Derweil sich die Welt im frostigen Dauerschock von einer Finanzkrise in die nächste schleppt, dabei an Drehgeschwindigkeit verliert und der Notenumschlag nahezu zum Stillstand kommt, beschäftigt sich die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der University of British Columbia mit grundsätzlicheren Fragestellungen zum homo oeconimicus: Danach sieht es ganz so aus, als seien „männliche CEOs mit viel Testosteron im Blut kampfeslustiger“ als mit weniger (Maurice Levi in: Management Science 2011, www.handelblatt.com/link). Anhand einer aufwendigen Versuchsanordnung konnten die Ökonomen nachweisen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Unternehmensübernahme sinkt, wenn der männliche Kaufinteressent jünger als 45 Jahre ist. Kein Wunder: Der ist aufgrund seiner Testosteron-Belastung „so aggressiv“, dass der potentielle Verkäufer Angst bekommt, sich fluxx aus dem Staub macht und das Verkaufsgespräch einfach abbricht. Das macht selbst uns nachdenklich, wo wir doch eher dazu neigen, die Dinge einfach so hinzunehmen wie sie sind. Hat das Auswirkungen auf das/den Gender? Wann ist es rational, eine Frau als CEO einzusetzen? Wenn das Unternehmen verkauft werden soll (muss) und der Verkäufer einen möglichst hohen Kaufpreis erzielen will? Oder umgekehrt: Wenn der Merger möglichst wenig zahlen will? Und wie soll sie aussehen und was soll Sie anziehen?
Kategorie: BISS - DIE Wirtschafts-Satire
Geschenk-Ideen
Seit Jahren – Jahrzehnten – begleiten wir das deutsche Wirtschaftsleben durch dick und dünn. Auch sog. Geschäftsideen, mitunter auch skurile und obskure wie z. B. die Teldafax, deren Werdegang wir von der Speerspitze gegen das deutsche Energie-Oligopol bis zum 700.000er Gläubiger-Insolvenz-Event stets wohlwollend begleitet haben. So ist uns jetzt die Firma NTN Deutsche Banknote AG aufgefallen – mit einem Geschäftsmodell, das uns überaus erwähnenswert erscheint. Etwa zum Nachmachen. Schon die Prospektangaben überzeugen: Hochglanz im Aldi-Längs-Format. Der Kunde bekommt hier die Möglichkeit, eine sog. Zweihundert-Euro-Gedenk-Banknote (wir kennen das bisher nur von der herkömmlichen Gedenk-Münze) zum Preis von 200 € zu erwerben – jetzt passend zur Jahreszeit mit Weihnachtsmann- und Christkindchen-Motiv. Natürlich haben wir da ein bisschen recherchiert, weil uns das interessiert hat: Herstellungs- und Vertriebskosten pro Banknote liegen bei rund Zweieurofuffzig. Größtes Problem war laut Hersteller die Zertifizierung als Gedenk-Banknote bei der Zulassungsstelle – sprich der Deutschen Bundesbank. Aber – und so clever muss man als Unternehmer heutzutage erst einmal sein: Weil die ja abteilungsweise nichts mehr rechtes zu tun haben, hat man sich dem Zertifizierungsverfahren besonders liebevoll angenommen und nach ausgiebiger Prüfung durch sieben Fachjuristen (u. a. für Münzrecht) festgestellt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich auch im Geldwesen gilt. Insofern kein Problem. Die Banknote ist juristisch gesehen eine Gedenk-Münze. Haben Sie eigentlich schon Aktien der NTN Deutsche Banknote AG? In Zeiten des Invests in produktlose Firmen sollte das abgehen wie eine Rakete.
