel­lungs­ver­trag um ein nach­ver­träg­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot gegen Anspruch auf Karenz­ent­schä­di­gun­gen und ohne Rück­tritts­recht der GmbH einbauen.

Arbeit + Recht: Gesetz zur Leiharbeit wird entschärft

Arbeits­mi­nis­te­rin Andrea Nah­les (SPD) hat jetzt in Sachen Leih­ar­beit einen Rück­zie­her gemacht. Die hef­tig umstrit­te­ne neue Defi­ni­ti­on für Arbeit­neh­mer taucht im Gesetz über­haupt nicht mehr auf. Damit müs­sen Geschäfts­füh­rer nicht mehr befürch­ten, dass sie bei der Ermitt­lung der Mit­ar­bei­ter­zahl im Sin­ne des Betriebs­ver­fas­sungs­ge­richts mit­ge­zählt wer­den (vgl. dazu zuletzt aus­führ­lich in Nr. 3/2016). Wei­te­re Quel­le: Refe­ren­ten­ent­wurf eines Geset­zes zur Arbeitnehmerüberlassung

Kern des neu­en Geset­zes ist aller­dings die Bestim­mung, das Leih­ar­beit­neh­mer in Zukunft nur noch 18 Mona­te beschäf­tigt wer­den kön­nen. Neu ist, dass Unter­neh­men, die zwar  Mit­glied im Tarif schlie­ßen­den Arbeit­ge­ber­ver­band sind, aber kei­ner Tarif­bin­dung unter­lie­gen, auf Grund­la­ge einer Betriebs- oder Dienst­ver­ein­ba­rung von der Höchst­über­las­sungs­dau­er von 18 Mona­ten abwei­chen dür­fen – und zwar bis zur Über­las­sungs­höchst­dau­er von 24 Monaten.

Unterwegs: Fluggesellschaft haftet bei verpasstem Geschäftstermin

Ver­passt ein Arbeit­neh­mer auf­grund einer Flug­ver­spä­tung einen Geschäfts­ter­min und ent­ste­hen dadurch Zusatz­kos­ten, dann haf­tet die Flug­ge­sell­schaft für den dem Arbeit­ge­ber dadurch ent­stan­de­nen Scha­den. Das gilt zumin­dest für den Scha­den, der dem Arbeit­ge­ber durch zusätz­li­che Zah­lun­gen an den Arbeit­neh­mer ent­ste­hen (Rei­se­kos­ten, Spe­sen usw.). Nicht Gegen­stand des Ver­fah­rens war, ob eine Haf­tung auch für den Scha­den besteht, wenn wegen des nicht oder zu spät zustan­de gekom­me­nen Geschäfts­ter­mins ein Geschäft nicht zustan­de kommt (EuGH, Urteil vom 17.2.2016, C‑429/14).

Ein gene­rel­ler Scha­dens­er­satz­an­spruch besteht aller­dings nicht. Im Ein­zel­fall ist zu prü­fen, ob zusätz­li­che Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen gerecht­fer­tigt sein kön­nen – z. B., wenn wegen einer ver­län­ger­ten Rei­se eines Mit­ar­bei­ters ein ande­rer Mit­ar­bei­ter für den Ver­hin­der­ten ein­sprin­gen muss und so zusätz­li­che Kos­ten entstehen.

Steuern: Nachbesserungen bei der neuen Erbschaftsteuer

Die CSU ver­langt Ände­run­gen am vor­ge­leg­ten Gesetz­ent­wurf von Finanz­mi­nis­ter Wolf­gang Schäub­le (CDU). Danach wird es noch Kor­rek­tu­ren beim Bewer­tungs­ver­fah­ren für Fir­men­ver­mö­gen geben. Nach Hoch­rech­nun­gen wird so der Ver­mö­gens­wert um rund 30 % nach unten gerech­net. Zusätz­lich soll es eine Inves­ti­ti­ons­klau­sel geben, wonach im Todes­fall das steu­er­pflich­ti­ge Unter­neh­mens­er­be steu­er­frei bleibt, wenn es ins Unter­neh­men inves­tiert wird.

Auch die SPD-Frak­ti­on for­dert wei­ter Nach­bes­se­run­gen am vor­lie­gen­den Gesetz­ent­wurf. Die Zeit drängt. Das neue Gesetz muss bis zum 30.6.2016 ste­hen. Wird bis dahin kei­ne Rege­lung gefun­den, kön­nen Fir­men­er­ben unken. Es fehlt eine gesetz­li­che Grund­la­ge zur Besteue­rung. Mit der Fol­ge, dass den Finanz­be­hör­den die gesetz­li­che Hand­ha­be fehlt.

Neue Körperschaftsteuer-Vorschriften für das Steuerjahr 2015

Damit wer­den die KSt-Vor­schrif­ten aus 2004 an neue Recht­spre­chung ange­passt und eini­ge redak­tio­nel­len Ände­run­gen vor­ge­nom­men. Grö­ße­re inhalt­li­che Ände­run­gen wird es nicht geben. Wich­tig für GmbH: Es wer­den die Prüf­kri­te­ri­en für eine Geschäfts­füh­rer-Pen­si­ons­zu­sa­ge fest­ge­schrie­ben – inter­es­sant für jeden GmbH-Bera­ter (vgl. zuletzt Nr. 22/2015). Quel­le: KStR 2015.

Gut Ding will Wei­le haben. Eigent­lich soll­ten die KStR bereits im Herbst 2015 beschlos­sen wor­den sein. Jetzt hat das Bun­des­ka­bi­nett die über­ar­bei­te­te Ver­si­on abge­seg­net. Abschlie­ßend wird der Bun­des­rat wahr­schein­lich noch im März zustim­men, so dass die Finanz­ver­wal­tung die neu­en Vor­schrif­ten für das Steu­er­jahr und die Steu­er­erklä­run­gen 2015 anwen­den werden.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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