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Volkelt-Brief 26/2013

Volkelt-BriefThe­men heu­te : Der Fall Kar­stadt: Was der Mit­tel­stand ler­nen kann + Geschäfts­füh­rer im Kon­zern: Der alte Arbeits­ver­trag ist Ihr Pfrund + GmbH-Recht: Das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren begüns­tigt Aus­stei­ger+ Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: Gesell­schaf­ter müs­sen sich infor­mie­ren kön­nenGeschäftsführer/Einkommensteuer: Schnel­le­re, aber län­ge­re Stre­cke auf dem Weg zur Arbeit + Geschäfts­füh­rer pri­vat:  „Miles and more“ ist über­trag­bar + BISS

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 Nr. 26/2013 vom 28.6.2013

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

2009 gab es für Kar­stadt das ers­te Insol­venz­ver­fah­ren. Mit Berg­gruen glaub­te der Insol­venz­ver­wal­ter einen Finan­zier gefun­den zu haben, der die Geschi­cke des Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­mens in neue Bah­nen len­ken wür­de. Vier Jah­re spä­ter ist das Ergeb­nis Offen­ba­rung: 250 Mio. EUR Ver­lust allei­ne im letz­ten Geschäfts­jahr. Umsatz, Cash-Flow, EBIT und Eigen­ka­pi­tal sind wei­ter auf dem stei­len Weg nach unten. Wenn Sie als Geschäfts­füh­rer eines mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens eine sol­che Bilanz vor­le­gen, kön­nen Sie sicher sein: Kei­ne Bank der Welt wür­de Ihnen und Ihrer GmbH auch nur noch einen Cent lei­hen. Im Klar­text: Das ist die sofor­ti­ge Insol­venz. Für Kar­stadt sieht die Rech­nung anschei­nend anders aus. Geht die Ent­wick­lung so wei­ter, ist das Eigen­ka­pi­tal zum Jah­res­en­de zwar ver­braucht. Spä­tes­tens dann muss ein neu­er Inves­tor her. Und im Gegen­satz zu klei­ne­ren und mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men darf man getrost davon aus­ge­hen, dass der gefun­den wird.

Für die Pra­xis: Mit die­sem dop­pel­ten Maß müs­sen Sie leben. Klei­ne­re Unter­neh­men haben in der wirt­schaft­li­chen Kri­se nur dann eine Chan­ce auf Sanie­rung, wenn die Markt­wer­te stim­men. Sie müs­sen für den Sanie­rungs­plan ein fun­dier­tes Markt­po­ten­zi­al, rea­lis­ti­sche Ver­triebs- und Mar­ke­ting­kon­zep­te und nach­prüf­ba­re Finan­zie­rungs­be­din­gun­gen nen­nen. Ziel­grö­ßen, die nur auf dem Papier ste­hen, brin­gen Sie nicht wei­ter. Neben der finan­zi­el­len Sanie­rung müs­sen klei­ne­re Unter­neh­men Port­fo­lio und Orga­ni­sa­ti­on, Struk­tur und mög­li­che Koope­ra­tio­nen auf tat­säch­li­che Über­le­bens­fä­hig­keit abklop­fen. Nur so kön­nen Sie Ihre GmbH und damit Ihre Stel­lung als Geschäfts­füh­rer mit­tel- und lang­fris­tig sichern. Also die Din­ge anpa­cken, die im Fal­le Kar­stadt über Jah­re lie­gen geblie­ben sind (Sor­ti­ment, Ein­kaufs­ver­hal­ten, Marktdynamik).

Geschäftsführer im Konzern: Der alte Arbeitsvertrag ist Ihr Pfrund

Immer wie­der gehen in der Redak­ti­on Anfra­gen von lei­ten­den Ange­stell­ten ein, denen im Kon­zern­ver­band die Auf­ga­be eines Geschäfts­füh­rers einer Toch­ter­ge­sell­schaft über­tra­gen wird. Fra­ge: „Wie kann ich mich absi­chern?“.  In der Tat: Bis zum Grund­satz-Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts konn­te der zum Geschäfts­füh­rer beru­fe­ne Arbeit­neh­mer noch davon aus­ge­hen, dass er nach einem Schei­tern bei sei­ner Auf­ga­be als Geschäfts­füh­rer (Abbe­ru­fung, Kün­di­gung) ein Anrecht auf den alten Arbeits­platz hat. Unter­des­sen ist es aber gefes­tig­te Recht­spre­chung, dass das alte Arbeits­ver­hält­nis als been­det gilt, sofern es nicht eine aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung dazu gibt. Inhalt der Ver­ein­ba­rung ist der aus­drück­li­che und schrift­lich fest­ge­hal­te­ne Anspruch auf den alten Arbeits­platz (so zuletzt BAG mit Beschluss vom 25.10.2007, 6 AZR 1045/06)

