Neue Rechtslage: Gesellschafter-Einladung per E‑Mail + GmbH/Steuern: Prüfen Sie Vorauszahlungen für Ihre GmbH für 2019 + Verträge mit Familien-Angehörigen: Fehler lassen sich rückwirkend beseitigen + Digitales: Die neuen Aufgaben der Geschäftsführung + GmbH/Finanzen: Nutzen Sie Sonder-Klauseln im Gesetz für höhere Preise + GmbH-Erbschaft: Finanzamt muss GmbH-Wert objektiv ermitteln + Neues BMF-Schreiben zur Abgeltungssteuer + Erbschaftsteuererleichterung nur für die echte Betriebsaufspaltung + Mitarbeiter: Gefährdungsanzeigen rechtfertigen keine Abmahnung
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 05/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 1. Febraur 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
in vielen kleineren GmbHs läuft die Einladung zur Gesellschafterversammlung formlos – auf Zuruf. Nur wenn es drauf ankommt, wird die Schriftform eingehalten – so wie es in § 51 des GmbH-Gesetzes vorgesehen ist. In nicht wenigen Gesellschaftsverträgen ist darüber hinaus zusätzlich und ausdrücklich vereinbart, dass die Einladung schriftlich mit eingeschriebenem Brief zu erfolgen hat. Daran sollten Sie sich im Grundsatz halten. Aber manchmal eilt es, alte und neue Gewohnheiten sind zur Routine geworden – zum Beispiel die formlose Absprache, Einladung und Mitteilung der Tagesordnung per E‑Mail. Wie (rechts-) sicher sind die so gefassten Beschlüsse?
Grundsätzlich gilt: Liegen Formfehler für die Einladung vor, ist der Gesellschafter berechtigt, Beschlüsse anzufechten. Schwerwiegende Formfehler führen zur Nichtigkeit eines Beschlusses – z. B., wenn der Gesellschafter wegen eines verspäteten Zugangs der Einladung nicht an der Gesellschafterversammlung teilnehmen konnte. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart schafft jetzt Klarheit in Sachen E‑Mail-Einladung. Danach gilt: Selbst wenn ausdrücklich Schriftform (eingeschriebener Brief) vereinbart ist, die E‑Mail-Ladung aber rechtzeitig zugeht und der Gesellschafter an der Versammlung teilnimmt, kann der sich später nicht mehr darauf berufen, dass ein Formmangel vorlag, der zur (nachträglichen) Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Beschlussfassung führt (OLG Stuttgart, Urteil v. 27.6.2018, 124 U 33/17).
GmbH/Steuern: Prüfen Sie Vorauszahlungen für Ihre GmbH für 2019
Alle GmbHs, die ihre Steuererklärungen für 2017 zum Ende des vergangenen Jahres zusammen mit den Pflicht-Meldungen zum Unternehmensregister erstellt und eingereicht haben, erhalten in den nächsten Tagen und Wochen die Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag bzw. für die Gewerbesteuer. Folge: Damit werden auch die Vorauszahlungen für 2019 (erstmals: 10.3.2019) festgelegt.
Beispiel: Hat Ihre GmbH in 2017 mehr Gewinn gemacht, werden auch die Vorauszahlungsbescheide mit sofortiger Wirkung erhöht. Für Sie als Geschäftsführer heißt das: Prüfen Sie, ob die Vorauszahlungen der Höhe nach angemessen sind. Vergleichen Sie dazu die zu erwartende Gewinnentwicklung in 2019 anhand der Ihnen vorliegenden Zahlen. Rechnen Sie mit Rückgängen, sollten Sie tätig werden und Ihr Finanzamt einbeziehen.
Gehen Sie dazu wie folgt vor: Vom Gewinn des vergangenen Steuerjahrs ausgehend, sollten Sie im Geschäftsjahr geplante Investitionen sowie die voraussichtliche Umsatzentwicklung bei der Ermittlung des voraussichtlichen Gewinns im aktuellen Geschäftsjahr einbeziehen. Führt der erwartete Gewinn zu niedrigeren Steuern, sollten Sie eine Herabsetzung beantragen. Dem Antrag auf Herabsetzung der laufenden Vorauszahlungen für Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag an das Finanzamt müssen Sie beifügen:
- Gewinnermittlung des vorangegangenen Steuerjahrs
- voraussichtliche Gewinnermittlung des laufenden Steuerjahrs
- schriftliche Begründung, warum der Gewinn des laufenden Jahres niedriger ausfallen wird als im Vorjahr (Investitionen, Umsatzrückgang, etc.).
