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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 50/2012

The­men heu­te: Vor­teil­haf­te Steu­er-Gestal­tun­gen: Über­stun­den oder Tan­tie­me – bei­des geht nicht + Kar­tell­ver­fah­ren: GN Store Nord klagt gegen deut­sche Kar­tell­be­hör­den um 1,1 Mrd. EUR + GmbH-Jah­res­ab­schluss: Weni­ger Büro­kra­tie für kleins­te GmbHs + Neu im Amt: Jetzt die Alters­vor­sor­ge anpa­cken + GmbH-Recht: Beschlüs­se gegen den Gesell­schafts­ver­trag sind mög­lich + Geschäfts­füh­rer-Haf­tung: Was gilt, wenn der Geschäfts­füh­rer Haus­ver­bot hat? + Pflicht­ver­öf­fent­li­chung: Kei­ne Scho­nung für Kleinst-GmbHs/UGs + BISS .….

 

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

die meis­ten Kol­le­gen – und alle, die ich ken­ne – sind in der Regel rund um die Uhr für die Fir­ma da. Das ist Ihre Auf­ga­be und das ist auch der Grund dafür, dass Sie im Ver­gleich zu den ande­ren Mit­ar­bei­tern ein ordent­li­ches Gehalt ver­die­nen dür­fen. Aller­dings: Vom Fis­kus gibt es dafür kei­ne Zuga­be. Steu­er­freie Zuschlä­ge für Über­stun­den und Fei­er­tags­ar­beit (§ 3b EStG) für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer gibt es nicht.

Aus­nah­me: Mit ver­gleich­ba­ren gesell­schafts­frem­den Per­so­nen wur­den ähn­li­che Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­run­gen abge­schlos­sen. Bei­spiel: Der Geschäfts­füh­rer ist wie ein Ange­stell­ter im „Pro­duk­ti­ons­pro­zess“ tätig und muss wie die ande­ren Mit­ar­bei­ter auch Über­stun­den leis­ten (etwa der Geschäfts­füh­rer eines Gas­tro­no­mie­be­trie­bes, der als Koch tätig ist; der mit­ar­bei­ten­de Geschäfts­füh­rer in der Hand­wer­ker-GmbH). Aber auch in die­sen Fäl­len prüft das Finanz­amt ganz genau.

Auf kei­nen Fall gibt es die Steu­er­frei­heit für die Über­stun­den, wenn Sie zusätz­lich zum Fest­ge­halt noch eine Tan­tie­me bezie­hen (BFH, Urteil vom 27.3.2012, VIII R 27/09). Also: Ent­we­der Über­stun­den oder Tan­tie­me. Bei­des geht nicht.

Kartellverfahren: GN Store Nord klagt gegen deutsche Kartellbehörden um 1,1 Mrd. EUR

Über die Unge­reimt­hei­ten in den euro­päi­schen und deut­schen Kar­tell­ver­fah­ren haben wir an die­ser Stel­le regel­mä­ßig berich­tet (vgl. zuletzt Nr. 24/2012). Zum Bei­spiel auch dar­über, dass die betrof­fe­nen Unter­neh­men kei­ne Mög­lich­keit haben, die Bewer­tun­gen (z. B. Beweis­auf­nah­me, Straf­maß) der Kar­tell­be­hör­den juris­tisch über­prü­fen zu las­sen. Unter­des­sen sind auch immer mehr mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men in nahe­zu allen Bran­chen ins Visier der Kar­tell­be­hör­den geraten.

Grund dafür ist die umstrit­te­ne Kron­zeu­gen­re­ge­lung, wonach anzei­gen­de Unter­neh­men straf­frei aus­ge­hen und damit das Kar­tell­recht für ihren Wett­be­werbs­vor­teil nut­zen kön­nen. Jetzt kommt erst­mals Bewe­gung in die Fra­ge um die Zuläs­sig­keit der kar­tell­recht­li­chen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen. Der däni­sche Kon­zern GN Store Nord klagt vor dem LG Köln gegen das Deut­sche Kar­tell­amt um einen Scha­dens­er­satz in Höhe von 1,1 Mrd. EUR (vgl. dazu das Urteil des BGH).