Wählen bis es passt
Das Geheimnis einer gelungenen Abstimmung liegt nach Prof. Dr. Frank Frankenbein, Leiter des Instituts für Demagogie und Volksforschung an der freien Uni Wolfenbüttel, darin, dass „die vorgelegte Frage so formuliert ist, dass möglichst viele Menschen mitmachen, sie aber gleichzeitig so unpräzise abgefasst ist, dass der Wähler um die Folgen seiner Stimmabgabe so weit wie eben nur möglich im Dunkeln gelassen wird“. Dabei geht es zum einen darum, die notwendige Wahlbeteiligung zu erreichen und zum anderen darum, dass das Kreuz an der richtigen Stelle gemacht wird. Das beginnt z. B. damit, dass das Ankreuz-Kästchen für das gewünschte Wahlergebnis auf dem Wahlschein möglichst weit unten und weit rechts aufgedruckt wird, damit der Wähler beim Ankreuzen mit dem Stift „nicht erst über den ganzen Bogen drüber muss“ – so die aktuellen Erkenntnisse. Psychologie spielt also offensichtlich eine große Rolle. Ganz plastisch erleben wir das gerade in der Slowakei, wo es den Abgeordneten bislang noch nicht gelungen ist, die richtige Entscheidung zu treffen. Guter Rat ist teuer. Jetzt müssen die Wolfenbüttler Professoren auch hier aus der Patsche helfen. In ganz besonders schwierigen Fällen – so der Experten-Rat – sollte man das alternative Kästchen am besten gleich weglassen. Geht doch.
Ökonomie-Nobelpreis
Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir Peer Steinbrück nominiert. Der ist so dynamisch und tut zumindest so, als würde er etwas von der Sache verstehen. Als Merkel „die deutschen Spareinlagen sind sicher“ sagte, war er es, der uns körpersprachlich mit seiner kernigen Ausstrahlung überzeugte. Aber wir sind nicht das Nobel-Komitee und wir müssen keine Preise vergeben. Schon gar nicht an Wirtschaftswissenschaftler. Diese preiselastischen Gleichgewichts-Nostalgiker, die den festen Glauben an den Eigennutz für Ratio halten (was Sokrates schon das ein oder andere Mal dazu bewogen hat, sich unruhig in seiner Tonne hin- und herzuwälzen). Gut, dass sich die neuen Preisträger schon seit Jahren auf die Rolle des stillen Beobachters zurückgezogen haben und sich nicht mit den Verwerfungen der realen Ökonomie auseinandersetzen mussten. Treffender als Nobel-Preisträger Christopher Sims hätten wir die Malaise auch nicht beschreiben können: „Wir sind auf Bücher versessene Leute, die sich Daten anschauen und versuchen, herauszufinden, was in der Welt passiert“ (O‑Ton). Es handelt sich also um eine Art Buchprüfer. Wobei der erfahrene Geschäftsmann ja weiß, dass zwischen den praktischen Vorgängen im Betrieb und den Zahlen in den Büchern bisweilen der Abgrund liegt.
Rettung
Na endlich hat es mal einer gesagt! Wie es weiter gehen soll. Und weil der Mann Banker ist, muss er es ja schließlich wissen. Natürlich wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, was zu tun ist, um den weltweiten Finanz- und Schulden-Kollaps endlich in den Griff zu bekommen. Damit wir endlich wieder in der Bild-Zeitung solche hübsche Schlagzeilen lesen können wie „Gewinne sprudeln wie Ölfontänen“ oder „Endlich: Der erste deutsche Billionär“ und so weiter. Aber zurück zum Thema. DB-Chef Ackermann analysiert ebenso treffsicher wie kundig: „Die Branche ist gut beraten, die systemischen Implikationen von Produkten, Strategien und Marktstrukturen zu analysieren und zu berücksichtigen. Dies ist Aufgabe von bankinternen Genehmigungsprozessen. Außerdem sollten die Betreiber von Handelsplattformen Hochfrequenz- und Algohandelsstrategien (?) in Stressszenarien auf ihre Wirkung testen“ (Rede vom 4.9.2011). Aha. Wir selbst haben sehr, sehr lange darüber gegrübelt, was Ackermann uns damit wohl sagen will. Bis wir irgendwann verstanden haben: In den oberen Etagen der Banken hat man keine Ahnung davon, was die Angestellten eigentlich mit dem ganzen Geld machen. Noch Fragen?
