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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 04/2012

The­men heu­te: GmbH-Pro­ku­rist kann Bürg­schafts­kos­ten von der Steu­er abset­zen + Mit-Gesell­schaf­ter als Arbeit­neh­mer der GmbH: Kon­flik­te vor­pro­gram­miert – was tun? + GmbH-Gesell­schafts­ver­trag hat (fast) immer Vor­rang + Vor­sicht: Sie über­neh­men Buß­gel­der für einen Arbeit­neh­mer + 2. Stu­fe der Insol­venz­rechts­re­form kommt + BISS

 

 

4. KW 2012
Frei­tag, 27.1.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

ein wich­ti­ges Urteil für GmbHs kommt jetzt vom Bun­des­fi­nanz­hof. Danach kann ein GmbH-Mit­ar­bei­ter, der der GmbH in der wirt­schaft­li­chen Kri­se finan­zi­ell unter die Arme greift, die Kos­ten für die Über­nah­me einer Bürg­schaft in vol­ler Höhe als Wer­bungs­kos­ten bei den Ein­künf­ten aus nicht­selb­stän­di­ger Tätig­keit anset­zen (BFH, Urteil vom 16.11.2011, VI R 97/10).

Dabei ging es um einen Fall, der in der Pra­xis rela­tiv häu­fig vor­kommt. Die Bank ver­lang­te für die wei­te­re Finan­zie­rung der GmbH, dass zusätz­li­che Bürg­schaf­ten über­nom­men wer­den. Im kon­kre­ten Fall bürg­te der Pro­ku­rist für die GmbH – im nächs­ten Schritt soll­te der Pro­ku­rist als Geschäfts­füh­rer eine Betei­li­gung als Gesell-schaf­ter an der GmbH erhal­ten. Dazu kam es aber nicht mehr. Der Pro­ku­rist muss­te die Bürg­schaft über­neh­men und dafür auch zah­len. In der Steu­er­erklä­rung setz­te der Pro­ku­rist die Auf­wen­dun­gen als Wer­bungs­kos­ten an.

Das aber mach­ten die Finanz­be­hör­den nicht mit und erkann­ten den Wer­bungs­kos­ten­ab­zug nicht an. Auch die Kla­ge gegen den ableh­nen­den Bescheid blieb in ers­ter Instanz erfolg­los. Aber: Der Pro­ku­rist – so der BFH – , der ein nicht unbe­trächt­li­ches wirt­schaft­li­che Risi­ko zur Erhal­tung sei­nes Arbeits­plat­zes auf sich genom­men hat, kann die damit ver­bun­de­ne finan­zi­el­le Belas­tung bei der Steu­er ver­rech­nen – die Auf­wen­dun­gen die­nen der Erhal­tung sei­ner Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit.

Für die Pra­xis: Der Fall zeigt, dass Steu­er­zah­ler ihr Recht oft erst in letz­ter Instanz gegen die Finanz­be­hör­den durch­set­zen kön­nen. Zwar ist es auch schon bis­her „stän­di­ge Rechts­spre­chung“ des BFH, dass beruf­lich ver­an­lass­te Auf­wen­dun­gen grund­sätz­lich als Wer­bungs­kos­ten aner­kannt wer­den müs­sen. Aber: Die Finanz­be­hör­den igno­rie­ren die­se Rechts­la­ge – wahr­schein­lich mit dem Ziel, die bestehen­de Rechts­la­ge eines Tages aus­zu­he­beln. Im Aus­ein­an­der­set­zungs­fall mit den Finanz­be­hör­den führt also in ver­gleich­ba­ren Fäl­len auch in Zukunft der weg nicht am Finanz­ge­richt vor­bei – not­falls auch bis zu letz­ten Instanz.

Konflikte vorprogrammiert: Gesellschafter als Arbeitnehmer der GmbH

Üblich und u. U. aus steu­er­li­chen Grün­den inter­es­sant ist es, einen GmbH-Gesell­schaf­ter als Arbeit­neh­mer in der eige­nen GmbH zu beschäf­ti­gen. In der Pra­xis kommt es dabei oft zu Pro­ble­men zwi­schen dem amtie­re-den Geschäfts­füh­rer und dem Gesell­schaf­ter. Bei­spie­le aus der Praxis:

 Der als Arbeit­neh­mer täti­ge Gesell­schaf­ter nimmt außer­halb der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung Ein­fluss auf die Geschäftsführung.

 der Gesell­schaf­ter trägt sein Insi­der­wis­sen als Gesell­schaf­ter in die GmbH und

unter­gräbt damit Geschäftsführungs-Entscheidungen.

 der Gesell­schaf­ter geht davon aus, dass sei­ne Arbeit­neh­mer­rol­le mit ande­ren Maß­stä­ben zu beur­tei­len ist, als die der übri­gen Arbeitnehmer.

 der Gesell­schaf­ter nutzt sei­ne Arbeit­neh­mer-Posi­ti­on dazu, die Mit-Gesell­schaf­ter über GmbH-inter­ne Abläu­fe zu unter­rich­ten, die auf Gesell­schaf­ter-Ebe­ne eigent­lich nicht rele­vant sind.