Knack­punkt in die­sem Ver­fah­ren: Nach wel­chen Kri­te­ri­en wird der sog. beherr­schen­de Markt­an­teil ermit­telt? Zwar betrifft die­ses Ver­fah­ren in ers­ter Linie grö­ße­re Unter­neh­men und Kon­zer­ne. Wich­tig ist, dass die Unzu­läng­lich­kei­ten im Ver­fah­ren juris­tisch auf­ge­ar­bei­tet und benannt wer­den. Das dürf­te dann auch Aus­wir­kun­gen für die Kar­tell­ver­fah­ren um (unbe­wie­se­ne) Preis­ab­spra­chen haben und damit auch die Posi­ti­on mit­tel­stän­di­scher Unter­neh­men gegen­über den Kar­tell­be­hör­den ver­bes­sern. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

GmbH-Jahresabschluss: Weniger Bürokratie für kleinste GmbHs

Bereits im April 2012 hat­te die EU-Kom­mis­si­on ange­mahnt, die büro­kra­ti­sche Hür­den für kleins­te GmbHs zu ver­ein­fa­chen (vgl. Nr. 31/2012). In der Zwi­schen­zeit hat das Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­ri­um die Haus­auf­ga­ben gemacht. Jetzt haben Bun­des­tag und Bun­des­rat dem vor­ge­leg­ten Kleinst­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten-Bilanz­rechts­än­de­rungs­­­ge­setz (Micro­BilG) zuge­stimmt. Für klei­ne GmbH gibt es damit zumin­dest eini­ge Erleichterungen:

  1. Für wen kom­men Erleich­te­run­gen? Umsatz­er­lö­se bis 700.000 €, Bilanz­sum­me bis 350.000 €, bis zu durch­schnitt­lich 10 Mit­ar­bei­tern. Zwei von drei Kri­te­ri­en müs­sen unter­schrit­ten sein. Nach ers­ten Schät­zun­gen sind das ca. 500.000 Unter­neh­men in Deutsch­land (GmbH, UG).
  2. Wel­che Erleich­te­run­gen kom­men?  Die­se GmbHs/UG kön­nen eine stark ver­kürz­te Bilanz mit nur noch weni­gen Bilanz­pos­ten auf­stel­len. Sie brau­chen kei­nen Anhang mehr zu ver­öf­fent­li­chen. Sie müs­sen den Jah­res­ab­schluss nicht mehr Pflicht­ver­öf­fent­li­chen. Es genügt eine Hin­ter­le­gung im Unter­neh­mens­re­gis­ter. Vor­teil: Nur wer zahlt, kann den Jah­res­ab­schluss anschauen.
  3. Was Sie noch wis­sen müs­sen? GmbHs/UG wer­den bei Ver­säum­nis­se bei der Pflicht­ver­öf­fent­li­chung nicht mehr so hart ange­packt. Ein Ord­nungs­geld wird nur noch ver­hängt, wenn ein Ver­schul­den vor­liegt. Kon­kret: Kann der Geschäfts­füh­rer die Ver­säum­nis­se schlüs­sig begrün­den (Feh­len von Unter­la­gen, offe­ne Rechts­fra­gen, Män­gel bei Steu­er­be­ra­ter) kann er die Wie­der­ein­set­zung in den vor­he­ri­gen Stand ver­lan­gen. Fol­ge: Ein bereits ein­ge­lei­te­tes Ord­nungs­wid­rig­kei­ten­ver­fah­ren wird ausgesetzt.

Für die Pra­xis: Mit der Zustim­mung des Bun­des­ra­tes (14.12.2012) wer­den die neu­en Vor­ga­ben für Jah­res­ab­schlüs­se ab Bilanz­stich­tag 30.12.2012 wirk­sam wer­den. Das heißt: Die Erleich­te­run­gen kom­men für den Jah­res­ab­schluss des dann abge­lau­fe­nen Geschäfts­jah­res 2012 bzw. für Unter­neh­men mit abwei­chen­dem Wirt­schafs­jahr, sofern dass nach dem Bilanz­stich­tag 30.12.2012) endet..

Neu im Amt: Jetzt die Altersvorsorge anpacken 

Nach­wuchs-Geschäfts­füh­rer müs­sen zum Jah­res­en­de prü­fen, ob für sie eine Pensions­zusage in Fra­ge kommt. Das ist die steu­er­güns­ti­ge Mög­lich­keit, der Steu­er-Gewinn der GmbH nach­hal­tig zu sen­ken. Vor­aus­set­zung: Sie sind min­des­tens 2 Jah­re Geschäfts­füh­rer und die GmbH macht Gewinn. Dazu müs­sen die Gesell­schaf­ter der GmbH noch in 2012 dem Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer die Pen­si­ons­zu­sa­ge ab 01.01.2013 zusa­gen (Beschluss über die Ände­rung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages).