Insiderhandel
Kennen Sie Dr. Axel C. Heitmann? NEIN! Das sollten Sie ändern. Axel Heitmann wurde am 2. Oktober 1959 in Hamburg geboren, ist ein deutscher Chemiker, Vorstandsvorsitzender der Lanxess AG, verheiratet, hat 2 Kinder und ist Ehrenbürger der chinesischen Stadt Wuxi. Jetzt hat er sich eine Immobilie gekauft – für schlappe 9 Mio. Euros – wahrscheinlich auf Hawai oder gleich irgendwo an der Goldküste. Finanziert hat er das mit Aktien. Die hat er so um die 11 Euros erworben und jetzt zu 39 Euros verkauft. Macht pro Aktie einen Gewinn von 28 Euros. Und da er damals gleich 209.779 Aktien bekommen hat, ist er jetzt ein gemachter Mann. Wie schön die Börse doch sein kann. Leider hat die ganze Sache einen Haken. Heitmann hat quasi seine eigene Firma verkauft. Also genau genommen die Lanxess AG, deren Vorstandsvorsitzender er ist. Wahrscheinlich kennt er die Zahlen so gut, dass es höchste Zeit war, die Aktien in handfestes Vermögen umzuwandeln. Dass er in Personalangelegenheiten als harter Hund gilt, wussten wir ja schon. Aber dass er gleich so viel Schmackes hat, hätten wir ihm gar nicht zugetraut. Wenn er nicht schon Persönlichkeit des Jahres wäre (2009), würden wir ihn jetzt glatt für diese Auszeichnung vorschlagen.
Wunderheilung
Nur so zum Spaß haben wir mal alle Vorschläge und Ideen gelistet, von denen sich die Experten eine Heilung der Finanzmisere versprechen. Fangen wir mal mit der Kompliziertesten an. Schön wäre, wenn alle Staaten der Reihe nach ihre Schulden zurückzahlen. So wie es der gemeine Häuslebauer und jeder seriöse Geschäftsmann tun muss. Können Sie vergessen. Ist utopisch. Dann gibt es da noch den Rettungsschirm. Auf dem Papier bleibt dann erst einmal Alles so wie es ist. Zumindest eine Zeit lang. Was danach kommt, ist uns ziemlich egal – eine Haltung, die ja bereits in früheren Epochen mit Erfolg praktiziert wurde – frei nach dem Motto aprés nous la deluche – was sich ja in etwa mit der langfristigen Wettervorhersage decken würde. Dieser Effekt ließe sich leicht verzögern, indem man den einen oder anderen Staat (Griechenland) bereits vorher in Frontstellung bringt respektive alleine in die Wüste schickt. Käme noch die Verstaatlichung des Bankensektors durch die UNO in Frage. Da wollen wir aber erst gleich gar nicht drüber nachdenken. Nicht umsonst hat Jesus die Banker damals aus dem Tempel gejagt. Auch in der öffentlichen Verwaltung hat der Banker nichts verloren. Bleiben die Rating-Agenturen. Ein recht guter Vorschlag kommt dazu aus – woher sonst – Italien. So würde die Kreditwürdigkeit statt der bisherigen Bewertungsskala aus Tripple A+ usw. wie bei Kühlschränken und Autos mit einer Ampel gewertet, also in grün, orange und rot und sämtlichen Übergangsfarben, die Sie sich wünschen dürfen. Also z. B. rosarot. Zumindest für eine gewisse Übergangszeit wäre damit sichergestellt, dass die Schlaulis aus den Rating-Agenturen so intensiv mit sich selbst und den Übergangsvorschriften und Ausführungsbestimmungen beschäftigt wären, das sie bis auf Weiteres kein Unheil mehr anrichten könnten. Wir selbst bleiben eher skeptisch.
Satire – wieso?
