Als Geschäftsführer sind Sie für die Einhaltung von Recht und Gesetz verantwortlich (vgl. Nr. 18/2014). Was aber, wenn ein Unternehmen (hier: Thyssen-Krupp) zu einer Kartellstrafe (hier: 191 Mio. EUR) verurteilt wird und dieses den Geschäftsführer dafür persönlich in die Haftung nehmen will? Ein solcher Fall ist zurzeit gerichtsanhängig und wurde jetzt in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Essen entschieden (ArbG Essen, Urteil vom 19.12.2013, 1 Ca 3569/12). Zwar ist dies mit Sicherheit noch nicht das abschließende Urteil in diesem Verfahren gegen die Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der der Thyssen-Krupp AG. Aber schon aus diesem ersten Urteil wird ersichtlich, welche rechtlichen Maßstäbe in einem solchen Verfahren angelegt werden. Wichtig für die Geschäftsführungspraxis sind folgende Hinweise: …
- Da es sich bei den beteiligten Geschäftsführern um Angestellte in einem Tochterunternehmen des Thyssen-Krupp-Konzerns handelt, geht es um Schadensersatzansprüche aus dem Anstellungsvertrag des angestellten Geschäftsführers ohne eigene Beteiligung. Damit, und das ist sicherlich vorteilhaft für die betroffenen Geschäftsführer, ist das Arbeitsgericht die zuständige Gerichtsbarkeit.
- In der Tochtergesellschaft gibt es eine Ressortaufteilung unter den Geschäftsführern. Der Verstoß gegen Kartellrecht (hier: Preisabsprachen im Schienenkartell) betrifft den Bereich Vertrieb und damit in erster Linie den für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer. Alle anderen Geschäftsführer können erst nachrangig zur Rechenschaft gezogen werden. Voraussetzung: Die Ressortaufteilung ist rechtlich verbindlich vereinbart und wird entsprechend praktiziert.
- Der Geschäftsführer hatte die Konzernleitung über die Praxis des sog. Exklusivvertriebs (zu überhöhten Preisen) informiert und die Zentrale hatte dieser Praxis im Rahmen einer Compliance-Prüfung nicht widersprochen.
- Dem Geschäftsführer konnte nicht nachgewiesen werden, dass er an den kartellrechtswidrigen Absprachen selbst beteiligt war. Damit sind auch die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten (§ 43 Abs. 1 GmbH-Gesetz) nicht gegeben.
- Im nächsten Schritt wird geprüft, ob der Geschäftsführer zivilrechtlich für Schadensersatz aufkommen muss. Dann geht es um ganz andere Summen. Die Bahn AG lässt prüfen, ob Thyssen-Krupp den überhöhten Kaufpreisanteil zurückzahlen muss. Ist das der Fall, wird das Unternehmen ebenfalls prüfen lassen, ob die Geschäftsleitung dafür gerade stehen muss.