Vor­teil für Sie: Das alte Arbeits­ver­hält­nis besteht wei­ter fort. In der Pra­xis soll­ten Sie davon aus­ge­hen, dass nach einem Schei­tern bei der Geschäfts­füh­rungs-Auf­ga­be in der Regel auch die Fron­ten ver­här­tet sind. Nur in sel­tens­ten Fäl­len gelingt die Zurück-Ein­glie­de­rung. Kommt es dann trotz­dem zur Tren­nung (Kün­di­gung), kön­nen Sie in der Regel gericht­lich eine Abfin­dung durch­set­zen. Die­se wird vom Gericht dann an der Lauf­zeit des vor­he­ri­gen Arbeits­ver­hält­nis­ses mit der Kon­zern­ge­sell­schaft bemes­sen. Hier eini­ge Grund­re­geln, die Sie beim Über­gang aus dem Arbeits­ver­hält­nis in die Geschäfts­füh­rungs-Eta­ge beach­ten müssen:

Für die Pra­xis: Wer im Kon­zern aus einer Arbeit­neh­mer-Stel­lung zum Geschäfts­füh­rer beru­fen wird, hat in der Regel bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen um die Aus­ge­stal­tung des Geschäfts­füh­rer-Ver­tra­ges nur wenig Mit­spra­che­mög­lich­kei­ten. Es wird meist ein kon­zern­ein­heit­li­cher Ver­trag ange­bo­ten. Meis­tens lässt der neue Arbeit­ge­ber noch bei der Höhe des Gehalts ver­han­deln, nicht aber bei den all­ge­mei­nen Ver­trags­nor­men. Wer eine gut dotier­te Stel­lung mit Kün­di­gungs­schutz auf­gibt, soll­te den­noch hart­nä­ckig ver­han­deln. Eine Abbe­ru­fung aus der Geschäfts­füh­rer-Stel­lung ist grund­sätz­lich immer mög­lich. Der zum Geschäfts­füh­rer bestell­te Arbeit­neh­mer geht also ein enor­mes wirt­schaft­li­ches und per­sön­li­ches Risi­ko ein, wenn er auf sei­ne „alte“ Stel­lung ver­zich­tet. Las­sen Sie sich auch nicht von einer hohen Abfin­dung täu­schen – in der Regel bemisst die­se sich nach Tätig­keits­jah­ren. Wer­den Sie schon kurz nach der Bestel­lung abbe­ru­fen, fällt die Abfin­dung ent­spre­chend nied­rig aus. Argu­men­tie­ren Sie wie folgt: Sie erklä­ren sich bereit, nach 3 oder 5 Jah­ren erfolg­rei­cher Geschäfts­füh­rer-Tätig­keit das vor­her bestehen­de Arbeits­ver­hält­nis zu been­den. Bis dahin bleibt Ihr Anspruch nach einer even­tu­el­len Abbe­ru­fung wie­der in das vor­he­ri­ge Arbeits­ver­hält­nis zurück­zu­keh­ren, bestehen. Die­se Ver­ein­ba­rung muss schrift­lich und als Bestand­teil des Anstel­lungs­ver­tra­ges ver­ein­bart werden.