Für die Pra­xis: Bei GmbH-Neu­grün­dun­gen geben die Finanz­be­hör­den für die steu­er­li­che Aner­ken­nung eine War­te­zeit von 5 Jah­ren or. Aus­nah­me: Es han­delt sich um eine Umgrün­dung z. B. aus einer bereits bestehen­den (Ein-) Personen-Gesellschaft.

Emp­feh­lung: Außer der War­te­zeit müs­sen Sie zur steu­er­li­chen Aner­ken­nung der Pen­si­ons­zu­sa­ge noch zahl­rei­che ande­re Bedin­gun­gen ein­ge­hal­ten (Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, Rück­de­ckung, Bezugs­rech­te usw.) Dazu emp­feh­len wir auf jeden Fall Bera­tung durch den Steu­er­be­ra­ter. Wei­ter­füh­ren­de > Alles Wich­ti­ge und Mus­ter für eine Pensionszusage

GmbH-Recht: Beschlüsse gegen den Gesellschaftsvertrag sind möglich

Beschlie­ßen die Gesell­schaf­ter abwei­chend vom Gesell­schafts­ver­trag eine höhe­re Gewinn­aus­schüt­tung an die Gesell­schaf­ter, dann ist dies mög­lich und recht­lich zuläs­sig. Vor­aus­set­zung: Die not­wen­di­ge Stim­men­mehr­heit wird erreicht (ein­stim­mig oder ¾‑Mehr­heit) (OLG Dres­den, Urteil vom 9.11.2011, 12 W 1002/11).

Für die Pra­xis: Beschlüs­se, die gegen die Ver­ein­ba­run­gen im Gesell­schafts­ver­trag gefasst wer­den, müs­sen im Regis­ter­ge­richt ein­ge­tra­gen wer­den (§ 54 Abs. 2 GmbH-Gesetz). Bei der Ein­tra­gung soll­ten Sie dar­auf ach­ten, dass das Regis­ter­ge­richt kor­rekt die Sat­zungs­klau­sel wie­der­gibt, von der abge­wi­chen wird. Das erhöht die Rechts­klar­heit und ver­deut­licht die Aus­nah­me­re­ge­lung des Beschlusses.

Geschäftsführer-Haftung: Was gilt, wenn der Geschäftsführer Hausverbot hat? 

Ist der ordent­lich bestell­te Geschäfts­füh­rer nicht in der Lage, sei­ne Geschäfts­füh­rungs-Auf­ga­ben zu erfül­len (z. B. weil er kei­nen Zugang mehr zu den Geschäfts­räu­men hat), haf­tet der fak­ti­sche Geschäfts­füh­rer für Pflicht­ver­stö­ße der GmbH bzw. Geschäfts­füh­rung (OLG Köln, Urteil vom 15.12.2012, 18 U 188/11, Quel­le: GmbH-Rund­schau 2012, S. 1358 ff.).

Für die Pra­xis: Ent­schei­dend für die Haf­tung des fak­ti­schen Geschäfts­füh­rers (meist: der Haupt-Gesel­l­­schaf­ter) ist, dass er aktiv in die Geschäf­te der GmbH ein­greift. Zum Bei­spiel auch dann, wenn Gläu­bi­ger der Gesell­schaft den Ein­druck haben müs­sen, dass der Gesell­schaf­ter die Geschäf­te führt (z. B. Über­wei­sun­gen von Ver­bind­lich­kei­ten über ein Kon­to des Haupt-Gesellschafters).

Pflichtveröffentlichung: Keine Schonung für Kleinst-GmbHs/UGs

Als Geschäfts­füh­rer einer Kleinst-GmbH (vgl. dazu S. 2) müs­sen Sie die Jah­res­ab­schlüs­se 2011 und 2012 wie bis­her ver­öf­fent­li­chen. Die geplan­ten Erleich­te­run­gen gel­ten erst ab Jah­res­ab­schluss 2013. Dar­auf weist das Bun­des­amt für Jus­tiz (BfJ) jetzt per Pres­se­mit­tei­lung aus­drück­lich hin.

Für die Pra­xis: Gehen Sie davon aus, dass das BfJ ernst macht. Danach soll­ten Sie spä­tes­tens nach der ers­ten Buß­geld­an­dro­hung inner­halb von 6 Wochen feh­len­de Unter­la­gen im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter nach­rei­chen. Auch die Ver­wal­tungs­ge­bühr von 53,50 € für die Mah­nung wird dann durch­ge­setzt. Sonst wird es teu­er (Buß­geld: bis 2.500,00 €)

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS Die Wirt­schafts-Sati­re > „CEOs“ > https://www.gmbh-gf.de/biss/ceos-vorstandsvorsitzende

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