Diese Woche gab es ziemlich bedröppelte Gesichter in der BISS-Redaktionskonferenz. Schließlich hat unser Chef-Satiriker (in seiner unvergleichlichen Knappheit) das Wort ergriffen und ein paar klärende (und damit tröstende) Worte aufgebracht: „Realität toppt derzeit Satire“. Aber: Gegen einen kleinen Obulus gelingt es uns Pressefritzen immer wieder, der Satire zumindest einen kleinen Informationsvorsprung zu verschaffen: So wissen wir aus einem Nebenflügel des Vatikan, dass Benedikt anlässlich seines Freiburg-Besuchs die gute Mama Kohl heilig sprechen wird (September 2011). Aus dem Wissenschaftsministerium haben wir in Erfahrung gebracht, dass für Doktoranten-Ghostwriter ein offizielles Genehmigungsverfahren eingeführt wird (2012). Der japanische Energie-Konzern Tepko plant im Nordosten Japans einen gigantischen Natur- und Freizeitpark mit zeitlich befristeter Aufenthaltsdauer für die Besucher (2013). Euro und Dollar werden reformiert und zusammengelegt in den DoRO (2014). Stuttgart 21 geht erst etwas verspätet in Betrieb (2029). Und so weiter (usw.). Wir wollen Ihnen an dieser Stelle aber keineswegs die Spannung nehmen. Eine gewisse Neugier war schon immer Treibfeder für die ein- oder andere Innovation.
Kilimandscharo
Haben Sie es auch gemerkt: Als die KanzlerIn jüngst auf dem legendären Flughafen von Mogadischu die Ehrengarde abschritt, trug sie am Revers ihrer dunkelgrünen Kostümjacke einen kleinen, sehr unscheinbaren Sticker. Wir haben mal genauer hingeschaut und die Pressebilder mit einem Vergrößerungsglas gecheckt. Sie werden es nicht glauben: Sie trug ein Sticker von ALDI und zwar von ALDI Nord. Unser Chefredakteur hat lange gegrübelt und sich am Hinterkopf gekratzt. Doch dann ist es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Klaro: Schon seit Jahren tummeln sich hier in Ostafrika indische Großmogule und Nachfahren chinesischer Seidenstricker und kaufen wie bekloppt Grund und Boden, und zwar für einen Apfel und ein Ei wie man so schön sagt. Insider munkeln, Äthiopien sei schon zu 25 % fest in der Hand der neuen Herren. Aha – haben wir gedacht. Das hat sie – also die Kanzlerin – gemeint, als sie die 1 Mio. Spende überreicht hat und das an „Bedingungen“ geknüpft hat. Sie hat sich im schönen Kenia ein großes Grundstück gekauft. Quasi eine ALDI-finanzierte Immobilie für ihren Alterssitz – mit Blick auf den Kilimandscharo und die Serengeti vor der Haustür. Na ja – Hauptsache, ein wenig ökonomischer Sachverstand kann wieder in die Politik Einzug halten.
Steuerversprechen
Für die Bundestagswahl 2013 kommen Steuersenkungs-Ankündigungen ja nicht mehr in Frage. Das glaubt keiner mehr – selbst wir als absolute Steuer- und Publizitätsverweigerer gehen im Moment nicht davon aus, dass es besser wird. Konsequenterweise versucht man es jetzt also mit einem vorgezogenen (womöglich nachhaltigen) Steuerversprechen, dass dann bis 2013 im Gleichklang mit der Konjunktur auf ein kleines Etwas zusammenschrumpft – so in der Größenordnung von 10 € pro Kopf und Haushalt. Parallel dazu wird die Steuerverwaltung vereinfacht – der Steuerbürger muss seine Steuererklärungen dann nur noch alle 2 Jahre abgeben. Den damit verbundenen Zinsverlust versteht ohnehin nur noch ein verschwindend kleiner Teil der Steuerzahler. Und da es mit dem Zinseszinsrechnen beim Bundesbürger nicht besonders gut steht, muss die Kanzlerin auch nicht befürchten, dass irgendjemand nachrechnet. Das ist dann die hohe Kunst der Steuersenkung, ohne die Steuern zu senken. Streichen wir doch einfach Löhne und Gehälter ein wenig zusammen, dann sinkt automatisch auch die Steuer. Darüber müssen wir reden. Versprochen.