GmbH-Recht: Das vereinfachte Ertragswertverfahren begünstigt Aussteiger

Nach einer Stu­die der Val­nes Cor­po­ra­te Finan­ce GmbH führt das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­rens zu einer „ekla­tan­ten“ Über­be­wer­tung der GmbH. Fol­ge: Ist die­ses Ver­fah­ren im Gesell­schafts­ver­trag zur Bewer­tung des GmbH-Anteils vor­ge­schrie­ben, führt dies zu einem Abfluss von Kapi­tal. Umge­kehrt: Der aus­schei­dens­wil­li­ge Gesell­schaf­ter pro­fi­tiert von der Über­be­wer­tung. Er erhält mehr Geld für sei­nen GmbH-Anteil als die­ser tat­säch­lich wert ist. Hin­ter­grund: Das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren wur­de 2009 von Gesetz­ge­ber ein­ge­führt. Ziel war es, das Stutt­gar­ter Ver­fah­ren (das zur Ermitt­lung des steu­er­li­chen Wer­tes bei Erb­schaft dient) zu erset­zen. In der Pra­xis führ­te das zu einer Unter­be­wer­tung von GmbHs. Das war zwar durch­aus im Sin­ne der über­tra­gen­den Gesell­schaf­ter, führ­te aber zu einer Benach­tei­li­gung des aus­schei­den­den Gesell­schaf­ters. Das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren kapi­ta­li­siert den ver­gan­gen­heits­be­zo­ge­nen Jah­res­er­trag. Kri­tik: Die Bewer­tung bezieht sich auf die Ver­gan­gen­heit und nicht nach rea­lis­ti­schen, zukunfts­be­zo­ge­nen Markt­be­wer­tun­gen. Die neue Val­nes-Stu­die (Update 2013) zeigt nun anhand prak­ti­scher Fäl­le, dass das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren in der Pra­xis in die gegen­läu­fi­ge Rich­tung führt, die den Bestand der GmbH gefährden.

Für die Pra­xis: GmbH-Gesell­schaf­ter, die im Gesell­schafts­ver­trag das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren zur Ermitt­lung des Wer­tes eines GmbH-Anteils ver­ein­bart haben, soll­ten nach die­sen Erkennt­nis­sen aus der Pra­xis prü­fen, ob die­se Rege­lung noch mit ihren Inten­sio­nen und Absich­ten über­ein­stimmt. Prü­fen Sie zusam­men mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter, wel­che alter­na­ti­ven Bewer­tungs­me­tho­den für Ihre GmbH geeig­net sind (z. B. das aus­führ­li­che Ertrags­wert­ver­fah­ren, Sub­stanz­wert­ver­fah­ren, Umsatz­ver­fah­ren, Bewer­tungs­ver­fah­ren nach Inves­ti­ti­ons­rech­nung usw.). Anhalts­punk­te gibt Ihnen das Inter­net-Por­tal www.unternehmenswertrechner.de (Bei­spiels-Berech­nun­gen). Zur Ände­rung des Gesell­schafts­ver­tra­ges müs­sen in der Regel alle Gesell­schaf­ter zustim­men (ordent­li­che Beschluss­fas­sung). Ins­be­son­de­re in mit­tel­stän­di­schen Fami­li­en-GmbHs mit vie­len Gesell­schaf­tern und damit oft gegen­läu­fi­gen Inter­es­sen­la­gen, soll­te das GmbH-Ver­mö­gen im Vor­der­grund ste­hen und die Aus­schei­dens­re­gel ent­spre­chend nach­ge­bes­sert wer­den. Wenn Sie sich aus­führ­li­cher zum The­ma infor­mie­ren wol­len: Die Stu­die „Das ver­ein­fach­te Ertrags­wert­ver­fah­ren im Stress-Test: Aus­wir­kung der typi­sier­ten Kapi­tal­kos­ten auf den Ertrags­wert“ erhal­ten Sie per E‑Mail-Anfor­de­rung unter contact@valnes.de (kos­ten­frei).

Gesellschafterversammlung: Gesellschafter müssen sich informieren können

Laut GmbH-Gesetz beträgt die Frist zur Ein­be­ru­fung der Gesell­schaf­ter zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung min­des­tens eine Woche (§ 51 GmbHG). Plus 2 Tage für die Zustel­lung sowie eine Woche plus 1 Tag. Das gilt aber nur für gewöhn­li­che Beschluss­ge­gen­stän­de. Geht es um kom­pli­zier­te Fra­gen, muss dem Gesell­schaf­ter Zeit blei­ben, sich auf die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung vor­zu­be­rei­ten. Z. B., wenn es um Sanie­rungs­fra­gen oder um eine Kapi­tal­erhö­hung geht (LG Kiel, Urteil vom 18.1.2013, 16 O 4/12).

