Ob es – wie im Fall des Audi-CEOs Rupert Stadler – um „Produktionsfehler” und deren Vertuschung, um beschädigte Ware oder verpasste Liefertermine geht: Wenn im Unternehmen etwa schief läuft, wird ein Schuldiger gesucht. Lässt der sich nicht finden, wird der Geschäftsführer in die Haftung genommen. Organisationsverschulden heißt das juristische Zauberwort, mit dem sich Geschädigte an den Geschäftsführer der Organisation „GmbH“ halten.
- In nicht wenigen Fällen – das belegen zahlreiche Urteile dazu – gelingt es tatsächlich, den Geschäftsführer auch persönlich in die Haftung zu nehmen. Aber was ist eigentlich ein Organisationsverschulden und wie können Sie sich gegen entsprechende Ansprüche absichern? Bei einem Organisationsverschulden wird die Handlung einer Hilfskraft der übergeordneten Stelle zugerechnet. Im Arbeitsleben bedeutet das, dass die Handlung eines Angestellten dem Arbeitgeber zugeordnet wird. Das kann sogar so weit gehen, dass der Geschäftsführer für eine Handlung des Arbeitgebers einstehen muss. Und zwar dann, wenn der es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ordnungsgemäß ausüben kann. Dazu gehören: …
- Der Geschäftsführer ist verpflichtet für die Einarbeitung und Anleitung der Hilfskraft – sprich des Arbeitnehmers – zu sorgen (gemäß § 831 BGB).
- Dazu gehört auch die Kontrolle des Arbeitnehmers, ob dieser überhaupt in der Lage ist, die ihm übertragene Aufgabe zu erfüllen.
- Dazu gehört auch, sich ein Bild über die persönliche Eignung und Voraussetzungen des Arbeitnehmers zur Erfüllung einer Aufgabe zu sichern und zu kontrollieren (z. B. bei einer Krankheitsvertretung).
Beispiel – „Falsche Angaben beim Geschäftsabschluss”: Eine Vertriebs-GmbH akquirierte Kunden für einen Energieversorger. Unter Hinweis auf günstigere Angebote animierten die Mitarbeiter dieser GmbH Kunden unter falschen Angaben zum Wechsel des Strom- bzw. Gasanbieters. Dabei war es – wie meistens in solchen Fällen – lediglich eine Frage der Zeit, bis die falschen Angaben aufflogen. Schließlich ergibt sich aus dem Vertragsabschluss immer auch die „Vertragspartei“. Der eingeschaltete Verbraucherschutzverband klagte gegen die Vertriebs-GmbH und bekam vor Gericht Recht. Begründung: Organisationsverschulden – die GmbH muss sich für die Fehler der Mitarbeiter verantworten (z. B. Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.11.2012, 5 U 30/12).
Wichtig: Kann das Unternehmen in einem Schadensfall nicht beweisen, dass es alle zur Schadensvermeidung erforderlichen Maßnahmen ergriffen und eingehalten hat, liegt ebenfalls ein „Organisationsverschulden“ vor. Das Unternehmen muss das kontrollieren. Daneben prüfen die Gerichte regelmäßig, inwieweit ein Verschulden einzelner Beteiligter vorliegt. Für Organisationsverschulden gilt in der Regel eine Frist von 30 Jahren.
Zu Organisationsverschulden kann es in allen Betrieben und Branchen kommen. Ob Handwerks-GmbH, Transport-Unternehmen, produzierende oder Dienstleistungs-Unternehmen, deren Zulieferung Schaden bewirken kann – also nicht nur in den sog. gefahrengeneigten Branchen wie Umwelt, Chemie usw.. Als Geschäftsführer müssen Sie dafür sorgen, dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben qualifiziert und fehlerfrei ausüben – und zwar an jeder Stelle. In komplexeren Organisationen haben Sie dafür zu sorgen, dass diese Grundsätze in den einzelnen Hierarchiestufen bekannt sind und entsprechend eingehalten werden (Einweisung, Kontrolle). Wichtig ist die lückenlose schriftliche Dokumentation. Dazu gehört: Ablaufvorgaben für Aufgaben und Tätigkeiten, Sicherheitsvorgaben, Hinweise auf die Arbeitsorganisation und die Sicherheitsvorschriften in Einstellungsgesprächen und in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, Verpflichtung der Abteilungs- und Projektleitungen zur Arbeitsorganisation und zur Dokumentation der Einweisung und der (regelmäßigen ggf. stichprobenartigen) Kontrolle.