Beson­ders schwie­rig ist die Situa­ti­on des Geschäfts­füh­rers, wenn er als sog. Fremd-Geschäfts­füh­rer in einer GmbH tätig ist, in der meh­re­re Gesell­schaf­ter als Arbeit­neh­mer ange­stellt sind. Die­se beset­zen meist die Lei­tungs­funk­ti­on in ein­zel­nen Fach­ab­tei­lun­gen – also z.B. als Pro­duk­ti­ons­lei­ter oder Ent­wick­lungs­chef. Sind sich die täti­gen Gesell­schaf­ter in der Beur­tei­lung des „Fremd-Geschäfts­füh­rers“ einig, steht es ihnen (bzw. je nach Ver­trags­la­ge) offen, dem Geschäfts­füh­rer Wei­sun­gen zu ertei­len oder ihn sogar abzu­be­ru­fen. Noch unsi­che­rer ist die Stel­lung des Geschäfts­füh­rers, wenn nur ein Teil der Gesell­schaf­ter in der GmbH tätig ist, der ande­re Teil ledig­lich Gesell­schaf­ter-Auf­ga­ben im Rah­men der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung aus­übt. Im Kri­sen- bzw. Kon­flikt­fall kann es hier leicht dazu kom­men, dass Sie als Fremd-Geschäfts­füh­rer zwi­schen allen Stüh­len sit­zen. Hier hel­fen nur „gute Ner­ven“ und ein Anstel­lungs­ver­trag, der Sie gut absichert.

Die Rechts­la­ge: Haben die Gesell­schaf­ter ihr Arbeits­ver­hält­nis mit der GmbH nicht über den Gesell­schafts­ver­trag abge­si­chert, steht ihnen als Geschäfts­füh­rer das Arbeits­recht auch gegen den Gesell­schaf­ter zu. Hier emp­fiehlt es sich, im Grund­satz die Inter­es­sen der GmbH – not­falls auch gegen den Gesell­schaf­ter zu ver­tre­ten, wenn Sie mit­tel- und lang­fris­tig erfolg­reich tätig sein wol­len. Zeich­nen sich Kon­stel­la­tio­nen ab, die eine or-dent­li­che Abwick­lung der Geschäf­te behin­dern, sind Sie gut bera­ten den Arbeit­ge­ber zu wech­seln. In die­sem Fall soll­ten Sie von vor­ne her­ein kur­ze Kün­di­gungs­fris­ten ver­ein­ba­ren und sich auf kei­ne nach­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­klau­sel einlassen.

Für die Pra­xis: Ein rei­bungs­lo­ser Geschäfts­ab­lauf funk­tio­niert in die­sen Fäl­len lang­fris­tig nur dort, wenn es Ihnen auf Dau­er gelingt, eine inten­si­ve und ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit her­zu­stel­len. Das ver­langt von allen Betei­lig­ten ein Höchst­maß an per­sön­li­chen und kom­mu­ni­ka­ti­ven Fähig­kei­ten. Dazu gehört auch ein gro­ßes Maß an Über­ein­stim­mung über mit­tel- und lang­fris­ti­ge ope­ra­ti­ve und stra­te­gi­sche Zie­le. Ver­langt sind Kom­pro­miss­be­reit­schaft und Kon­flikt­fä­hig­keit.

 Für den Geschäfts­füh­rer, der in einer GmbH mit meh­re­ren als Arbeit­neh­mern ange­stell­ten Gesell­schaf­tern tätig wird, emp­fiehlt es sich unbe­dingt, neben einer Abfin­dungs­ver­ein­ba­rung (die wegen einer u. U. kur­zen Dienst­zeit nur gering aus­fal­len dürf­te) eine zusätz­li­che Ver­ein­ba­rung über ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot gegen maxi­ma­le Karenz­zah­lun­gen zu ver­ein­ba­ren. Bei einem Bran­chen­wech­sel ver­zich­tet der aus­schei­den­de Geschäfts­füh­rer dann gegen eine gerin­ge­re Ein­mal­zah­lung auf die regel­mä­ßi­ge und ins­ge­samt höhe­re Zahlung.