Für die Pra­xis: Kön­nen Sie die Kom­ple­xi­tät und die recht­li­che Reich­wei­te eines Beschluss­ge­gen­stan­des nicht ein­schät­zen, soll­ten Sie eine län­ge­re Frist für die Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung anset­zen. Im Urteil des LG Kiel ist aus­drück­lich von einer 2‑Wochenfrist die Rede. Im Ein­zel­fall kann es aber durch­aus auch ange­bracht sein, dass Sie einen Monat vor­her ein­la­den (Bei­spiel: Uner­fah­re­ne Gesell­schaf­ter zur Beschluss­fas­sung zum Ver­lust­aus­gleich durch eine Kapi­tal­her­ab­set­zung mit anschlie­ßen­der Kapi­tal­erhö­hung). Bie­ten Sie den Gesell­schaf­tern in die­sen Fäl­len zusätz­li­che Rechts­be­ra­tung durch den Haus­an­walt der GmbH an.

Geschäftsführer/ESt: Schnellere, aber längere Strecke auf dem Weg zur Arbeit

Auch als Geschäfts­füh­rer kön­nen Sie die Kilo­me­ter­pau­scha­le für die Weg­stre­cke zischen Woh­nung und Arbeits­stät­te (30 Cent pro Ent­fer­nungs­ki­lo­me­ter) bei der ESt anset­zen. Pro­blem: Es gibt eine schnel­le­re Stre­cke, die aber län­ger ist. Dazu das FG Rhein­land-Pfalz: Nur wenn die län­ge­re Stre­cke in jeder Ver­kehrs­la­ge einen (nen­nens­wer­ten) Zeit­vor­teil bringt, kann die län­ge­re Weg­stre­cke bei der Steu­er ange­setzt wer­den (FG Rhein­land-Pfalz, Urteil vom 21.2.2013, 4 K 1810/11).

Für die Pra­xis: Laut Rechts­la­ge haben Sie Anspruch dar­auf, dass Ihr Ein­zel­fall vom Finanz­amt geprüft wird. In der Pra­xis wird eine Zeit­er­spar­nis von 20 Minu­ten aner­kannt. Was dazu führt, dass Sie die län­ge­re Stre­cke auch steu­er­lich gel­tend machen kön­nen (BFH, Urteil vom 16.11.2011, VI R 19/11). Aber auch eine kür­ze­re Zeit­er­spar­nis kann dazu füh­ren, dass das Finanz­amt auch die­se Stre­cken­füh­rung steu­er­lich aner­ken­nen muss. 

Geschäftsführer privat:  „Miles and more“ ist übertragbar

Als Geschäfts­füh­rer, der viel mit dem Flie­ger unter­wegs ist und kei­ne Zeit hat, die Miles- and More-Gut­schrif­ten selbst in Anspruch zu neh­men (z. B. weil kei­ne Zeit für pri­va­ten Urlaub bleibt), kön­nen Sie die­se Prä­mi­en­leis­tun­gen (Hotel­auf­ent­hal­te, Son­der­flü­ge usw.) auf Drit­te über­tra­gen. Und zwar nicht nur an Fami­li­en-Mit­glie­der, son­dern auch an außen ste­hen­de Drit­te. Die ent­spre­chen­den AGBs der Flug­ge­sell­schaf­ten, die das unter­sa­gen sind unwirk­sam (OLG Köln, Urteil vom 12.6.2013, 5 U 46/12).

Für die Pra­xis: Das Gericht bestä­tigt, dass Sie berech­tigt sind, Gut­ha­ben und Prä­mi­en­an­sprü­che zu ver­kau­fen. Anders sieht es aus bei „Mei­len“. Eine Über­tra­gung von ange­sam­mel­ten Miles auf Drit­te – gleich­gül­tig ob Fami­li­en-Mit­glie­der oder gegen Bares an außen­ste­hen­de Drit­te darf von der Flug­ge­sell­schaft per AGB aus­ge­schlos­sen wer­den. Der BGH wird in der Sache abschlie­ßend urtei­len. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

 Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

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