Das gilt auch für die Gewerbesteuer. Die wird zwar von der Gemeinde festgesetzt. Den Antrag auf Änderungen der Festsetzung bzw. Anpassungen der Vorauszahlungen müssen Sie aber beim Finanzamt stellen. Wickelt der Steuerberater alle steuerlichen Angelegenheiten für Sie ab, sollten Sie das Thema Steuer-Vorauszahlungen mit in die nächste Besprechung nehmen.
Verträge mit Familien-Angehörigen: Fehler lassen sich rückwirkend beseitigen
Vertragliche Gestaltungen mit Familien-Angehörigen sind üblich. Auch das Finanzamt muss das akzeptieren und die Gelder, die fließen, steuerlich so behandeln wie zwischen „Dritten“. Die Praxis sieht oft anders aus. Immer wieder werden Verträge beanstandet und Zahlungen steuerlich nicht anerkannt. Das kostet bares Geld.
Wichtig für alle, die Verträge mit Angehörigen abgeschlossen haben: Laut Bundesfinanzministerium führen Fehler in Familien-Verträgen „nur im Einzelfall“ steuerrechtlich nicht automatisch zur Beanstandung (BMF-Schreiben IV B 2 – S 2144/0). Das wird von den Finanzämtern nach wie vor so gehandhabt, obwohl der BFH 2006 entschieden hat, dass Mängel in Verträgen mit Familien-Angehörigen nicht automatisch zur steuerlichen Nicht-Anerkennung führen (IX R 4/04). Damit berücksichtigte der BFH, dass das schwierige deutsche Vertragsrecht schnell zu Fehlern führt – selbst wenn der Berater einbezogen ist. Solche Fehler können nachträglich beseitigt werden – auch rückwirkend.
Digitales: Die neuen Aufgaben der Geschäftsführung (I)
Ob Sie Ihr Geschäftsführer-Amt von den Eltern geerbt haben. Oder ob Sie eine Firma im Management-By-Out gekauft haben. Oder mühsam erarbeitet haben. Aus meiner langjährigen Erfahrung und aus vielen Gesprächen mit Geschäftsführer-Kollegen/Innen weiß ich, dass es einige Dinge gibt, die den Typ „Geschäftsführer“ ausmachen. Zum Beispiel, dass Geschäftsführer keine Zeit haben. Keine Zeit zum Lesen. Zum Urlaub machen. Für die Familie. Für die Kinder. Für den einzelnen Mitarbeiter. Bei vielen Kollegen/Innen blieb und bleibt dabei auch das Thema Digitalisierung auf der Strecke. Hier hilft nur: Nehmen Sie sich die Zeit. Mehr noch: Sie müssen sich die Zeit dazu nehmen, wenn Sie noch ein paar Jahre im Geschäftsleben mitmischen wollen.
Ein anderer selbstgelegter Fallstrick sind Aussagen wie: „So schlimm wird es schon nicht kommen” oder „das dauert noch ein paar Jahre, bis wir es in unserer Branche zu spüren bekommen”. Sicher: Viele Unternehmen betreiben Kaizen, KVP und systematische Innovationen seit Jahren oder bereits Jahrzehnten mit großem Erfolg. Dagegen stehen Einsichten wie: „Plötzlich taumeln Banken und Versicherungen. Die Gastro-Branche wird umgebaut. Klassisches Marketing funktioniert nicht mehr”.
Fakt ist: Mit einem Appell an die Kollegen/Innen ist es nicht mehr getan. Als Geschäftsführer sind SIE es, der die Weichen in die digitale Zukunft stellt und die Ziele vorgibt – auch im täglichen operativen Geschäft.