 Neben den oben für den Anstel­lungs­ver­trag emp­foh­le­nen Ver­ein­ba­run­gen, soll­ten Sie prü­fen, ob Sie über­durch­schnitt­lich lan­ge (1 Jahr und mehr) Kün­di­gungs­fris­ten durch­set­zen kön­nen, die sich dann in einer hohen Abfin­dungs­zah­lung bei vor­zei­ti­gem Aus­schei­den niederschlagen.

Wei­ter­füh­ren­de Infor­ma­tio­nen > Kon­flik­te in der GmbH

GmbH-Gesellschaftsvertrag hat (fast) immer Vorrang

Vor­sicht bei stren­gen Vor­schrif­ten aus dem GmbH-Gesell­schafts­ver­trag: Die­se müs­sen ein­ge­hal­ten wer­den – jeden­falls solan­ge die Gesell­schaf­ter nicht mit der gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Mehr­heit den Gesell­schafts­ver­trag ändern (in der Regel: 75 % der Stim­men). Das gilt z. B. auch dann, wenn – wie in vie­len GmbHs ver­ein­bart – ein Teil des Gewinns per Vor­schrift des Gesell­schafts­ver­tra­ges „in die Rück­la­gen gestellt werden“.

Das wirkt dann aber wie eine Selbst­ver­pflich­tung. Nur im abso­lu­ten Ein­zel­fall kann dann mehr Gewinn als vor­ge­schrie­ben aus­ge­schüt­tet wer­den – z. B. wenn ein Gesell­schaf­ter pri­vat finan­zi­el­le Pro­ble­me hat. Das darf aber nur der Aus­nah­me­fall sein (OLG Dres­den, Urteil vom 9.11.2011, 12 W 1002/11).

Für die Pra­xis: Aber auch hier gilt die Vor­ga­be: „Wo kein Klä­ger, da kein Rich­ter“. Sind die Gesell­schaf­ter sich einig und beschlie­ßen statt der Rück­la­gen­zu­wei­sung eine Voll­aus­schüt­tung des Gewinns an die Gesell­schaf­ter, soll­te es im Kla­ge­fall (z. B. spä­ter durch einen Insol­venz­ver­wal­ter) kaum mög­lich sein, die aus­ge­schüt­te­ten Gewinn­an­tei­le zurück­zu­for­dern. Um erst gar kei­ne recht­li­chen Zwei­fel auf­kom­men zu las­sen, soll­ten die Gesell­schaf­ter dann zunächst ein­stim­mig den Gesell­schafts­ver­trag ändern und die Ände­rung im Regis­ter­ge­richt anmel­den und ein­tra­gen lassen.

Zahlt der Arbeitgeber Bußgelder für den Mitarbeiter, wird dafür Lohnsteuer fällig

Über­nimmt der Arbeit-geber (hier: Spe­di­ti­on) Buß­gel­der, die der Arbeit­neh­mer (hier: Fah­rer) wegen Über­schrei­tung von Lenk­zei­ten bzw. Nicht­ein­hal­tung von Ruhe­zei­ten zah­len muss, dann muss dafür zusätz­lich Lohn­steu­er gezahlt wer­den (Finanz­ge­richt Köln, Urteil vom 22.9.2011, 3 K 955/10).

Für die Pra­xis: Das gilt auch dann, wenn der Fah­rer sich dar­auf beruft, dass er auf Anwei­sung sei­nes Arbeit­ge­bers gesetz­li­che Vor­schrif­ten nicht ein­ge­hal­ten hat. Der Arbeit­ge­ber muss dafür sor­gen, dass eben genau die­se gesetz­li­chen Bestim­mun­gen ein­ge­hal­ten wer­den. Das Buß­geld rich­tet sich gegen den Fah­rer und nicht gegen den Arbeitgeber.

2. Stufe der Insolvenzrechtsreform kommt

Zum 1.3.2012 wird das ver­ein­fach­te und beschleu­nig­te Insol­venz­ver­fah­ren für Unter­neh­men in Kraft tre­ten. Gleich­zei­tig wird die 2. Stu­fe zur wei­te­ren Reform des Insol­venz­rechts vor­be­rei­tet. Danach sol­len sich insol­ven­te Exis­tenz­grün­der und pri­va­te Ver­brau­cher bereits nach 3 statt bis­her 6 Jah­ren von ihren Rest­schul­den befrei­en kön­nen. Das BMJ hat einen ent­spre­chen­den Gesetz­ent­wurf vor­ge­legt. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die­se Rege­lun­gen eben­falls noch in 2012 ver­ab­schie­det werden.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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