GmbH/Finanzen: Nutzen Sie Sonder-Klauseln im Gesetz für höhere Preise
Bei Gütern und Leistungen, die für die Zukunft erbracht werden (Investitionsgüter, Auftragsproduktion auf Termin usw.) ist es hilfreich, steigende Preise auf den Beschaffungsmärkten mit einer Wertsicherungsklausel im Vertrag abzufedern. Das ist allerdings nur in gewissen Grenzen möglich. Die rechtlichen Voraussetzungen dazu sind geregelt im Preisklauselgesetz (PrKG). Danach gilt ein sog. Indexierungsverbot. Danach darf die Geldschuld nicht anhand von Preisen für nicht vergleichbare Gütern und Leistungen bestimmt werden. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. Beispiele für Ausnahmen, die Sie – je nach Branche und Leistung – auch in Ihren Verträgen einsetzen können:
- Die Leistungsvorbehalts-Klausel: Anpassung der Zahlungsverpflichtung erfolgt nicht durch eine Preiskoppelung. Die Parteien haben einen Ermessensspielraum, wonach die Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen gemeinsam bestimmt wird. Beispiel: Die Höhe des Mietpreises wird bei Veränderungen des Indexes nach oben oder unten zwischen den Vertragsparteien neu zu verhandeln). Kommt eine Einigung nicht zustande, kann diese mit Hilfe eines von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gewerberaummieten erzielt werden.
- Die Spannungs-Klausel: Dies ist eine Klausel, bei der die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind. An die Vergleichbarkeit werden keine strengen Anforderungen gestellt. Eine Spannungsklausel liegt z. B. vor, wenn ein bestimmtes Geschäftsführergehalt von der künftigen Entwicklung der Dienstbezüge eines Beamten des höheren Dienstes abhängig sein soll.
- Die Kostenelemente-Klausel: Das ist eine Klausel, nach der der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen. Es handelt sich beispielsweise um eine Vereinbarung, nach der das festgesetzte Entgelt für Bauleistungen von der künftigen Entwicklung des einschlägigen Baukostenindexe abhängig gemacht wird.
GmbH-Erbschaft: Finanzamt muss GmbH-Wert objektiv ermitteln
Führt das vereinfachte Ertragswertverfahren zur Bewertung des GmbH-Anteils (hier: zur Ermittlung der Erbschaftsteuer) offensichtlich zu einem unrichtigen Ergebnis, muss das Finanzamt Nachbesserungen zulassen und ggf. eine gutachterliche Bewertung zulassen bzw. selbst veranlassen (FG Düsseldorf, Urteil v. 12.12.2018, 4 K 108/18 F).
Neues BMF-Schreiben zur Abgeltungssteuer
Ergänzend zum BMF-Schreiben vom 18.1.2016 nimmt das BMF jetzt zu einigen offenen Fragen zur Abgeltungssteuer Stellung. Dabei geht es z. B. um die steuerliche Beurteilung der Vergütung aus einer Stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe und um sonstige Einkünfte aus Kapitalvermögen (BMF-Schreiben vom 17.1.2019, IV C 1 – S 2252/08/10004 : 023).
Erbschaftsteuererleichterung nur für die echte Betriebsaufspaltung
Vererbt der Vater auf seinen Sohn ein Grundstück, dass dessen GmbH nutzt, gehört das Grundstück nur dann nicht zum steuerlich relevantem Verwaltungsvermögen, wenn das Grundstück in einer echten Betriebsaufspaltung genutzt wurde. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Vater seinen unternehmerischen Willen in der das Grundstück nutzenden GmbH durchsetzen konnte. Ist der Sohn Alleingesellschafter oder beherrschend an der GmbH beteiligt, gehört das Grundstück zum Verwaltungsvermögen der Besitz-GbR und muss zur Besteuerung erfasst werden (FG Hessen, Urteil v. 25.4.2018, 9 X 1857/15).
Mitarbeiter: Gefährdungsanzeigen rechtfertigen keine Abmahnung
Reicht ein Arbeitnehmer eine sog Gefährdungsanzeige (gemäß: § 84 Betriebsverfassungsgesetz) an seinen Arbeitgeber ein, obwohl aus seiner subjektiven Sicht lediglich eine abstrakte Gefahr bestand, rechtfertigt dies keine Abmahnung. Arbeitsrechtliche Sanktionen sind nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer aus sachfremden Erwägungen oder leichtfertig eine Gefährdung unterstellt. Dann ist der Arbeitgeber berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen und im Wiederholungsfall sogar zu kündigen (LAG Niedersachen, Urteil v. 12.9.2018, 14 Sa 140/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief